Die Theologie kann mit einer zeitgemäßen Rede vom Geist Gottes einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der empfundenen Beziehungslosigkeit und Getrenntheiten der Gegenwart leisten. Das Prozessdenken Alfred North Whiteheads, der wie kein anderer die naturwissenschaftlichen Entdeckungen der Moderne philosophisch reflektierte, bietet wesentliche Anregungen für die theologische Öffnung zum relativitätstheoretisch fundierten Weltbild der Postmoderne. Die Prozessphilosophie Whiteheads wurde theologisch vor allem im englischsprachigen Raum adaptiert; infolge der theoretischen Komplexität und des Denkens, das mit etablierten kontinentaleuropäischen Traditionen bricht, wurde sie nur sehr partiell im deutschsprachigen Raum rezipiert.
Die vorliegende Arbeit stellt Whiteheads Prozessphilosophie in einer klaren Sprache vor und entwirft ein prozesstheologisches Bild vom Geist Gottes, der nicht länger nur als numinoser, weltflüchtiger Geist in charismatischen, christlichen Gruppierungen beheimatet ist, sondern als transformierender, Leben stiftender Geist im Leben aller Menschen wirkt, die ihn willkommen heißen. Es wird gezeigt, warum es durchaus vernünftig ist, mit dem Geist Gottes und seinen verbindenden Wirkungen zu rechnen und dass diese Überzeugung weder im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen noch zum gesunden Menschenverstand steht. Whiteheads Prozessdenken – auch als Metaphysik der universellen Relationalität bezeichnet – und die von ihm inspirierte Prozesstheologie bieten dafür zahlreiche Anregungen. John B. Cobb jr. und Michael Welker haben Whitehead in unterschiedlicher Weise kritisiert, adaptiert und selektiv weitergedacht. Die aus der kritischen Auseinandersetzung mit allen drei Autoren gewonnenen Anregungen für eine auf den säkularen Diskurs gerichtete Rede vom Geist Gottes lassen sich unter den folgenden Begriffen subsumieren: Erfahrbarkeit, Verständlichkeit, Neugier und Interdisziplinärer Austausch.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kapitel 1: Der Geist Gottes in Whiteheads organismischer Philosophie
- A. Whiteheads organismische Philosophie
- A.1. Grundlagen und Entwicklung der organismischen Philosophie
- A.2. Begriffe, Prinzipien und Themen
- B. Der Geist Gottes in der organismischen Philosophie
- B.1. Whiteheads reformierte Erkenntnistheorie
- B.2. Whiteheads Gottesbild als Vermittlung zweier Naturen
- B.3. Kritische Anmerkungen
- C. Anregungen für die Rede vom Geist Gottes
- A. Whiteheads organismische Philosophie
- Kapitel 2: Der Geist Gottes in Cobbs Prozesstheologie
- A. Die Prozesstheologie von John B. Cobb jr.
- A.1. Kurze Einführung in Cobbs Prozesstheologie
- A.2. Begriffe und Themen: Prozess, Relationalität, präreflexives Erleben
- B. Der Geist Gottes in Cobbs Prozesstheologie
- B.1. Cobbs reformierte Gottes- und Schöpfungslehre
- B.2. Schöpferische Transformation und freiwillige Gemeinschaft
- B.3. Kritische Anmerkungen
- C. Anregungen für die Rede vom Geist Gottes
- A. Die Prozesstheologie von John B. Cobb jr.
- Kapitel 3: Der Geist Gottes in Welkers realistischer Theologie
- A. Welkers realistische Theologie und Whiteheads Prozessdenken
- A.1. Einführung in Welkers Universalität Gottes und Relativität der Welt
- A.2. Begriffe und Themen: realistische Theologie
- B. Der Geist Gottes in Welkers Pneumatologie
- B.1. Wirken des Geistes als Kraftfeld, Emergenz und Resonanz
- B.2. Zur Unterscheidung der Geister: Gottes Geist und der Geist der Welt
- B.3. Kritische Anmerkungen
- C. Anregungen für die Rede vom Geist Gottes
- A. Welkers realistische Theologie und Whiteheads Prozessdenken
- Kapitel 4: Zusammenführung der Ergebnisse
- A. Erfahrbarkeit
- B. Verständlichkeit
- C. Neugier
- D. Interdisziplinärer Austausch
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Geist Gottes im Kontext von Whiteheads Prozessdenken. Sie untersucht, wie die Konzepte der organismischen Philosophie und Prozesstheologie ein Verständnis des Geistes Gottes ermöglichen und wie sie sich auf die Rede vom Geist Gottes in der Theologie auswirken.
- Whiteheads organismische Philosophie und ihre Relevanz für die Theologie
- Die Rolle des Geistes Gottes in der organismischen Philosophie und Prozesstheologie
- Die Auswirkungen des Prozessdenkens auf die Gottes- und Schöpfungslehre
- Die Bedeutung des Geistes Gottes für menschliche Erfahrungen und die menschliche Existenz
- Kritische Reflexionen und Perspektiven auf den Geist Gottes im Kontext des Prozessdenkens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar und beleuchtet die Relevanz des Themas. Das erste Kapitel widmet sich Whiteheads organismischer Philosophie und deren Bedeutung für die Gottesfrage. Es analysiert die Grundlagen und Entwicklung der organismischen Philosophie sowie zentrale Begriffe und Themen, bevor es auf die Rolle des Geistes Gottes in diesem Kontext eingeht. Das zweite Kapitel behandelt Cobbs Prozesstheologie und erläutert seine reformierte Gottes- und Schöpfungslehre, wobei die Bedeutung des Geistes Gottes für die menschliche Existenz hervorgehoben wird. Im dritten Kapitel wird Welkers realistische Theologie und ihre Verbindung zum Prozessdenken beleuchtet. Es analysiert die Pneumatologie Welkers und die Unterscheidung zwischen Gottes Geist und dem Geist der Welt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich dem Geist Gottes im Kontext von Whiteheads Prozessdenken und behandelt Themen wie organismische Philosophie, Prozesstheologie, Pneumatologie, Gottesbild, Schöpfung, menschliche Existenz, Erfahrbarkeit, Verständlichkeit und Interdisziplinarität.
- Arbeit zitieren
- Dr. Ilona Monz (Autor:in), 2019, Von allen guten Geistern verlassen?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/535784