Das Jahr 1917 stellt in der Geschichte eine wesentliche Zäsur dar. Einerseits wegen der militärischen Auseinandersetzungen rund um den 1. Weltkrieg. Insbesondere der Kriegseintritt der USA ist als Novum in der Geschichte zu sehen, da die Intervention der Vereinigten Staaten auf eine Abkehr von einer isolationistischen Politik hin zu einer außenpolitischen Geltungspolitik hindeuten.
Andererseits sind die politischen Veränderungen in Russland zu nennen. Das agrarisch geprägte Zarenreich unterzog sich 1917 einer doppelten Veränderung. Zunächst ist dabei die Februarrevolution zu nennen, in deren Zug der Zar abdankte und eine Provisorische Regierung gebildet wurde. Diese Regierung konnte sich nur über eine Dauer von wenigen Monaten an der politischen Macht erfreuen, denn bereits im Oktober begann die zweite Revolution, welche in dieser Arbeit genauer thematisiert werden soll.
Ziel dieser Arbeit ist eine Beurteilung inwieweit der Revolutionsbegriff dabei angebracht ist. Dabei soll zunächst der Revolutionsbegriff, in Abgrenzung zum Begriff des Putsches, dargelegt werden. Danach folgt eine Aufzeichnung der historischen Ereignisse, damit abschließend eine genaue Bewertung vorgenommen werden kann.
Die Oktoberrevolution ist bereits in vielen Werken vertieft wurden. In den letzten Jahren ist Zahl der Publikationen weiter stark gestiegen. Ein wesentlicher Grund ist dabei die historische Entwicklung. Zunächst wurde eine objektive Forschung, aufgrund von Diktaturen, wie dem Nationalsozialismus oder dem Stalinismus unmöglich. Danach folgte der Ost – West – Konflikt. Eine einheitliche Forschung war dadurch nur schwer möglich. Erst durch den Fall des Eisernen Vorhangs änderte sich dies, da nun auch westliche Historiker Zugang zu russischen Quellen erhielten und die Geschichtsforschung auch nicht mehr nur als Instrumentarium zur Herrschaftslegitimation diente. Durch diesen Vorgang wurden auch die historischen Blickwinkel erweitert, da vor allem lokale und regionale Entwicklungen stärker erforscht wurden. Diese Arbeit setzt sich vor allem mit der neueren Geschichtsforschung auseinander. Aus diesem Grund wird die Literatur aus den letzten zwanzig Jahren verwendet.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Forschungsstand
3. Der Revolutionsbegriff
4. Die Oktoberrevolution 1917
5. Bewertung
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Jahr 1917 stellt in der Geschichte eine wesentliche Zäsur dar. Einerseits wegen der militärischen Auseinandersetzungen rund um den 1.Weltkrieg. Insbesondere der Kriegseintritt der USA ist als Novum in der Geschichte zu sehen, da die Intervention der Vereinigten Staaten auf eine Abkehr von einer isolationistischen Politik hin zu einer außenpolitischen Geltungspolitik hindeuten.[1]
Andererseits sind die politischen Veränderungen in Russland zu nennen. Das agrarisch geprägte Zarenreich unterzog sich 1917 einer doppelten Veränderung. Zunächst ist dabei die Februarrevolution zu nennen, in deren Zug der Zar abdankte und eine Provisorische Regierung gebildet wurde. Diese Regierung konnte sich nur über eine Dauer von wenigen Monaten an der politischen Macht erfreuen, denn bereits im Oktober begann die zweite Revolution, welche in dieser Arbeit genauer thematisiert werden soll.[2]
Ziel dieser Arbeit ist eine Beurteilung inwieweit der Revolutionsbegriff dabei angebracht ist. Dabei soll zunächst der Revolutionsbegriff, in Abgrenzung zum Begriff des Putsches, dargelegt werden. Danach folgt eine Aufzeichnung der historischen Ereignisse, damit abschließend eine genaue Bewertung vorgenommen werden kann.
2. Forschungsstand
Die Oktoberrevolution ist bereits in vielen Werken vertieft wurden. In den letzten Jahren ist Zahl der Publikationen weiter stark gestiegen. Ein wesentlicher Grund ist dabei die historische Entwicklung. Zunächst wurde eine objektive Forschung, aufgrund von Diktaturen, wie dem Nationalsozialismus oder dem Stalinismus unmöglich. Danach folgte der Ost – West – Konflikt. Eine einheitliche Forschung war dadurch nur schwer möglich. Erst durch den Fall des Eisernen Vorhangs änderte sich dies, da nun auch westliche Historiker Zugang zu russischen Quellen erhielten und die Geschichtsforschung auch nicht mehr nur als Instrumentarium zur Herrschaftslegitimation diente. Durch diesen Vorgang wurden auch die historischen Blickwinkel erweitert, da vor allem lokale und regionale Entwicklungen stärker erforscht wurden.[3] Diese Arbeit setzt sich vor allem mit der neueren Geschichtsforschung auseinander. Aus diesem Grund wird die Literatur aus den letzten zwanzig Jahren verwendet.[4]
3. Der Revolutionsbegriff
Zur Erklärung des Revolutionsbegriffes muss zunächst der Begriff des Putsches dargelegt werden. Einen Ansatz bietet hierbei Meyers Taschenlexikon.
Ein Putsch wird dabei folgendermaßen definiert: „(…), Bezeichnung für einen mit staatsstreichähnlicher Technik durchgeführten Umsturzversuch zur Übernahme der Staatsgewalt, in der Regel von kleineren subalternen Gruppen [von Militärs] durchgeführt, die im Gegensatz zu den Initiatoren eines Staatsstreichs [noch] nicht Teilhaber der Staatsgewalt sind.“[5] Ein Putsch lässt sich somit knapp als ein Umsturzversuch definieren.
Auch der Revolutionsbegriff wird durch Meyers Taschenlexikon definiert. Dabei wird die Revolution als tiefgreifende Veränderung verstanden.[6] Diese Definition lässt sich mittels des Fischer-Lexikons weiter präzisieren. „Das Wort >revolutio< kam in der Spätantike auf. Es bedeutet >Umwälzung<, wurde jedoch nicht politisch gebraucht. (…). Die Übertragung in den politischen Bereich hatte zwar bereits im 14. Jahrhundert eingesetzt, (…), doch erst im 17. Jahrhundert verfestigte sich die politische Bedeutung.“[7]
Die heutigen Definitionsmerkmale einer Revolution wurden während der Glorreichen Revolution aufgegriffen. „(…), 1688 traten erstmals zentrale Merkmale des modernen Revolutionsbegriffs auf. Er bezeichnete nun eine konkrete Staatsveränderung, die nicht mehr als eine zyklische Wiederkehr, sondern als eine unumkehrbare Entwicklung begriffen wurde.“[8]
Eine weitere Ergänzung lässt sich mittels des Lexikons der wissenschaftlichen Grundbegriffe vornehmen. „Im engeren und eigentlichen Sinn steht Revolution stellvertretend für bestimmte Erfahrungen des gesellschaftlichen Wandels. In dessen Verlauf werden ältere Strukturen zerschlagen, politische und soziale Verhältnisse, Verfassungen und Institutionen umgeformt, traditionelle Werte, Normen, Orientierungsmuster und Lebensweisen zersetzt und von anderen, in die Zukunft gerichteten überlagert und abgelöst. Dies äußert sich entweder in abrupten, von Unruhen und Protest, Gewalt, Aufstand und Bürgerkrieg begleiteten Umbrüchen oder in langdauernden, relativ friedlichen Prozessen.“[9] Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine Revolution wesentlich tiefgreifender und von größerer Wirkung als ein Putsch ist.
4. Die Oktoberrevolution 1917
Um ein genaues Verständnis der Ereignisse von 1917 zu entwickeln, ist es unabdingbar die Ursachen zu kennen. Historiker datieren die Ursachen dabei sehr kontrovers.[10] Meist wird eine Datierung ausgehend von den Revolutionen 1905 bzw. 1917 vorgenommen. Dieses Werk folgt dabei der Argumentationsweise des Lexikons der wissenschaftlichen Grundbegriffe, welches eine Datierung im 19. Jahrhundert vornimmt.[11]
Zunächst muss gesagt werden, dass Russland im 19. Jahrhundert ein aristokratisches Land war, welches stark agrarische geprägt war.[12] Erste Liberalisierungen vollzogen sich im Jahr 1861, als die Bauern befreit wurden.[13] Eine Befreiung fand allerdings nicht vollständig statt, denn die Bauern waren immer noch an Abhängigkeiten und Kontrollen gebunden.[14] Trotz der Liberalisierungsbemühungen traten weiterhin soziale Probleme, wie die Hungersnöte 1891 und 1892, auf. „Wegen der enormen Unterschiede fällt es schwer, über die Ergebnisse der Reformpolitik eindeutige Urteile zu fällen. Erschien sie früher vorwiegend in negativem, so heute in etwas positiverem Licht.“[15] Diese Arbeit folgt dabei der Argumentation von Jens Fleming. Die sozialen Probleme wurden zwar nicht gelöst, aber die Lösungsversuche sollten auch nicht vollständig negiert werden.
Erste revolutionäre Tendenzen traten im Zeitraum von 1905 bis 1907 auf. „Die erste Russische Revolution grenzt der Großteil der Historiker übrigens auf 1905/06 ein. Einige wenige datieren sie auf 1905/07.“[16] Erste Ursachen für den Umsturzversuch lassen sich in der militärischen Niederlage im Russisch-Japanischen-Krieg 1904/05 sehen, welcher verloren wurde. Der Ausgangspunkt war der Blutsonntag 1905, als Arbeiter für bessere Arbeitsbedingungen demonstrierten. Diese friedliche Kundgebung wurde gewaltsam unterbunden und führte zu mehr als 100 Toten und weiteren Hunderten von Verletzten. Folglich weiteten sich die Proteste weiter aus und umspannten auch andere Gesellschaftsschichten, wie beispielsweise die gebildete Schicht, die Intelligencija.[17] Erst mit dem Oktobermanifest 1905 wurde ein Lösungsansatz des Zaren präsentiert, welcher freiheitliche Rechte und Möglichkeiten zur politischen Partizipation einräumen sollte. Im April 1906 wurde die erste Volksvertretung, die Duma, einberufen.[18] Unruhen fanden allerdings weiterhin bis in das Jahr 1907 statt. Ein Grund ist dabei vor allem in der zaristischen Unterwanderung der Duma zu sehen, welche 1906 und 1907 aufgelöst wurde. Der Höhepunkt ist dabei eine neue Wahlgesetzgebung, welche konservative Kräfte stärkte.[19] Es ist somit legitim diese ersten revolutionären Tendenzen bis 1907 zu datieren.
Eine genaue Bilanz, über Erfolg und Misserfolg ist schwierig zu ziehen. „Die Zeit zwischen 1905 und 1914 erlebte das Scheitern einer offensiven liberalen Politik in Russland.“[20] Über die hier gezogene Bilanz von Martin Malia lässt sich dabei streiten. Einerseits blieb in dieser Zeit die russische Aristokratie erhalten. Andererseits konnte sich die Intelligencija erstmals mobilisieren und konnte einige Ziele, wie die politische Partizipation, durch die Duma, erreichen. Allerdings muss auch gesagt werden, dass viele der erreichten Ziele wieder beseitigt oder untergraben wurden sind. Ein komplettes Scheitern lässt sich dennoch nicht belegen.
In den nachfolgenden Jahren mehrten sich, vor allem ab dem Jahr 1912, Streiks und Unruhen. Außenpolitisch nahm Russland ab 1914 am 1.Weltkrieg teil. Die schlechte militärische Lage verstärkte die soziale Lage weiterhin. Die Lebensmittelpreise stiegen fortwährend. Gleichzeitig kam es immer öfter zu Engpässen, da mehr Lebensmittel durch das Militär verbraucht wurden und gleichzeitig die Infrastruktur durch den Krieg überlastet war.[21] Ab 1917 fanden verstärkt Massendemonstrationen und Streiks statt. Diese gewannen zunehmend an Dynamik, sodass das Heer einschritt.[22] Am 27. Februar schlossen sich dann auch Soldaten, wie beispielsweise in Petrograd, den Aufständen an, was zu einer zusätzlichen Dynamik führte, da nun die Aristokratie die Hilfe des Militärs verlor. Bereits einen Tag später bildete sich die Provisorische Regierung und der Petrograder Sowjet. Am 2. März proklamierte Zar Nikolaus II. einen Thronverzicht und beendete dadurch die Zarenherrschaft in Russland.[23]
[...]
[1] Vgl., Langewiesche, Dieter, Art. Revolution, in: van Dülmen, Richard (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Geschichte, 1. Aufl., Frankfurt 1990, S. 267.
[2] In dieser Arbeit wird der Begriff der „Oktoberrevolution“ verwendet. Hierbei soll keine Bewertung vorweggenommen werden, sondern es wird lediglich der historisch übliche Fachterminus verwendet.
[3] Vgl., Moritz, Verena/ Leidinger, Hannes, Die Russische Revolution, Wien, u.a., 2011, S. 17 f.
[4] Aufgrund der Seitenbeschränkung kann hierbei nicht auf die gesamte Literatur eingegangen werden, sodass nur ein ausgewählter Teil der Literatur verortet werden kann.
[5] Digel, Werner, u. a., Art. Putsch, in: Ders., Meyers Taschenlexikon. Geschichte (Bd. 5), 2. Aufl., Mannheim, u.a., 1989, S. 92.
[6] Vgl., ebd., S. 130.
[7] Langewiesche, Dieter, Art. Revolution, in: van Dülmen, Richard (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Geschichte, 1. Aufl., Frankfurt 1990, S. 251.
[8] Ebd.
[9] Fleming, Jens, Art. Revolution, in Asendorf, Manfred., u.a., (Hrsg.), Geschichte. Lexikon der wissenschaftlichen Grundbegriffe, 1. Aufl., Hamburg 1994, S. 549.
[10] Vgl., Moritz, Verena / Leidinger, Hannes, Die Russische Revolution, Wien, u.a., 2011, S. 15.
[11] Vgl., Fleming, Jens, Art. Russische Revolution, in: Asendorf, Manfred, u.a., (Hrsg.), Geschichte. Lexikon der wissenschaftlichen Grundbegriffe, 1. Aufl., Hamburg 1994, S. 560.
[12] Vgl., Altrichter, Helmut, Russland 1917. Ein Land auf der Suche nach sich selbst, Paderborn, u. a., 1997, S. 51.
[13] Vgl., Happel, Jörn / Hofer, Adrian, Zeittafel, in: Haumann, Heiko (Hrsg.), Die Russische Revolution 1917, Köln, u.a., 2007, S. 157.
[14] Vgl., Fleming, Jens, Art. Russische Revolution, in: Asendorf, Manfred, u.a., (Hrsg.), Geschichte. Lexikon der wissenschaftlichen Grundbegriffe, 1. Aufl., Hamburg 1994, S. 562.
[15] Ebd.
[16] Moritz, Verena / Leidinger, Hannes, Die Russische Revolution, Wien, u.a., 2011, S. 16.
[17] Vgl., ebd., S. 24 f.
[18] Vgl., ebd., S. 29 f.
[19] Vgl., Happel, Jörn / Hofer, Adrian, Zeittafel, in: Haumann, Heiko (Hrsg.), Die Russische Revolution 1917, Köln, u.a., 2007, S. 157.
[20] Malia, Martin, Experiment ohne Zukunft. Voraussetzungen und Folgen der Russischen Revolution, Hamburg, 1989, S. 78.
[21] Vgl., Moritz, Verena / Leidinger, Hannes, Die Russische Revolution, Wien, u.a., 2011, S. 36 f.
[22] Vgl., ebd., S. 37 ff.
[23] Vgl., Happel, Jörn / Hofer, Adrian, Zeittafel, in: Haumann, Heiko (Hrsg.), Die Russische Revolution 1917, Köln, u.a., 2007, S. 158.