Der Fokus dieser Arbeit soll auf den Aufständen von Barbados und Jamaika liegen. Hierbei soll zunächst der Ablauf der Revolten geschildert werden, um daraufhin auf die Ursachen und die Folgen der Aufstände einzugehen. Ziel dieser Untersuchung ist es, anhand der vorliegenden Literatur, den Impakt zu ermitteln, den die Rebellionen auf die Abolitionsbewegung im Großbritannien des 19. Jahrhunderts hatten. Da sich die Historiker nicht einig sind, in welchem Maß die Aufstände einen Beitrag zur Abschaffung der Sklaverei geleistet haben, sollen außerdem unterschiedliche Perspektiven auf die Thematik kurz angesprochen werden. Auch weitere Forschungsdebatten bezüglich der beiden Rebellionen sollen hier näher betrachtet werden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Forschung intensiv mit der britischen Karibik auseinandergesetzt, wobei die Geschichte dieser Region in einen größeren Kontext gesetzt wurde. Infolgedessen wird diese Geschichte oft im Zusammenhang mit der atlantischen Geschichte und der des britischen Weltreichs betrachtet. Bei Jamaika handelt es sich um die anglophone Westindische Insel, über die in den letzten Jahrzehnten am meisten geschrieben wurde.
Im 17. Jahrhundert fielen die karibischen Inseln Barbados und Jamaika, infolge des Wettrennens der europäischen Großmächte, in den Besitz der Engländer. Die beiden Kolonien zählten neben den Leeward Inseln zu den bedeutendsten Besitztümern des britischen Weltreichs. Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts äußerte sich der atlantische Sklavenhandel als der Ursprung des Wohlstands und politischen Erfolges der Briten. Obschon dieser im Jahre 1807 endete, blieb die Sklaverei im britischen Weltreich noch fast drei Jahrzehnte lang bestehen. Die anglophonen Westindischen Inseln erfuhren zur Zeit der britischen Herrschaft mehrere Sklavenaufstände. Die von Barbados (1816), Demerara (1823) und Jamaika (1831) zählen zu den drei größten Sklavenrebellionen in der Geschichte der „Neuen Welt“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die anglophonen Westindischen Inseln
3. Barbados und Jamaika unter britischer Herrschaft
4. Die Sklavenaufstände auf Barbados und Jamaika
4.1. Die Barbados Rebellion von
4.2. Die Jamaika-Rebellion von
5. Vergleich der Aufstände
6. Fazit
7. Bibliografie
7.1. Quellenverzeichnis
7.2. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im 17. Jahrhundert fielen die karibischen Inseln Barbados und Jamaika, infolge des Wettrennens der europäischen Großmächte, in den Besitz der Engländer.1 Die beiden Kolonien zählten neben den Leeward Inseln zu den bedeutendsten Besitztümern des britischen Weltreichs.2 Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts äußerte sich der atlantische Sklavenhandel als der Ursprung des Wohlstands und politischen Erfolges der Briten. Obschon dieser im Jahre 1807 endete, blieb die Sklaverei im britischen Weltreich noch fast drei Jahrzehnte lang bestehen.3 Die anglophonen Westindischen Inseln erfuhren zur Zeit der britischen Herrschaft mehrere Sklavenaufstände. Die von Barbados (1816), Demerara (1823) und Jamaika (1831) zählen zu den drei größten Sklavenrebellionen in der Geschichte der „Neuen Welt“.4
Der Fokus dieser Arbeit soll auf den Aufständen von Barbados und Jamaika liegen. Hierbei soll zunächst der Ablauf der Revolten geschildert werden, um daraufhin auf die Ursachen und die Folgen der Aufstände einzugehen. Ziel dieser Untersuchung ist es, anhand der vorliegenden Literatur, den Impakt zu ermitteln, den die Rebellionen auf die Abolitionsbewegung im Großbritannien des 19. Jahrhunderts hatten. Da sich die Historiker nicht einig sind, in welchem Maß die Aufstände einen Beitrag zur Abschaffung der Sklaverei geleistet haben, sollen außerdem unterschiedliche Perspektiven auf die Thematik kurz angesprochen werden. Auch weitere Forschungsdebatten bezüglich der beiden Rebellionen sollen hier näher betrachtet werden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Forschung intensiv mit der britischen Karibik auseinandergesetzt, wobei die Geschichte dieser Region in einen größeren Kontext gesetzt wurde. Infolgedessen wird diese Geschichte oft im Zusammenhang mit der atlantischen Geschichte und der des britischen Weltreichs betrachtet.5 Bei Jamaika handelt es sich um die anglophone Westindische Insel, über die in den letzten Jahrzehnten am meisten geschrieben wurde.6
2. Die anglophonen Westindischen Inseln
Im ausgehenden 16. Jahrhundert endete die, durch Kolumbus „Indien-Reise“ von 1492 eingeleitete, spanische Vorherrschaft über die überseeischen Besitzungen mit den Expansionsbestrebungen der aufsteigenden europäischen Großmächte Frankreich, England und den Niederlanden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestanden die anglophonen Westindischen Inseln aus einer Großzahl von Inseln und zahlreichen anderen Gebieten, die das britische Weltreich vor über zwei Jahrhunderten erworben hatte. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besetzten die Engländer zunächst die Inseln der Kleinen Antillen Barbados, St. Kitts, Nevis, Antigua und Montserrat, bevor sie dann 1655, in einem Angriff auf die spanischen Besitzungen in der Karibik, noch die Herrschaft über Jamaika erlangen konnten.7
Die von Kolonialisierung, Versklavung und Monokultur geprägten British West Indies waren eine wertvolle Einnahmequelle für das britische Weltreich, da sie für die Herstellung begehrter Konsumgüter zuständig waren.8 Die monokulturell angelegte Plantagenwirtschaft war ein charakteristisches Merkmal dieser Kolonien, die, durch die Ausrichtung der Agrarproduktion auf Zuckerrohr, die Nachfrage in den europäischen Metropolen erfüllten.9 Trotz der Dominanz der Zuckerwirtschaft wurden in der Karibik nebenbei auch noch Alternativprodukte wie Baumwolle, Indigo und Kaffee hergestellt.10 Um den wachsenden „sweet tooth“11 der Europäer befriedigen zu können, mussten die britischen Kolonien auf afrikanische Arbeitskräfte zurückgreifen. Durch die Teilnahme des britischen Weltreiches an dem kapitalintensiven Geschäft des transatlantischen Sklavenhandels konnten dynamische Ökonomien und internationale Massenmärkte für Konsumgüter in der Karibik geschaffen werden.12 Etwa 10 Millionen Afrikaner wurden während der „größte(n) Zwangsmigration in der Geschichte der Menschheit“13, die mehr als 300 Jahre andauerte, nach Amerika verschifft, um auf den Plantagen der europäischen Besitzungen im karibischen Raum zu arbeiten.14
3. Barbados und Jamaika unter britischer Herrschaft
Barbados war im 18. Jahrhundert die karibische Insel, die am meisten mit Jamaika in Verbindung gebracht wurde. Die Gemeinsamkeiten bestanden aus einer auf Zuckerplantagen basierenden Wirtschaft, einer Gesellschaft, die auf Sklaverei aufgebaut war und der großen Bedeutung, die die Inseln für das britische Weltreich hatten. Die Inseln wiesen aber auch mehrere Unterschiede auf, denn Barbados war flächenmäßig kleiner als Jamaika, hatte eine größere weiße Bevölkerung und war die einzige britische Zuckerkolonie, die eine natürliche Zunahme der Sklavenpopulation vor der Abschaffung der Sklaverei, im Jahre 1834, erfahren hatte.15
Obwohl Jamaika, im Zeitalter des Abolitionismus, das größte und ökonomisch bedeutendste britische Besitztum in der Westindischen Region war, galt Barbados als „the original and quintessential British sugar colony“.16 Fast das gesamte Festland der Insel, die 1627 von den Engländern kolonisiert worden war, war der Zuckerproduktion verschrieben.17 Barbados gehört zu den „Inseln über dem Wind“18, wodurch die Insel von einem unkomplizierten Verkehr mit Europa profitieren konnte. Für Jamaika war der Verkehr mit Europa um einiges umständlicher, da gewaltige Umwege eingeschlagen werden mussten, weshalb der Zucker Jamaikas auch zeitweise teurer war als der barbadische.19
4. Die Sklavenaufstände auf Barbados und Jamaika
4.1. Die Barbados Rebellion von 1816
Am Abend des Ostersonntags 1816 begann gegen 20 Uhr der erste größere, bewaffnete Sklavenaufstand auf Barbados seit 1692.20 Die Rebellen setzten am 14. April zunächst vereinzelte Zuckerrohrfelder in St. Phillip in Brand, bevor der Aufstand auf weitere Gemeinden im Süden und auf das Zentrum von Barbados übergriff.21 Die Hälfte der Insel war von den Unruhen betroffen. Indem sie ein Fünftel der Zuckerrohrernte der Insel zerstörten, beschädigten die Aufständischen die Einkommensquelle der Plantagenbesitzer.22 Am Montagmorgen rief die Kolonialregierung gegen 2 Uhr den Ausnahmezustand aus, der bis zum 12 Juli bestehen blieb. Am 16. April stellte der mutmaßliche Anführer „Bussa“, nach dem der Sklavenaufstand benannt wurde, eine Truppe von ungefähr 400 Sklaven zusammen, die auf Joseph Bayleys Plantage, auf der östlichen Seite der Insel, gegen die weißen Sklavenhalter kämpften. Die Rebellion wurde am 17. April von den Streitkräften und dem „First West Indian Regiment“ niedergeschlagen.23
Der längste bewaffnete, gegen die Sklaverei gerichtete, Aufstand auf Barbados forderte zahlreiche Opfer. Bei einer Schadensanalyse stellte sich heraus, dass ungefähr 1000 Schwarze während der Rebellion gestorben waren. Schätzungen zufolge wurden 144 Rebellen hingerichtet, 70 wurden zum Tode verurteilt und 123 wurden deportiert. Ein Weißer und zwei Soldaten des „West India Regiment“ waren ebenfalls bei dem Aufstand umgekommen. Insgesamt waren zwischen 3.900 und 5.000 Rebellen in das Geschehen verwickelt gewesen. Der Schaden betrug 175.000 Pfund Sterling und fast 25 Prozent der erwarteten Zuckerernte waren durch das, von Aufständischen gelegte, Feuer zerstört worden.24
Der Sklavenaufstand auf Barbados wurde von der „versklavten Elite“ organisiert. Während sowohl Händler, Handwerker, als auch Fahrer von unterschiedlichen Plantagen an der Rebellion teilgenommen hatten, stach einer der Aufständischen besonders heraus.25 Der Sklave Bussa (auch Busso oder Bussoe) wurde, aufgrund seines Einsatzes für die Freiheit, zum Anführer der Rebellion benannt. Bussa wurde in Afrika geboren und später gefangen genommen, bevor er dann nach Barbados verschifft wurde, um dort auf den Zuckerplantagen zu arbeiten. Historiker sind sich einig, dass es sich bei Bussa nicht um einen jungen Mann handelte, denn es wird angenommen, dass er bereits über einen längeren Zeitraum versklavt gewesen war.26 Bussa soll bei der Schlacht auf Bayleys Plantage am 16. April umgekommen sein. Für die Zeit vor dem Aufstand lässt sich keine Erwähnung des Aufständischen in den Protokollen der Plantagen nachweisen.27 Zwei weitere Akteure, die sich ebenfalls an dem bewaffneten Widerstand beteiligt hatten, waren Washington Franklin und die schwarze Haussklavin Nanny Grigg. Letztere soll die Sklaven dazu aufgerufen haben, „to set fire the way they did in St. Domingo“28. Hierbei bezog sie sich auf den Sklavenaufstand in der französischen Kolonie Saint-Domingue von 1791.29
Die Planung des Sklavenaufstands hatte bereits im November 1815 begonnen, kurz nachdem das Unterhaus des barbadischen Parlaments, den von der britischen Regierung ausgestellten „Registry Bill“ abgelehnt hatte.30 Hierbei handelte es sich um einen Gesetzesentwurf, der den rechtswidrigen Import von Sklaven zu verhindern versuchte. Außerdem richtete sich der von dem Politiker William Wilberforce vorgestellte Entwurf gegen die Versklavung der „free people“ in den britischen Kolonien.31 In den späten 1810er Jahren herrschte Uneinigkeit darüber, was der Grund für die Unzufriedenheit der Sklaven auf Barbados gewesen war. Während moderne Historiker den Grund für die Rebellion mit der Ablehnung der Reform durch die Plantagenbesitzer assoziieren und den Aufstand auf die Entwicklung eines „schwarzen Selbstbewusstseins“ und auf einen lange andauernden afro-karibischen Widerstand gegen die Sklaverei zurückführen, ging man zu Beginn des 19. Jahrhunderts von anderen Ursachen aus. In der damaligen Zeit wurden die Rolle des Wahlkampfes der Abolitionisten und die Brutalität von Plantagenbesitzern in Zusammenhang mit dem Aufstand in Frage gestellt.32 Es stellte sich heraus, dass die Gründe für die Rebellion sich nicht aus den Konditionen, unter denen die Sklaven lebten, herleiten ließen. Es wurde nämlich belegt, dass die Plantagenbesitzer in der Regel für das Wohlsein ihrer Arbeitskräfte sorgten.33
Nach dem Aufstand scheiterten viele an dem Versuch, den verantwortlichen Faktor, der als Auslöser für den Aufstand fungiert hatte, ausfindig zu machen. Diese Problematik trug zur Kontroverse um Sklaverei in den Jahren, die auf den Aufstand folgten, bei. Die Gegner und die Befürworter der Sklaverei befanden sich infolgedessen in einem „war of representation“, in dem es darum ging, den Aufstand in einer Weise darzustellen, die den eigenen Standpunkt unterstützte. Während die Abolitionisten den nicht-britischen Despotismus, der auf der Insel herrschte, kritisierten und den verwerflichen Charakter der Sklaverei hervorhoben, bezeichneten die Plantagenbesitzer und ihre Unterstützer die Insel als „Little England“, das durch die Intervention der „ignorant forces of humanitarianism“ gefährdet werde.34
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1 Frauke Gewecke: Die Karibik. Zur Geschichte, Politik und Kultur einer Region, Frankfurt am Main 32007, S. 15.
2 Gad Heuman: The British West Indies, in: Porter, Andrew/ Low, Alaine (Hrsg.): The Oxford History of the British Empire III. The Nineteenth Century, New York 1999, S. 470.
3 Philippa Levine: The British Empire. Sunrise to sunset, Harlow 2007, S. 23.
4 David Geggus: Slave rebellion during the Age of Revolution, in: Wim Klooster/ Gert Oostindie: Curaçao in the Age of Revolutions. 1795-1800, Leiden 2011, S. 35.
5 Christer Petley: New perspectives on slavery and emancipation in the British Caribbean, in: The Historical Journal 3 (2011), S. 855.
6 Kathleen Monteith/ Glen Richards (Hrsg.): Jamaica in Slavery and Freedom. History, Heritage and Culture, Jamaica 2002, S. 52.
7 Gewecke: Die Karibik, S. 15f.
8 David Lambert: White Creole Culture, Politics and Identity during the Age of Abolition, New York 2005, S. 3.
9 Gewecke: Die Karibik, S. 16f.
10 Wolfgang Reinhard: Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415-2015, München 2016, S. 449.
11 Lambert: White Creole Culture, S. 3.
12 Andreas Eckert: Sklaverei und Abolition, in: Geschichte und Gesellschaft 23 (2010), Sonderheft Die Aufklärung und ihre Weltwirkung, S. 247f.
13 Eckert: Sklaverei und Abolition., S. 246.
14 Gewecke: Die Karibik, S. 17.
15 Trevor Burnard/ John Garrigus: The Plantation Machine. Atlantic capitalism in French Saint-Domingue and British Jamaica, Pennsylvania 2016, S. 9.
16 Lambert: White Creole Culture, S. 4.
17 Ebd. & Heuman: The British West Indies, S. 470.
18 Reinhard: Die Unterwerfung der Welt, S. 447.
19 Ebd. S. 448.
20 Cleve McD. Scott: Bussa’s Rebellion (1816), in: Rodriguez, Junius P. (Hrsg.): Encyclopedia of slave resistance and rebellion, Westport 2007, S. 90.
21 Lambert: White Creole Culture, S. 105.
22 Lambert: White Creole Culture, S. 105.
23 Scott: Bussa’s Rebellion, S. 91.
24 Ebd.
25 Lambert: White Creole Culture, S. 105.
26 Scott: Bussa’s Rebellion S. 90.
27 Ebd. S. 91.
28 Heuman: The British West Indies, S. 475.
29 Geggus: Slave rebellion during the Age of Revolution, S. 32.
30 Scott: Bussa’s Rebellion, S. 90.
31 Brief remarks on the Slave Registry Bill and upon a special report of the African Institution, recommending that measure, London 1816. (o.V.)
32 Lambert, White Creole Culture, S. 106.
33 Scott: Bussa’s Rebellion, S. 90.Insel als „Little England“, das durch die Intervention der „ignorant forces of humanitarianism“ gefährdet werde.34
34 Lambert: White Creole Culture, S. 106f.