Im Fokus dieser Arbeit soll der Disput zwischen dem Reformator Martin Luther und Heinrich VIII. stehen. In diesem Rahmen wird auf die Frage eingegangen, wie der englische König versuchte, die Verbreitung der lutherischen Lehre in England zu unterbinden. Zur Beantwortung steht dabei die Quelle Assertio Septem Sacramentorum im Vordergrund. Aufgrund des lateinischen Quellenmaterials wird vorrangig die laut Forschung zugelassene Übersetzung von O’Donovan aus dem Jahr 1908 hinzugezogen, teilweise aber auch die des Fraenkels aus dem Jahr 1992.
Heinrich VIII., König Englands im 16. Jahrhundert, war und ist auch heute noch bekannt für seine zahlreichen Eheschließungen, die neben Annullierungen auch bis zur Hinrichtung der Gemahlin führen konnten. Ebenso wechselhaft wie die Entscheidung für seine Frauen scheint auch das Bild, welches der Monarch hinterlassen hat. Wohl ein ebenfalls einschneidendes Ereignis in der Regierungszeit des Heinrichs VIII. stellt die Auseinandersetzung mit Martin Luther und seiner reformatorischen Bewegung dar. Seine neuen religiösen Ansichten verbreiteten sich sehr zum Missfallen des Königs rasch bis auf die englische Insel. Entgegen lutherischer Bestrebungen und zur Verteidigung der römisch-katholischen Kirche sowie des Papstes Leo X. verfasste er eine Schrift. Eine Schrift gezeichnet von verbaler Fähigkeit und theologischen Verstandes, sodass dieses Werk auch außerhalb Englands reichlich gefeiert wurde: die Assertio Septem Sacramentorum.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 Die Assertio Septem Sacramentorum - eine kritische Quellenbetrachtung
3. Historische Einordnung
4. Die Verteidigung der römisch-katholischen Kirche
4.1 Das Verbot lutherischer Schriften in England
4.2 Heinrich VIII. antwortet auf Luthers Babylonica
5 Fazit
6 Literatur- und Quellenverzeichniserrang
6.1 Quellenverzeichnis
6.2 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Bluff Henry the Eight to six sprouses was wedded: One died, one survived, two divorced, two beheaded.“1 Heinrich VIII., König Englands im 16. Jahrhundert, war und ist auch heute noch bekannt für seine zahlreichen Eheschließungen, die, wie der alte Kinderreim zeigt, neben Annullierungen auch bis zur Hinrichtung der Gemahlin führen konnten. Ebenso wechselhaft wie die Entscheidung für seine Frauen scheint auch das Bild, welches der Monarch hinterlassen hat. Die Spanne reicht von Beschimpfungen wie „verfettetes brutales Monster“2 oder „Zerstörer der Klöster“3 bis hin zu Belobigungen dahingehend, dass England alleinig durch den großen Herrscher eine Menge an Ansehen und Ruhm erlangte und er viele Neuerungen schaffte.4 Wohl ein ebenfalls einschneidendes Ereignis in der Regierungszeit des Heinrichs VIII. stellt die Auseinandersetzung mit Martin Luther und seiner reformatorischen Bewegung dar. Seine neuen religiösen Ansichten verbreiteten sich sehr zum Missfallen des Königs rasch bis auf die englische Insel. Entgegen lutherischer Bestrebungen und zur Verteidigung der römisch-katholischen Kirche sowie des Papstes Leo X. verfasste er eine Schrift. Eine Schrift gezeichnet von verbaler Fähigkeit und theologischen Verstandes, sodass dieses Werk auch außerhalb Englands reichlich gefeiert wurde: die Assertio Septem Sacra- mentorum.
Im Fokus dieser Seminararbeit soll der Disput zwischen dem Reformator und Heinrich VIII. stehen. In diesem Rahmen wird auf die Frage eingegangen, wie der englische König versuchte, die Verbreitung der lutherischen Lehre in England zu unterbinden. Zur Beantwortung steht dabei die eben genannte Quelle Assertio Septem Sacramentorum im Vordergrund. Aufgrund des lateinischen Quellenmaterials wird vorrangig die laut Forschung zugelassene Übersetzung von O’Donovan aus dem Jahr 1908 hinzugezogen, teilweise aber auch die des Fraenkels aus dem Jahr 1992. Im Anschluss dieser einleitenden Worte soll dann zu jener eine kritische Quellenbetrachtung stattfinden. Darauffolgend gilt es darüber hinaus eine historische Einordnung vorzunehmen, woraufhin ferner das Hauptaugenmerk auf dem vierten Gliederungspunkt liegen wird. Hierbei soll es eingangs um die Verteidigung der römisch-katholischen Kirche gehen. Dabei wird zunächst noch einmal in kurzem Ausmaß auf Luther, seine Glaubensansichten und auf seine Schrift „De captivitate Babylonica ecclasiae praeludium“ eingegangen. Darauf aufbauend erfolgt eine Beschreibung, wie der katholische Glauben durch Heinrich VIII. verteidigt wurde. Dabei wird anschließend das Verbot und die Verbrennung der Schriften von Martin Luther in den Kontext gestellt. Im Anschluss steht eine Analyse der Quelle des englischen Königs im Fokus. Hierbei soll sowohl auf die inhaltliche Argumentation eingegangen werden, als auch auf die sprachliche Gestaltung. Jedoch findet eine Eingrenzung auf einige bestimmte Abschnitte der Quelle statt, da der eingeschränkte Umfang dieser Arbeit leider nicht allen gerecht werden kann. Das im Nachhinein noch ausstehende Fazit soll diese Seminararbeit abrunden und die wichtigsten Punkte noch einmal festhalten.
Bedeutsame aktuelle Monographien für diese Seminararbeit sind vor allem Weilers, Appels, aber Stemmlers Text, die einen tollen biographischen Inhalt zum englischen König darlegen. Ebenso werden Aufsätze wie die des Haighs, Marius‘ oder Rex‘, hinzugezogen werden. Um jedoch auch frühere Auffassungen darlegen zu können, tragen auch Aufsätze älteren Datums zur Argumentation bei , jedoch unter kritischer und reflektierter Betrachtung, Beachtung. Darunter fallen Beiträge von Smith oder Duff. Somit ist ein zeitlich gesehen durchaus umfassender Einblick in das Schaffen des Heinrichs VIII. gewährleistet. Um jedoch auch Martin Luther einen gerechten Stellenwert zu bieten, sind Texte von Schilling oder Roper sehr bedeutsam.
2. Die Assertio Septem Sacramentorum - eine kritische Quellenbetrachtung
Die Assertio Septem Sacramentorum5 ist eine der ersten Schriften gegen die lutherischen Prinzipien6, welche im Juli 1521 publiziert wurde.7 Fraenkel schreibt sie dem Genre einer Streitschrift zu, gibt aber an, dass sie ob ihres Aufbaus einer Monographie ähnele.8 Die As- sertio wurde in lateinischer Sprache verfasst9, jedoch ist die Autorschaft bis heute vollkommen umstritten. Duff ist der Meinung, dass Heinrich VIII. durchaus dazu in der Lage gewesen wäre, die Verteidigungsschrift selbst zu verfassen. Er beschreibt ihn als einen gebildeten Mann und hinreichend kompetent.10 Die meisten Historiker jedoch vermuten, dass er nicht als alleiniger Autor gilt, aber auf jeden Fall einen Anteil daran habe. So beispielsweise Marius, Rex oder Wooding.11 Dieses Unwissen über die Autorschaft reicht sogar bis ins 16. Jahrhundert, wobei Luther anmerkte, dieses Werk stamme keinesfalls vom König. Andere Personen wie Erasmus von Rotterdam waren überzeugt, dass Herinrich VIII. die Schrift verfasst habe.12 Trotz aller unterschiedlichen Meinungen bezüglich dessen, beschreibt der Theologe das Werk vorerst stets als Eigenleistung.13 Das Schreiben der Assertio wurde durch Luthers „De captivitate Babylonica ecclasiae praeludium“14, welche ein Jahr vor Heinrichs VIII. Werk erschien, veranlasst.15 Der Monarch machte es sich zum Ziel, den religiös-politischen Konflikt in den Fokus zu nehmen und die sakramentale Lehre, welche Luther anprangerte, als richtig darzustellen und zu beweisen. Interessant ist jedoch auch, dass Heinrich VIII. den Wunsch nach einem religiösen Titel besaß16, was durchaus ebenfalls eine Intention des Verfassens der Duellschrift dargestellt haben könnte. Dies unterstützt auch die These, dass die Assertio kein Auftragswerk war, sondern er jene aus freien Stücken schrieb. Weiterhin kann gesagt werden, dass sie auf jeden Fall als gewollte Überlieferung für die Nachwelt gilt.
3. Historische Einordnung
Der Disput zwischen Martin Luther und Heinrich VIII. lässt sich in die Zeit der in Deutschland vorherrschenden Reformation und Konfessionalisierung verorten, welche sich zunehmend ausbreitete. Luther initiierte diese am 31.10.1517, indem er die 95 Thesen gegen die Lehren der Kirche an die wittenbergische Schlosskirche anbrachte. Jene wurden gedruckt und verbreiteten sich in ganz Europa.17 Inhalte der reformatorischen Bewegung waren die kirchliche „Reinigung“ und deren Rückkehr zur ursprünglichen Gestalt. Dabei stand die Förderung der Frömmigkeit sowie der kirchlichen Entwicklung im Vordergrund. Dies wurde als Christenpflicht angesehen. Weiterhin übten sie Kritik am Papsttum.18 In England jedoch herrschten noch ganz andere Ansichten. Heinrich VIII. war Katholik und entgegen dieser Häresien. Er lehnte die lutherische Bewegung vollends ab. Allgemein lässt sich England zu dieser Zeit als eine eher ländliche Gesellschaft beschreiben und noch immer gab es Orientierungen und Sitten aus der Zeit des Mittelalters.19 Weiler beschreibt das religiöse Leben treffend als „ikonoklastisch“20. Größtenteils war eine Gesellschaft katholischer Konfession vorherrschend, wobei ebenfalls gesagt werden muss, dass England an sich als äußerst religiöser Staat galt. Die Engländer verfügten derzeit über gute Beziehungen zum Papsttum, wobei die Regierung der englischen Kirche aus dem Papst Leo X. und dem König Heinrich VIII. abgedeckt wurde.21 Ebenfalls sollte angemerkt werden, dass nur bei einem geringen Teil der Menschen Kenntnisse des Lesens und Schreibens vorherrschten, welche jedoch äußerst lückenhaft waren. Vorrangig Theologen waren dessen in Latein und Englisch mäch- tig22, was den Zugang der Assertio für die breite englische Bevölkerung erschwerte. Neben diesen Hintergründen fanden auch seit geraumer Zeit humanistische Einflüsse Einzug in die Gesellschaften. Die Idee der Bildungsbewegung bestand darin, Weltfrieden durch gebildete Herrscher zu schaffen,23 wobei Heinrich VIII. wohl als besonders passend gegolten haben muss.
4. Die Verteidigung der römisch-katholischen Kirche
Damit im Rahmen dieses Kapitels fokussiert werden kann, wie Heinrich VIII. versuchte, die lutherischen Lehren zu unterbinden, soll grundlegend zunächst auf Luther eingegangen werden, um nähere Zusammenhänge besser reflektieren zu können. Da Luthers religiöse Entwicklung stark von dessen Lebensumständen abhängig war24, sollen vorerst die wichtigsten theologischen Aspekte in kurzen Schritten beleuchtet werden. Demnach kann gesagt werden, dass Luther nach einer Krise im Jahr 1505 in das Augustinerkloster ging, anstatt sein juristisches Studium zu absolvieren, welches dessen Vater für ihn vorsah. Später studierte er dann Theologie und promovierte anschließend auch dafür. Er erlangte sogar einen Professorentitel im Bereich der Theologie und wurde Prediger in Wittenberg. Bereits hier äußerte er erste Kritik am Ablasshandel, da sich viele Gläubige von ihren Sünden freikaufen würden.25 Schon in den ersten Jahren wird Luthers rebellische Art angedeutet, als er sich des Vaters Wunsch widersetzt und statt Jura zu studieren, eine theologische Laufbahn einschlägt. Später dann im Jahr 1517 errang Luther eine Menge Aufmerksamkeit durch die Bekanntmachung seiner 95 Thesen. Jene verbreiteten sich sehr schnell in ganz Deutschland, woraufhin ebenso rasch erste Gegenansätze in Erscheinung traten.26 Hierbei ist interessant, dass Luther aussagte, dass diese Thesen nicht der theologischen Wahrheit entsprächen und lediglich als Vorlage einer Debatte veröffentlicht wurden.27 Allerdings scheint dies ziemlich unglaubwürdig, wenn das Ausmaß und die Präsentation der Thesen beachtet wird. Auch hier kann eine Provokation von Seiten Luthers erkannt werden, zumal er mit seinen Auffassungen mit der römisch-katholischen Kirche auch gleichzeitig den Papst angreift. Bereits 1518 wurde dann auch schon der Ketzerprozess gegen den Mönch eröffnet.28 Tetzel äußerte, dass der Ketzer ins Feuer geworfen werden solle und „in einem badhuttlein zu Himel fahren [soll]“29. Gemeint ist damit wohl das Ketzerfeuer, welches auch Luther vernichten sollte. Diese Wünsche übten einige gegen Ketzer und neben Tetzel gibt es auch noch weitere Feinde, die ein Auge auf den Häretiker und dessen theologische Standpunkte geworfen hatten.
Im Jahr 1518 wurde er aufgefordert, in einer Heidelberger Disputation Stellung zu nehmen mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen. Diese nutzt er, um seine weiterentwickelten Auffassungen dem Augustinerorden bekanntzugeben.30 Luther nahm demnach auch die Öffentlichkeit in Anspruch, um seine Meinungen kund zu tun. Wahrscheinlich erlangte er so eine Menge Anhänger, doch wohl auch ebenso gegensätzlich gestimmte Geistliche, wodurch er auf einem gefährlich schmalen Grat zwischen Triumph und Niederlage balancieren würde. Später wurde der Ketzer nach Augsburg zitiert, um dort von dem Kardinal Cajetan verhört zu werden. Während der Ordensbruder versuchte, Luther von seinen Auffassungen abzubringen und wieder auf den richtigen Weg zu führen, mit dem Ziel, die Thesen zu wiederrufen, nutzte der Reformator die Gelegenheit, um auch Cajetan von seiner Ansicht zu überzeugen. Jedoch gelang keinem von beiden, deren Absichten durchzusetzen. Ein Brief verlangte in einem solchen Fall, dass Luther unumgänglich festgenommen werden sollte. Luther entkam jedoch diesem Urteil durch eine Flucht. Auch von Miltitz, einem römischen Sonderlegaten, erhielt er später ein Schreiben des Papstes, in welchem es um die sofortige Verhaftung des Ketzers ging. Luther rechnete demnach mit dem Tod oder einer Verbannung.31 Er schwebte also auch mehrfach in Angst um sein Leben. Doch dies lies ihn keineswegs davon abbringen, seine Abfassung der Lehre zu verbreiten.
Als weiteren Disput kann jener mit Johannes Eck in Leipzig im Jahr 1519 festgehalten werden. Luther nimmt dabei beispielsweise Stellung zum Purgatorium, welches Leiden anstatt Erlösung der Menschen veranlasst, um nur einen Punkt zu nennen. Juhâsz beschreibt diese Leipziger Disputation als Wendepunkt in Luthers Leben, da er sich hierbei wie nie zu vor von der Kirche entfremdete.32 Interessant ist dabei, dass Luther trotz drohender Festnahme noch immer in die Öffentlichkeit trat und seine Meinungen propagierte. Dieses Verhalten von ihm ist schon beinahe impertinent. Doch es sollten noch weitere Taten folgen, die diese Assoziation tatkräftig unterstützten. So kam es, dass sein in lateinischer Sprache verfasstes Werk „De captivitate Babylonica ecclessiae“ veröffentlicht und anschließend sofort in deutscher Sprache verfasst wurde. Er kritisierte darin die Grundlagen der römisch-katholischen Kirche und greift die sakramentale Lehre an. Von jenen sieben seien nur insgesamt drei im Neuen Testament gültig: die Taufe, das Abendmahl und die Buße.33 Insgesamt publizierte er in dieser Zeit drei reformatorische Schriften, wobei, so Trauner, sich der König innerlich von der römischen Kirche trennte34, wobei gesagt werden muss, dass dies vermutlich schon deutlich früher geschah. Über Luther wurde aufgrund dessen eine Banndrohungsbulle verhängt, woraufhin er jene demonstrativ zusammen mit gegnerischen Schriften sowie dem Kirchengesetz verbrannte.35 Diese Maßnahme zeigte nun auch öffentlich sehr deutlich, dass Luther sich komplett von der römischen Kirche trennt. Dieses öffentliche Verbrennen veranschaulicht ganz klar, wie sehr sich Luther von jener distanziert und entfremdet fühlt. Dieser Aussage stimmt auch Trauner zu.36 Luther wurde später noch exkommuniziert37, jedoch soll darauf nun nicht näher eingegangen werden. Durch die rasche Resonanz und Verbreitung der lutherischen Schrift, erreichten die Babylonica und weitere Werke des Reformators auch England. Doch das noch der römischen Kirche treue Land und besonders dessen König Heinrich VIII. entsetzten die darin verfassten Auffassungen, sodass eine bedeutende Schrift im Zuge dessen entstand. Jedoch auch diese würde Luther noch mit seinen Auffassungen widerlegen wollen. Die Liste an Personen, mit denen Luther sich zu dieser Zeit teilweise streithaft auseinandersetzte war lang, wie eben aufgezeigt wurde. Aber die Auseinandersetzungen mit dem Papst und dem König übertreibt das Maß an Unverschämtheit und Impertinenz um ein Hohes.
4.1 Das Verbot lutherischer Schriften in England
Heinrich VIII. galt als frommer Mann und schien von den Taten Luthers auf keinen Fall angetan zu sein, weshalb es notwendig war, die Verbreitung lutherischer Schriften, die seit geraumer Zeit nach England eingeführt wurden38, zu unterbinden. Um 1518 war der Import der Werke Luthers in diesen Staat jedoch noch vollkommen legal. Auch aufgrund der Veröffentlichung der 95 Thesen in Wittenberg, erlangte Luther sogar auf der Insel an Bekanntheit. Doch bereits einige Zeit später um 1520 veränderte sich diese durchaus interessierte, respektvolle Haltung, wie Meyer sie beschreibt, in eine feindselige und die Werke galten als Schmuggelware.39 Luthers Lehre wurde demnach also scheinbar allmählich angezweifelt. Vorerst gingen die Engländer mit einem Verbot des Besitzes sowie der Einführung lutherischer Bücher vor.40 Bereits hier können erste Schritte gegen die Häresie in England festgehalten werden. Da sich diese jedoch anscheinend nicht vollends durchsetzten, musste noch ein weiteres, wesentlich einschneidenderes Zeichen von der englischen Regierung gesetzt werden. Im April 1521 gab Heinrich VIII. bekannt, dass die Bücher Luthers verbrannt werden sollten. Dies wurde nur wenig später umgesetzt. Bereits am 12. Mai 1521 wurden die Werke Luthers an der St. Paulskirche in Brand gesetzt.41 Diese öffentliche Verbrennung verstärkte noch einmal symbolisch, dass England der römisch-katholischen Kirche zugehörig war und setzte auch dem Volk ein Denkmal. Allerdings muss hierbei erwähnt werden, dass dieses Autodafé nicht alleinig durch Heinrichs VIII. Intention geschah, sondern jener vom Papst beauftragt wurde. Er sollte dafür sorgen, dass kein Buch der Häresie Luthers in England mehr aufzufinden war.42 Da der König dies ausführte, zeigte er einerseits, dass er im politischen sowie im religiösen Sinne auf Seiten des Papstes stand und drückte aber auch gleichzeitig noch einmal seine Abneigung gegenüber Luther und seiner ketzerischen Lehren aus. Und genau diese Auffassung verstärkte er, indem er die Assertio verfasste. Dies musste einen enormen Eindruck beim Volk, zumindest bei jenen, welche die lateinische Sprache rezipieren konnten, hinterlassen haben, wenn die tiefe Religiosität Englands zu dieser Zeit betrachtet wird.
4.2 Heinrich VIII. antwortet auf Luthers Babylonica
Geschockt über die gotteslästerliche Attacke Luthers, verfasste Heinrich VIII. zur Verteidigung der Kirche eine Gegenschrift, welche im Wesentlichen politisch gesinnt war.43 In dieser äußerte der Monarch bereits im Vorwort „Ad lectores“, dass er sich verpflichtet fühle, die Kirche zu verteidigen: „I cannot but think myself obliged [...] to defend my Mother, the Spouse of Christ“44 und dass es ebenso notwendig sei, dass alle Gläubigen der römischkatholischen Kirche, egal welchen Alters oder Geschlechts sich gegen die ketzerischen Ansichten auflehnen sollten.45 Bemerkenswert ist hierbei, dass er seinen Glauben als seine Mutter und gleichzeitig als Christus Ehefrau bezeichnete. Er assoziierte Jesus Christus demnach mit seinem Vater und drückte ganz stark die enge Verbundenheit mit der römischen Kirche aus. Hier wird ebenfalls ganz deutlich, dass nicht nur Heinrich VIII. dazu angehalten wird, sondern dass alle gemeinsam die Häresie bekämpfen müssen und nur zusammen dagegen vorgehen können, den „falschen“ Glauben zu vernichten. Er ruft also alle Christen auf, sich gegen die Häresie zu stellen und gemeinsam die Kirche zu verteidigen. Haigh beschreibt Luther als eine Gefahr für den Staat, weshalb es für einen König angebracht war, darauf einzugehen.46 Dies ist sehr interessant, denn Heinrich VIII. legte seine Verteidigung im Sinne der Frömmigkeit und Verbundenheit mit der Religion aus, allerdings könnten dies auch eher hintergründige Faktoren sein. „[...] who wrests Holy Scripture by his own Sense, against the Sacraments of Christ; abolishes the ecclesiastical Rites and Ceremonies left by the Fathers; undervalues the holy and antient Interpreters of Scripture, unless they concur with his Sentiments ; calls the most Holy See of Rome, Babylon, and the Pope s Authority, Tyranny; esteems the most wholesome Decrees of the Universal Church to be Captivity; and turns the Name of the most Holy Bishop of Rome, to that of Antichrist?“47
Hiermit betonte Heinrich VIII. noch einmal stark, wie schrecklich der Angriff auf die Kirche und den Papst sei. Bewusst setzte er dabei Papst Leo X. erneut in den Vordergrund. Ähnlich sieht es auch Appel, denn schädige man dem Haupt, so sei der restliche Körper ebenfalls nicht mehr lebensfähig.48 Stück für Stück versuchte Heinrich VIII. die Arbeit Luthers zu widerlegen und die Widersprühe dessen aufzuführen, denn Luther kritisiere den christlichen Glauben, behalte ihn jedoch gleichermaßen bei. Er ermutige die Menschen in Sünde zu le- ben.49 Aber der König zielte darauf ab aufmerksam zu machen, dass der Reformator im Unrecht mit seinen Ansichten war und ihnen keine Folge geleistet werden sollte.
Er begann mit dem Sakrament der Eucharistie. Luther verwarf in der Babylonica die Transsubstantiationslehre. Nach dieser geschehe im Anschluss der priesterlichen Worte eine Wandlung von Brot in Leib und Wein in Blut. Dabei ginge es um nicht mit der Bibel belegbare Interpretationen.50 Darauf ging Heinrich VIII. ein und meinte, es sei unverkennbar. Jesus sagte „Hic, est sangius meum.“51 sowie „Hic, est corpus meum.“52 Luther verwende eine eigene Interpretation, jedoch nicht die Worte Christi. Das Pronomen „Hoc“ anstelle von „Hic“ finde hier keinesfalls Verwendung. Anschließend erinnerte er an die Vorväter und teilte mit, dass er im Glauben sei, das auch diese die lutherischen Ansichten nicht akzeptieren würden.53 Er verfälschte demnach die Bedeutung der Aussagen Luthers und fügte Beweise zur Bekräftigung an. Dadurch wirken jene des Reformators sofort geschwächt und stupide. Durch den Verweis auf die alten Väter wird das ganze erneut verstärkt. Wem würden die gläubigen Engländer wohl mehr Glauben schenken? Luther, der vehement versuchte, die alte Lehre als falsch zu beweisen oder den alten Vätern? Heinrich VIII. vermittelte so den Eindruck, dass Luthers Aussagen keineswegs Anklang fanden, sondern nur aus der Luft gegriffen sein konnten.
[...]
1 HENRY VIII., King of England: Assertio Septem Sacramentorum or Defence of the Seven Sacraments, hg. u. eingel. v. O’DONOVAN, L., Newyork/Cinncinnath/Chicago 1908, S. 152.
2 BERG, D.: Heinrich VIII. von England. Leben-Herrschaft-Wirkung, Stuttgart 2013, S. 7.
3 Vgl. WEILER, T.: Heinrich VIII. und die englische Reformation. Der lange Weg zum Bruch mit Rom, Hamburg 2014, S. 3.
4 Vgl. Ebd.
5 Im Folgenden dieser Arbeit wird vorrangig die abgekürzte Version „Assertio“ verwendet.
6 Vgl. BEUMER, J.: Die Opposition gegen das lutherische Schriftprinzip in der Assertio septem sacramento- rum Heinrichs VIII. von England 42, in: Gregorianum (1961), S. 97.
7 Vgl. SMITH, P.: Luther and Henry VIII 25, in: The English Historical Review (1910), S. 658. Sowie DUFF, E. G.: The Library. The Assertio Septem Sacramentorum. 33, in: New Series (1908), S. 2. Sowie WEILER 2014, S. 24.
8 Vgl. HEINRICH VIII.: Assertio septem sacramentorum adversus Martinum Lutherum, hg. u. eingel. v. FRAENKEL, P., Münster 1992, S. 3.
9 Vgl. MARIUS, R. C.: Henry VIII, Thomas More, and the Bishop of Rome 10, in: Albion: A Quaterly Journal Concerned with British Studies (1978), S. 89.
10 Vgl. DUFF 1908, S. 1.
11 Vgl. MARIUS 1978, S. 89. Sowie REX, R.: The English Campaign against Luther in the 1520s: The Alexander Prize Essay 39, in: Transactions oft he Royal Historical Society (1989)S. 88. Sowie WOODING, L.: Henry VIII., New York 2015, S. 115.
12 Vgl. DUFF 1908, S. 2. Sowie STEMMLER 1991, S. 24. Sowie HEINRICH VIII.: Assertio septem sacra- mentorum adversus Martinum Lutherum, hg. u. eingel. v. FRAENKEL, P., Münster 1992, S. 17.
13 Vgl. APPEL, S.: Heinrich VIII. Der König und sein Gewissen. Eine Biographie, München 2012, S. 132.
14 Im Folgenden dieser Arbeit wird vorrangig die abgekürzte Version „Babylonica“ verwendet.
15 Vgl. LAUBE, A./WEISS, U. (Hrsg.): Flugschriften gegen die Reformation (1518-1524), Berlin 1997, S. 358.
16 Vgl. APPEL 2012, S. 131f
17 Vgl. JUHÂSZ, G. M.: Translating Resurrection. The Debate between William Tyndale and George Joey in it’s Historical and Theological Context, Leiden 2014, S. 164f.
18 Vgl. SCHORN-SCHÜTTE, L.: Die Reformation. Vorgeschichte-Verlauf-Wirkung, München 2000, S. 13f.
19 Vgl. WEILER 2014, S. 3-9.
20 Ebd. S. 9.
21 Vgl. Ebd., S. 9f.
22 Vgl. Ebd., S. 13.
23 Vgl. Ebd., S. 13. Sowie SCHORN-SCHÜTTE 2000, S. 13.
24 Vgl. TRAUNER, K.-R.: Martin Luther und die politische Ethik der Reformation, in: SOB, B./MICEWSKI, E. R. (Hrsg.): Brennpunkte politischer und militärischer Ethik - Eine Einführung, Wien 2001, S. 192.
25 Vgl. TRAUNER 2001, S. 192f. Sowie KOHNLE, A.: Martin Luther. Reformator, Ketzer, Ehemann, Leipzig 2015, S. 28-44.
26 Vgl. ROPER, L.: Der Mensch Martin Luther. Die Biographie, Frankfurt am Main 2016, S. 128-130.
27 Vgl. Ebd., S. 130.
28 Vgl. TRAUNER 2001, S. 193.
29 SCHILLING, H.: Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs, München 2012 , S. 183.
30 Vgl. KOHNLE 2015, S. 85. Sowie ROPER 2016, S. 139f
31 Vgl. SCHILLING 2012, S. 184-188.
32 Vgl. JUHÂSZ 2014, S. 167f
33 Vgl. SCHLLING 2016, S. 195. Sowie SMITH 1910, S. 659.
34 Vgl. TRAUNER 2001, S. 193.
35 Vgl. Ebd.
36 Vgl. Ebd.
37 Vgl. JUHÂSZ 2014, S. 167.
38 Vgl. MEYER, C. S.: Henry VIII Burns Luthers Books, 12 May 1521 9, in: The Journal of Ecclesiasticae (1958), S. 17.
39 Vgl. Ebd. S, 17f
40 Vgl. MEYER 1958, S. 180. Sowie Rex 1989, S. 86.
41 Vgl. SMITH 1910, S. 657. Sowie REX 1989, S. 86. Sowie STEMMLER 1991, S. 23. Sowie MEYER 1958, S. 183.
42 Vgl. MEYER 1958, S. 182.
43 Vgl. HAIGH, C.: Henry VIII and the German Reformation, in: BONNEY, R./BOSBACH, F./BROCK- MANN, T. (Hrsg.): Religion and Politics in Britain and Germany, München 2011, S. 31.
44 HENRY VIII., King of England: Assertio Septem Sacramentorum or Defence of the Se-ven Sacraments, hg. u. eingel. v. O’DONOVAN, L., Newyork/Cinncinnath/Chicago 1908, S. 180.
45 Vgl. HEINRICH VIII.: Assertio septem sacramentorum adversus Martinum Lutherum, hg. u. eingel. v. FRAENKEL, P., Münster 1992, S. 122.
46 Vgl. HAIGH 2011, S. 31.
47 HENRY VIII., King of England: Assertio Septem Sacramentorum or Defence of the Seven Sacraments, hg. u. eingel. v. O’DONOVAN, L., Newyork/Cinncinnath/Chicago 1908, S. 188.
48 Vgl. APELL 2012, S. 137.
49 Vgl. MARIUS 1978, S. 92.
50 Vgl. APELL 2012, S. 137f
51 Die deutsche Übersetzung lautet: „Dies ist mein Leib. HENRY VIII., King of England: Assertio Septem Sacramentorum or Defence of the Seven Sacraments, hg. u. eingel. v. O’DONOVAN, L., Newyork/Cinncinnath/Chicago 1908, S. 234.
52 Die deutsche Übersetzung lautet: „Dies ist mein Blut.“ Ebd.
53 Vgl. Ebd., S. 232-250.