Glaubt man den Zeitgenossen Marlowes, so war er zumindest kein langweiliger Zeitgenosse: er fälschte Münzen, hatte gern und häufig Streit, wurde des Atheismus und der Homosexualität beschuldigt und starb schließlich so, wie er gelebt hatte: ungewöhnlich. Doch sobald man genaueres über sein Leben wissen will, scheint nichts mehr sicher zu sein: die Verfasser der Quellen scheinen nicht objektiv berichtet zu haben, manches ist vage formuliert.
Das zentrale Problem mit der Person Christopher Marlowe ist, dass sich sämtliche Literatur nur auf eine Handvoll Quellen stützen kann, die direkt die Person Marlowe zum Gegenstand haben. Am wertvollsten sind dabei der Coroner’s Report, der den Tathergang von Marlowes Tod zum Gegenstand hat, der Brief des Privy Councils an die Universitätsleitung von Cambridge sowie der Brief des Gouverneurs von Flushing. Vor allem die letzten beiden sind in Hinblick auf eine Agententätigkeit Marlowes von Interesse; doch auch sie bieten letztlich keine klaren Antworten. Jede Vermutung über Marlowes Leben, selbst wenn der Indizienbeweis noch so penibel geführt wird, kann nur Vermutung bleiben. So verwundert es nicht, dass in der Forschung dieselben Quellen höchst unterschiedlich interpretiert werden.
Um die Frage zu untersuchen, ob bzw. in welcher Funktion Christopher Marlowe für den Geheimdienst tätig war, möchte ich zuerst auf den gesellschaftlichen und religionspolitischen Hintergrund des Elisabethanischen Zeitalters eingehen- was war das für eine Zeit, und was konnte einen intelligenten Studenten dazu bewegen, mit dem Secret Service zusammenzuarbeiten?
Vorwiegend bestand das Netzwerk von Sir Francis Walsingham aus harmlosen Informanten, die für Geld Briefe unterschlugen oder Leute belauschten – meist keine hauptberuflichen Agenten, sondern Menschen, die kein Problem damit hatten, für entsprechende Bezahlung andere ans Messer zu liefern.
Inhaltsverzeichnis
- Marlowe, die unbekannte Person
- Christopher Marlowe und seine Zeit
- Die politische/ religiöse Entwicklung in England
- Das Seminar in Rheims- der Widerstand
- Cambridge- junge Intellektuelle
- Das Spionagenetzwerk Walsinghams
- Der Aufstieg Sir Francis Walsinghams
- Ein doppeltes Spiel die Spione
- Der Babington- Plot
- Die Rolle Marlowes
- Cambridge und Rheims
- Mit Richard Baines in Flushing
- Weitere Indizien
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die mögliche Beteiligung Christopher Marlowes am englischen Geheimdienst unter Königin Elizabeth I. Die Zielsetzung besteht darin, anhand verfügbarer Quellen die Frage nach Marlowes Rolle zu beleuchten und verschiedene Interpretationen zu diskutieren. Die Arbeit verzichtet dabei auf definitive Schlussfolgerungen, da die Quellenlage unklar und interpretationsbedürftig ist.
- Die politische und religiöse Situation in England während der Herrschaft Elizabeths I.
- Der Aufbau und die Funktionsweise des Geheimdienstes unter Sir Francis Walsingham.
- Die verfügbaren Quellen zur Person Christopher Marlowes und deren Interpretation.
- Marlowes mögliche Verbindungen zu Cambridge und Rheims.
- Die Bewertung der Indizien für eine Agententätigkeit Marlowes.
Zusammenfassung der Kapitel
Marlowe, die unbekannte Person: Die Einleitung beschreibt die Schwierigkeiten, ein zuverlässiges Bild von Christopher Marlowes Leben zu zeichnen. Die verfügbaren Quellen sind spärlich, oft subjektiv und widersprüchlich. Der Coroner's Report, Briefe des Privy Council und des Gouverneurs von Flushing bilden die wichtigsten Quellen, die aber keine eindeutigen Antworten liefern. Die unterschiedlichen Interpretationen dieser Quellen in der Forschung verdeutlichen die Herausforderungen der Quellenanalyse. Die Arbeit kündigt an, zunächst den gesellschaftlichen und religionspolitischen Kontext des elisabethanischen Zeitalters zu beleuchten, um Marlowes mögliche Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst zu verstehen.
Christopher Marlowe und seine Zeit: Dieses Kapitel beleuchtet den religiösen und politischen Kontext Englands unter Elizabeth I. Der Konflikt um die wahre Religion ist als zentraler Streitpunkt dargestellt, der die Staatsbildung in Europa prägt. Elizabeths taktische Fähigkeiten bei der Handhabung dieser komplexen Situation werden hervorgehoben. Die Kapitel-Unterpunkte gehen detailliert auf die religiösen Wirrungen unter Heinrich VIII., Eduard VI. und Maria I. ein und erläutern die Etablierung der anglikanischen Kirche und die damit verbundenen Konflikte. Die Bedeutung des Suprematseides für Universitätsangehörige und die möglichen Konsequenzen für Marlowe im Zusammenhang mit Rheims werden diskutiert. Der wachsende Einfluss des Katholizismus im Untergrund und die Reaktion der englischen Regierung werden ausführlich beschrieben, inklusive der Bedeutung des Verlustes von Calais für Englands Fokusverschiebung auf die Überseegebiete.
Das Spionagenetzwerk Walsinghams: Dieses Kapitel beschreibt den Aufbau und die Arbeitsweise des Geheimdienstes unter Sir Francis Walsingham. Es wird darauf hingewiesen, dass das Netzwerk hauptsächlich aus harmlosen Informanten bestand, die für Geld Informationen beschafften. Der Aufstieg Walsinghams und seine Methoden werden beleuchtet, sowie die Vorgehensweise anhand des Babington-Plots erklärt. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Netzwerkes als ein System mit vielfältigen Akteuren und Methoden, die im Kontext des religiösen und politischen Kampfes operierten. Die Kapitel-Unterpunkte beleuchten die strategische Bedeutung des Netzwerks und dessen Rolle im Kampf gegen katholische Verschwörer.
Schlüsselwörter
Christopher Marlowe, Elisabeth I., englischer Geheimdienst, Sir Francis Walsingham, Babington-Verschwörung, Religionskonflikt, Spionage, Quellenkritik, Cambridge, Rheims, Hochverrat.
Häufig gestellte Fragen zu: Die mögliche Beteiligung Christopher Marlowes am englischen Geheimdienst
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die mögliche Beteiligung des Dramatikers Christopher Marlowe am englischen Geheimdienst unter Königin Elizabeth I. Sie analysiert verfügbare Quellen, um Marlowes Rolle zu beleuchten und verschiedene Interpretationen zu diskutieren, ohne definitive Schlussfolgerungen zu ziehen, da die Quellenlage unklar und interpretationsbedürftig ist.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf eine Vielzahl von Quellen, darunter der Coroner's Report, Briefe des Privy Council und des Gouverneurs von Flushing. Diese Quellen sind jedoch spärlich, oft subjektiv und widersprüchlich, was die Analyse erschwert. Die Arbeit betont die Herausforderungen der Quellenkritik und die Notwendigkeit, unterschiedliche Interpretationen zu berücksichtigen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die politische und religiöse Situation in England während der Herrschaft Elizabeths I., den Aufbau und die Funktionsweise des Geheimdienstes unter Sir Francis Walsingham, die verfügbaren Quellen zu Christopher Marlowe und deren Interpretation, Marlowes mögliche Verbindungen zu Cambridge und Rheims sowie die Bewertung der Indizien für eine Agententätigkeit Marlowes.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: "Marlowe, die unbekannte Person" (Einleitung und Quellenkritik), "Christopher Marlowe und seine Zeit" (politischer und religiöser Kontext), "Das Spionagenetzwerk Walsinghams" (Aufbau und Funktionsweise des Geheimdienstes), "Die Rolle Marlowes" (Analyse der Indizien) und "Schlussbemerkung". Jedes Kapitel enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Welche Rolle spielte der religiöse Konflikt?
Der religiöse Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten bildet einen zentralen Hintergrund der Arbeit. Er prägte die politische Landschaft Englands und beeinflusste die Aktivitäten des Geheimdienstes. Marlowes mögliche Verbindungen zu Cambridge und Rheims werden im Kontext dieses Konflikts betrachtet.
Welche Bedeutung hatte Sir Francis Walsingham?
Sir Francis Walsingham war der Leiter des englischen Geheimdienstes unter Elizabeth I. Das Kapitel über sein Spionagenetzwerk beschreibt dessen Aufbau, Funktionsweise und Methoden, einschließlich der Rekrutierung von Informanten und der Rolle des Netzwerks im Kampf gegen katholische Verschwörer wie im Babington-Plot.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit vermeidet definitive Schlussfolgerungen bezüglich Marlowes Beteiligung am Geheimdienst. Sie betont die Unklarheit und Interpretationsbedürftigkeit der Quellenlage und präsentiert verschiedene Perspektiven auf die verfügbaren Informationen. Der Fokus liegt auf der detaillierten Analyse der Quellen und der Darstellung der komplexen historischen Situation.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Christopher Marlowe, Elisabeth I., englischer Geheimdienst, Sir Francis Walsingham, Babington-Verschwörung, Religionskonflikt, Spionage, Quellenkritik, Cambridge, Rheims, Hochverrat.
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- Johannes Prokop (Author), 2005, Über den englischen Geheimdienst unter Elizabeth I und die Frage nach einer Beteiligung Christopher Marlowes, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/49951