Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema 3D-Bioprinting und seiner Zukunftsperspektiven.
Additive Manufacturing, auch als dreidimensionaler Druck (3D-Druck) bezeichnet, treibt wichtige Innovationen in vielen Bereichen voran. Beispielsweise in den Bereichen Maschinenbau, Fertigung, Kunst, Bildung und Medizin. 3D-Bioprinting ist eine technologische Weiterentwicklung, die ein großes Potenzial zur Herstellung künstlicher Gewebe und Organe für die Transplantation bietet. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema 3D-Bioprinting und seiner Zukunftsperspektiven. Mehrere Aspekte machen den 3D-Druck für das Gesundheitswesen interessant. Es ist ein Verfahren, das verhältnismäßig kostengünstig, leicht verfügbar und schneller in der Herstellung der Gewebe und Organe. Diese Technologie eröffnet viel Raum für Kreativität, Experimente und Innovationen. Viele Ärzte sind davon überzeugt, dass Bioprinting die Medizin revolutionieren wird. Im Vergleich zum nicht-biologischen Drucken beinhaltet 3D-Bioprinting zusätzliche Komplexitäten und technische Probleme im Zusammenhang mit der Empfindlichkeit lebender Zellen und der Konstruktion von Gewebe. Die Bewältigung der Komplexitäten und Herausforderungen werden in dieser Arbeit analysiert, als auch deren Potenzial und Chancen. Es ist aber immer noch eine offene Frage: wird das 3D-Bioprinting in der Zukunft wirklich funktionieren?
Die Untersuchung ist folgendermaßen gegliedert. Nach der Einleitung folgt die Darstellung der theoretischen Grundlagen und Definitionen sowie die Darstellung vorhandener Methoden und Prozesse. In Kapitel drei wird ein grundlegender Bestandteil des Bioprinting beschrieben, im Besonderen das Tissue Engineering. Darauf aufbauend wird in Kapitel
vier gezeigt, inwiefern das Bioprinting bereits genutzt wird. Im Fokus des fünften Kapitels steht der Bedarf an Organen, als auch die Kostenaspekte bei ihrer Herstellung. Auf der Grundlage von Mihalyi und Müller werden die rechtlichen Interessen der beteiligten Personen in Kapitel sechs aufgezeigt. Anschließend werden die Chancen und Herausforderungen beschrieben, die im Bereich des 3D-Bioprinting vorkommen können. Ein Fazit und ein kurzer Ausblick auf das weiterführende Handeln der Akteure in der Forschung und im Gesundheitswesen beschließen diese Abhandlung.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition und Grundlagen des 3D-Bioprinting
2.1 Prozess von 3D-Bioprinting
2.1.1 Pre-Bioprinting
2.1.2 Bioprinting
2.1.3 Post-Bioprinting
2.2 Methoden von 3D-Bioprinting
2.2.1 Biomimicry
2.2.2 Autonomous self-assembly
2.2.3 Mini-Tissues
3. Tissue Engineering
3.1 Herstellung von künstlichem Gewebe
3.2 Bioprinting-Strategien für Gewebe
3.2.1 Tintenstrahldruck
3.2.2 Laser-assistiertes Bioprinting (LAB)
3.2.3 Extrusions-Drucken
4. Forschungsbeispiele
5. Kostenaspekte und die Nachfrage an Organen
6. Rechtliche Aspekte von biogedrucktem Gewebe und Organen
6.1 Daten von Scans und Patientenzellen sowie gedrucktes Gewebe und Organe
6.2 Produkthaftung
6.3 Rechtliche Konsequenzen
7. Chancen und Herausforderungen
7.1 Chancen im Bereich Bioprinting
7.2 Grenzen und Herausforderungen beim Drucken von Gewebe und Organen
8. Zukunftsaussichten und Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: vereinfachte Darstellung des Herstellungsprozesses von 3D-Bioprinting
Abbildung 2: Prozess des 3D-Bioprinting
Abbildung 3: Gradientenfeld eines 3D-Druckers
Abbildung 4: Prinzip der Herstellung von Organoiden
Abbildung 5: Darstellung der Bioprint-Verfahren
Abbildung 6: Hauptakteure im Biodruck
Abbildung 7: Miniatur-Ohr aus einem 3D-Drucker
Abbildung 8: Prototyp einer Niere erstellt mit dem Mikroextrusion-Drucksystem in der
Wake Forest University
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anzahl der durchgeführten Organspenden in Deutschland von 2012 bis 2017 17 Tabelle 2: Anzahl der Menschen auf den Wartelisten von Eurotransplant Ende des Jahres 2017
1. Einleitung
Additive Manufacturing, auch als dreidimensionaler Druck (3D-Druck) bezeichnet, treibt wichtige Innovationen in vielen Bereichen voran. Beispielsweise in den Bereichen Maschinenbau, Fertigung, Kunst, Bildung und Medizin. 3D-Bioprinting ist eine technologische Weiterentwicklung, die ein großes Potenzial zur Herstellung künstlicher Gewebe und Organe für die Transplantation bietet. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema 3D-Bioprinting und seiner Zukunftsperspektiven.
Mehrere Aspekte machen den 3D-Druck für das Gesundheitswesen interessant. Es ist ein Verfahren, das verhältnismäßig kostengünstig, leicht verfügbar und schneller in der Herstellung der Gewebe und Organe. Diese Technologie eröffnet viel Raum für Kreativität, Experimente und Innovationen (Albrecht et al. 2014). Viele Ärzte sind davon überzeugt, dass Bioprinting die Medizin revolutionieren wird. Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zusammen mit dem Ärzteverband Hartmannsbund kommt zum folgenden Ergebnis: „Mehr als jeder vierte Arzt (27 Prozent) geht davon aus, dass menschliche Organe im Jahr 2030 per 3D-Druck hergestellt werden. 7 Prozent erwarten, dass der Einsatz solcher Verfahren im deutschen Gesundheitswesen dann alltäglich sein wird. Immerhin jeder Fünfte (21 Prozent) meint, dass diese Technologie zur Organherstellung 2030 vereinzelt eingesetzt werden wird. Vier von zehn Ärzten (39 Prozent) sagen aber auch, dass das Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch im Entwicklungsstadium sein wird. Ein weiteres Viertel (25 Prozent) glaubt, dass der 3DDruck für Ersatzorgane keine Rolle spielen wird“ (Tropf und Dr. Meinecke 2017). Bei dieser Umfrage wurden 477 Ärzte aller Funktionen und Fachrichtungen befragt, darunter Ärzte im Krankenhaus und niedergelassene Ärzte.
Im Vergleich zum nicht-biologischen Drucken beinhaltet 3D-Bioprinting zusätzliche Komplexitäten und technische Probleme im Zusammenhang mit der Empfindlichkeit lebender Zellen und der Konstruktion von Gewebe. Die Bewältigung der Komplexitäten und Herausforderungen werden in dieser Arbeit analysiert, als auch deren Potenzial und Chancen. Es ist aber immer noch eine offene Frage: wird das 3D-Bioprinting in der Zukunft wirklich funktionieren?
Die Untersuchung ist folgendermaßen gegliedert. Nach der Einleitung (Kapitel 1) folgt die Darstellung der theoretischen Grundlagen und Definitionen sowie die Darstellung vorhandener Methoden und Prozesse (Kapitel 2). In Kapitel 3 wird ein grundlegender Bestandteil des Bioprinting beschrieben, im Besonderen das Tissue Engineering. Darauf aufbauend wird in Kapitel 4 gezeigt, inwiefern das Bioprinting bereits genutzt wird. Im Fokus des fünften Kapitels steht der Bedarf an Organen, als auch die Kostenaspekte bei ihrer Herstellung. Auf der Grundlage von Mihalyi und Müller werden die rechtlichen
Interessen der beteiligten Personen (Hersteller, Ärzteschaft, Kassen und Patienten) in Kapitel 6 aufgezeigt. Anschließend werden die Chancen und Herausforderungen beschrieben, die im Bereich des 3D-Bioprinting vorkommen können (Kapitel 7). Ein Fazit und ein kurzer Ausblick auf das weiterführende Handeln der Akteure in der Forschung und im Gesundheitswesen beschließen diese Abhandlung (Kapitel 8).
In Abbildung 1 wird die Herstellung von gedrucktem Gewebe und Organen vereinfacht dargestellt. Dieser Prozess wird im folgenden Text ausführlich erklärt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: vereinfachte Darstellung des Herstellungsprozesses von 3D-Bioprinting („3D Bioprinting: Bioink Selection Guide“ o. J.)
2. Definition und Grundlagen des 3D-Bioprinting
Der erste funktionstüchtige dreidimensionale Drucker wurde von Charles W. Hull im Jahr 1984 gebaut. Diese neue Technik konnte sich erst richtig entwickeln nach dem Auslauf seiner Patente im Jahr 2009. 3D-Drucker sind Drucker, die ein Produkt mittels eines in drei Dimensionen arbeitenden Druckkopfs mit einem verflüssigten Werkstoff herstellen, der zuvor in einem Computer Aided Design Programm (CAD-Programm) gestaltet wurde. Dieses Material wird in dünnen Schichten auf einen Drucktisch aufgetragen, dadurch entsteht ein dreidimensionales Produkt (Attaran 2017).
Das Produkt kann je nach Verfahren aus unterschiedlichen Werkstoffen wie Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle additiv aufgebaut werden. Am Anfang wurde dieses Druckverfahren am häufigsten zur Produktion von Prototypen und Modellen genutzt, zum Beispiel im Maschinenbau oder in der Automobil und Flugzeugindustrie. Da sich das 3D-Druckverfahren immer mehr technisch weiterentwickelt hat und die Kosten für Geräte und Material gesunken sind, wird es inzwischen auch zur Erstellung individuell angepasster Objekte genutzt. Der Vorteil besteht darin, dass je nach Anforderung oder Kundenwunsch schnell Anpassungen vorgenommen werden können (Albrecht et al. 2014).
Die Verwendung von 3D-Druck Techniken zur Herstellung biomedizinischen Materials, das die natürlichen Gewebemerkmale durch die Kombination von Zellen mit Wachstumsfaktoren und Biomaterialien (synthetische oder nichtlebende natürliche Werkstoffe) nachbildet, bezeichnet man als 3D-Bioprinting. Momentan wird Bioprinting hauptsächlich genutzt, um Gewebe und Organe für Transplantationen zu drucken. Im Wesentlichen bedient sich das 3D-Bioprinting der Schicht-für-Schicht Methode, um gewebeartige Strukturen zu erzeugen, die in der Medizin und im Tissue Engineering (Gewebezüchtung) verwendet werden. Es wurden Tintenstrahldrucker modifiziert, um 3D-Gewebe drucken zu können. Die Druckerpatronen enthalten eine Suspension lebender Zellen und ein polymeres Gel, das zur Strukturierung dient. Eine Standarddruckdüse trägt abwechselnd die Zellen und das Gel als Muster auf, damit die Zellen zu Geweben verschmelzen. Ist das Muster druckfertig, kühlt sich das Gel ab und wird anschließend abgewaschen. Zurück bleiben nur die lebenden Zellen. Im nächsten Unterkapitel wird dieser Druckprozess sowie einige Methoden näher dargestellt.
Um mit dem Biodrucker hergestellte Organe erfolgreich in einer klinischen Umgebung einsetzen zu können, müssen sie entweder flach wie die Haut oder hohl wie eine Blase sein, da sie aus Rohrstrukturen wie bei Urinschläuchen und Blutgefäßen bestehen. Häufig werden künstliche Organe mit den Zellen des Empfängers hergestellt. Aufgrund der verschiedenen Zelltypen eines Gewebes unterscheiden sich die Technologien zum Drucken, damit diese Zellen stabil und überlebensfähig bleiben. Darüber hinaus werden Organe erforscht, die noch komplexer sind, weil sie aus einer festen Zellstruktur bestehen. Komplexe Organe sind zum Beispiel die Nieren, das Herz und die Bauchspeicheldrüse (Wikipedia-Mitwirkende 2018).
Die folgenden Unterkapitel beschreiben den Prozess sowie einige Hauptmethoden, die verwendet werden, um Gewebe und Organe zu drucken.
2.1 Prozess von 3D-Bioprinting
In einem Artikel von Wikipedia, The Free Encyclopedia (2018) wird der Prozess in drei Schritten zusammengefasst: Pre-Bioprinting, Bioprinting und Post-Bioprinting.
2.1.1 Pre-Bioprinting
In der Pre-Bioprinting Phase wird das Modell erstellt, das später gedruckt werden soll als auch das benötigte Material. Zu den ersten Schritten gehört die Biopsie des Organs, das ersetzt werden muss. Technologien, die beim Bioprinting Verwendung finden, sind üblicherweise die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT). Ein CT ist eine Art Röntgen-Untersuchung, bei der Querschnittsbilder des Objekts erstellt werden. Das MRT arbeitet mit Magnetfeldern und Radiowellen, mit dem die inneren Organe und Gewebe bildlich dargestellt werden. Für die Schicht-fürSchicht Methode wird eine tomographische Rekonstruktion der Bilder durchgeführt. Diese 2D-Bilder werden nun an den Drucker gesendet, um sie in 3D umzuwandeln. Ist dieser Vorgang erfolgreich durchgeführt worden, werden die Zellen isoliert und vermehrt. Danach werden die Zellen mit einem speziellen flüssigen Material vermischt, das Sauerstoff und weitere Nährstoffe liefert, um die Zellen am Leben zu erhalten. Dieses Gemisch wird als „Biotinte“ bezeichnet.
2.1.2 Bioprinting
Im zweiten Schritt wird die sogenannte „Biotinte“ in eine Druckerpatrone gegossen. Eine separate Druckerpatrone ist mit einem Biomaterial gefüllt, das in die organoder gewebeförmige Struktur gedruckt wird. Die Struktur wird auf einem Computer unter Verwendung der medizinischen Scans eines Patienten entworfen. Wird dieses gedruckte Vorgewebe in einen Inkubator überführt, wächst es zu einem Gewebe heran.
2.1.3 Post-Bioprinting
In der letzten Phase wird aus dem biologischen Material eine stabile Struktur geschaffen. Die mechanische Integrität oder Funktion des Objekts kann gefährdet werden, wenn die letzte Phase nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird. Sowohl mechanische als auch chemische Stimulationen sind notwendig, um das gedruckte Objekt zu generieren. Diese Stimulationen senden Signale an die Zellen, um die Umformung und das Wachstum von Geweben zu steuern. Ferner haben Bioreaktortechnologien eine schnellere Reifung sowie Vaskularisierung (Bildung von Blutgefäßen) von Geweben ermöglicht, und die Fähigkeit Transplantate überlebensfähiger zu machen. Ein Bioreaktor ist ein Behälter, in dem bestimmte Mikroorganismen, Zellen oder kleine Pflanzen unter möglichst optimalen Bedingungen kultiviert werden.
In Abbildung 2 haben Dr. Atala und Murphy (2014) dargestellt, was in den einzelnen Schritten genau passiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Prozess des 3D-Bioprinting (Dr. Atala und Murphy 2014, S. 774)
2.2 Methoden von 3D-Bioprinting
Im Folgenden möchte ich auf die meist genutzten 3D-Bioprinting Methoden eingehen, dabei beziehe ich mich auf die Ergebnisse von Dr. Atala und Murphy (2014).
Dr. Atala und Murphy gehen auf drei zentrale Ansätze ein: biomimicry, autonomous self-assembly und mini-tissue building blocks (Dr. Atala und Murphy 2014).
2.2.1 Biomimicry
Die Anwendung von Biomimicry umfasst die identische Nachbildung der zellulären und extrazellulären Komponenten eines Gewebes oder Organs. Durch das Nachahmen der Verzweigungsmuster des Gefäßbaumes oder durch Erstellung physiologisch genauer Biomaterialarten und -gradienten, können zelluläre Funktionskomponenten von Geweben reproduziert werden. Damit dieser Vorgang erfolgreich durchgeführt werden kann, ist die Replikation biologischer Gewebe im Mikromaßstab erforderlich. Darüber hinaus sollte ein Verständnis der Mikroumgebung inklusive der spezifischen Anordnung von funktionellen und Gliazellen (unterstützende Zellen), Gradienten löslicher oder nicht-löslicher Faktoren, der Zusammensetzung der extrazellulären Matrix sowie die Art der biologischen Kräfte in der Mikroumgebung vorliegen. Gradienten sind mathematische Differentialoperatoren, die auf ein Skalarfeld angewandt, ein Gradientenfeld genanntes Vektorfeld liefern (Abbildung 3). Der Gradient steht dabei senkrecht auf der Niveaumenge des Skalarfeldes in einem Punkt P, dessen größte Änderungsrate durch den Betrag des Gradienten im Punkt P angegeben wird. Dadurch kann man auf der xy-Ebene mittels der Funktion h(x,y) an jedem Ort auf der Niveaufläche die Höhe und somit ein Maß der Steigerung angeben (Schwab und Imo 2002).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Gradientenfeld eines 3D-Druckers (Beinicke o. J.)
2.2.2 Autonomous self-assembly
Die Verwendung der Entwicklung embryonaler Organe als Leitfaden ist ebenfalls ein Ansatz zur Reproduktion biologischem Gewebe. Um die biologische Mikroarchitektur und ihre Funktion zu gewinnen, bringen sich die in der frühen Phase befindlichen Zellkomponenten eines sich entwickelnden Gewebes ihre eigenen Komponenten der extrazellulären Matrix hervor. Die geeigneten Zellsignale dienen zur autonomen Organisation und Strukturierung. Eine „gerüstfreie“ Version dieses Ansatzes benutzt selbstorganisierende zelluläre Sphäroide, die sich einer Fusion und einer zellulären Organisation unterziehen, um die sich entwickelnden Gewebe nachzuahmen. Die autonome Selbstorganisation beruht auf der Zelle als primärem Treiber der Histogenese (Bildung von verschiedenen Geweben aus undifferenzierten Zellen). Sie bestimmt die Zusammensetzung, die Lokalisierung sowie die funktionellen und strukturellen Eigenschaften des Gewebes.
2.2.3 Mini-Tissues
Für die bereits vorgestellten Methoden, biomimicry und autonomous self-assembly, ist das folgende Konzept der Mini-Tissues relevant. Organe und Gewebe umfassen kleinere Funktionsbausteine oder Mini-Tissues. Diese können als kleinste strukturelle und funktionelle Komponente eines Gewebes definiert werden. Mini-Tissues können durch rationales Design, Selbstmontage oder eine Kombination aus beidem hergestellt und zu einem größeren Konstrukt zusammengefügt werden. Dafür gibt es zwei Strategien: In der ersten Strategie werden sich selbst organisierende Zellkugeln unter der Verwendung von biologisch angeregtem Design und ihrer Organisation zu einem MakroGewebe verbunden. Bei der zweiten Strategie werden exakte hochauflösende Nachbildungen einer Gewebeeinheit entworfen. Diese Nachbildungen vereinen sich dann zu einem funktionellen Makrogewebe.
Die Kombination aus allen drei dargestellten Strategien ist notwendig, um eine komplexe biologische 3D-Struktur mit verschiedenen funktionalen, strukturellen und mechanischen Komponenten und Eigenschaften zu drucken. Das fertig gedruckte Konstrukt wird in einigen Fällen nach der Reifung im Reagenzglas transplantiert oder für weitere Analysen genutzt.
3. Tissue Engineering
Das Tissue Engineering ist ein wichtiger Grundbestandteil des 3D-Bioprinting. Gegenstand dieses Kapitels ist es aufzuzeigen, welche Bedeutung das Tissue Engineering besitzt und über den neusten Stand der Forschung zu informieren.
„Ziel des „tissue engineering“ ist die Regeneration des Gewebes mit normaler Anatomie und Funktion. Zum Hautersatz werden kultivierte Keratinozytentransplantate schon seit über 20 Jahren eingesetzt“ (Bannasch et al. 2003, S. 802) .
3.1 Herstellung von künstlichem Gewebe
Ein Teilaspekt des Tissue Engineering ist die Herstellung von Organoiden. Organoide werden als eine organähnliche Struktur definiert, die aus einer Ansammlung organspezifischer Zelltypen besteht. Grundlage für die Herstellung sind induzierte pluripotente Stammzellen, adulte Stammzellen oder embryonale Stammzellen aus überzähligen Embryonen (siehe Abbildung 4). Induzierte pluripotente Stammzellen werden aus ausgereiften Zellen gewonnen. Dagegen isoliert man adulte Stammzellen direkt aus dem Organ. Durch die Reifung mit verschiedenen Proteinen bilden sich die induzierten pluripotente Stammzellen zu Vorläuferzellen, welche sich vollkommen selbstständig oder mittels einer Wachstumsgrundlage zu einer basalmembranartigen 3D Matrix organisieren. 3D-Matrizen bestehen aus einer komplexen Mischung von Biomolekülen und ähneln der Basalmembran (Proteinschicht unter der äußeren Hautschicht) tierischer Lebewesen. Es entstehen Organoide (z. B. Darm-Organoide, Leber-Knospen, Mini-Hirne), welche physiologische Eigenschaften von Organen aufweisen. Die Forschung im Bereich Tissue Engineering beschäftigt sich zurzeit mit der künstlichen Herstellung von biologischem Gewebe. Im Wesentlichen werden drei Arten differenziert, mit denen Organe beziehungsweise organähnliche Strukturen erzeugt werden können. Bei der ersten Variante wird ein Organ komplett von seinen Zellen befreit, dadurch bleibt nur das Außengerüst des Organs zurück. Das Außengerüst wird dann mit Stammzellen neu besiedelt und im Bioreaktor kultiviert. Es entsteht ein neues funktionsfähiges Organ.
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