Die Ausgangsfrage der vorliegenden Untersuchung lautet, ob ein sittenwidriges Geschäft eines Unternehmers besteuert werden darf, und wenn man dieses bejaht, ob Aufwendungen, die dafür getätigt wurden, abzugsfähig und Vergünstigungen zu gewähren sind.
Aufschlußreich für die Beantwortung der Fragestellung ist die historische Entwicklung der Rechtsprechung und der Literatur zu einer Zeit, in der man noch auf keine gesetzliche Regelung zurückgreifen konnte, bis hin zur Normierung des § 5 II StAnpG und des § 40 in der Abgabenordnung von 1977.
Es sind auch die Tatbestandsmerkmale des § 40 AO zu untersuchen, wobei zu klären ist, ob ein strafbares oder sittenwidriges Verhalten überhaupt eine unternehmerische Betätigung im engeren Sinne sein kann. Sind zum Beispiel die Einkünfte einer Prostituierten sonstige Einkünfte oder solche aus Gewerbebetrieb? Desweiteren ist zu fragen, ob auch die Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen der Anwendung der Vorschrift unterfallen. Falls eine Anwendbarkeit angenommen wird, ist zu prüfen, inwieweit eine Einschränkung, durch eine restriktive Auslegung der Vorschriften über die Steuerbefreiungen und -abzüge, wegen einer Verletzung der Einheit der Rechtsordnung geboten ist.
Stellt man auf einen Gesetzespositivismus ab, so wird man den § 40 AO zweifelsfrei als rechtsverbindlich und durch die Finanzverwaltung und -gerichte als anwendbar bezeichnen müssen1. Trotzdem bleibt zu prüfen, inwieweit es überpositves Recht gibt, das eventuell die Vorschrift des § 40 AO zurückdrängt. Gedacht werden kann hier an eine ethische Betrachtungsweise, die fragt, ob § 40 AO den Anforderungen an Gerechtigkeit und Sittlichkeit und an die "Einheit der Rechtsordnung" genügt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ideengeschichtliche Entwicklung der Regelung
- Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts (1893-1912)
- Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und die Literaturmeinung (1919-1939)
- Gesetzliche Regelungen (§ 5 II StAnpG / § 40 AO)
- Tatbestandsuntersuchung
- "Verhalten" im Sinne des § 40 AO
- Allgemeines
- Sittenwidriges unternehmerisches "Verhalten" im engeren Sinne
- "Für die Besteuerung"
- Begriff der "Besteuerung"
- Abzugstatbestände
- Steuervergünstigungen
- "Gesetzliche Gebote oder Verbote" und "gute Sitten"
- Gesetzliche Verbote
- Gute Sitten
- Anwendbarkeit des § 40 AO auf Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen
- Betriebsausgaben (§ 4 IV EStG)
- Persönliche Abzüge (§§ 10, 10b, 33, 33a EStG)
- Sonderausgaben
- Außergewöhnliche Belastungen
- Steuervergünstigungen
- Widerspruch zum Strafrecht
- Wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 40 AO
- Verstoß des § 40 AO gegen überpositives Recht
- Normwiderspruch
- Wertungswidersprüche
- Widerspruch zum Zivilrecht
- Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Anwendung des § 40 AO auf unternehmerisches Verhalten im Steuerrecht. Sie verfolgt das Ziel, die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Regelung zu untersuchen und zu verstehen, welche Arten von Verhaltensweisen mit dem § 40 AO sanktioniert werden.
- Entwicklung der Rechtsprechung zum § 40 AO
- Untersuchung des Tatbestands des § 40 AO
- Anwendbarkeit des § 40 AO auf verschiedene Steuerformen
- Widersprüche des § 40 AO zu anderen Rechtsnormen
- Wirtschaftliche Betrachtungsweise der Regelung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der sittenwidrigen unternehmerischen Betätigung im Steuerrecht ein und beschreibt die Relevanz des § 40 AO für die Praxis. Das Kapitel "Ideengeschichtliche Entwicklung der Regelung" beleuchtet die historische Entstehung und Weiterentwicklung des § 40 AO durch die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, des Reichsgerichts und des Reichsfinanzhofs. Es werden auch wichtige Punkte aus der Literaturmeinung zu dieser Thematik erläutert. Das Kapitel "Tatbestandsuntersuchung" analysiert den Tatbestand des § 40 AO im Detail, wobei insbesondere die Begriffe "Verhalten" und "Besteuerung" sowie die Anwendung des § 40 AO auf Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen untersucht werden. Das Kapitel "Anwendbarkeit des § 40 AO auf Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen" befasst sich mit der Frage, ob der § 40 AO auch auf bestimmte Abzüge und Vergünstigungen anwendbar ist, die Unternehmen geltend machen können.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen "sittenwidrige unternehmerische Betätigung", "Steuerrecht", "§ 40 AO", "Abzugstatbestände", "Steuervergünstigungen" und "Rechtsprechung". Sie analysiert die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des § 40 AO auf verschiedene Bereiche des Steuerrechts, wie beispielsweise die Betriebsausgaben, persönlichen Abzüge und Steuervergünstigungen.
- Quote paper
- Dr. Gerald G. Sander (Author), 1990, Die sittenwidrige unternehmerische Betätigung im Steuerrecht ( § 40 AO ), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/53471