Bei Thomas Bernhard, der sogar posthum noch gegen sein Lieblingsthema Österreich Position bezieht, indem er für die siebzig Jahre nach seinem Tod testamentarisch jede Aufführung, jede erneute Veröffentlichung seines Werks in seinem Heimatland untersagt hat, würde kaum jemand an einen Autor denken, in dessen Werk Italien eine herausragende Rolle einnimmt. Tatsächlich jedoch wird nicht nur bereits in seinen frühen (etwa Venedig und Chioggia) und späteren (Ave Vergil) Gedichten darauf Bezug genommen, auch in seinen Prosawerken ist es als Randerscheinung immer wieder präsent. Bernhard, der in der Nachkriegszeit selbst dem „Südweh“ anheim fiel, unternahm zahlreiche Reisen nach Italien. Im März 1977 wohnte er in einem Hotel an der Piazza Minerva, jenem Ort, von welchem aus der Erzähler Franz-Josef Murau in Bernhards letztem Roman Auslöschung seine Familiengeschichte und die eigene Vergangenheit im österreichischen Wolfsegg aufarbeitet.
Mit Wolfsegg greift dieses Buch, die „epische Summe seines Werks“, einen Ort auf, den Bernhard bereits 1964 in seinem kurzen Text Der Italiener, und dann 1971 in einem gleichnamigen Filmdrehbuch als Schauplatz benutzt hatte. Diese Texte weisen deutliche Übereinstimmungen zu Auslöschung auf, und können als Vorstudien zu Bernhards „opus magnum“ gelten: Eine Beerdigung findet statt, der junge Erbe des Anwesens ist die Hauptfigur und der Erzähler, und im Dialog mit einem Italiener tun sich Abgründe in der Geschichte des Anwesens auf – so könnte man die Handlung des Fragments und des Romans beschreiben. Ohne die drei Texte an dieser Stelle im Einzelnen gegeneinander abzugrenzen, sollen sie im Folgenden zu gelegentlichen Querverweisen genutzt werden.
Inhaltsverzeichnis
- THOMAS BERNHARD UND ITALIEN
- WOLFSEGG UND ROM
- Worte und Namen
- Menschen und Orte
- Rom und Gambetti
- AUSLÖSCHUNG UND ROM
- LITERATUR
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle Roms in Thomas Bernhards Roman „Auslöschung. Ein Zerfall“. Dabei soll untersucht werden, inwiefern Rom als Gegenentwurf zu Wolfsegg und der deutschsprachigen Welt fungiert und welche Bedeutung die Stadt für den Protagonisten Franz-Josef Murau und die Gesamtstruktur des Romans hat.
- Die Opposition zwischen Wolfsegg und Rom als zentrales Element des Romans
- Die intertextuellen Verweise in „Auslöschung“ und deren Bedeutung für das Verständnis des Romans
- Die Rolle Roms als Ort der Ruhe und des Rückzugs für Murau
- Die Funktion Roms als Symbol für das „Mediterrane“ und die „chaotischen Verhältnisse“
- Der Einfluss von Rom auf Muraus Leben und sein Verhältnis zur Familie
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel I bietet eine Einführung in Thomas Bernhards Verhältnis zu Italien und stellt die Bedeutung Roms in seinem Werk dar. Kapitel II analysiert die Gegenüberstellung von Wolfsegg und Rom im Roman „Auslöschung“ und beleuchtet dabei die intertextuellen Verweise, die Muraus literarisches und weltanschauliches Umfeld prägen. Es werden wichtige Verbindungspunkte zwischen „Auslöschung“ und Bernhards anderen Werken, wie „Amras“, „Der Italiener“ und „Siebenkäs“ aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Thomas Bernhard, „Auslöschung“, Rom, Wolfsegg, Italien, Österreich, Intertextualität, Romantik, Novalis, Jean Paul, Goethe, „Großstadtmensch“, „Hubertusmantelgesellschaft“
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2005, Rom als „idealer Ort“ in Thomas Bernhards Roman "Auslöschung. Ein Zerfall", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/56440