Venöse, thromboembolische Ereignisse (VTE) gehören zu den häufigsten schwangerschafts-assoziierten Todesursachen der westlichen Industrieländer. Generell ist das individuelle Risiko thromboembolischer Prozesse der Frauen in der Schwangerschafts- und Wochenbettperiode erhöht und variiert nach Risikofaktoren. Die von der Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaft 2015 aufgestellte S3-Leitlinie zur Thromboembolie-Prophylaxe empfiehlt bei operativen Eingriffen in der Schwangerschafts- und postnatalen Periode die Thromboseprophylaxe. Bei Nichtvorhandensein weiterer Risikofaktoren muss keine medikamentöse Prophylaxe erfolgen. Ein Fallbeispiel wird im thematischen Zusammenhang aufgeführt.
Inhalt
Abstract
Abkurzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
EINLEITUNG
Venose, Thrombo-embolische (VTE) Ereignisse
Epidemiologie und Risikofaktoren (RF)
Evidenzbasierte Medizin (EbM)
Umfang der VTE-Prophylaxe
Versorgungsprozess fur Thromboseprophylaxe auf der geburtshilflichen Station
Fallbeschreibung
Forschungsfrage
METHODEN
Literatursuche
ERGEBNISSE: PubMed
Eine Pilotstudie
Eine longitudinale Kohortenstudie
ERGEBNISSE: Cochrane Library
Ein systematischer Review
DISKUSSION
Literaturverzeichnis
Abstract
Einleitung: Venose, thromboembolische Ereignisse (VTE) gehoren zu den haufigsten schwangerschafts-assoziierten Todesursachen der westlichen Industrielander. Generell ist das individuelle Risiko thromboembolischer Prozesse der Frauen in der Schwangerschafts und Wochenbettperiode erhoht und variiert nach Risikofaktoren. Die von der Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaft 2015 aufgestellte S3- Leitlinie zur Thromboembolie-Prophylaxe empfiehlt bei operativen Eingriffen in der Schwangerschafts- und postnatalen Periode die Thromboseprophylaxe. Bei Nichtvorhandensein weiterer Risikofaktoren muss keine medikamentose Prophylaxe erfolgen. Ein Fallbeispiel wird im thematischen Zusammenhang aufgefuhrt.
Methoden: Zur ErschlieBung des thematischen Komplexes wurde eine Literaturrecherche uber die medizinischen Datenbanken PubMed und Cochrane Library durchgefuhrt. Systematischen Reviews und empirischen Arbeiten wurde der hochste Stellenwert eingeraumt. Eingeschlossen wurden Studien, die in der postnatalen Periode die medikamentose Therapieform mit der nicht intervenierenden Gabe mit niedermolekularen Heparinen verglichen.
Ergebnisse: Es wurden insgesamt drei wissenschaftliche Arbeiten identifiziert, die den Effekt niedermolekularer Heparine auf primare und/ oder sekundare Outcomes untersuchte. Keine der Studien weist eine Signifikanz von tiefen, symptomatischen Beinvenenthrombosen in der postnatalen Periode bei Frauen mit geringem Thromboserisiko nach Entbindung durch primare Sectio Caesarea, unter intervenierender und nicht intervenierender Thromboseprophylaxe mit niedermolekularer Heparinisierung auf.
Schlussfolgerung und Ausblick: Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Gabe von niedermolekularen Heparinen in der postnatalen Periode bei Frauen ohne weitere RF, empirisch ungenugend belegt ist. Diese Handlung basiert hauptsachlich auf Expertenmeinungen und nimmt somit den niedrigsten, empirischen Grad der Evidenz ein. Es benotigt weiterer klinischer Studien, um der Gesundheitsversorgung eine Entscheidungsfindung auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zu ermoglichen.
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Evidenzbasierte Praxis (EbP)
Abbildung 2 Beschreibung des Such- und Auswahlprozesses
Abbildung 3 Tabellarische Darstellung der Quellen
EINLEITUNG
Die vorliegende Arbeit entstand in Anlehnung eines Praktikums auf der geburtshilflichen Station der Universitats-Frauenklinik in Heidelberg. In dieser Arbeit werden die Begriffe Kaiserschnittentbindung und Sectio Caesarea identisch verwendet. In der MaBnahmenbeschreibung nach einer Kaiserschnittentbindung gehen beschriebene Prozesse vor allem auf die Frauen ein. Der Bindungsprozess zwischen Mutter und ihren Neugeborenen stehen ebenso im Vordergrund und nehmen eine groBe Relevanz ein, werden jedoch in dieser Arbeit ausgeklammert.
Ein interprofessionelles Team aus Arzten, Hebammen, Kinder- und Erwachsenenkrankenpflegern versorgen Frauen und Neugeborene in der pra- und postnatalen Phase. Die Geburtshilfe bezeichnet innerhalb der Frauenheilkunde eine Fachrichtung, die sich der Uberwachung von Schwangeren, sowie der pra- und postnatalen Versorgung widmet. Generell haben Schwangere und Wochnerinnen ein erhohtes Thromboserisiko 1. Es gilt also innerhalb der medizinischen Behandlung, venosen thrombo-embolische Ereignissen praventiv entgegenzuwirken, welche zu den haufigsten schwangerschafts-assoziierten Todesursachen der westlichen Industrielander gehoren 2. Venose, thromboembolische Ereignisse (VTE) gehoren zu den haufigsten schwangerschaftsassoziierten Todesursachen der westlichen Industrielander und nehmen in dieser Thematik eine hohe Relevanz ein 1.
Venose, Thrombo-embolische (VTE) Ereignisse
Ein venoser Thrombus entsteht intravasal im Falle einer Blutgerinnung. Sie wird durch Veranderungen der GefaBwand, der Stromungsgeschwindigkeit oder bei Veranderung der Zusammensetzung des Blutes beeinflusst. Diese ursachlichen Faktoren werden als Virchow-Trias beschrieben 2. Eine Thrombose kann einen GefaBverschluss zur Folge haben. Lost sich der Thrombus und verschlieBt GefaBe an anderer Stelle, zum Beispiel (z.B.) in der Lunge spricht man von einer Embolie. Diese ist mit einer moglichen Morbiditat und Mortalitat assoziiert. Eine tiefe Beinvenenthrombose auBert sich durch Schmerz und Schwellung der betroffenen Extremitat. Eine Lungenembolie kann mit Dyspnoe, Tachypnoe, Schmerzen im thorakalen Bereich, Hamoptysis und/ oder Zyanose einhergehen 2.
Epidemiologie und Risikofaktoren (RF)
Eine exakte Aussage zur Inzidenzrate der tiefen Beinvenenthrombosen (TVT) in Deutschland kann nicht getroffen werden 3. Das Statistische Bundesamt und das Robert-Koch-Institut (RKI) publizierten 2005 uber die Behandlung folgender Erkrankungen (Thrombose, Phlebitis, Thrombophlebitis) an vollstationar, behandelten Patienten. Da mittlerweile viele Patienten mit bekannter TVT ambulant behandelt werden, fehlen exakte Inzidenz-/ Pravalenzdaten 3.
Das Thromboserisiko wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Diese werden durch Endothelschaden, Hyperkoagulabilitat und Hamodynamik beeinflusst 4. Risikofaktoren (RF) sind in die dispositionellen oder expositionellen Ebenen einzuordnen. Die dispostitionellen RF beinhalten neben Schwangerschaft und Postpartalperiode, Thrombophilien, fruhere Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien, maligne Erkrankungen, hoheres Alter, kardiovaskulare Erkrankungen, genetische Dispositionen, Ubergewicht und akute Infektionen 5. Expositionelle RF beinhalten die Immobilitat und das Operations- und Verletzungsrisiko. Die expositionellen und dispositionellen RF definieren zusammen die individuelle Thrombosegefahr eines Patienten 6.
In der Schwangerschaft liegt ein leicht erhohtes Basisrisiko (0,2%) fur thromboembolische Prozesse im Vergleich zur gleichaltrigen Allgemeinbevolkerung vor 7. Die Inzidenz ist hier um ein funfaches erhoht 8. Der Grund dafur ist der veranderte hormonelle Status sowie durch die Kompression des Uterus in der spaten Schwangerschaft auf die BeckengefaBe. Hierdurch ist das individuelle Risiko thromboembolischer Prozesse der Frauen in der Schwangerschaft und Wochenbettperiode erhoht. Die von der Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaft 2015 aufgestellte S3-Leitlinie zur Thromboembolie-Prophylaxe empfiehlt bei operativen Eingriffen in der Schwangerschafts- und postnatalen Periode die Thromboseprophylaxe 7. Diese soll im Allgemeinen bei jedem Patienten nach Art und Umfang des operativen Eingriffs unter Berucksichtigung der dispositionellen Faktoren durchgefuhrt werden.
Evidenzbasierte Medizin (EbM)
Unter evidenzbasierte Medizin versteht man den Gebrauch der gegenwartig aktuellsten, besten, wissenschaftlichen Evidenz fur Entscheidungen der medizinischen Versorgung 9. Sie klassifiziert Studien nach Evidenzklassen, dessen Einteilung Empfehlungsgrade fur bestimmte Therapieoptionen bestimmt. Demnach belegen Expertenmeinungen oder Klinischen Erfahrungen den niedrigsten Evidenzgrad (IV). Gut durchgefuhrten, nicht randomisierten Studien wird der Evidenzgrad Ila, IIb oder III zugefuhrt. Den hochsten Evidenzgrad belegen Meta-Analysen oder randomisierte Studien (Ia, Ib) 3.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die beste evidenzbasierte Praxis ergibt sich aus drei Grundpfeilern (siehe Abb. 1). Innerhalb der klinischen oder internen Evidenz stellt sich die Frage in welchem MaB arztliche Erfahrungen oder Kompetenzen miteinzubeziehen sind. Bezuglich der wissenschaftlichen oder externen Evidenz muss die gefundene Evidenz auf die konkrete Fragestellung zutreffen. Es stellt sich hier die Frage, welche Studien einzubeziehen sind. Innerhalb der Patientenorientierung werden Praferenzen der Patienten berucksichtigt. Das Zusammenwirken und die Berucksichtigung aller drei Felder ergibt die fur den Patienten beste evidenzbasierte Praxis. Die Herausforderung besteht in der Gewichtung der drei Felder fur die beste Therapieform des einzelnen Patienten.
Umfang der VTE-Prophylaxe
Um das Thromboembolierisiko zu senken, wurden MaBnahmen auf Grundlage klinischer Studien aufgestellt. Als BasismaBnahmen zur Thromboseprophylaxe werden MaBnahmen, wie Kompressionsstrumpfe, Bewegungsubungen sowie Anleitung zu Eigenubungen beschrieben. Weitere physikalische MaBnahmen, wie medizinische Anti- Thrombose-Strumpfe (ATS) erganzen die Therapie. Diese sollten bei jedem Patienten routinemaBig Anwendung finden. Medikamentose MaBnahmen, wie die Gabe von Antikoagulantien (z.B. Heparine) erganzen das Therapieverfahren 6.
Randomisierte Studien aus der Unfall- und Allgemeinchirurgie konnten eine Thrombosereduktion von mehr als 10% durch die Gabe von Heparine nachweisen [10, 11].
Versorgungsprozess fur Thromboseprophylaxe auf der geburtshilflichen Station
Das Risikoprofil einer Frau kann sich in der gesamten Schwangerschafts- und Wochenbettperiode andern und muss deshalb regelmaBig neu evaluiert werden 12. Das AWMF gibt an, dass bei Frauen ohne zusatzlichen Risikofaktoren, die Gabe von Antikoagulantien nach vaginaler Geburt oder Kaiserschnittentbindungen nicht erforderlich ist 7. Liegen Risikofaktoren vor, sind neben Basis- und physikalischen MaBnahmen, medikamentose MaBnahmen bis zu sechs Wochen postnatal erforderlich. In der Schwangerschaft und postnatalen Periode werden niedermolekulare Heparine empfohlen, da diese nicht in die Plazenta und Muttermilch infundieren und somit nicht teratogen sind 13. Generell wird empfohlen, dass Frauen die pranatal eine medikamentose Thromboseprophylaxe erhielten, diese unabhangig vom Entbindungsmodus postnatal fortfuhren sollten 7. Im Falle einer primaren Kaiserschnittentbindung wird neben sekundaren- und Notfall- Kaiserschnittentbindungen die Antikoagulation bei Frauen ohne weitere Risikofaktoren in den meisten Kliniken routinemaBig durchgefuhrt 14. International variieren die Empfehlungen der Thromboseprophylaxe 15. Dies beinhaltet auch den Anbetracht der jeweiligen Zielgruppe von Frauen.
Auf der geburtshilflichen Station der Universitats-Frauenklinik Heidelberg wird die Antikoagulation niedermolekularer Heparine bereits in der pranatalen Phase im stationaren Aufenthalt, standardisiert durchgefuhrt. Im Falle einer vaginalen Entbindung wird postnatal keine weitere Antikoagulation bei Frauen ohne weiteren RF durchgefuhrt. Nach Kaiserschnittentbindungen stehen neben dem Schmerzmanagement, die Fruhmobilisation und Antikoagulation im Vordergrund.
Fallbeschreibung
Frau G., 32 Jahre mit einem BMI von 24,6 kommt zur geplanten Sectio mit spinaler Anasthesie. Sie weist in internistischer, schwangerschaftsinduzierter und familiarer Anamnese keine Erkrankungen oder RF auf. Sie hat keine Allergien und gilt insgesamt als Patientin mit niedriger Thrombosegefahr.
Nach durchgefuhrter Sectio wird Frau G. funf Stunden postpartum Erstmobilisiert. Eine halbe Stunde vor Mobilisation erfolgt die erste Schmerzmittelgabe mit Ibuhexal 600mg. Frau G. ist insgesamt im wachen, vierfach-orientierten Zustand und kreislaufstabil. Die Blutung lauft stark bis regelrecht, die Fundustastung weist keine pathologischen Auffalligkeiten auf und das Pflaster auf der Sectionaht ist nicht durchgeblutet.
Frau G. bekommt im weiteren Verlauf viermal taglich 600mg Ibuprofen. AuBerdem wird sie zur ausreichenden Flussigkeitssubstitution und Mobilisation angehalten. Ebenso wird die standartisierte Gabe von Antikoagulatien nach Sectio erklart, die durch Clexane20, einmal taglich erfolgen soll. Die erste Gabe erfolgt sechs bis acht Stunden nach der Operation. Die Patientin lehnt die Antikoagulation und die Antikompressionsstrumpfe im Fruhwochenbett ab. Sie begrundet, dass sie sich viel mobilisiert, viel trinkt und sie keinen Nutzen in einer medikamentosen Therapie sieht.
Auf der geburtshilflichen Station der Universitats-Frauenklinik in Heidelberg fehlt die klinische, evidenzbasierte Leitlinie zur Thromboseprophylaxe nach Sectio. Es stellt sich die Frage, inwieweit die standardisierte Therapieform der Antikoagulation nach primarer Sectio, evidenzbasiert ist.
Forschungsfrage
Es soll die Frage geklart werden, wie sich die Pravalenz von tiefen, symptomatischen Beinvenenthrombosen in der Wochenbettperiode bei Frauen mit geringem Thromboserisiko nach Entbindung durch primare Sectio Caesarea, unter intervenierender und nicht intervenierender Thromboseprophylaxe mit niedermolekularer Heparinisierung unterscheidet?
METHODEN
Literatursuche
Die Literaturrecherche erfolgte uber die medizinische Datenbank PubMed (Medline), sowie uber Cochrane Library. Empirischen Arbeiten und Reviews wurde der hochste Stellenwert eingeraumt. In die Literaturauswahl gingen Studien ein, die bis zum 28.02.18 auf PubMed und Cochrane Library indiziert waren.
Als Suchstrategie wurden mithilfe Boolscher Operatoren folgende Suchbegriffe auf PubMed eingegeben: “Women AND caesarean section AND elective AND low risk AND Thrombophilia AND venous thrombophilia AND venous thromboembolism AND prophylaxis”.
Die Suche ergab vier Ergebnisse, wovon zwei ausgeklammert wurden da diese Guidelines behandeln.
Cochrane Library zeigte unter folgenden Suchbegriffen: ,,Women, caesarean section, low risk, Thrombophilia, venous thrombophilia, venous thromboembolism, prophylaxis“, einen systematischen Review und eine klinische Studie an. Die klinische Studie, die drei Heparinsorten verglich, war ebenso Ergebnis der PubMed Suche und wurde ausgeschlossen. Der Review wird in die Arbeit miteingeschlossen.
Abbildung 2: Beschreibung des Such- und Auswahlprozesses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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