In dieser Auseinandersetzung wird die Frage nach der Konstitution des Begriffs der Iustitia im System der Gerechtigkeitskonzeption bei Thomas von Aquin erörtert. Dazu wird so vorgegangen, dass im einführenden Teil zunächst die jeweiligen Voraussetzungen der philosophisch-aristotelischen und theologischen Tradition zum Begriff der Gerechtigkeitskonzeption in einer überblickenden Perspektive skizziert und eine Übersicht der strukturellen Grundanalogien des Systems der Gerechtigkeitskonzeption bei Aristoteles und Thomas von Aquin erörtert werden. Generell geht es in der Auseinandersetzung zum Begriff der Gerechtigkeit um die systematische Darstellung der Iustitia, zu deren Erfassung vor allem die Textpassage über "das Recht und die Gerechtigkeit" betrachtet wird.
Der Begriff der Gerechtigkeit wird innerhalb der philosophischen und theologischen Diskurse seit dem Beginn des Bestehens ihrer jeweiligen und gemeinsamen Deutung der Welt vielseitig thematisiert, in unserer Jetztzeit des 21. Jahrhunderts genauso wie mit dem Einsetzen der Verschriftlichung biblischer Geschichte und dem Beginn der Philosophie in der Antike. Das begriffliche Sinnieren über die Bedeutung von Gerechtigkeit, so könnte man meinen, setzt bereits da ein, wo der Mensch in seinem gesellschaftlichen Zusammenhang zu seinen Mitmenschen oder wie Platon und Aristoteles es benennen, als "zoon politikon" existiert. Thomas von Aquin, der mit seinem Gedankensystem einer Ineinanderverschränkung von vor allem aristotelisch-philosophischen und theologischen Inhalten der katholischen Glaubenslehre zu einem der Hauptvertreter der Scholastik zählt, hat in seiner Summa Theologiae den Begriff der Gerechtigkeit in theologisch-philosophischer Perspektive einer gegenseitigen Synthese der Disziplinen beleuchtet. Aristoteles handelt den Gerechtigkeitsbegriff im fünften Buch der Nikomachischen Ethik innerhalb seiner Tugendtheorie ab. Das aristotelische Konzept der Tugenden wird durch die Tugenden der Tapferkeit, Besonnenheit, Großzügigkeit, Hochsinnigkeit, Ruhe, Aufrichtigkeit, Gewandtheit, Freundlichkeit, Feinfühligkeit und der Empörung bestimmt. Nach dem sogenannten Mesotesprinzip gilt es das Tugendhafte im Widerstand gegen die Prinzipien der Lust und Unlust in der Mitte von Übermaß und Mangel zu treffen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Philosophische und theologische Grundlagen des Gerechtigkeitsbegriffs
- a) Die aristotelische Grundlage des Gerechtigkeitsbegriffs bei Thomas von Aquin
- b) Theologische Vorbedingungen des Gerechtigkeitsbegriffs
- II. Der Begriff der Gerechtigkeit in der summa theologiae des Thomas von Aquin
- b) Die Gerechtigkeit als iustitia generalis
- c) Die Gerechtigkeit als iustitia particularis
- d) Die Verteilungsgerechtigkeit - iustitia distributiva
- e) Die Ausgleichsgerechtigkeit - iustitia kommutativa
- h) Die mit dem Gerechtigkeitsbegriff verbundenen Tugenden
- III. Die Vervollkommnung der Gerechtigkeit durch die Theologaltugend der Liebe
- IV. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, den Begriff der Gerechtigkeit im System der Gerechtigkeitskonzeption von Thomas von Aquin zu untersuchen. Hierzu wird die Entstehung des Begriffs in der philosophischen und theologischen Tradition beleuchtet, wobei insbesondere der Einfluss von Aristoteles und die spezifische Sichtweise des Thomas in seiner Summa theologiae betrachtet werden.
- Der Einfluss des aristotelischen Tugendbegriffs auf Thomas von Aquin
- Die spezifische Rolle der Gerechtigkeit in der christlichen Theologie
- Die Unterscheidung zwischen allgemeiner (iustitia generalis) und partikularer Gerechtigkeit (iustitia particularis)
- Die Bedeutung der Verteilungsgerechtigkeit (iustitia distributiva) und der Ausgleichsgerechtigkeit (iustitia kommutativa)
- Die Vervollkommnung der Gerechtigkeit durch die Theologaltugend der Liebe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext des Gerechtigkeitsbegriffs in der Geschichte der Philosophie und Theologie vor und führt in die zentrale Frage der Arbeit ein: die Konstitution des Gerechtigkeitsbegriffs in der Summa theologiae von Thomas von Aquin.
Im ersten Kapitel werden die philosophischen und theologischen Grundlagen des Gerechtigkeitsbegriffs behandelt. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der aristotelischen Einfluss auf Thomas' Gerechtigkeitskonzeption und auf der Einordnung des Begriffs in den Kontext der christlichen Theologie.
Kapitel II analysiert den Begriff der Gerechtigkeit im Werk des Thomas von Aquin. Es werden die unterschiedlichen Formen der Gerechtigkeit, insbesondere die allgemeine Gerechtigkeit (iustitia generalis) und die besondere Gerechtigkeit (iustitia particularis), sowie die Kategorien der Verteilungsgerechtigkeit (iustitia distributiva) und der Ausgleichsgerechtigkeit (iustitia kommutativa) erläutert. Die mit dem Gerechtigkeitsbegriff verbundenen Tugenden werden ebenfalls beleuchtet.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Vervollkommnung der Gerechtigkeit durch die Theologaltugend der Liebe. Es werden die Unterschiede und die gegenseitige Ergänzung der beiden Tugendbegriffe beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Konzeption von Gerechtigkeit bei Thomas von Aquin. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: iustitia generalis, iustitia particularis, iustitia distributiva, iustitia kommutativa, Tugendlehre, Aristoteles, Summa theologiae, Theologaltugend, Liebe.
- Arbeit zitieren
- Chung Guk Bai (Autor:in), 2013, Die Tugend der Gerechtigkeit in der "Summa Theologiae" des Thomas von Aquin, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/503663