Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, welchen Einfluss schon ein einzelnes Werk auf die Verlagswelt haben kann und wie stark eine ganze Generation dadurch geprägt wurde. Zu Beginn geht es um eine allgemeine Definition von Kinderbüchern, welche später konkret der Kaiserzeit angepasst wird. Anschließend wird der Versuch unternommen einen ungefähren Anteil an Kinderbuchproduktionen im Deutschen Buchhandel darzustellen. Wichtig ist auch den Unterschied von Mädchen- und Jungenliteratur darzustellen und ihre Vor- und Nachteile zu verdeutlichen. Mit Konkretisierung auf das Buch "Der Trotzkopf" wird ein Werk, der Autor und der dazugehörende Verlag vorgestellt.
"Ein gutes Kinderbuch, so viel vorweg, ist eines, in dem auch Erwachsene, verzückt, belehrt, ernährt (des Reimes willen; es ist aber auch ein Vergnügen, mit Fettfingern zu lesen und im Bett zu essen), mit heißen Ohren versinken."
Noch heute spielen Kinderbücher eine entscheidende Rolle, sei dies gesellschaftlicher oder auch finanzieller Natur. Damals wie heute trägt die Literatur dazu bei, Errungenschaften aus allen Lebensbereichen, Moralvorstellungen und Lebensweisheiten für die nächste Generation zu erhalten. Kinder- und Jugendbücher sind wichtige Träger, welche einem jeden einen Blick in die Vergangenheit werfen lassen und so Rückschlüsse schließen lassen, in Hinblick auf ihre Bedeutung und Popularität. Zu Beginn wurden durch strenge Vorgaben der Eltern die Werke bestimmt, welche gelesen werden durften, da Bücher für Kinder ein wichtiges Instrument auf dem Weg zum Erwachsen werden darstellten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Forschungsstand
2. Definition von Kinderbüchern
2.1. Kinder- und Jugendbücher in der Kaiserzeit (1871–1917)
2.2. Literatur und Populismus
3. Backfischliteratur
3.1 Literatur in Mädchenzeitschriften
4. Das Kinderbuch, der Knabe und der Krieg
4.1 Minderwertige Jugendbücher für Knaben
5. Der negative Stand von Kinderbüchern
6. Der Gustav Weise Verlage
7. Schriftstellerinnen Emmy von Rhoden
7.1 „Der Trotzkopf“, das Original
8. Die Abenteuerromane des Gustav Weise Verlages
9. Fazit und Ausblick
Abbildungsverzeichnis:
Tabellenverzeichnis:
Literaturverzeichnis:
1. Einleitung und Forschungsstand
„Ein gutes Kinderbuch, so viel vorweg, ist eines, in dem auch Erwachsene, verzückt, belehrt, ernährt (des Reimes willen; es ist aber auch ein Vergnügen, mit Fettfingern zu lesen und im Bett zu essen), mit heißen Ohren versinken.“1
Noch heute spielen Kinderbücher eine entscheidende Rolle, sei dies gesellschaftlicher oder auch finanzieller Natur. Damals wie heute trägt die Literatur dazu bei, Errungenschaften aus allen Lebensbereichen, Moralvorstellungen und Lebensweisheiten für die nächste Generation zu erhalten. Kinder- und Jugendbücher sind wichtige Träger, welche einem jeden einen Blick in die Vergangenheit werfen lassen und so Rückschlüsse schließen lassen, in Hinblick auf ihre Bedeutung und Popularität. Zu Beginn wurden durch strenge Vorgaben der Eltern die Werke bestimmt, welche gelesen werden durften, da Bücher für Kinder ein wichtiges Instrument auf dem Weg zum Erwachsen werden darstellten. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Kinderbüchern zur Kaiserzeit von 1871–1917 und den Möglichkeiten einer Quellenerschließung per Online-Recherche. Es stellt sich die Frage, in wie weit die Beliebtheit gewisser Literaturgattungen Verleger dazu gebracht haben könnten, diese in ihr Verlagsprogramm aufzunehmen. Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, welchen Einfluss schon ein einzelnes Werk auf die Verlagswelt haben kann und wie stark eine ganze Generation dadurch geprägt wurde. Zu Beginn geht es um eine allgemeine Definition von Kinderbüchern, welche später konkret der Kaiserzeit angepasst wird. Anschließend wird der Versuch unternommen einen ungefähren Anteil an Kinderbuchproduktionen im Deutschen Buchhandel darzustellen. Wichtig ist auch den Unterschied von Mädchen- und Jungenliteratur darzustellen und ihre Vor- und Nachteile zu verdeutlichen. Mit Konkretisierung auf das Buch Der Trotzkopf wird ein Werk, der Autor und der dazugehörende Verlag vorgestellt.
Für das Thema waren Online-Ressourcen wie die Internet Archive, der Katalog der deutschen Nationalbibliothek und Digitale Sammlungen der Staatsbibliothek Berlin entscheidend. Um die Wichtigkeit der Thematik herauszuarbeiten wurden unteranderem auch analoge Werke wie die GESCHICHTE DES DEUTSCHEN BUCHHANDELS IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT. Bd. 1: Das Kaiserreich 1871–1918 und die Magisterarbeit von Stefanie Krämer hinzugezogen. Hierbei wurde deutlich, dass kaum bekannt ist, in welcher Form Online-Quellen eine wichtige Hilfestellung bei der Suche nach sachdinglichen Informationen sind und wie entscheidend die Digitalisierung historisch wertvoller Werke ist.
2. Definition von Kinderbüchern
Die Kinder- und Jugendbuchliteratur zeichnet sich dadurch aus, dass sie einem ständigen Wandel durch die Zeit unterworfen ist, daher ist eine allgemeingültige Darstellung schwierig. Die Definition der Moderne des 21. Jahrhunderts schließt sowohl Literatur ein, die direkt für Kinder und Jugendliche verfasst wurde, als auch andere Werke, die von ihnen gelesen werden. Maßgeblichen Einfluss nimmt die Vorstellung und verbildlichte Darstellung von Kindern und Jugendlichen und das vorrangige Ziel, welches mit der Literatur bestimmt und erzielt werden soll. Je nach dem unterscheiden sich die Wahrnehmungen und Definitionen und können aufgegliedert werden in Erziehung, Bildung und Unterhaltung.
Bei der Erziehung liegt der Fokus der Wahl von Literatur bei Fabeln, Märchen und Moralgeschichten. Diese dienen besonders dazu, die Kinder zu guten Kleinmenschen und braven Bürgern heranwachsen zu lassen. Sollen Kinder und Jugendliche zu guten und sozial wertvollen Menschen erzogen werden, entscheidet man sich für Werke mit realistischem, sozial kritischem Inhalt, beispielsweise Sachbücher und Biografien. In erster Linie aber wählen Eltern, besonderes in jungen Jahren, Bücher zum Zweck der Unterhaltung ihres Nachwuchses aus: Geschichten, welche leicht zu verstehen sind, aber auch spannend sein können.
2.1. Kinder- und Jugendbücher in der Kaiserzeit (1871–1917)
Die Zeit des Kindesalters wird in der Regel bis zur Vollendung des dreizehnten Lebensalters bestimmt, bis zur Volljährigkeit im 18. Lebensjahr gilt man als Jugendlicher. Im Gegensatz zur heute gesetzlich festgelegten Definition wurde die ,Jugend‘ der Kaiserzeit als ein Überbegriff verwendet, welche auch den gesamten Entwicklungsprozess der Kindheit mit einschloss. „Unter ,Jugendzeitschriften‘ bzw. ,Jugendliteratur‘, die für diesen Literaturbereich vorherrschenden Bezeichnungen, wurde sowohl die Literatur für Kinder als auch die für Jugendliche (bis zum 16. oder 18. Lebensjahr) verstanden.“2
Diese galten nicht als „Unterhaltungsliteratur“, welche generell dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurde, sondern hatte einen pädagogischen Hintergrund. Es zeichneten sich aber auch Veränderungen in der Untergattung der Sparten aus.
In Hinrichs´ Vierteljahreskatalog heißt ein in den siebziger bis neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Rubrik, Pädagogik, Gymnastik, Deutsche Schulbücher, Jugendschriften, Bildungsschriften für das weibliche Geschlecht´, ab 1900 dagegen, Erziehung, Unterricht, Jugendschriften´. In der Untergruppe wurde stärker differenziert: ,Bilderbücher, Jugendschriften, Theaterstücke für die Jugend´; dafür entfiel die Rubrik ,Bildungsschriften für das weibliche Geschlecht.3
Politische und kulturelle Veränderungen prägten vor und während der Kaiserzeit maßgeblich die Kinder- und Jugendbuchliteratur. Die industrielle Revolution brachte es mit sich, dass ein Großteil der Landbevölkerung in die Städte abwanderte, da ein Verdienst als Bauer häufig nicht mehr genügte, um die Familie zu versorgen. Dieser Trend hatte unter anderem eine gesellschaftliche Veränderung zur Folge. Es entstand eine klare Trennung des Großbürgertums, welches den Adel, Großgrund- und Fabrikbesitzer darstellt und dem des Proletariats aus einfachen Bürgern und Fabrikangestellten. Jene Entstehung spiegelte sich im Aufkommen einer proletarischen Kinder- und Jugendliteratur wieder, in welchem besonders das Leben und Elend der Kinder dieses niederen Standes dargestellt wird.
Prägend ist in der Kaiserzeit die Begeisterung für das Vaterland und den Krieg. Von Kindesbeinen an werden die männlichen Bürger mit dem Stolz für ihr Land und dem bedingungslosen Gehorsam für den Kaiser erzogen. Für sie stehen besonders Abenteuerromane im Vordergrund, aber auch Wild-West- und Indianergeschichten, Erzählungen von Expeditionen in ferne Länder und Kriegsgeschichten zu Wasser und zu Land. Zu dieser Zeit entstanden, inspiriert von Jules Vernes, die ersten Science-Fiction Romane. Anders sieht dies bei dem weiblichen Geschlecht aus. Ihre Rolle ist ebenfalls klar definiert: Während der Mann Soldat, Ehemann und Vater zu sein hat, werden die Frauen früh auf die Rolle der Ehefrau, Hausfrau und Mutter festgelegt. Mädchenromane stellen eines der erfolgreichsten Gattungen dar und waren auch in der Kaiserzeit in fast allen Verlagen Teil des Programms. Die ,Backfischliteratur‘ ist ein bevorzugtes Mittel mit erzieherisch-pädagogischem Inhalt.
2.2. Literatur und Populismus
Wichtig ist zu unterscheiden, dass gegen Ende des 19. und in den Anfängen des 20. Jahrhunderts Kinder- und Jugendliteratur nicht nur von Verlagen produziert wurden, welche in erster Linie auf Bilder-, Kinder- und Jugendbücher spezialisiert waren oder ihren Fokus für einen gewichtigen Zeitraum stark darauf ausrichteten. Daneben existierten auch zahlreiche Anbieter verschiedener Sparten, welche sich gelegentlich dazu hinreißen ließen, ein Kinder- und Jugendbuch herauszugeben.4
Aufgrund der bereits erwähnten gesellschaftlichen Veränderungen entstanden literarische Modelle, welche sich an „teils wissenschaftlich-technische[ ], teils patriotisch-nationale[ ] Volksbildung“ richtete.5 Diese Art der Doppelwerbung garantierte in erster Linie eine höhere Nachfrage. Durch die hinzukommende erschwerte Differenzierung der verschiedenen Literaturgattungen lassen sich Absatzzahlen daher nur schwer festlegen. Jugendschriften, Volksschriften, Schulschriften wurden nicht nur teils zusammen geführt, sondern existierten auch nebeneinander. Im Buch GESCHICHTE DES DEUTSCHEN BUCHHANDELS IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT. Bd. 1: Das Kaiserreich 1871–1918 fand sich der Versuch der Darstellung nicht anhand von Zahlen; stattdessen liegt dort der Fokus auf der Relation von Bedeutung.
Bei der Zuhilfenahme von Hinrichs´ Vierteljahreskatalog wurden folgende Aufstellungen vorgenommen (vgl. Dettmar/ Ewers/ Ries 2001, 2003, 2010, S. 104-105.), zu finden in Tabelle 1: „Allgemeines Adressbuch für den Deutschen Buchhandel“: Rubrik „Jugendzeitschriften“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: „Hinrichs´ Vierteljahreskatalog“: Stichjahre der Rubrik “Jugendschriften“:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es ist deutlich erkennbar, dass insgesamt ein starker Anstieg der Titel zu verzeichnen ist. Besonders auffällig ist der Unterschied zwischen 1870 und 1880. Einen weiteren Sprung machen die Produktionen um 1900. Dies deutet darauf hin, dass Jugendschriften sich in der Gesellschaft und der Wertschätzung der Leser etabliert haben und gerade in diesem Zeitraum einen Höhepunkt erleben. Der hohe Anteil ist nur ein Teil der Gesamtproduktion und nicht ausschlaggebend bei der genauen Bestimmung der Auflagenhöhe, da auch Schulbücher und Volksschriften mitaufgelistet werden, welche sich durchaus anderen Kategorien zuordnen lassen.6
3. Backfischliteratur
Die gesellschaftliche Ordnung prägte maßgeblich das Bild von Mann und Frau. Die daraus resultierenden Vorstellungen nach den Rechten und Pflichten spiegelten sich ebenfalls in der Literatur wieder, besonders in jener, welche als schicklich galt. Maßgeblichen Wert wurde bei der Wahl der Mädchenliteratur gelegt, welche ein Sinnbild der Formvollendung und geistigen Ergötzung war und in erster Linie dazu diente, den Charakter eines jungen Mädchens auszubauen und zu formen.
Unter Literatur ist nicht nur das Buch zu betrachten, sondern jegliche Formen eines Schriftmediums, wie Zeitschriften oder Flugblätter. Nach Malte Dahrendorf ist ,die ,Leseerziehung‘ ein ,gesellschaftliches Instrument zur Prägung des weiblichen Sozialcharakters‘, wodurch der Mädchenliteratur als solches durchaus eine „Bedeutung(…) für die Erziehung der Mädchen zu Leserinnen“ zukommt7. Im Wilhelminischen Zeitalter ist es die Aufgabe einer jeden Literatur den Töchtern die Wertvorstellungen und das Idealbild des Eheweibes zu verdeutlichen. Dieses prägende Bild von Weiblichkeit und Sinnbild der Tugendhaftigkeit wurde von vielen weiblichen Schriftstellerinnen verinnerlicht und in ihren Werken übernommen. Sie sahen es als ihre Pflicht, die Moral und Wertvorstellungen der Gesellschaft der nächsten Generation mit Hilfe der Literatur näher zu bringen und sie auf dem Weg zur fraulichen Vollendung zu geleiten. Angesprochen wurden in erster Linie Töchter aus gutem Hause und hohen Standes. Das Proletariat hingegen galt als ungezähmt, wild, nicht gesellschaftsfähig und unvereinbar mit den literarischen Vorgaben einer Bildung, auch wenn seitens der Autoren und Autorinnen versucht wurde diese zu unterstützen und sich ihrer anzunehmen.
Mädchenliteratur ist allein auf das weibliche Geschlecht zugeschnitten und behandelt in der Regel das Gefühlsempfinden in der Pubertät. Es handelt sich dabei um eine Schwellenliteratur, die begleitend das Heranwachsen vom Kind zur jungen Frau beschreibt und dabei unterbewusst die moralischen Wertvorstellungen vermittelt. Diese Phase ist geprägt von Veränderungen im gewohnten Umfeld der heranwachsenden Mädchen. In der Regel sind die Protagonistinnen zwischen 14 und 16 Jahren alt und stehen vor einem neuen sich auftuenden Lebensabschnitt, welches die Entscheidung mit sich führt, wohin sich das Leben zukünftig ausrichten wird. Die Mädchen müssen sich vor Augen führen, dass eine ersehnte Liebesheirat kein Recht ist, welches eingefordert werden kann, sondern Maßnahmen getroffen werden müssen, um eine finanzielle Versorgen zu gewährleisten. Dabei gilt es wieder zu beachten, dass nicht jeder Beruf sich aus gesellschaftlicher Sicht für die Frau eignet und daher besondere Vorsicht bei der Wahl gezeigt werden muss.
3.1. Literatur in Mädchenzeitschriften
Ende des 19. Jahrhunderts erleben Verleger hinsichtlich neuer Vertriebsmöglichkeiten einen enormen Aufschub.
Durch die aufgelockerte Pressefreiheit, die aufstrebenden Frauen- und Arbeiterinnenbewegung und der Professionalisierung der Mädchenbildung- und berufe, erschließen sich völlig neue Möglichkeiten und Strömungen. So werden nicht nur Schriften für zahlungskräftige höhere Töchter aufgelegt, sondern auch Blätter für die Arbeitermädchen.8
Dadurch ist ihnen eine direkte Einflussnahme der öffentlichen Meinung von Mädchenpädagogik und –erziehung möglich. Neben den Kinder- und Jugendbücher sind diese eine weitere wichtige Quelle für Literatur. In diesen wurden einzelne Abschnitte aus Kinderbüchern abgedruckt und ab einem bestimmten Zeitpunkt zu einem Buch zusammengefasst.
Zunächst gibt es Blätter für Mädchen als Beilagen in Frauenzeitschriften, die sich großer Beliebtheit erfreuen und auch immer populärer werden. Beispielsweise als Beilage in der proletarischen Arbeiterinnenzeitung Die Arbeiterin, die von 1890 bis 1891 existiert und schließlich von Clara Zetkin übernommen wird und unter dem Titel Die Gleichheit (Berlin) bis 1923 erscheint. Auch in der Deutch[en] Hausfreuen Zeitung (Berlin) wird an 1889 bis ca. 1896 für junge Mädchen eine Monatsschrift als Beiblatt herausgegeben.9
Dies ist nur eine kleine Aufzählung von existierenden Zeitschriften. Für Verlegerhäuser stellen sie ein wichtiges Zubrot dar, welches auch Zeitungsblätter und Jahrbücher umfasste, zugeschnitten auf die Bedürfnisse junger Mädchen. Besondere Betrachtung erfährt auch das Almanach, welches aus zeitlich geordneten Zeitschriften besteht und unterschiedliche Themen behandelt. Diese werden zusammengefasst einmal Jährlich als Gesamtausgabe publiziert. Aufgrund der aufwendigen Verzierungen sind sie beliebte Präsente zu Weihnachten.
Das am häufigsten exzerpierte Mädchenjahrbuch ist Thekla von Gumperts Töchter-Album, welches zur Unterhaltung im häuslichen Kreise, zur Bildung des Verstandes und Gemüts der heranwachsenden weiblichen Jugend dienen soll. Es ist ein überaus beliebtes Werk, das von 1855 bis 1931 in 76 Bänden herausgegeben wird. Ottilie Wildermuths Der Jugendgarten (Stuttgart 1876 bis 1942) ist gleichermaßen der Unterhaltung verschrieben, ebenso wie Das Kränzchen (Stuttgart, Berlin, Leipzig 1889 bis 1934).Auch Junge Mädchen: ein Almanach ( Bielefeld, Leipzig 1895 bis 1903), Deutsches Mädchenbuch ( Stuttgart 1892 bis 1898), Heckenrosen (Lichterfelde-Berlin) und Frauenlob (Stuttgart 1912 bis 1951) reihen sich in dieser Schema ein.
Aber auch ernsthafte Elemente werden in Jahrbüchern dargelegt. So geschehen in Der Martha-Kalender (Berlin 1904 bis 1929), der sich theologischen und sozialen Fragen widmet. Die durchschnittlichen Hauptthemen der zeitgenössischen Lektüregattung für die bürgerliche Schicht, sind haushaltsrelevante Anweisungen, handarbeitliche Kreativübungen, sowie Ratschläge zur Gartenarbeit, Kranken- und Kinderpflege. […] Aber auch Fortsetzungsromane, Lyrik und kurze Sachtexte, z.B. über die intellektuelle Weiterbildung der Mädchen, sind in den Wochenschriften bzw. Jahrbüchern zu finden, […].Tips zur Schönheit, diätischen Kochen und Modeanfertigungen.10
Ähnlich wie die ,Backfischliteratur‘ finden auch Mädchenzeitschriften reißenden Absatz. Dies kann durch die langen Veröffentlichungszeiträume geschlossen werden. Aufgrund der geringen Kosten bei der Publikation sind auch ärmere Bevölkerungsschichten in der Lage das Medium zu erwerben, dadurch erweitert sich der bestehende Lesekreis, da ein weiteres Publikum hinzugewonnen werden konnte.
4. Das Kinderbuch, der Knabe und der Krieg
Eine besondere Stellung in der Kinder- und Jugendbuchliteratur der Kaiserzeit nimmt das Thema Militär ein. Es war gegen Ende des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus in allen Bereichen allgegenwärtig. „Einen zusätzlichen Anstoß zur Publikation von Kriegserzählungen gab der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71.“11 Der große ,Erbfeind` war besiegt worden, das Nationalgefühl und der Landesstolz gestärkt. Diese neue Popularität prägte maßgeblich die Welt der Literatur mit: Geschichten über Kriegserzählungen fanden ihren Weg in die Kinderzimmer und Schlafstuben eines jeden Bürgers. Jeder sollte sich an der Seite solch großartiger Soldaten wiederfinden, welche das Sinnbild der militärischen Tugend darstellten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aus: Lothar Meggendorfer: Militärisches Ziehbilderbuch. München, 1890 (Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz).
Während die Bilder eher eine informative Funktion hatten, waren Texte nicht selten in einem fremdenfeindlichen Grundton verfasst, die eine ablehnende Haltung gegen alles Fremde, was dem Vaterland schaden könnte, vermittelten. Einen wichtigen Beitrag leisteten neben den Bilderbüchern auch Werbeartikel. Zusätzlich zum analogen Medium stellten Spielzeugproduzenten auch Zinnsoldaten, Säbel, Helme und auch Brettspiele12 her. Diese steuerten entscheidend zur militärisch- und Nationalstolz-geprägten Erziehung bei.
„Neben kriegsverherrlichender Massenliteratur gab es aber auch Beispiele komisierender und karikierender Darstellung des Militärs im Kinderbuch.“13 Die Schriftsteller Fedor Flinzer und Georg Bötticher veröffentlichten dazu das Kinderbuch Wie die Tiere Soldaten werden sollten und das Spielbilderbuch Militärische Ziehbilderbücher. Beide stehen eher kritisierend der verharmlosenden Darstellung der kriegstreibenden Massenliteratur gegenüber. Das Spielbilderbuch sollte den hochgelobten Militärdienst verspotten und nicht stilisieren. Die Bedeutung des Vaterlandes und seine Verteidigung wurden zur Realität, welche sich in diversen Kinder- und Jugendbüchern wiederfand.
Auch in den österreichischen Kinderbüchern sind patriotische Themen und die Darstellung von Soldaten in Bild und Text ganz selbstverständlich. ,Für den Kaiser das Blut, für den Kaiser das Gut! …` - so steht es in ,Alexander Pock´s Bilderbuch für die Jugend im Alter von 5-8 Jahren´, das 1899 in Wien erschienen ist. In den frühen des 20. Jahrhunderts mehren sich die Zeichen einer ideologischen Hinführung zur Möglichkeit eines Krieges.14
Das Ziel dieser Literatur war das Erschaffen eines Helden, eines Vorbildes. Ganz gleich ob es sich dabei um die exakte Wiedergabe einer Kriegshandlung handelte oder einer Heldensage wie Die Niebelungen von Carl Otto Czeschka, eine Historie. Der gemeinsame Kern aller war der grenzenlose Mut und die Entschlossenheit zum Handeln. Die Möglichkeit eines Krieges, die Einberufung und der damit verbundene Einsatz sollten das Volk immer begleiten.
[...]
1 Anders, 2014.
2 Dettmar/ Ewers/ Ries, 2001, 2003, 2010. S. 103.
3 Dettmar/ Ewers/ Ries, 2001, 2003, 2010. S. 103-104.
4 vgl. Dettmar/ Ewers/ Ries 2001, 2003, 2010, S. 103.
5 vgl. Dettmar/ Ewers/ Ries 2001, 2003, 2010, S. 104.
6 vgl. Dettmar/ Ewers/ Ries 2001, 2003, 2010, S. 105.
7 Krämer, Stefanie 2004, S. 31.
8 Krämer, Stefanie 2004, S.120.
9 Krämer, Stefanie 2004, S. 121-122.
10 Krämer, Stefanie 2004, S. 121-122.
11 Staatsbibliothek zu Berlin.
12 Staatsbibliothek zu Berlin.
13 vgl. ebd.
14 vgl. ebd.