1. Einleitung
Diese Arbeit hat die Wahrnehmungen und Einstellungen russischsprachiger Jugendlicher aus der ehemaligen Sowjetunion, die Anfang der neunziger Jahre nach Deutschland kamen, zum Thema. Wie ich an dieses Thema komme? Es war ganz nahe liegend, da ich selbst Russin bin, mit 16 Jahren nach Deutschland kam und das Abitur auf dem internationalen Gymnasium in Köln-Mühlheim ablegte.
In den sechs Jahren, die ich auf dieser Schule verbrachte, lernte ich Deutsche, Türken, Italiener, Jugoslawen, „Russen“ und andere Nationalitäten kennen. Auf dieser Schule waren sehr viele „Russen“1. Nur, waren es wirklich „echte“ Russen?
Jeder, der sich auf dieser Schule auf Russisch verständigen konnte, war als „Russe“ definiert. Dabei kamen viele Russischsprachige nicht nur aus Russland, viele kamen aus Kasachstan, der Ukraine, Kirgisien und anderen, damals zur Sowjetunion gehörigen Ländern. Viele Menschen fragen sich: Wer sind all diese Menschen? Sind das Russen, Kasachen oder vielleicht Deutsche? Nach welchem Recht konnten sie nach Deutschland kommen? Warum durften sie für immer hier bleiben? Warum wollen sie nur unter sich bleiben? Warum stehen sie in den Pausen abseits von Schülern anderer Nationalitäten? Diese Fragen werden in der Schule meist nicht gestellt.
Von 1950 bis 1987 kamen rund 1,4 Mio. Aussiedler aus verschiedenen vornehmlich östlicheren Ländern nach Deutschland. Zwischen 1988 und 1996 wanderten ca. 2,3 Mio. Aussiedler in die Bundesrepublik ein, ⅓ davon waren Jungendliche unter 20 Jahren. In den neunziger Jahren reagierte die deutsche Gesetzgebung auf die steigende Zahl der Zuwanderer. Die Einreisebedingungen und die Anerkennung als Aussiedler wurden erschwert.2 Hierauf wird noch zurückgekommen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Festlegung des theoretischen Begriffsrahmens
- Was ist ein Deutscher?
- Was ist ein Aussiedler?
- Was ist ein Spätaussiedler?
- Was sind Kontingentflüchtlinge?
- Jugendliche aus der ehemaligen Sowjetunion: Lebenserfahrungen
- Lebensbedingungen in den GUS-Staaten
- Schulleben in den GUS-Staaten
- Außerschulisches Leben in den GUS-Staaten
- Freizeitaktivitäten in den GUS-Staaten
- Änderungen im Schulsystem und in der Freizeitgestaltung nach der Auflösung der Sowjetunion
- Was bedeutet Integration?
- Verläuft die Integration der russischsprachigen Einwanderer reibungslos?
- Nicht vorhandene Sprachkompetenz der russischsprachigen Einwanderer
- Kommunales Umfeld der russischsprachigen Einwanderer
- Autoritätsverluste der Eltern in der Familie
- Einstufung der russischsprachigen Schüler in das deutsche Schulsystem und ihre Schwierigkeiten
- Schul- und Berufssituation der russischsprachigen Jugendlichen
- "Nirgendwo zu Hause"?
- Umfrageaktion, Daten und Zahlen der Umfrage
- Vorstellung des Genoveva-Gymnasiums
- Verlauf der Umfrage
- Zahlen und Daten der russischsprachigen Schüler des Genoveva-Gymnasiums
- Geschlechterverteilung und Alter der Befragten
- Ursachen der Aussiedlung aus den GUS-Staaten
- Vorstellung der Einwanderer über Deutschland
- Emotionen bei der Aussiedlung aus den GUS-Staaten
- Herkunft der Befragten am Genoveva-Gymnasium
- Aufenthaltsdauer der Befragten in Deutschland
- Schwierigkeiten bei der Identitätswahrnehmung
- Zugehörigkeitsempfindung der befragten Schüler
- Unklare Zugehörigkeitsempfindungen bei den russischsprachigen Einwanderern
- Außerschulische Situation der jungen russischsprachigen Einwanderer in Deutschland
- Wohnumfeld der Befragten
- Bekannten- und Freundeskreis der Befragten
- "Sprache ist ein ganz wesentlicher Schlüssel zur Integration"
- Russischer Anteil der Kultur der Befragten
- Schulische Erfahrungen der jungen russischsprachigen Einwanderer
- Einführung in das Schulsystem des Herkunftslandes
- Gegenüberstellung der Empfindungen der Schulsysteme des Herkunftslandes und Deutschlands
- "Mehr Freiheit als in meiner alten Schule"
- Welche Schule fordert mehr Leistung?
- Medieneinsatz im Unterricht und in der Schule
- Wahrnehmung der Mitschüler durch russischsprachige Schüler
- Kontakt zu den einheimischen Jugendlichen
- Kontakt zu den Mitschülern anderer Nationalitäten
- Wahrnehmung der Lehrer durch die russischsprachigen Schüler
- Unterrichtsgestaltung an den Schulen des Herkunftslandes und in Deutschland
- Schüler-Lehrer-Verhältnis an den Schulen der beiden Länder
- Auftreten der deutschen Lehrer
- Wissen und Unwissen der deutschen Lehrer über die Lage der russischsprachigen Schüler
- Zusammenfassung und Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Integration russischsprachiger Schüler
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Erfahrungen russischsprachiger Einwanderer in Deutschland, insbesondere im Kontext der Integration in das deutsche Schulsystem. Die Arbeit analysiert die Herausforderungen, denen diese Schüler im Alltag begegnen, und untersucht die Faktoren, die ihre Integration beeinflussen.
- Herausforderungen bei der Integration russischsprachiger Schüler in Deutschland
- Wahrnehmung des deutschen Schulsystems durch russischsprachige Schüler
- Identitätsfindung und Zugehörigkeitsempfinden der Einwanderer
- Sprachliche und kulturelle Unterschiede und ihre Auswirkungen auf die Integration
- Rollen und Erwartungen von Lehrkräften und Mitschülern gegenüber russischsprachigen Schülern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit und die Forschungsfrage vor. Im zweiten Kapitel wird der theoretische Begriffsrahmen definiert, der die Einordnung der Einwanderergruppen ermöglicht. Kapitel 3 beleuchtet die Lebenserfahrungen der Jugendlichen in den GUS-Staaten. Im vierten Kapitel wird der Integrationsbegriff diskutiert und die spezifischen Herausforderungen der russischsprachigen Einwanderer in Deutschland beleuchtet. Kapitel 5 präsentiert die Ergebnisse einer Umfrage unter russischsprachigen Schülern, die Daten und Zahlen zur Einwanderungsgeschichte und der aktuellen Situation der Schüler liefern. Kapitel 6 widmet sich den Schwierigkeiten bei der Identitätswahrnehmung der befragten Schüler. Die außerschulische Situation der Einwanderer wird im Kapitel 7 analysiert, wobei der Fokus auf dem Wohnumfeld, dem sozialen Netzwerk und den Sprachkenntnissen liegt. Kapitel 8 befasst sich mit den schulischen Erfahrungen der Einwanderer, vergleicht die Schulsysteme des Herkunftslandes und Deutschlands und beleuchtet die Wahrnehmung von Mitschülern und Lehrkräften. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und Verbesserungsvorschlägen hinsichtlich der Integration russischsprachiger Schüler.
Schlüsselwörter
Russischsprachige Einwanderer, Integration, Schulsystem, Identitätsfindung, Zugehörigkeitsempfindung, Sprache, Kultur, Lebenserfahrungen, Herausforderungen, Erfahrungen, Umfrage, Datenanalyse, Sozialisation, Interkulturelle Kompetenz.
- Arbeit zitieren
- Tatiana Hoyer (Autor:in), 2005, Schule aus der Sicht russischsprachiger Einwanderer, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/53125