Die Höhle von Lascaux liegt im Tal der Vézère bei Montignac im französischen Département Dordogne und wurde 1940 von vier Jungen beim Spazieren entdeckt. In dieser Arbeit behandle ich die einzelnen Bildfelder, deren Anordnung und einige Kunstgriffe in der Höhle von Lascaux sowie die zur Ausschmückung der Höhle entwickelten Interpretationen und deren Plausibilität.
Da die Malereien und Zeichnungen von Lascaux mittels Mineralpigmenten aufgetragen wurden, welche nicht mit der 14C-Methode zu datieren sind, bleiben uns nur die in der Höhle aufgefunden Artefakte, welche zwischen 17 000 und 19 000 Jahre alt sind. Die Tierdarstellungen sind aufgrund ihrer aufgeblähten Körper, den kurzen Beinen sowie der teilweise perspektivischen Technik dem Stil III von Leroi-Gourhan zuzuordnen, der in die Zeit vom Ende des Solutréen bis ins frühe Magdalénien datiert. Die Forschung datiert Lascaux einvernehmlich an den Beginn des Magdaléniens welches mit dem "Lascaux-Interstadial" vor ca. 19 000 Jahren beginnt; obgleich sich anhand des Stein- und Knochenmaterials konstatieren lässt, dass die Malereien über eine längere Zeitspanne hinweg angefertigt wurden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Höhle von Lascaux
2.1 Die zeitliche Einordnung
2.2 Der räumliche Aufbau
3 Die Kunstwerke und deren Aufteilung
3.1 Die Halle der Stiere (die Rotunde)
3.2 Das axiale Divertikel
3.3 Die Passage
3.4 Das Schiff
3.5 Das Kabinett der Katzentiere
3.6 Die Apsis
3.7 Der Schacht.
4 Interpretationen zur Höhlenmalerei in Lascaux
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
7 Tafel
8 Abbildungsnachweis
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1 Einleitung
Die Höhle von Lascaux liegt im Tal der Vézère bei Montignac im französischen Département Dordogne (Aujoulat 2004, 26. Zur detaillierten Beschreibung der geographischen Lage siehe Aujoulat 2004, 18−20).
Die Höhle von Lascaux wurde am 12. September 1940 von vier Jungen beim spazieren ent-deckt, die ihrem Lehrer davon berichteten, welcher Henri Breuil informierte, der am 21. Sep-tember eintraf und noch im gleichen Jahr eine erste wissenschaftliche Beschreibung verfass-te (Aujoulat 2004, 266 f.; Fagan 2012, 222). Es folgten in mehreren Kampagnen von 1949 bis 1999 Untersuchungen von diversen Wissenschaftlern, u. a. André Leroi-Gourahn und Norbert Aujoulat (Zur Forschungsgeschichte siehe Aujoulat 2004, 266−270).
In dieser Arbeit werde ich die einzelnen Bildfelder, deren Anordnung und einige Kunstgriffe in der Höhle von Lascaux sowie die zur Ausschmückung der Höhle entwickelten Interpretatio-nen und deren Plausibilität behandeln.
2 Die Höhle von Lascaux
Die Anzahl der Darstellungen in der Höhle beläuft sich nach Aujoulat (2004, 64. 257) auf 1963, währenddessen Fagan (2012, 223) von ca. 2100 Figuren (600 Malereien und 1500 Gravuren) ausgeht, diese Zahl allerdings nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Die Tiere sind mit 915 Darstellungen vertreten, von denen 605 sicher zu identifizieren sind (Abb. 1) (Aujoulat 2004, 64; Fagan 2012, 223): Die Pferde überwiegen (364), am zweithäufigsten sind die Hirsche (90), gefolgt von Auerochsen (28) und Wisents (26) – zuzüglich 51 Individuen beider Spezies, die kaum voneinander zu trennen sind − sowie den weniger zahlreichen Steinböcken (ca. 38); Bären (1) und Raubkatzen (6−7) sind nur wenige Male dargestellt (Aujoulat 2004, 64. 258; Fagan 2012, 223; Ruspoli 1986, 45. 164). Die Zahl der Zeichen in Lascaux beläuft sich auf ca. 434; eine in der Höhlenmalerei einzigartige Zahl (Aujoulat 2004, 66. 257; Ruspoli 1986, 147. 154). Hinzu kommen 613 unbestimmbare Figuren und ein Mensch (Aujoulat 2004, 257). Mobile Kunstgegenstände waren zur Zeit als die Darstellungen in Lascaux angebracht wurden im frankokantabrischen Raum noch kaum verbreitet (Leroi-Gourhan 1982, 29 f.93−123). Der immer fortschreitenden Erosion die für eine Verstopfung des Eingangs mittels Sedimenten sorgte und die Höhle somit verdichtete – sowie einer undurchlässigen Mergelschicht −, ist die gute Erhaltung der Kunstwerte zu verdanken (Aujoulat 2004, 20. 29. 56. Vgl. Ruspoli 1986, 94. 99 f. 162).
2.1 Die zeitliche Einordnung
Da die Malereien und Zeichnungen von Lascaux mittels Mineralpigmenten aufgetragen wurden, welche nicht mit der [14]C-Methode zu datieren sind, bleiben uns nur die in der Höhle aufgefunden Artefakte, welche „(…) zwischen 17 000 und 19 000 Jahre alt sind (…)“ ([14]C-Daten: 17.190 ±140 BP, 16.000 ±500 BP) (Fagan 2012, 221. 224. 226; Aujoulat 2004, 58 f.; Leroi-Gourhan 1982, 360). Zu den Schwierigkeiten anhand der Malereien und Ritzungen eine genaue und ausreichend begründete Datierung zu erlangen, sowie zu den verschieden-en Datierungsvorschlägen siehe Aujoulat 2004, 59. Die Tierdarstellungen sind aufgrund ihrer aufgeblähten Körper, den kurzen Beinen sowie der teilweise perspektivischen Technik dem Stil III von Leroi-Gourhan zuzuordnen, der in die Zeit vom Ende des Solutréen bis ins frühe Magdalénien datiert (Leroi-Gourhan 1986, 250−253). Die Forschung datiert Lascaux einver-nehmlich an den Beginn des Magdaléniens welches mit dem „Lascaux-Interstadial“ vor ca. 19.000 Jahren beginnt; obgleich sich anhand des Stein- und Knochenmaterials konstatieren lässt, dass die Malereien über eine längere Zeitspanne hinweg angefertigt wurden (Freundliche Mitteilung von Prof. Dr. Gaudzinski-Windheuser. Vgl. Aujoulat 2004, 59. 264; Kuntz 2013, 22; Fagan 2012, 222−224; Ruspoli 1986, 16 f.; Leroi-Gourhan 1982, 360).
2.2 Der räumliche Aufbau
Die Höhle von Lascaux ist ca. 100 m tief und weist ein Gangsystem mit einer Länge von ca. 235 m auf, dessen maximaler Höhenunterschied bei 30 m liegt (Aujoulat 2004, 29). Diese Gänge können in verschiedene Räume unterteilt werden (Abb. 2): Der 20 m lange Eingang – der zum Schutz vor äußeren Klimabedingungen in drei Schleusenkammern umgewandelt wurde − ist Ostsüdost orientiert und führt in eine Rotunde von 5,50 − 7,50 m Breite, ca. 19 m Länge und einem bis zu 5 m hohem Gewölbe, den Saal der Stiere (Aujoulat 2004, 29. 33). Hinter diesem verschmälert sich die Höhle zum ca. 22 m langen und weniger als 60 cm brei-ten axialen Seitengang – dieser ca. 4 m hohe Gang ähnelt in seiner Form einem Schlüssel-loch; so dehnen sich die Wände nach oben hin zu einer Breite von 3,50 − 4 m aus (Ruspoli 1986, 109; Aujoulat 2004, 34). Am hinterem Ende der Halle der Stiere zweigt rechts ein Gang von etwa 17 m Länge, 2 − 4 m Breite und 2 − 2,40 m Höhe ab, die Passage (Aujoulat 2004, 33. 37; Ruspoli 1986, 98). Durch die Passage gelangt man in das 18 m lange und ca. 6 m breite sowie ca. 2 − 8 m hohe Schiff, welches in einen nicht bemalten 2 m breiten und 4 − 8 m hohen Gang, die sog. Mondmilchgalerie übergeht und in dem engen 30 m langen Sei-tengang der Raubkatzen endet (Aujoulat 2004, 39 f.). Zwischen Passage und Schiff öffnet sich ein nach Westen führender Gang, welcher mit der Apsis, einem halbrunden, etwa 5 m breiten, ursprünglich 1,60 − 2,70 m hohem Saal, beginnt (Ruspoli 1986, 98. 147). Am Ende der Apsis, hinter einer Spalte im Kalkgestein befindet sich die Öffnung zu einem 6 m tiefen Schacht, durch den man in die tiefer gelegene untere Ebene (Höhe: bis zu 10 m, Länge: ca. 30 m) gelangt (Aujoulat 2004, 40−42. 158. 182). Dort befindet sich ein enger 1 m hoher Gang, der an einem Ende von Geröll verschüttet ist (Aujoulat 2004, 42; Ruspoli 1986, 99).
3 Die Kunstwerke und deren Aufteilung
Die Tiere in Lascaux sind in der sog. halbverdrehten Perspektive gezeichnet: Kopf und Körper sind im Profil dargestellt, während andere Elemente z. B. die Hörner um 45° verbogen worden, „(…) als ob man sie dreiviertel von vorne (oder dreiviertel von hinten) sehen würde (…)“ (Ruspoli 1986, 38. 166).
Da die verzierten Wände entweder starke Neigungen aufweisen oder recht hoch sind wurden die Bilder mit Absicht verzerrt, so dass sie von unten oder von der Seite betrachtet wieder normal aussehen (Ruspoli 1986, 168; Aujoulat 2004, 221). Dies erklärt, warum der vierte große Auerochse im Saal der Stiere (Abb. 3a) sehr lang gestreckt gemalt wurde. Betrachtet man ihn von der Mitte des Raumes aus, sieht er wieder normal aus (Aujoulat 2004, 221. 224). Gleiches gilt für die erste Kuh im axialen Divertikel (Abb. 4a), die auf einer konkaven und sehr hochgelegenen Oberfläche gemalt wurde (Aujoulat 2004, 221). Ihre langgezogene Form wird, wenn man sie vom Boden oder schräg von der Seite anschaut wieder zusammengezogen (Aujoulat 2004, 221).
3.1 Die Halle der Stiere (Die Rotunde)
Im Saal der Stiere befinden sich 130 graphische Figuren, bei denen es sich nur um Malerei-en handelt, da die Wände von Kalkspat bedeckt sind und somit kaum für Ritzzeichnungen geeignet sind (Aujoulat 2004, 67). Die Anzahl der hier abgebildeten Tiere beläuft sich auf 36: 17 Pferde, 11 Rinder, 6 Hirsche ein Bär sowie das ‚Einhorn‘ (Aujoulat 2004, 67). Die erste Figur in der Höhle ist ein Pferd, das sich auf der rechten Seite befindet (Ruspoli 1986, 40 Abb. auf S. 101). Das Bildfeld wird von vier in ihrer Größe zunehmenden Auerochsen domi-niert, der letzte ist mit einer Länge von 5,60 m die bislang größte entdeckte prähistorische Fi-gur (Aujoulat 2004, 73). Der erste Auerochse (links) sowie die ihn begleitenden Pferde bewe-gen sich – wie es ihre weit auseinander genommenen Beine suggerieren − auf die anderen drei Stiere zu, welche ihnen entgegenkommen (Ruspoli 1986, 105). An den unteren Bauch-bereichen dieser drei Stiere befinden sich drei kleinere in rot gemalte Kühe, die sich in die entgegengesetzte Richtung Bewegen und eventuell Bestandteil einer vorhergehenden Bild-komposition sind (Ruspoli 1986, 104−106). Eine von der Wand abgefallene, virtuell wieder eingefügte Platte (Abb. 3d) mit Malereien gibt einem Pferd seinen Kopf wieder und bringt ei-nen weiteren Kopf zum Vorschein, der am ehesten mit denen der anderen großen Stiere des Raumes zu vergleichen ist – weniger wahrscheinlich erscheint die Deutung als Pferdekopf (Aujoulat 2004, 69 f. 72; Ruspoli 1986, 107). In der Nähe der zwei großen Auerochsen auf der rechten Wand, haben sich Spuren eines sechsten Auerochsen erhalten (Aujoulat 2004, 75) (Abb. 3a). Die Darstellungen von Auerochsen befinden sich in Lascaux nie in der Nähe von Wisenten; anscheinend wird hier in Analogie zur freien Natur eine Spezies durch die je-weils „(…) andere aus ihrem Revier verdrängt“ (Ruspoli 1986, 38. 85). In der Bauchlinie des dritten Auerochsen befindet sich der einzige Bär in Lascaux (Ruspoli 1986, 55 f. 105) (Abb. 3a). Zwischen dem ersten und dem zweiten Stier befinden sich fünf Hirsche, ein weiterer vor der Brustlinie des dritten Stieres (Ruspoli 1986, 44; Aujoulat 2004, 67. 84 f.) (Abb. 3a). Alle in Lascaux dargestellten Hirsche gehören der Spezies Cervus elaphus (Linné) an (Ruspoli 1986, 42). Wie es die Darstellungen der beiden oberen Hirsche illustrieren (Abb. 3a), bezogen die Maler die natürlichen Gegebenheiten auf der Felswand in ihre Malereien ein (Aujoulat 2004, 258. 260). Bei dem linken Hirsch ist nur der Körper abgebildet, das Geweih wird durch zwei abgelöste Stellen in der Kalkspatschicht angegeben; genau umgekehrt ist bei dem rechten Hirsch lediglich das Geweih ist gemalt und der Körper durch eine lang-gezogene Lücke in der Kalkspatfläche angegeben (Aujoulat 2004, 85 f.).
Das ‚Einhorn‘ hat einen massigen Körper, einen sehr kurzen Schwanz ein geflecktes Fell, stämmige Beine, einen kleinen Kopf mit kurzer Nase sowie ein paar dünne gerade Hörner (Aujoulat 2004, 68). Einige Forscher sahen in dem Tier eine tibetische Antilope mit parallelen Hörnern (Ruspoli 1986, 176). Eine mögliche These ist auch, dass es sich bei den Hörnern um den Schwanz des ersten großen Auerochsen handelt (Leroi-Gourhan 1982, 356; Ruspoli 1986, 174). Nach dieser These könnte es sich bei dem ‚Einhorn‘ um ein weibliches Rentier – deren Fell in Abhängigkeit von den Jahreszeiten gefleckt ist − handeln, welches seine Hörner abgeworfen hat (Vgl. Aujoulat 2004, 68; Ruspoli 1986, 49). Andere haben in dieser Figur auch eine nach mündlicher Überlieferung gemalte Raubkatze (die sechs Ringe auf dem Bauch ähneln der Fleckung des Fells eines Jaguars) oder einen Schamanen gesehen – viel-leicht auch zwei Jäger −, der sich ein Tierfell übergezogen hat (Ruspoli 1986, 101; 176; Leroi-Gourhan 1982, 356 f., Aujoulat 2004, 69). Nicht zu Letzt wurde es als Mischwesen, be-stehend aus „(…) Nashornkörper, Widerrist eines Bären oder Bisons, Kopf und Fellfleckung eines Katzentieres und Schwanz eines Hirsches (…)“, gedeutet (Ruspoli 1986, 176). Irreale der Fantasie entsprungene Figuren finden sich auch in anderen Höhlen (Leroi-Gourhan 1982, 137). Einer weiteren Deutung zu Folge könnte es sich bei dem Einhorn um ein nach mündlicher Überlieferung gemaltes Nashorn handeln, „(…) dessen Kopf schlecht gezeichnet (…)“ sei; das Nashorn im Schacht hingegen ist gut gelungen (Abb.10) (Ruspoli 1986, 53; 176) und womöglich vom Maler selbst gesehen worden. Möglich ist auch, dass es sich um die Wiedergabe der Sichtung eines Hirschtieres mit einer morphologischen Anomalie handelt (siehe hierzu z.B. das Reh mit nur einem Horn aus der Toskana http://diepresse.com/home/panorama/skurriles/390275/Einhorn-in-Italien-entdeckt). Die Fra-ge was hier genau dargestellt wurde muss offen bleiben (Vgl. Ruspoli 1986, 176).
Wie man es bei diesem ersten Bildfeld (Abb. 3b) gut sehen kann ist der Boden, auf dem die Tiere von Lascaux sich bewegen, nie ausdrücklich mittels einer gemalten oder eingeritzten Geraden angegeben (Ruspoli 1986, 164; Aujoulat 2004, 242). Hierfür nutzte man natürlich vorkommende Formen u. a. Kalkgesimse, die die Wände entlanglaufen und diese in eine gleichmäßig helle obere „(…) und eine unebene, dunkle untere Hälfte (…)“ aufteilt und somit einen imaginärer Boden erscheinen lässt (Ruspoli 1986, 164; Aujoulat 2004, 242). Zur Er-reichung von Plastizität wurden bei den Auerochsen, die Beine, Bäuche, Vorbrüste und die Schnauzen nur zum Teil mit Schwarz ausgemalt (Ruspoli 1986, 168). Ein weiteres Element zur Erzielung von Plastizität wurde durch die Überlagerung von manchen Figuren erreicht, wodurch diese auf verschiedenen Ebenen zu stehen scheinen (Abb. 3a) (Ruspoli 1986, 167).
3.2 Das axiale Divertikel
Im axialen Seitengang befinden sich 190 Darstellungen (Abb. 4a-b): 58 Figuren, darunter Rinder, Pferde, Hirsche und Steinböcke sowie 35 Zeichen (Aujoulat 2004, 90). Die Zeichen umfassen quadratische, rechteckige, kreuzförmige, Striche, Punkte zweig-/geweihförmige Zeichen – die sich nur im axialen Divertikel befinden −, Lianen, Federn, Fächer, und zusam-mengesetzte Zeichen (Abb. 5) (Aujoulat 2004, 90; Ruspoli 1986, 155). Nicht zu bestimmen sind 97 Darstellungen, vor allem Zeichen aber auch Ritzzeichnungen von Tieren (Aujoulat 2004, 90).
Im ersten Raumteil des axialen Divertikels (Abb. 4a) befindet sich auf der Nordwand eine „Kuh mit Halskragen“ die unter Einbeziehung der Felswandformation gezeichnet wurde (Ruspoli 1986, 109). Zur Decke hin aufsteigend finden sich zwei weitere Kühe und drei chinesische Pferde − die offensichtlich Przewalski-Pferde darstellen sollen (Ruspoli 1986, 39 f. 108 f.; Aujoulat 2004, 187). Auf der Südwand gegenüber der „Kuh mit Halskragen“ befindet sich ein röhrender Hirsch – ein für die Brunstzeit typisches Verhalten −; vor ihm befindet sich eine Kuh, bei der farbliche Abstufungen zur Erreichung von Plastizität vorgenommen wurden (Ruspoli 1986, 109. 112. 168 Abb. auf S. 111). Die letzte Figur im ersten Raumteil ist ein chi-nesisches Pferd dass eine Stute verfolgt (Abb. 4a) um sich, wie Ruspoli vermutet, mit dieser zu paaren (Ruspoli 1986, 169). Für die perspektivische Wirkung wurde der Bauch des Pfer-des schraffiert, das hintere Vorderbein losgelöst, das weiter hinten liegende Hinterbein farb-lich abgestuft und die Hufe − wie bei den Pferden im Saal der Stiere und bei vier der Pferde vor der großen schwarzen Kuh im Schiff – mittels Kreisen oder Ovalen aus der Vogelper-spektive dargestellt (Abb. 3a; Abb. 7c) (Ruspoli 1986, 166. 169). Das ‚fliehende Pferd‘ direkt vor dem röhrendem Hirsch drückt durch „(…) die vorgestreckte Hals-Kopf-Partie (…)“ die Stellung der Beine und den wehenden Schweif Schnelligkeit aus (Ruspoli 1986, 116).
Im zweiten Teil des Divertikels sind die Nord- und Südwand durch einen rechtwinkligen nach Osten abknickenden Gang, den Mäander, geteilt (Abb. 4b) (Ruspoli 1986, 118; Aujoulat 2004, 37). Auf der Nordwand (Abb. 4b) sind u. a. ein fallendes Pferd und ein großer schwar-zer Stier zu sehen in dem sich vier Auerochsenköpfe sowie zwei rote Kühe befinden (Aujoulat 2004, 106. 108). An der Südwand (Abb. 4b) befinden sich zwei sich gegenüberste-hende – durch ein Gitterzeichen getrennte − Steinböcke wie sie sich auch in der Natur ver-halten und Pferdehälse (Ruspoli 1986, 47; Aujoulat 2004, 243). Der imaginäre Boden, auf dem die Steinböcke stehen, ist auch bei der Ponyreihe unter der „springenden Kuh“ zu sehen (Abb. 3c) (Aujoulat 2004, 242).
3.3 Die Passage
Die Gesamtzahl der Malereien und Gravierungen in der Passage beläuft sich auf 377 Figu-ren darunter 239 vollständige oder fragmentarische Tiere, bei denen es sich um Pferde, Rin-der, Steinböcke und Hirsche handelt; hinzu kommen 81 Zeichen und 57 unbestimmbare Fi-guren (Abb. 6a-c) (Aujoulat 2004, 65 f. 138 f.). Wie in der Rotunde finden sich hier keine quadratischen Zeichen (Aujoulat 2004, 138). Die Felswände der Passage waren als die ers-ten Künstler hier Malereien anfertigten noch von einer Kalkspatkruste überzogen, die später auf Grund von Erosionen abgeblättert zu sein scheint, weshalb die Malereien nur noch frag-mentarisch erhalten sind (Ruspoli 1986, 129. 162; Aujoulat 2004, 139). Auf der freigelegten nackten Felswand, wurden später von anderen Künstlern Ritzzeichnungen angebracht, die präsumtiv wegen des langsamen Luftzuges heute kaum mehr identifizierbar sind (Ruspoli 1986, 129. 163).
3.4 Das Schiff
Im Schiff (Abb. 7a-e) befinden sich 79 Figuren: Pferde, Auerochsen, Wisents, Hirsche und Steinböcke (Abb. 1) sowie 24 Zeichen (Aujoulat 2004, 162). Am Eingang des Schiffs an der Ostseite befindet sich das schlecht erhaltene Bildfeld der sieben Steinböcke (Abb. 7a) (Ruspoli 1986, 138). An der Ostseite findet sich auch das Bildfeld der fünf Pferde mit einem Wisent (Abb. 7b) (Ruspoli 1986, 138). In dem nach ihr benannten Bildfeld überlagert die schwarze Kuh (Abb. 7c), einige Pferde einer Reihe von acht Tieren, welche Richtung Passa-ge orientiert sind, und wurde somit erst zu einem späteren Zeitpunkt gemalt (Ruspoli 1986, 48). Hinter ihr bewegen sich, auf den imaginären Boden, zwölf Pferde weiter fort; von denen drei mehr oder minder unvollendete Tiere „(…) in die entgegengesetzte Richtung laufen“ (Abb. 7c) (Ruspoli 1986, 48. 164. 167; Aujoulat 2004, 242). Unter den Füßen der schwarzen Kuh befinden sich sog. Wappenzeichen (Abb. 7c) (Ruspoli 1986, 140).
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