Warum hat der Islam als kulturelle Kraft im Laufe des letzten Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung gewonnen? In welchem Zusammenhang steht sein Wiedererstarken mit dem Auftreten des islamistischen Terrorismus? Im Kontrast zur eurozentristischen Sichtweise von u.a. Huntington und Bolz wird ein differenzierteres Bild entworfen und das Zusammenspiel wirtschaftlicher ("Globalisierung"), politischer, kultureller (Modernisierung) und kommunikativer ("Massenmedien") Faktoren beleuchtet, das den Terror (re-)produziert.
m Rahmen der Studie der globalen Konfliktherde und des islamischen Fundamentalismus werden häufig ahistorische und apolitische Diagnosen getroffen; eine Unterscheidung zwischen verschiedenen empirischen Erscheinungen findet meist nur in geringem Maße statt. So führen beispielsweise Theoretiker wie Huntington oder Bolz kulturelle Differenzen als praktisch monokausale Erklärung an und konstruieren klare Dichotomien. Bolz sieht hinter „dem“ islamischen Fundamentalismus die Weltreligion des Antiamerikanismus, die sich gegen „die“ kapitalistische Konsumkultur des Westens erhebt. Huntington greift mit seinem „clash of civilizations“ zu ähnlich simplifizierenden Formeln. Beide gelangen zu einem Ergebnis, das der Economist wie folgt ausdrückt: „Militant Islam despises the West not for what it does but for what it is.“ Diese Analyse ist statisch. Sie geht von unüberbrückbaren kulturellen Unterschieden aus, wodurch aus der Sicht des Westens eigene politische Fehler marginalisiert, kollektive Vorurteile gestärkt und eine expansive Machtpolitik und Ausbreitung der „überlegenen“ westlichen Kultur gerechtfertigt werden können.
Der vereinfachten Diagnose ist ein dynamischer Ansatz entgegenzusetzen, der erklärt, auf welche Weise die wechselseitigen negativen Gefühle und Vorstellungen entstanden sind und durch Medien und Politik perpetuiert werden. Von besonderem Interesse sind in diesem Kontext die Auswirkungen des Modernisierungsprozesses auf die nicht-okzidentale Welt.
Ebenfalls bedeutend ist die Frage, ob der Islam als eine „antimoderne“ Religion auf Makroebene für die schlechte wirtschaftliche und wissenschaftliche Performanz der arabischen Länder sowie auf Mikroebene für den Terror zur Verantwortung gezogen werden kann. Der kurzen Besprechung dieses Themas liegen die Ausführungen von A. G. Noorani zugrunde, der den Koran und die Geschichte der islamischen Welt unter diesen Gesichtspunkten gründlich und zeitgemäß interpretiert.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG.
- POLITIK DES WESTENS UND ISLAMISMUS
- DER WESTEN UND DIE MODERNE.
- FATALE POLITIK
- STRUKTURELLER DRUCK..
- Druck von außen: die kapitalistische Ökonomie..
- Innerer Druck: Modernisierung als notwendige Anpassung.
- WIE DER WESTEN DEN WIRTSCHAFTLICHEN AUFSCHWUNG ANDERER LÄNDER BEHINDERT
- MEDIEN, KOLLEKTIVE VORURTEILE UND POLITISCHE PROZESSE IM DYNAMISCHEN WECHSELSPIEL...........
- ISLAM UND MOHAMMED - KOLLEKTIVE VORURTEILE SEIT 13 JAHRHUNDERTEN
- MASSENMEDIEN UND ISLAMOPHOBIA
- ISLAM GLEICH FUNDAMENTALISMUS?
- POLITIK UND INTERESSE AN EINEM FEINDLICHEN ISLAM
- EXKURS: ISLAM UND VERSTÄNDNIS EINER ANDEREN KULTUR.
- ISLAM UND MILITANTER ISLAMISMUS.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle des Islam in der Weltgesellschaft und untersucht, wie er im Kontext der westlichen Politik, der Massenmedien und der globalen Konfliktherde wahrgenommen und konstruiert wird.
- Die Auswirkungen der westlichen Politik auf den islamischen Fundamentalismus
- Die Rolle der Medien bei der Konstruktion von Vorurteilen gegenüber dem Islam
- Der Einfluss des Modernisierungsprozesses auf die nicht-okzidentale Welt
- Die Unterscheidung zwischen Islam und islamischem Fundamentalismus
- Die historische und soziologische Analyse des Zusammenspiels von Institutionen, Normen und Machtverhältnissen in der Weltgesellschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas vor, indem sie auf die islamische Revolution im Iran und die Terroranschläge vom 11. September 2001 verweist. Sie verdeutlicht die Bedeutung der Analyse der Konstruktion des Islam in den westlichen Medien und der Politik.
Kapitel 1 analysiert die westliche Politik im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf den islamischen Fundamentalismus. Es wird argumentiert, dass die westliche Politik eine zentrale Rolle im Aufkommen und Erstarken des islamischen Fundamentalismus spielt. Dabei werden die Auswirkungen der kapitalistischen Ökonomie und des Modernisierungsprozesses auf die nicht-okzidentale Welt betrachtet.
Kapitel 2 widmet sich der Rolle der Medien und der kollektiven Vorurteile gegenüber dem Islam. Es wird untersucht, wie die Medien über Jahrhunderte hinweg Vorurteile gegenüber dem Islam und Mohammed konstruiert haben und wie diese Vorurteile durch die Politik perpetuiert werden.
Das Kapitel 3 befasst sich mit dem Islam und dem militanten Islamismus. Es wird argumentiert, dass der islamische Fundamentalismus in erster Linie eine politische Bewegung ist, die zu Legitimations- und Mobilisierungszwecken Versatzstücke des Korans in ihre Ideologie einbaut. Es wird ebenfalls die Frage aufgeworfen, ob der Islam als Religion für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Performanz der arabischen Länder verantwortlich gemacht werden kann.
Schlüsselwörter
Islamischer Fundamentalismus, Westliche Politik, Modernisierung, Massenmedien, Islamophobie, Kollektive Vorurteile, Kultur, Weltgesellschaft, Globaler Konflikt, Jihad, Terrorismus, Antiamerikanismus, Kapitalismus, Konsumkultur.
- Arbeit zitieren
- Ralf Bub (Autor:in), 2004, Die Rolle des Islam in der Weltgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/60148