Noch vor der Jahrtausendwende wurden Kindertagesstätten eher als Einrichtung zur Betreuung von Kindern verstanden, ohne dabei einen Bildungsauftrag zu verfolgen. Folglich wurde die notwendige Qualifikation für dort eingesetztes Personal gering eingestuft. Der größte Teil des heute in Kindertagesstätten eingesetzten Personals verfügt über eine dreijährige Fachschulausbildung mit dem Abschluss „staatlich anerkannte_r Erzieher_in“. Erkenntnisse der PISA-Studie aus dem Jahre 2000 verdeutlichen jedoch, dass die frühkindliche Bildung im Hinblick auf die Absicherung einer ausreichenden Qualifikation nachwachsender Generationen im schulischen und nachschulischen Bereich von enormer Relevanz ist. Zudem sprechen Forschungsergebnisse aktueller Studien zur frühkindlichen Entwicklung den ersten drei Lebensjahren eine besonders hohe Bedeutung zu und betrachten die frühkindliche Bildung sogar als wesentlichen Schlüssel zum Bildungserfolg und zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Der Anspruch an Kindertagesstätten hat sich im Laufe der Jahre entsprechend gewandelt, von einer einfachen Betreuungseinrichtung hin zu einer Einrichtung, in der es vorrangig um Bildung und Erziehung geht, womit sie sich im akademisierten Handlungsfeld der Pädagogik bewegen.
Im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs wird daher in Frage gestellt, ob die Fachschulausbildung den Ansprüchen an heutige Erzieher_innen in Kindertagesstätten mit ihrem höchst relevanten Bildungsauftrag überhaupt noch gerecht wird und diskutiert, ob nicht eher eine wissenschaftlich fundierte akademische Ausbildung notwendig sei. Diese wissenschaftliche Diskussion um die Akademisierung der Erzieher_innenausbildung wird häufig aus Sicht professionstheoretischer Modelle geführt, so auch in der vorliegenden Arbeit. Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die Perspektive des strukturtheoretischen Professionsansatz von Ulrich Oevermann.
Folgende handlungsleitende Forschungsfrage wird im Verlauf dieser Arbeit kritisch untersucht: „Wie lässt sich das Erzieher_innenhandeln aus strukturtheoretischer Perspektive als professionelles Handeln fassen und welche Relevanz erhält aus dieser Perspektive ein wissenschaftliches Studium im Kontext der Professionalisierung?“
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Merkmale qualifizierten Erzieher_innenhandelns in Kindertagesstätten
2.1 Beziehungsaufbau zu Kindern und Erziehungsberechtigten
2.2 Kritische und reflektierende Haltung
2.3 Autonomie im beruflichen Handeln
2.4 Wissenschaftlich fundiertes Wissen
2.5 Strukturelle Ungewissheit und die Notwendigkeit von Praxiserfahrung
2.6 Arbeit in multiprofessionellen Teams
3 Der Professionsbegriff
3.1 Der strukturtheoretische Professionsansatz nach Ulrich Oevermann
3.1.1 Krisenbewältigung in Arbeitsbündnissen
3.1.2 Krisenbewusstsein und Einsicht in die Unterstützungsbedürftigkeit
3.1.3 Vertrauen und reflexive Distanz
3.1.4 Spannungsverhältnisse, Antinomien und Paradoxien im professionellen Handeln
3.1.5 Ermöglichung von Autonomie und Handlungsfähigkeit
3.1.6 Entscheidungszwang und Begründungspflicht
3.1.7 Notwendigkeit wissenschaftlichen Wissens und eines Forschungshabitus
3.1.8 Notwendigkeit von professioneller Handlungspraxis
3.1.9 Die „Gift-Gegengift-Logik“
4 Analyse der Erzieher_innentätigkeit in Kindertagesstätten aus der Perspektive des strukturtheoretischen Professionsansatzes
4.1 Krisenbewältigung in Arbeitsbündnissen in der Erzieher_innentätigkeit
4.2 Krisenbewusstsein und Einsicht in die Unterstützungsbedürftigkeit bei Kindern in Kindertagesstätten
4.3 Vertrauen und reflexive Distanz in der Erzieher_innentätigkeit
4.4 Spannungsverhältnisse, Antinomien und Paradoxien in der Erzieher_innentätigkeit
4.5 Ermöglichung von Autonomie und Handlungsfähigkeit in der Erzieher_innentätigkeit
4.6 Entscheidungszwang und Begründungspflicht in der Erzieher_innentätigkeit
4.7 Notwendigkeit wissenschaftlichen Wissens und eines Forschungshabitus in der Erzieher_innentätigkeit
4.8 Notwendigkeit von professioneller Handlungspraxis in der Erzieher_innentätigkeit
4.9 Die „Gift-Gegengift-Logik“ in der Erzieher_innentätigkeit
5 Ergebnis der Gegenüberstellung der strukturtheoretischen Professionsmerkmale und der Erzieher_innentätigkeit
6 Empirische Studien zur Relevanz des wissenschaftlichen Studiums für Erzieher_innen
6.1 Studie: „Qualitätsanforderungen an ein Fortund Weiterbildungskonzept für Erzieherinnen und Erzieher“
6.2 Studie: „Effective Provision of Pre-School Education – EPPE Project“
6.3 Studie: „Das Berufsbild der Erzieherinnen und Erzieher im Wandel – Zukunftsperspektiven zur Ausbildung aus Sicht der Fachschulleitungen“
6.4 Zusammenfassung der Studienergebnisse
7 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis