Seit über 100 Jahren leben orthodoxe Christen in Deutschland. Die ersten orthodoxen Gemeinden wurden hier bereits im 18. Jahrhundert gegründet. Einen erheblichen Zuwachs fand die orthodoxe Kirche in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg durch die Ansiedlung vieler Emigranten anderer Länder. Heute leben ca. 1,3 Mio. orthodoxe Christen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität in Deutschland. „Zumeist sind es Griechen, Serben, Rumänen, Russen und Bulgaren, aber auch Armenier, Äthiopier, Kopten und Syrer.“1 Mittlerweile ist die Orthodoxe Kirche die drittstärkste christliche Kirche in Deutschland. Die Entwicklung der Orthodoxen Kirchen in Deutschland befindet sich auch heute noch immer in einem stetig wachsenden Fortschritt – „einmal im Hinblick auf die bedeutende Zunahme der Anzahl orthodoxer Christen in diesem Lande, vor allem aber wegen der immer tieferen Verwurzelung in Deutschland.“2 In Westeuropa ist Deutschland das Land, mit den meisten orthodoxen Christen. Daher ist auch die Eingliederung der Orthodoxie in Deutschland ein wichtiger und zukunftsorientierter Einfluss für die Gesamtorthodoxie.
Zwar ist die „Russisch Orthodoxe Kirche“ zahlenmäßig nicht am stärksten in Deutschland vertreten, trotzdem werde ich mich in dieser Hauarbeit mit ihr beschäftigen. Als Ausgangspunkt, werde ich einen allgemeinen geschichtlichen Überblick über die „Russisch Orthodoxe Kirche“ (ROK) in Deutschland voranstellen, bevor ich mich ausführlicher mit der ROK zu Zeiten des Nationalsozialismus, des 2. Weltkrieg und der Nachkriegszeit befasse. Die entstandenen Konsequenzen für die ROK und der Wiederaufbau werden im Anschluss dargestellt. Zum Schluss gebe ich einen Überblick über das aktuelle kirchliche Leben der ROK in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ein geschichtlicher Abriss der Russisch Orthodoxen Kirche in Deutschland.
2.1 Die Anfänge
2.2 Problematisierung und Entwicklung der Gemeindebildung
2.3 Aufruhe in Russland
3. Die Russisch Orthodoxe Kirche in Deutschland im Nationalsozialismus und im 2. Weltkrieg
3.1 Fallbeispiel: Alexander Schmorell
3.2 Die Kirchenpolitik des dritten Reiches gegenüber der Russisch Orthodoxen Kirche
3.3 Die seelsorgerische Versorgung der Kriegsgefangenen
3.4 Die Russisch Orthodoxe Kirche in der Nachkriegszeit
4. Die Russisch Orthodoxe Kirche in Deutschland heute
1. Einleitung
Seit über 100 Jahren leben orthodoxe Christen in Deutschland. Die ersten orthodoxen Gemeinden wurden hier bereits im 18. Jahrhundert gegründet. Einen erheblichen Zuwachs fand die orthodoxe Kirche in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg durch die Ansiedlung vieler Emigranten anderer Länder.
Heute leben ca. 1,3 Mio. orthodoxe Christen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität in Deutschland. „Zumeist sind es Griechen, Serben, Rumänen, Russen und Bulgaren, aber auch Armenier, Äthiopier, Kopten und Syrer.“[1]
Mittlerweile ist die Orthodoxe Kirche die drittstärkste christliche Kirche in Deutschland. Die Entwicklung der Orthodoxen Kirchen in Deutschland befindet sich auch heute noch immer in einem stetig wachsenden Fortschritt – „einmal im Hinblick auf die bedeutende Zunahme der Anzahl orthodoxer Christen in diesem Lande, vor allem aber wegen der immer tieferen Verwurzelung in Deutschland.“[2]
In Westeuropa ist Deutschland das Land, mit den meisten orthodoxen Christen. Daher ist auch die Eingliederung der Orthodoxie in Deutschland ein wichtiger und zukunftsorientierter Einfluss für die Gesamtorthodoxie.
Zwar ist die „Russisch Orthodoxe Kirche“ zahlenmäßig nicht am stärksten in Deutschland vertreten, trotzdem werde ich mich in dieser Hauarbeit mit ihr beschäftigen.
Als Ausgangspunkt, werde ich einen allgemeinen geschichtlichen Überblick über die „Russisch Orthodoxe Kirche“ (ROK) in Deutschland voranstellen, bevor ich mich ausführlicher mit der ROK zu Zeiten des Nationalsozialismus, des 2. Weltkrieg und der Nachkriegszeit befasse. Die entstandenen Konsequenzen für die ROK und der Wiederaufbau werden im Anschluss dargestellt. Zum Schluss gebe ich einen Überblick über das aktuelle kirchliche Leben der ROK in Deutschland.
2. Ein geschichtlicher Abriss der Russisch Orthodoxen Kirche in Deutschland
2.1 Die Anfänge
Die ersten Gemeinden der Russisch Orthodoxen Kirche in Deutschland entstanden vor ca. 290 Jahren. 1718 wurde in Berlin russisch orthodoxes Leben durch den Bau einer Kapelle ermöglicht, welche dann 1837 in das Gebäude „Unter den Linden, Nr.7“ zog, wo sich bis heute die russische Botschaft befindet. Diese Gemeinde galt bis zum ersten Weltkrieg als die Bedeutenste. Sie zählte 5000 orthodoxe Christen aus den unterschiedlichsten Nationen. Die „Bruderschaft des Hl. Vladimir“, welche von Mal’cev gegründet wurde unterstütze die orthodoxen Gemeinden in Deutschland finanziell und bot ihnen soziales Engagement an. Andere russische Gemeinden gehen auf die enge Verbindung zwischen deutschen und russischen Adelsfamilien zurück.
„Es waren Grabkirchen der Fürstenhäuser (Wiesbaden 1861), Gesandtschaftskapellen (Dresden 1874; Stuttgart 1895) oder Kirchen in Kurorten, in denen zahlreiche russische Gäste erwartet wurden [].“[3] Mit der Entwicklung der Kurbäder Anfang des 19. Jahrhunderts nahm auch die Zahl der russischen Kurgäste zu, die seelsorgerische Betreuung suchten. Daraufhin wurden viele russische Kirchen in den zahlreichen Kurorten gebaut. Die älteste russische Gemeinde, die noch heute bei Potsdam existiert, wurde von 62 russischen Soldaten gegründet, deren Auftrag es war einen Militärchor zu gründen.
Weitere Gemeinden wurden besonders durch die starke Emigrationsflut im Laufe der Zeit gegründet. „Nach dem Ausbruch der Russischen Revolution kam der erste Flüchtlingsstrom nach Deutschland, der dann nach dem Ende des Bürgerkrieges und dem Ausbruch der Hungerkatastrophe in Sowjetrussland zu einer Massenflucht führte.“[4] In den Jahren bis 1922 stieg die Zahl der russischen Flüchtlinge von ca. 70 000 auf
600 000 an, deren Zahl aber in den nächsten Jahren aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit um ein vielfaches sank und die Flüchtlinge in andere Länder trieb. Die Verwaltung der russischen Gemeinden hatte ihren Sitz derzeit in Berlin.
2.2 Problematisierung und Entwicklung der Gemeindebildung
Die noch in Deutschland gebliebenen russischen Gemeinden waren zwar zu arm um eigene Gotteshäuser zu errichten, aber „dennoch bildete Deutschland in den zwanziger Jahren ein geistig-politisches Zentrum der russischen Emigration mit eigenen Schulen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Einrichtungen.“[5]
Die Vorraussetzung zur Gründung neuer Gemeinden war gegeben und die Kirchen, die seit Ausbruch des ersten Weltkrieg geschlossen waren, wurden wieder eröffnet.
Problematisch jedoch stellte sich der Aufbau dieser Kirchen dar, da nach Ausbruch des ersten Weltkrieges der Besitz der russischen Kirche in die Hände deutscher Behörden gelang und die Kirche im Laufe der Zeit qualitativ verwahrlosten. „Da die Kirchen in der Regel erst Anfang der 20er Jahre wieder eröffnet wurden, blieben sie 5 bis 10 Jahre ungelüftet und ungeheizt. Dadurch entstanden weitere Schäden durch Schwamm am Mauerwerk und Schimmel an Ikonostasen und Kirchengerät, die zum Teil erst in den letzten Jahren durch umfassende Sanierungen behoben werden konnten.“[6]
Ein weiteres Problem war das der Eigentumsansprüche. Da die Sowjetunion „als Nachfolger des kaiserlichen Rußlands u.a. Ansprüche erheben konnte“[7] wurden Botschafts- – und Gesandtschaftskirchen geschlossen. Viele der neu errichteten Kirchen entstanden aus privaten Finanzierungen oder Spenden. Durch das Gesetz über den Grundbesitz konnte erst 1938 eine genaue Klärung der Besitzverhältnisse erlassen werden.
Der erste Bischof in Deutschland, der für die russischen Gemeinden zuständig war, war der Archimandrit Tichon, der 1924 von Metropolit Evlogij mit dem Titel „Bischof von Potsdam“ ernannt wurde. Sein größtes Anliegen war es eine Kathedrale in Berlin zu bauen. Es wurden ein Wohnhaus aufgekauft und in den oberen Stockwerken diese Kathedrale errichtet. Durch die Vermietung der unteren Wohneinheiten war es möglich das Gebäude zu finanzieren. Schon 1929 musste das Haus aufgrund finanzieller Probleme an die Deutsche Arbeitsfront verkauft werden.
[...]
[1] Basdekis Athanasios: Die Orthodoxe Kirche. Eine Handreichung für nicht-orthodoxe Christen und Kirchen, 17.
[2] Basdekis Athanasios: Die Orthodoxe Kirche. Eine Handreichung für nicht-orthodoxe Christen und Kirchen, 18.
[3] Thöle Reinhard: Orthodoxe Kirchen in Deutschland , 25-26.
[4] Seide Gernot: Geschichte der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland [...], 240.
[5] Volkmann: Die russische Emigration in Deutschland 1919 - 1929
[6] Seide Georg: Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland, 109
[7] Seide Georg: Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland, 109
- Arbeit zitieren
- Sebastian Schmidt (Autor:in), 2006, Die russisch-orthodoxe Kirche in Deutschland in Zeiten des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/60815