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Hausarbeit, 2004
16 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Die Modelle des Spracherwerbs
2.1. Mutterspracherwerb (Erstspracherwerb)
2.2. Der Doppelspracherwerb (Bilingualismus)
2.3. Der Zweitspracherwerb
2.4. Der Fremdsprachenerwerb
3. Sprachförderung, eine gemeinsame Aufgabe von Tageseinrichtung und Familie!
3.1. Die Rolle des Trägers von Tageseinrichtungen
3.2. Die Rolle der Tageseinrichtung und des pädagogisches Fachpersonals
3.3 Die Rolle der Eltern
4. Praktische Anregungen
5. Schlussgedanken
Literatur
Die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit der Gesellschaft spiegelt sich in der mehrsprachigen und multikulturellen Situation der Tageseinrichtungen für Kinder und Schulen wider. Längst sind die Zeiten vorbei in denen italienische, griechische oder türkische Kinder die Ausnahme in einer Kindergruppe waren. Heutzutage ist in vielen Einrichtungen der Anteil der Kinder, die mehrsprachig aufwachsen höher als der Anteil der Kinder, die „nur“ in der deutschen Sprache aufwachsen. In der aktuellen Bildungsdiskussion ist vor allem die Förderung der Sprachkompetenz der Kinder aus Migrantenfamilien in den Vordergrund gerückt.
Viele Erzieher/innen empfinden es als problematisch, wenn Kinder aus Migrantenfamilien im Kindergarten ihre Muttersprache sprechen, obwohl sie deutsche Sprache noch nicht oder nicht gut beherrschen. Es gibt aber auch Eltern mit Migrantenhintergrund, die der Ansicht sind, dass ihr Kind schneller und besser Deutsch lernt wenn ihrem Kind in der Einrichtung verboten wird in seiner Muttersprache zu sprechen. Ist es für die Sprachentwicklung eines Migrantenkindes tatsächlich besser wenn es im Kindergarten nur deutsch sprechen darf? Sollten Eltern mit Migrantenhintergrund mit ihrem Kind in der deutschen Sprache und/oder in der Muttersprache sprechen? Wie können Eltern und Erzieher/innen Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, unterstützen?
In meiner Hausarbeit werde ich versuchen Antworten auf diese Fragen zu finden. Hauptsächlich werde ich auf den Mutterspracherwerb, den Zweispracherwerb und auf die Rolle des pädagogischen Fachpersonals in Tageseinrichtungen, die Rolle der Eltern und praktische Umsetzungsmöglichkeiten eingehen.
Migrantenkinder in Deutschland brauchen zum kompletten Handeln im Rahmen ihrer Gesamtwirklichkeit sowohl ihre Muttersprache als auch die deutsche Sprache, denn sie leben in zwei sozialkulturellen Wirklichkeiten. Die eine Wirklichkeit ist überwiegend durch die Familie und sonstige nationalen Bezugsgruppen geprägt (in der die Muttersprache gesprochen wird) und die andere Wirklichkeit ist die umfassend deutsche, die sich den Kindern zunächst über das Wohngebiet, den Kindergarten, die Arbeitstätigkeit der Eltern, den Einkaufsmöglichkeiten etc. vermittelt.
Die Muttersprache ist die Sprache, die man als Kind zuerst erlernt, weil sie von den Hauptbezugspersonen als einzige oder erste Sprache gesprochen wird. Noch bevor das Kind selbst sprechen kann, hört es die Muttersprache, die ihm die Erfahrung von Zuwendung gibt. Die Muttersprache spielt eine zentrale Rolle beim Heranwachsen des Kindes, es besteht ein Zusammenhang mit der Entwicklung seiner Identität Sie ist die Sprache, mit deren Hilfe die Persönlichkeitsentwicklung gesteuert wird. Durch die Muttersprache erwirbt das Kind wichtige soziale, kommunikative, kognitive und emotionale Fähigkeiten, es werden emotionale Bindungen, Zugehörigkeit und Akzeptanz sowie kulturelle Werte und gesellschaftliches Wissen vermittelt (Man begrüßt und verabschiedet sich, sagt „bitte“ und „danke“ etc.) Die Muttersprache wird für das Kind zu einem Stück Heimat, sie gibt ihm Sicherheit und Ordnung. Außerdem erlernt das Kind zusammen mit dem Erwerb der Muttersprache Mimik, Gestik, Sprechrhythmus, Intonation und Körperbewegung.
Die Struktur der Sprache bestimmt sehr stark unsere Denkstrukturen, sie gibt vor, in welcher Weise das Kind die Welt wahrnimmt und seine Weltsicht konstruiert.
Die Muttersprache ist vom Spracherlebnis her, die Sprache, die man sich eindeutig vollständiger und richtiger angeeignet hat als eine andere Sprache. Sie ist die Sprache, die man spontan am ehesten anwendet und in der man in der Regel denkt und träumt.
Die Entwicklungsstufen der Erstsprache:
Mit etwa einem Jahr:
erste eindeutige Laute und Lautkomplexe.
In den nächsten Monaten beginnen die Kinder einen Sinn damit zu verbinden,
Kinder produzieren Lautkomplexe als Bezeichnungen für Personen oder Gegenstände bzw. als Ein-Wort-Aussagen
Mit etwa 1 ½ Jahren:
Kinder reagieren häufig noch auf verschiedene sprachliche Aufforderungen, die gleich lang und gleich betont sind, mit denselben motorischen Antworten und mit denselben Ein-Wort-Antworten, da die Betonungen noch eher erfasst werden als die Wortbedeutungen
der Wortschatz der Kinder beträgt ungefähr 50 Wörter.
Mit etwa 2 Jahren:
die Kinder bilden Drei- und Mehrwortsätze (die Satzteile und die grammatische Formen sind zumeist noch falsch)
der Wortschatz der Kinder beträgt ungefähr 300 Wörter
Mit etwa 3 Jahren:
die Kinder kennen die wichtigsten Formen der Wortabwandlung
durch Verallgemeinerungen und Analogiebildung treten häufig neue (oft falsche) Formen auf. (z.B. Ich bin spazieren gegingt“)
grundlegende grammatikalischen Strukturen von Sätzen (Subjekt, Prädikat, Objekt) sind bekannt
die Sätze sind häufig im Sinne der Erwachsenengrammatik noch nicht vollständig
der Wortschatz der Kinder beträgt ca. 900 Wörter.
Mit etwa 4 Jahren:
die Kinder sprechen überwiegend in vollständigen, grammatikalisch richtigen Hauptsätzen
die Bildung und das Verstehen von Passivsätze fällt den Kindern noch sehr schwer
die ersten Nebensatzkonstruktionen, vorwiegend solche mit Zeitbestimmungen oder Begründungsangaben, treten auf
der Wortschatz beträgt etwa 1.500 Wörter
Bis zum 6.Lebensjahr:
die Kinder bilden meistens einfache Sätze und Satzreihen, die durch „und“ oder „dann“ miteinander verbunden werden
der Wortschatz beträgt etwa 2.500 Wörtern
im Schulkindalter:
die Variationsmöglichkeit, Sätze zu bilden, wird größer
Verneinungen und Passivsätze werden jetzt erst richtig angewandt. Auch Relativsätze werden richtig gebildet
Nebensatzbildungen mit den Verbindungswörtern „da“, „weil“ treten nun regelmäßig auf
Nebensatzbildungen mit den Verbindungswörtern „obwohl“, „deshalb“ kommen nach und nach hinzu.
die schwierigsten Satzkonstruktionen werden jedoch erst mit 10-13 Jahren gelernt
Natürlicher Doppelspracherwerb ist die Aneignung zweier Sprachen in der sogenannten natürlichen Umgebung. Das gleichzeitige Lernen der Erst- und Zweitsprache vom Beginn des Spracherwerbs an, ist die ursprüngliche Form des Doppelspracherwerbs. Die Eltern des Kindes sind verschiedener Nationalität und sprechen von der Geburt an in verschiedenen Sprachen mit dem Kind. Jeder Elternteil spricht regelmäßig und richtig in nur seiner Sprache mit dem Kind.
Die Zweitsprache ist die Sprache, die man sich neben der Muttersprache möglichst vollständig und möglichst richtig aneignet. Gelernt wird die Zweitsprache im Ursprungsland dieser Sprache bzw. von Angehörigen der entsprechenden Sprachgemeinschaft. Die Zweitsprache muss, dadurch dass man dauerhaft mit seiner Familie im Ursprungsland dieser Sprache lebt, regelmäßig neben der Muttersprache in Alltagssituationen angewendet werden. Im Allgemeinen sind die Motivation und der Lernerfolg beim Zweitspracherwerb sehr groß.
Bevor Kinder in einen Kindergarten gehen, sprechen sie ausschließlich oder überwiegend ihre Muttersprache. Ab Eintritt in eine Tageseinrichtung erlernen Kinder die zweite Sprache dann ebenfalls auf natürliche Weise.“ Für den natürlichen Zweitspracherwerb ist besonders wichtig, dass die Zweitsprache unter natürlichen Bedingungen in der alltäglichen Kommunikation zustande kommt und nicht durch ein systematischen Unterricht.“ (vgl. Haider 1996 S.32)
Der Zweitspracherwerb im Kleinkindalter verläuft im Wesentlichen wie der Erst-spracherwerb. „Die Kinder verstehen schnell, dass es sich bei der zunächst verstandenen Aussage um eine andere erlernbare und anwendbare Sprache handelt, und ihre bisherige Begriffsbildung und geistige Entwicklung wirken sich günstig auf den Zweitspracherwerb aus.“ (Kansy 2000)
Die Phase der Ein- und Zwei-Wort-Aussagen überwinden Kleinkinder, die einmal mit der aktiven Verwendung der zweiten Sprache begonnen haben, unter günstigen Sprachbedingungen relativ schnell. Nach der Bildung von Drei-Wort-Sätzen kommen sie dann bald zur Bildung von Mehrwortsätzen. Besondere Schwierigkeiten haben die Kinder jedoch bei der vollständigen und richtigen Bildung der Sätze. „Außerdem verfallen viele Kinder offensichtlich auch leicht wieder auf Ein- bis Drei-Wort-Aussagen, wenn sie mit unvertrauten Kommunikationsinhalten konfrontiert werden.“ (Kansy 2002)
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