Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit bisherigen Erfolgen der Bionik, ihren historischen Wurzeln sowie auch mit den aktuellen Entwicklungswegen der Bionik.
Nachdem im ersten Teil der Begriff "Bionik" sowie deren Bedeutung erläutert wird, werden im zweiten Teil neben den historischen Wurzeln auch die ersten bionischen Entwicklungen vorgestellt. Im dritten Teil geht es um gegenwärtige Entwicklungen, deren Entwicklungsfelder und ihren Verknüpfungen untereinander.
Zum Schluss wird zu den einzelnen Entwicklungsfeldern je ein Praxisbeispiel gezeigt und beschrieben.
Gliederung
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
IV. Einleitung
V. Hauptteil
1. Was ist Bionik?
2. Wo liegen die historischen Wurzeln der Bionik und was waren die ersten bionischen Entwicklungen?
3. Welches Spektrum bionischer Forschung und Entwicklung ist gegenwärtig erkennbar?
4. Beispiele der aktuellen Entwicklungsfelder
VI. Zusammenfassung
VII. Literaturverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einteilung der Bionik
Einleitung
„Wer die Welt nicht von Kind auf gewohnt wäre, müßte über ihr den Verstand verlieren. Das Wunder eines einzigen Baumes würde genügen, ihn zu vernichten.“[1]
Das Zitat von Christian Morgenstern, zeigt dass technische Leistungen und Lösungen, die von Organismen entwickelt wurden, begeistern und als Vorbild anregen. Rund 20 bis 200 Mio. Tier- und Pflanzenarten brachte laut Schätzungen die Evolution hervor. Nur ca. 2,5 Millionen Arten sind davon bekannt. Die einzelnen Arten haben sich durch Mutation, Rekombination und Selektion angepasst.[2] Die Bionik hat sich zur Aufgabe gemacht, aus diesen ökologisch angepassten, ausgeklügelten, ressourceneffizienten und fehlertoleranten Vorbildern zu lernen, um weitere Wunder zu vollbringen. Die Vielzahl an Bionik-Fachbücher vermittelt den Anschein, dass bereits viele Produkte aufgrund der Bionik entwickelt wurden. Dennoch betont die Literatur die Erfolge dieser Wissenschaft „Bionik“ immer wieder mit den gleichen Erfolgen wie die Lotusblume, der Klettverschluss oder die Haihaut. Das „Lernen von der Natur“ sollte weitaus größere Erfolge aufzeigen. Die Übertragung in die industrielle Technologie aus zahlreich natürlichen Vorbilder stößt allerdings auf massive Probleme.[3]
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit bisherigen Erfolgen der Bionik, den historischen Wurzeln sowie auch die Entwicklungswege der Bionik.
Nachdem im ersten Teil der Begriff „Bionik“ sowie deren Bedeutung erläutert wird, werden im zweiten Teil neben den historischen Wurzeln auch die ersten bionischen Entwicklungen vorgestellt. Im dritten Teil geht es um gegenwärtige Entwicklungen, deren Entwicklungsfelder und ihren Verknüpfungen untereinander. Zum Schluss wird zu den einzelnen Entwicklungsfelder ein Praxisbeispiel gezeigt und beschrieben.
IV. Hauptteil
Historische Wurzeln und Entwicklungswege der Bionik
„Den Fortschritt verdanken die Menschen den Unzufriedenen.“[4]
Der Wunsch des Menschen, zu fliegen wie Vögel, zu schwimmen wie Fische oder zu bauen wie Insekten, ist so alt wie die Menschheit selbst. Diese Vorbilder verhalfen Forscher zu Ideen für neue Erfindungen von Flugapparaten bis zu Spinnennetzen, welches unter dem Begriff „Bionik“ fällt. Was Bionik ist, wird im folgenden Abschnitt beschrieben.
1. Was ist Bionik?
Die bemerkenswerte Natur und der menschliche Fortschritt sind nicht von Natur aus vereint. Die Natur galt über Jahrtausende als Gegenprinzip zur menschlichen Kultur und Zivilisation. Seit der Industrialisierung wird dieses Gegenprinzip endgültig nicht mehr in Betracht gezogen. Die Voraussetzung für diese Aufhebung war ein grundlegender Bewusstseinwandel, der zum Begriff „Bionik“ geführt hat.[5] Der Begriff „Bionik" ist eine Verbindung aus dem griechischen Stammwort bios (Leben) und dem Sufixionics, (Studium von…).[6] Abgeleitet setzt sich der Begriff Bionik aus Biologie und Technik zusammen. Um kreative Anregungen aus der Biologie in die Technik zu übersetzten, bedarf es enge Zusammenarbeit zwischen Biologen und Ingenieuren, Architekten, Physikern, Chemikern und Materialforschern.[7]
Über mittlerweile mehrere Jahrzehnte wird der Begriff „Bionik“, im englischen „bionics“ oder „biomimetics“ analysiert. Eine Vielzahl unterschiedlichster Definitionen entstand, um die Formel „Lernen von der Natur“ zu konkretisieren. Die Formel zeigt die erste Problematik: „In welcher Form und Qualität das Lernen von einem natürlichen Vorbild hat oder haben sollte?“[8]
Definitionen sind wichtig, damit klar ist, wovon genau die Rede ist. Sie dienen der Präzisierung und Abgrenzung zwischen Bionik und Nicht-Bionik. Eine solche Abgrenzung ist aufgrund der Entwicklungsphase momentan nicht eindeutig vorhanden und somit existieren verschiedene Definitionen nebeneinander. Die erste Definition wurde 1960 von J.E. Steele in Dayton, Ohio, USA erfasst.[9] [10] „Sie (Bionics, Anm. d. Aut.) erforscht Systeme, deren Funktion natürlichen Systemen nachgebildet ist, die natürlichen Systemen in charakteristischen Eigenschaften gleichen oder ihnen analog sind“.[11]
Die erste Bionik-Definition, weist auf das funktionale Detail und auf den Systemzusammenhang natürlicher Vorbilder hin.
Werner Nachtigall stellte in den 70er Jahren die folgende Definition auf[12]: „Lernen von der Natur als Anregung für eigenständiges Weiterarbeiten“.[13] Später bezeichnet er die „Bionik“ als Wissenschaftsdisziplin, die sich mit der technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme zusammensetzt. Hierbei bezieht er auf Aspekte des Zusammenwirkens von belebter und unbelebter Teile und Systeme sowie auch die wirtschaftlich- technische Anwendung biologischer Organisationskriterien.[14] Seine Abgrenzung formuliert er folgend: „Bionik ist das Nachdenken der Schöpfungsgedanken Gottes“.[15] Als Abgrenzung der „Bionik“ zur „technischen Biologie“, spricht Werner Nachtigall dann von Bionik, wenn die Anregungen aus der Natur kommen.[16]
Neben der Definition von Steele und Nachtigall wurden in der Literatur Definitionen zu „Bionik“ von beispielsweise Kraismer, Heynert oder Fordt & Schweitzer erfasst. Von der Inspiration bis hin zu einer exakten Kopie sind die Definitionsvorschläge weit unterschiedlich. Von Form- und Funktionszusammenhängen, über systemische (Organisations-) Zusammenhänge und ontogenetische/phylogenetische Entwicklungsprozesse, sowie zur Ableitung allgemeiner Prinzipien, die als Leitlinien der Technikentwicklung dienen können, wird der Begriff „lernen“ unterschiedlich betrachtet.[17]
In diesem Studienbrief wird nicht auf die einzelnen Definitionen eingegangen. Zusammenfassend ist die Zusammenführung von drei Elementen bei allen Definitionen der Bionik wesentlich: „1.) neue technische Möglichkeiten für 2.) die Lösung gesellschaftlicher Probleme bzw. die Befriedigung von Bedarfen und 3.) das „Lernen von der belebten Natur“ bzw. präziser: das Lernen von der im weitesten Sinne „biologischen Forschung“.“[18]
Im nächsten Teil der vorliegenden Arbeit, werden die historischen Wurzeln der Bionik und drei der ersten bionischen Entwicklungen beschrieben.
2. Wo liegen die historischen Wurzeln der Bionik und was waren die ersten bionischen Entwicklungen?
Eine der ersten bionischen Entwicklungen sind auf Leonardo da Vinci (1452 – 1519) zurück zu führen. Leonardo da Vinci war Künstler, Philosoph, Naturwissenschaftler und der erste Bioniker. Er studierte den Vogelflug und schrieb im Jahr 1505 das klassische Werk 'Sul vol degli uccelli' sowie konstruierte Fluggeräte, Hubschrauber und Fallschirme.[19] In Leonardo da Vinci´s Vorstellungen, schließen sich die überlappenden Federn eines Vogelflügels aufgrund ihrer eigentümlichen Lagerung und Asymmetrie beim Abschlag spaltfrei. Dadurch wird ein Polster verdichteter Luft erzeugt, von dem sich der abwärts schlagende Flügel abstößt. Die Federnkaskade öffnet sich beim Aufschlag und lässt spaltförmige Schlitze zwischen den Einzelfedern. Eine Durchströmung wird erzeugt ohne große Widerstandserzeugung.[20],[21] Der Grundgedanke bei dem morphologischen Prinzip Funktion des Schlagflügels – spaltfreie Flächenschließung und duktbildenden Flächenöffnung wurde nicht kopiert, sondern vielmehr technisch adäquat abstrahiert.[22] Die Ideen von Leonardo da Vinci wurden zur damaligen Zeit nicht in Produkte umgesetzt.[23] 1647 wurde Hezarfen Ahmed Celebi (1698-1649) von den Studien Leonardo da Vinci´s inspiriert und entwickelte ein Fluggerät mit dem er vom Galata Turm in Istanbul über den Bosporus nach Uskudar flog.[24]
Im 16. Jahrhundert ist ein bionisches Beispiel in England im Schiffsbau zu finden. Zu dieser Zeit schlug man sich mit den Spaniern um die Herrschaft auf den Weltmeeren. Durch Naturbeobachtung ließ sich der Engländer Matthew Baker, 1590 vom Vorbild Natur inspirieren. Da die Rümpfe, schnell schwimmender Fische durchwegs strömungsoptimiert erscheinen, konstruierte er Schiffsrümpfe nach dem Vorbild von Dorschkopf und Makrelenschwanz. Dies führte zur Verbesserung der Baker-Galeone durch größere Schnelligkeit sowie bessere Wendigkeit und Kursstabilität, wobei bis heute nicht bekannt ist, welche Rumpfform für welche Schwimm- und Umströmungsbedingungen die bestmögliche ist.[25],[26]
Im 18. Jahrhundert war ein weiterer Vorreiter der Bionik, der englische Landedelmann Sir George Cayley (1773 – 1857). Er entwickelte den ersten praktikablen Fallschirm und das erste autostabile Flugmodell. Der Wiesenbocksbart war sein Vorbild für den Fallschirm. Er studierte dessen Frucht 1829 und erkannte zwei typische funktionelle
Eigentümlichkeiten, die für Stabilität der Früchtchen sorgen: der tief liegende Schwerpunkt und die leicht nach oben gebogene „dihydrale“ Form des Pappus-fallschirms. Sein entwickelter Fallschirm spiegelt diese Eigenschaften wieder. Der Schwerpunkt liegt weit unten und die Tuchflächen werden an den Außenrändern nach oben hochgezogen.[27],[28]
Die ersten Entwicklungen werden in beinahe jeder Literatur erwähnt und spiegeln die Erfolgsgeschichte der Bionik wieder. Die weitere Frage ist, welches Spektrum bionischer Forschung und Entwicklung gegenwärtig erkennbar ist. Im folgenden Teil werden die jeweiligen Entwicklungsfelder und ihre Verknüpfungen beschrieben und erklärt.
[...]
[1] (Morgenstern, 2019); S.1
[2] vgl. (Bertling, 2014); S.154 f.
[3] vgl. (Arnim von Gleich, 2007); S.236
[4] (Huxley, 2019)
[5] vgl. (Detlef, 2008); S.13
[6] vgl. (Küppers, 2015); S.4
[7] vgl. (Erb, 2019); S.1
[8] vgl. (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.5
[9] vgl. (Nachtigall, 2002); S.5
[10] vgl. (Küppers, 2015); S.4
[11] (Arnim von Gleich, 2007); S.15
[12] vgl. (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.3
[13] (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.3
[14] vgl. (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.3
[15] (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.3
[16] vgl. (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.4
[17] vgl. (Arnim von Gleich, 2007); S.15 f.
[18] (Arnim von Gleich, 2007); S.18
[19] vgl. (Erb, 2019); S.1
[20] vgl. (Nachtigall, Bionik - Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 2002); S.8
[21] vgl. (Nachtigall & Wisser, Bionik in Beispielen, 2013); S.3
[22] vgl. (Nachtigall & Wisser, Bionik in Beispielen, 2013); S.3
[23] vgl. (Erb, 2019)
[24] vgl. (Erb, 2019)
[25] vgl. (Nachtigall & Wisser, Bionik in Beispielen, 2013); S.4
[26] vgl. (Erb, 2019)
[27] vgl. (Erb, 2019); S.1
[28] vgl. (Nachtigall & Wisser, Bionik in Beispielen, 2013); S.6