Mit der hier vorliegenden Arbeit soll der Versuch unternommen werden, einen in der westlichen Forschung bisher unbefriedigend aufgearbeiteten Themenkomplex - die kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbrechern, Kollaborateuren und „Verrätern“ in Jugoslawien während des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach - im Sinne einer Synthese in groben Zügen darzustellen. In keinem anderen später kommunistischen Satellitenstaat Ost- und Südosteuropas war die Bestrafung von Kriegsverbrechern und Kollaborateuren und die Abrechnung mit „Volksfeinden und Spionen“ derart eng mit der totalen Machtübernahme durch die Kommunistische Partei verknüpft wie in Jugoslawien. Unter dem Motto „Abrechnung“ sind auf dem Gebiet Jugoslawiens im Zeitraum von 1943 bis 1950 schätzungsweise 180'000 Menschen umgekommen. Die überwältigende Mehrheit dieser Menschen starb ohne vorhergehende Gerichtsverhandlung, ohne dass ihre Schuld festgestellt und ihnen das Recht auf Verteidigung zugestanden worden wäre.
Inhalt
1 Vorwort
2 Einleitung
2.1 Thematik
2.2 Methoden
2.3 Literatur und Forschungslage
I. Hauptteil: Vorgeschichte
3 Krieg und Bürgerkrieg
3.1 Die Aufteilung Jugoslawiens
3.2 Zwischen Kollaboration und Widerstand: Zur Lage in Slowenien
3.3 Der "Unabhängige Staat Kroatien" (NDH)
3.3.1 Entstehung und Trägerschichten
3.3.2 Zum Programm der ustaše: Inhalt, Realisierung und Konsequenzen
3.3.3 Die "Volksdeutschen" im NDH: Von den Tätern zu den Opfern?
3.3.4 Die katholische Kirche im NDH
3.4 Die Aufteilung Serbiens
3.4.1 Die deutsche Militärverwaltung in Serbien
3.4.2 Die ungarischen Annexionsgebiete
3.5 Titos Partisanen im Kampf
4 Die kommunistische Machtübernahme
4.1 Etappen und politische Organe
4.2 Entwicklung der militärischen und zivilen Gerichtsbarkeit
II. Hauptteil: Abrechnung und Vergeltung
5 Gesetze und Institutionen
5.1 Vorbemerkungen
5.2 Gesetzliche Grundlagen
5.3 Die Kriegsverbrecherkommissionen: Struktur und Tätigkeit
5.4 "OZNA sve dozna": Die kommunistische Geheimpolizei
5.5 Die Spezialeinheit der Armee: Der KNOJ
6 Opfergruppen
6.1 Die Italiener in Istrien, Dalmatien und Julisch-Venetien: Verfolgung und Flucht
6.2 Die Ausschaltung nationaler Kräfte in Serbien
6.3 Zum Schicksal der Jugoslawiendeutschen in Kroatien, Bosnien und der Vojvodina
6.3.1 Staatsrechtliche Prämissen
6.3.2 Die "volksdeutsche" Bevölkerung in Slawonien und Syrmien
6.3.3 Repressionen im Banat, der Bačka und der Baranja
6.3.4 Die Deportation in die Sowjetunion
6.3.5 Die Deutschen in den Arbeitslagern
6.4 Die Verfolgung und Teilaussiedlung von Magyaren
6.5 Die Vernichtung der četnici
6.6 "Bleiburg" und die Todesmärsche
6.7 Die Abrechnung mit slowenischen Gegnern des Volksbefreiungskampfes
6.8 Die Vertreibung der Deutschen aus Slowenien
6.9 Die katholische Kirche im kommunistischen Jugoslawien
6.9.1 Slowenien
6.9.2 Kroatien
6.10 Prozesse gegen Kriegsverbrecher, Kollaborateure und "Volksfeinde"
6.11 Die Diskriminierung und Ausschaltung politischer Gegner
7 Schlussüberlegungen
Anhang
8 Abkürzungsverzeichnis
9 Personenregister mit Kurzbiografie
10 Bibliografie
10.1 Gedruckte Quellen
10.2 Amtliche Blätter
10.3 Memoiren und Belletristik
10.4 Journalistische Literatur
10.5 Monografien und Aufsätze
1 Vorwort
Zu Beginn möchte ich all jenen Personen meinen Dank aussprechen, die mich auf wissenschaftlicher und menschlicher Ebene stets wohlwollend unterstützt und gefördert haben. Allen voran danke ich dem Betreuer dieser Diplomarbeit, Univ.-Prof. Dr. Arnold Suppan, von dem ich grösstmögliche Förderung angeboten bekam und der sich an dem von mir ausgewählten Thema stets ausserordentlich interessiert zeigte. Des weiteren schulde ich Dank meinen Eltern, ohne deren finanzielle Hilfe mein Studium nicht möglich gewesen wäre. Sie standen meinem Vorhaben allzeit positiv gegenüber und hielten mich dazu an, mein Ziel zügig zu erreichen. Meinem Freund Mag. Adrian von Arburg danke ich für die unzähligen inhaltlichen und formalen Hinweise und Vorschläge während der Niederschrift und schliesslich für seine Arbeit als Lektor. Dank gebührt ausserdem folgenden Personen: Meiner Frau Daniela, Univ.-Prof. Dr. Horst Haselsteiner, Institut für osteuropäische Geschichte der Universität Wien; Dr. Ljubo Sirc, Vorsteher des „Center for Research into Post Communist Economies“ (CRCE) und seiner Mitarbeiterin Frau Lisl Biggs-Davison, London, für die grosszügige Zusendung von Unterlagen und die Ermöglichung der Teilnahme an einer Konferenz in Bled (Slowenien); Mag. Donald Reindl, Doktorand und Mitarbeiter bei „Balkan reports“, derzeit stationiert in Ljubljana; den Mitarbeitern des „Instituts für neuere Geschichte“ in Ljubljana, allen voran Mag. Igor Zemljič und Frau Mag. Tadeja Tominšek Rihtar; Frau Prof. Dr. Jera Vodušek Starič vom „Institut für neuere Geschichte“, Maribor; Prof. Dr. Dušan T. Bataković, Vorsteher des „Veće za demokratske promene“ in Belgrad und jugoslawischer Botschafter in Griechenland sowie seinen Mitarbeitern Frau Mag. Radmila Pejić und Herr Mag. Saša Mišić für die mehr als generöse Bereitstellung all ihrer Materialien; Mag. Zoran Janjetović, Mitarbeiter am Institut für neuere Geschichte, Belgrad; den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der National- und Universitätsbibliothek in Zagreb und Ljubljana; Mag. Goran Miloradović, Institut für Zeitgeschichte, Belgrad; und schliesslich Frau Prof. Dr. Lidija R. Basta Fleiner, International Research and Consulting Centre of the Institute of Federalism, Universität Fribourg/Freiburg (CH).
2 Einleitung
2.1 Thematik
„Der Vollständigkeit wegen muss man noch hinzufügen: dieses Prinzip [der Abrechnung, Anm. des Autors] ist weder ausschliesslich kommunistisch noch jugoslawisch. Auf dem Balkan hat Abtrünnigen und Aufrührern schon immer solch ein Schicksal geblüht. Und das ist auch anderswo so - seltener in Europa, denn dort sind auch die Rebellen und Aufstände seltener.“[1]
Mit der hier vorliegenden Arbeit soll der Versuch unternommen werden, einen in der westlichen Forschung bisher unbefriedigend aufgearbeiteten Themenkomplex - die kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbrechern, Kollaborateuren und „Verrätern“ in Jugoslawien während des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach - in seiner Gesamtheit im Sinne einer Synthese in groben Zügen darzustellen. Gleich einleitend sei davor gewarnt, dass die Behandlung einer derart grossen Anzahl von Teilaspekten - die teilweise wahrscheinlich einzeln ausreichend Stoff für eine Arbeit dieses Umfangs böte - zwangsläufig auf Kosten der wissenschaftlichen Tiefgründigkeit gehen muss und auch wird. Dennoch habe ich mich aus wie mir scheint respektablen Gründen entschieden, dieses Risiko einzugehen: Bis heute existiert meines Wissens keine Gesamtdarstellung über die kommunistischen Abrechnungs- und Vergeltungsmassnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg, weder in einer westlichen noch in einer südslawischen Sprache. Zwar sind in Slowenien nebst zahlreichen Artikeln in den 1990er Jahren einige ausgezeichnete Überblickswerke dazu publiziert worden, diese beschränken sich verständlicherweise aber auf die Darstellung der Ereignisse in Slowenien.[2] Von kroatischen und serbischen Historikern sind mir bis anhin überhaupt keine vergleichbaren Arbeiten bekannt. Da ich der festen Überzeugung bin, dass „Abrechnung und Vergeltung“ in Jugoslawien unbedingt als Einheit beschrieben und bewertet werden sollten, ist in diesem Punkt dringender Handlungsbedarf auszumachen; umso mehr überdies, als in den nächsten Jahren von slowenischen, kroatischen, bosniakischen[3] und/oder serbischen Wissenschaftern keine Gesamtdarstellung zu erwarten sein dürfte und diesbezügliche Desiderata vorläufig bestehen bleiben dürften. Ein derartiger Überblick bietet sich auch deswegen an, weil das vermutlich aufschlussreichste Archiv - jenes der kommunistischen Geheimpolizei OZNA (Odeljenje za zaštitu naroda/Abteilung zum Schutze des Volkes) resp. UDBA (Uprava državna bezbednosti/Staatssicherheitsverwaltung) in Belgrad - seine Tore selbst für serbische Historiker noch immer verschlossen hält und frühestens im Jahr 2003 mit seiner Öffnung gerechnet werden kann.[4] Aus diesem Grund ist die quellenbasierte Beschäftigung mit Einzelaspekten zur Zeit leider noch nicht möglich. Zu guter Letzt erachtete ich es persönlich für unabdingbar, mir vor der angestrebten Inangriffnahme eines Dissertationsprojekts inhaltlich und bibliographisch Übersicht zu verschaffen.
Sich der Einleitung anschliessend folgt ein knapper Abriss zur vorhandenen Sekundärliteratur und zur aktuellen Forschungslage. Obwohl mit Sicherheit nicht alle zum Thema relevanten Bücher, Artikel und Aufsätze verzeichnet, geschweige denn rezipiert werden konnten, sei an dieser Stelle eine erste vorsichtige Einschätzung zum Stand der Dinge vorgenommen.
Die Deskription der Ereignisse in Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs ist Teil des dritten Kapitels. Da von wenigen Ausnahmen abgesehen die Vorgänge zwischen 1941 - 1945 in diesem Raum sowohl in der westlichen als auch - wenngleich etwas weniger ausgewogen - in der jugoslawischen Historiographie zufrieden stellend bearbeitet wurden, habe ich versucht, mich vornehmlich auf diejenigen Gesichtspunkte zu konzentrieren, die zu kennen für das Verständnis der kommunistischen Abrechnungsmassnahmen und ihrer Bewertung meines Erachtens unverzichtbar sind. Nur wenn der vier Jahre andauernde, mit teilweise kaum vorstellbarer Grausamkeit und Härte geführte Krieg und Bürgerkrieg stets vor Augen gehalten wird, können - vielleicht - die ebenfalls furchtbaren Vergeltungsakte der kommunistischen Partisanen kontextgerecht eingeordnet und sogar verstanden werden.
Der vierte Part der Arbeit soll der Skizzierung der politischen und rechtlichen Entstehung und dem Aufbau der zentralen Organe und Institutionen des künftig kommunistisch gelenkten Staates gewidmet sein, auch in diesem Punkt möglichst im Zusammenhang der Revancheakte. Die zentrale Frage muss hierbei sein, welche Rolle bestimmte Behörden bei der Abrechnung mit den kommunistischen Gegnern spielten und inwiefern sie sogar eigens dafür geschaffen worden waren.
In Kapitel sechs sollen in chronologischer Reihenfolge die Vergeltungsaktionen skizziert und beschrieben werden, nachdem ich zuerst auf den rechtlichen Rahmen eingegangen bin und den Aufbau und die Tätigkeit zum einen der „Staatskommission zur Feststellung der Verbrechen des Okkupanten und seiner Helfer“ (DKZ=Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njegovih pomagača) und zum andern der kommunistischen Geheimpolizei (OZNA resp. UDBA) umrissen habe. Beide Institutionen müssen als zentral in Bezug auf das hier vorliegende Thema angesehen werden und verdienen dementsprechende Beachtung.
In den Schlussbemerkungen schliesslich werden die wichtigsten Erkenntnisse thesenartig zusammengefasst und gleichzeitig wage ich ein vorläufiges Verdikt über die kommunistischen Strafmassnahmen. Dazu müssen zum einen die dieser Vergeltungspolitik zu Grunde liegenden Ursachen und Motive geklärt werden und zum zweiten darf der Versuch nicht ausbleiben, die Frage nach den Verantwortlichen und Schuldigen zu stellen und zu beantworten. Zudem soll diskutiert werden, welchen Einfluss das Klima von Vergeltung und Repression auf die Machtübernahme durch die Kommunisten hatte und welche Hypothek der „Abrechnungsfuror“ (Völkl) für das künftige Zusammenleben im sozialistischen Jugoslawien darstellte.
2.2 Methoden
Die Methoden dieser Arbeit wurden durch die obig genannten Vorgaben bestimmt: In erster Linie sammelte und bibliographierte ich im Laufe von zwei Jahren möglichst komplett die auf Deutsch, Englisch, Slowenisch und Serbokroatisch vorhandene Sekundärliteratur, obwohl es den Arbeitszeitraum und die mir zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen überstiegen hätte, alle in der Bibliographie verzeichneten Artikel zu bearbeiten. Immerhin dürfte der auf diese Weise zu Stande gekommene und zugegebenermassen noch immer unvollständige Literaturnachweis einer der ausführlichsten in seiner Art im deutschsprachigen Raum darstellen. Zusätzlich dienten die wichtigsten veröffentlichten Dokumentensammlungen und Gesetzestexte als Grundlage der Arbeit[5], während Memoirenliteratur und zeitgenössische wie aktuelle journalistische Artikel weder systematisch noch zur Gänze aufbereitet und herangezogen werden konnten. Die Auswertung unveröffentlichter Quellen hätte den zeitlichen und organisatorischen Rahmen dieser Arbeit gesprengt, wäre jedoch für eine weitere Beschäftigung dringend notwendig.[6] Im Falle der Ereignisse in Serbien im Herbst 1944 wurden zudem mit der gebotenen Vorsicht einige Interviews mit Zeitzeugen herangezogen, durchgeführt im Jahre 2002 von Mitarbeitern des „Veće za demokratske promene“ in Belgrad.
Vorrangiges Anliegen und Ziel dieser Arbeit war, in der Vielzahl an nicht selten einseitiger Sekundär- und Memoirenliteratur das Brauchbare vom weniger Wertvollen zu trennen, Wichtiges von allzu Spezifischem zu unterscheiden, um so dem interessierten Leser einen Einstieg in die weitläufige, höchst emotionsgeladene, polarisierende und nach wie vor politisch aktuelle Thematik zu bieten.[7] Auf inhaltlich-historiographischer Ebene möchte die Arbeit primär dazu beitragen, auf die im Zuge der Machtübernahme Titos und der „Sowjetisierung Nachkriegs-Jugoslawiens“ (Vodušek Starič) entstandenen „Kollateralschäden“ aufmerksam zu machen und damit das sich im Westen bisweilen noch immer hartnäckig haltende Bild vom freiheitsliebenden und friedlichen Tito zu revidieren. Die Arbeit soll aufzeigen, dass das zweite Jugoslawien zumindest in den Anfängen und bis ca. 1950 nichts anderes war als eine exakte Kopie des sowjetischen Modells stalinistischer Prägung, mit all dessen grausamen Auswüchsen. Wenn dies wenigstens ansatzweise gelungen ist und vorliegende Arbeit zudem als solide Basis für ein allfälliges Dissertationsprojekt dienen kann, sollen die persönlich gesteckten Ziele als erreicht gelten.
2.3 Literatur und Forschungslage
Wie schon einleitend angetönt, stellt die wissenschaftliche Bearbeitung der hier vorliegenden Thematik in ihrer Totalität für einen deutschsprachigen Historiker in der Tat terra incognita dar. Keine dem Autor bekannte Arbeit analysiert Ursache, Verlauf und Wirkung der Abrechnungsaktionen auf dem gesamten Territorium des früheren sozialistischen Jugoslawien. Gegenwärtig ist kaum Interesse und noch weniger die realistische Chance auszumachen, ein Team aus internationalen Historikern zusammenzustellen, das sich diesem Themenkomplex kollektiv annehmen würde. Der kriegerische Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren und das Entstehen selbständiger Staaten lässt das Zustandekommen einer derartigen Arbeitsgemeinschaft - und nur eine solche wäre überhaupt in der Lage, die Unmengen von Archivmaterial zu sichten und auszuwerten - zum jetzigen Zeitpunkt mehr als illusorisch erscheinen. Immerhin ist in naher Zukunft damit zu rechnen, dass auch in Kroatien und der BR Jugoslawien ähnliche Gesamtdarstellungen - obwohl wahrscheinlich aus Sicht eines nationalen bis nationalistischen Blickwinkels - veröffentlicht werden, wie sie bereits in Slowenien publiziert wurden.[8] Somit sieht sich die westliche Forschung mit der zweifellos sowohl wichtigen als auch delikaten Herausforderung konfrontiert, die im südslawischen Raum erscheinenden Arbeiten zu einem grösseren Ganzen zu verbinden und kritisch zu durchleuchten. Auf keinen Fall jedoch sollte sich die deutsch- und englischsprachige Historiographie auf die Kompilation und Auswertung von Arbeiten südslawischer Provenienz beschränken. Vielmehr wäre wünschenswert, dass sich vermehrt auch westliche Wissenschaftler dieser Problematik eigenständig annähmen.[9]
Die zum Thema vorhandene Sekundärliteratur soll im folgenden kurz besprochen werden, wozu diese aus Gründen der Übersichtlichkeit in vier Gruppen klassifiziert wird.[10]
Südslawische Exilliteratur:
Darunter verstehe ich sowohl wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Arbeiten als auch Erlebnisberichte und Memoirenliteratur mehrheitlich aus der Feder von Slowenen, Serben und Kroaten, denen als Gegner der Kommunisten noch während des Krieges oder kurz nach seinem Ende die rettende Flucht ins Ausland geglückt ist. Innerhalb dieses Personenkreises muss den ehemaligen ustaše oder ihnen nahe stehenden Autoren die grösste Schreibkraft und das stärkste Mitteilungsbedürfnis attestiert werden, bisweilen konsequent und getreu nach dem Motto, dass Unwahrheiten wahrer werden, je öfter man sie publiziert. Der wissenschaftliche Wert dieser Artikel (meist zum Thema „Bleiburg und die Todesmärsche“) ist zwar gering, dennoch vermag die Lektüre auch solch einseitiger Schriften ab und an produktive Anstösse zu geben.[11]
Von grösserer Bedeutung sind hingegen Arbeiten von gemässigten kroatischen, serbischen und slowenischen Exilanten. Auch hier jedoch ist bei der Übernahme in erster Linie von Zahlenangaben Vorsicht geboten. Die von ihnen vorgenommene historiographische Beurteilung der Ereignisse bewegt sich allerdings in einem den Umständen entsprechenden Rahmen, lässt daher auf Zuverlässigkeit schliessen und eine ehrliche und honorige Absicht der Autoren zumindest vermuten.[12] Systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien wurde jedoch auch bei dieser Gruppe von Autoren in keinem mir bekannten Fall vorgegangen.
Jugoslawisch-kommunistische Veröffentlichungen[13]
Auch wenn klarerweise die Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen in der Zeit Titos und bis zum Auseinandergehen des Staates in Jugoslawien mehr als ein Tabu darstellte, leisteten jugoslawische Autoren insofern ihren Beitrag zur Thematik, als dass sie diverse Dokumentensammlungen im Zusammenhang mit dem „Volksbefreiungskrieg“ veröffentlichten.[14] Die Akten der Geheimpolizei oder diejenigen der Spezialeinheiten der Armee (KNOJ=Korpus narodnog oslobođenja Jugoslavije/Korps der Volksbefreiung Jugoslawiens) sind zwar nicht dabei, dennoch findet man immerhin alle Protokolle der insgesamt drei AVNOJ-Sitzungen, sämtliche Beschlüsse des AVNOJ-Präsidiums und des NKOJ (Nacionalni komitet oslobođenja Jugoslavije/Volkskomitee der Befreiung Jugoslawiens), sowie Protokolle der Sitzungen des CK (Centralni komitet/Zentralkomitee) der KPJ (Komunistička partija Jugoslavije/Kommunistische Partei Jugoslawiens) und verschiedene andere Zusammenstellungen von nicht unbedeutendem Wert.[15] Besonders interessant sind die im Jahre 1995 in Belgrad herausgegebenen vier Bände über die Arbeit der DKZ.[16] Zusätzlich zu den Quelleneditionen kann auch die Durchsicht zeitgenössischer journalistischer Periodika einiges zur Aufhellung der jugoslawischen Nachkriegsgeschichte beitragen, obwohl dies im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht erfolgte.[17]
Direkt das Thema „Abrechnung” betreffende Sekundärliteratur von jugoslawisch-kommunistischer Seite ist mir nicht bekannt, was selbstverständlich nicht heissen soll, dass solche nicht existiert. Einzige Ausnahme bilden hier bestenfalls die wenn auch nicht sehr zahlreichen und selten ausgewogenen Arbeiten slowenischer, kroatischer und serbischer Historiker noch aus der Zeit des sozialistischen Jugoslawiens resp. Serbiens zum Schicksal der donauschwäbischen und sloweniendeutschen Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach.[18]
Zum Schluss sei noch auf die beträchtliche Anzahl von Arbeiten jugoslawischer Historiker hingewiesen, die sich mit anderen Aspekten des „Volksbefreiungskampfes“ und der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte befassen und das Thema „Vergeltung und Abrechnung“ bestenfalls streifen. Dazu gehören Werke über die politische und wirtschaftliche Entwicklung im allgemeinen, über die Agrarreform und Kolonisierung, aber auch Beiträge zu kirchlichen und kulturellen Themen.[19]
Deutschsprachige Literatur
Wie schon erwähnt, beschäftigte sich die deutschsprachige Historiographie bis heute nicht systematisch mit der Darstellung der kommunistischen Abrechnung mit „Volksfeinden“, „Verrätern“ und Kollaborateuren in Jugoslawien. Die donauschwäbische Forschung und vereinzelt deutsche und österreichische Wissenschafter widmeten sich jedoch intensiv dem Schicksal der jugoslawiendeutschen Bevölkerung, die seit Herbst 1944 entweder vertrieben, teilweise liquidiert, in Lagern interniert und schliesslich fast zur Gänze abgeschoben wurde. Die Zwangsmassnahmen gegen Donauschwaben und Sloweniendeutsche müssen unbedingt im Kontext der allgemeinen Abrechnung mit den tatsächlichen oder vermeintlichen Feinden gesehen werden, worauf bis heute in der deutschsprachigen Forschung mit zuwenig Nachdruck hingewiesen wurde.
Obwohl die von Vertriebenen und Ausgesiedelten geschriebene donauschwäbische Literatur ab und an einseitig und ohne die notwendige, aber verständlicherweise kaum mögliche Distanz die Ereignisse beschreibt, können dennoch im allgemeinen die genannten Zahlen, Daten und Fakten als richtig angenommen werden. So werde ich auch auf diese Angaben zurückgreifen, jedoch nicht ohne auf mögliche Differenzen in anderen Publikationen hinzuweisen. In der Tendenz muss bei dem von Betroffenen verfassten Schrifttum kritisiert werden, dass zuwenig, oft sogar überhaupt nicht, im Sinne einer ganzheitlichen und objektiven Darstellung auf den Zusammenhang zwischen Vertreibungs- und Aussiedlungspolitik der jugoslawischen Kommunisten und der Umsiedlungs- und Ausrottungspolitik des Dritten Reiches eingegangen wird. Dennoch leistet die donauschwäbische Forschung mit ihrer akribischen Grundlagenarbeit und ihrer Recherche- und Publikationstätigkeit ohne Zweifel einen überaus wichtigen Beitrag zur Thematik.[20]
Slowenische, kroatische und serbische Arbeiten aus den 1990er Jahren
Im Unterschied zu Arbeiten aus der Zeit der SFRJ (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija/Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) zeichnen sich heutige Beiträge slowenischer, kroatischer und serbischer Provenienz durch wenig bis gar keine ideologische Sichttrübung aus, dafür aber lässt sich eine durchaus legitime nationale (und mitunter weniger gerechtfertigte nationalistische) Sicht der Dinge schlecht von der Hand weisen. Während in den letzten zehn Jahren in erster Linie in Slowenien[21], aber auch in Kroatien[22] an die Erforschung der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte mutig herangegangen wurde, konnte sich in Jugoslawien bzw. Serbien und Montenegro die Wissenschaft erst nach dem Sturz Miloševićs ernsthaft mit den oft schrecklichen Ereignissen nach dem Krieg (genauer: nach dem Einmarsch der Partisanen) befassen.[23] In Kroatien und Slowenien sind die Repressionsmassnahmen und der Kampf gegen die katholische Kirche sowie die kommunistischen Schauprozesse gegen deren hochrangige Vertreter gut bearbeitet, obwohl zumindest in der kroatischen Geschichtsschreibung eine gewisse Tendenz zur unkritischen Beurteilung bezüglich der Rolle der katholischen Geistlichkeit ausgemacht werden kann.[24]
Ende der 1980er Jahre und in der ersten Hälfte der 1990er Jahre wurde sowohl in der Republik Kroatien als auch in der BR Jugoslawien nicht zuletzt die historische Wissenschaft in den Strudel der nationalistischen Polemiken hineingerissen und zu Propagandazwecken missbraucht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte sich die zur Zeit des sozialistischen Jugoslawiens praktisch gar nicht erfolgte, und wenn, dann ideologisch verblendete Aufarbeitung der furchtbaren Ereignisse im Zweiten Weltkrieg in Wissenschaft und Gesellschaft als besonders gefährliche und heimtückische Hypothek erweisen. Sehr schnell dominierten die Töne der wissenschaftlichen und politischen Hardliner auf beiden Seiten und gegenseitige geschichtliche Schuldzuweisungen und Etikettierungen nahmen nicht selten absurde Formen an.[25] So sind zahlreiche kroatische und die überwiegende Anzahl der serbischen Beiträge über Opferzahlen (Stichworte „Jasenovac“ und „Bleiburg“) und die Abrechnungen in Serbien aus dieser „heissen Phase“ mit Vorsicht zu geniessen, wenn man in diesen Fällen von Genuss überhaupt sprechen darf.[26]
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die systematische, wissenschaftliche Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen in Jugoslawien während des Zweiten Weltkrieges und danach - mit Ausnahme von Slowenien - nach wie vor in den Kinderschuhen steckt und noch einiges an Anstrengung unternommen werden muss, um dieses Forschungsdesiderat zu beheben. Im internationalen Vergleich zum Thema schneidet Jugoslawien dementsprechend schlecht ab und es bleibt die Hoffnung und der Wunsch, dass in den kommenden Jahren das wissenschaftliche Interesse an den kommunistischen Nachkriegsmassakern im speziellen und den politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen im allgemeinen besonders innerhalb der deutsch- und englischsprachigen Forschungswelt gesteigert werden möge.[27] Ohne dem Vorwurf der Überheblichkeit ausgesetzt zu werden, möchte diese Arbeit dazu beitragen. An der Notwendigkeit besteht auf jeden Fall kein Zweifel, schliesslich wurde Tito noch im Jahre 1973 vom damaligen schwedischen Aussenminister Andersen für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen[28] und auch heute geniesst das sozialistische Jugoslawien und insbesondere sein unbestrittener Führer Tito - teilweise nicht ganz zu Unrecht - alles andere als eine schlechte Reputation. Es ist höchste Zeit, die stalinistische Epoche, d.h. die Zeit bis in die frühen 1950er Jahre gründlich zu erforschen und kritisch zu beurteilen, um mögliche Antworten auf die Frage zu finden, welcher Preis in der Geburtsstunde für das einigermassen friedliche Miteinander zur Zeit des Kalten Krieges bezahlt werden musste.
I. Hauptteil: Vorgeschichte
3 Krieg und Bürgerkrieg
3.1 Die Aufteilung Jugoslawiens
Ohne an dieser Stelle auf weitere Details bei der „Neuordnung des jugoslawischen Raumes“ eingehen zu wollen, sollen lediglich die Resultate der Hitlerschen Politik in Südosteuropa besprochen werden.[29] Nach dem kurzen Krieg der Achsenmächte vom 6. bis zum 17. April 1941 gegen das Königreich Jugoslawien teilten die Aggressoren das Staatsgebiet im Rahmen der Wiener Verhandlungen vom 20. bis 22. April 1941 - im wesentlichen nach den Richtlinien Hitlers - untereinander auf: Deutschland besetzte ohne vorherige Rücksprache mit Rom den grösseren Teil Sloweniens, zwar ohne die Hauptstadt Ljubljana, dafür aber nahm sich Hitler die Untersteiermark, das ehemalige Kärntner Miesstal, die Gemeinde Seeland, Oberkrain und vier Katastralgemeinden in der Nordwestecke des Übermurgebiets.[30] Italien annektierte fast den ganzen Rest Sloweniens (Provincia di Lubiana), grosse Teile Dalmatiens sowie die meisten der dalmatinischen Inseln. Montenegro (ohne die Bucht von Kotor) sollte als Staat unter italienischem Protektorat wieder auferstehen und das ebenfalls von Italien regierte Albanien hielt sich am grössten Teil des Kosovo, dem westlichen Mazedonien und einem mehrheitlich von Albanern bewohnten Streifen zwischen Montenegro und Albanien schadlos. Bulgarien nahm sich den grösseren Teil Mazedoniens, Teile Süd- und Ostserbiens und den Rest des Kosovo. Ungarn gliederte die nach dem Ersten Weltkrieg verlorengegangenen Gebiete des historischen Südungarns, namentlich die Bačka und die Baranja wieder ein und erweiterte sein Territorium zudem um das in der Zwischenkriegszeit zu Kroatien gehörende Međimurje und das von Slowenien abgetrennte Prekmurje. Serbien, ungefähr in den Grenzen vor den Balkankriegen, und das serbische Banat kamen unter deutsche Militärverwaltung. Kroatien-Slawonien mit Syrmien und ganz Bosnien-Herzegowina bildeten schliesslich den so genannten „Unabhängigen Staat Kroatien“ (NDH=Nezavisna država Hrvatska) mit Ante Pavelić an seiner Spitze.
3.2 Zwischen Kollaboration und Widerstand: Zur Lage in Slowenien
Ohne Zweifel bekamen die rund 800'000 Menschen, in erster Linie Slowenen aber auch „Volksdeutsche“, in dem von Deutschland besetzten Gebiet Sloweniens die nationalsozialistische Rassen-, Umsiedlungs- und Ausrottungspolitik im Vergleich mit allen anderen jugoslawischen Gebieten am frühesten und unmittelbarsten zu spüren, mitunter zweifellos einer der Gründe, weshalb gerade slowenische Kommunisten (Edvard Kardelj, Vito Kraigher, Ivan Maček, Boris Kidrič, Makso Šnuderl, um nur die wichtigsten zu nennen) stets tonangebend bei der Ausarbeitung von Repressionsmassnahmen und Aussiedlungsplänen in Bezug auf Kollaborateure und „Volksfeinde“ im allgemeinen und die slowenien- bzw. jugoslawiendeutsche Minderheit im speziellen waren und wieso es „nur“ auf dem Gebiet Sloweniens zu „wilden“ Vertreibungen - ähnlich derer in der Tschechoslowakei - von Teilen der Sloweniendeutschen gekommen ist. Der nationale Faktor dürfte gerade in Slowenien eine kaum zu unterschätzende Rolle für den Ausbruch starker antideutscher Gefühle nach Kriegsende gespielt haben: Ein Sieg Deutschlands hätte auf längere Sicht wohl das Ende der slowenischen Nation bedeutet und um diese Bedrohung endgültig ausschliessen zu können, packte man die günstige Gelegenheit im Frühling 1945 beim Schopf, um möglichst schnell alle Deutschen loszuwerden. Weder die Kroaten noch die bosnischen Muslime oder die Serben fühlten sich während des Krieges jemals in ihrer nationalen Existenz bedroht. Die kleine slowenische Nation jedoch - in ihrer exponierten, an das Deutsche Reich grenzenden Lage und ihrer gemäss nationalsozialistischer Ideologie relativen Nähe zum „arischen“ Volk - fürchtete zu Recht um ihr Überleben. Die beim Einmarsch deutscher Truppen teilweise sogar von Slowenen der Untersteiermark offen demonstrierte Freude über „die Befreiung vom serbischen Joch“[31] sollte durch die grausame, slawenfeindliche und mehr als ungeschickte Politik Hitlers in den annektierten Gebieten schnell in Hass auf alles Deutsche umschlagen und weite Teile der slowenischen Bevölkerung in die Arme der kommunistischen Partisanen treiben. Das Vorbild und die psychologische und ideologische Basis für die „ethnischen Säuberungen“ lieferte Deutschland, in Slowenien mit besonders viel System und noch mehr Unmenschlichkeit praktiziert. Somit darf nicht verwundern, wenn gerade in diesem Raum auch die Vertreibung der autochthonen Deutschen im Frühling 1945 schnell, blutig und nahezu vollständig war.[32] Ich habe mich in diesem Abschnitt bemüht, die komplizierte Situation der Slowenen zwischen Kollaboration und Widerstand aufzuzeigen und wenn möglich in Zusammenhang zu bringen mit den kommunistischen Abrechnungsmassnahmen während des Krieges und danach.[33]
Eine Anordnung Hitlers vom 14. April 1941 bestimmte die Einführung der deutschen Zivilverwaltung in den besetzten slowenischen Gebieten: Die Untersteiermark wurde in der Folge von SA-Brigadeführer Siegfried Uiberreither, Reichsstatthalter und Gauleiter der Steiermark, verwaltet, in der Oberkrain und dem südlichen Randstreifen Kärntens übernahm bis zum 23. November 1941 der stellvertretende Kärntner Gauleiter Franz Kutschera die Führung, bis er an diesem Tag vom neuen Reichsstatthalter und Gauleiter Kärntens Friedrich Rainer ersetzt wurde.[34] Diese Gebiete unterstanden zwar der Hoheit und den Gesetzen des Deutschen Reiches, wurden aber formell nie eingegliedert.[35]
Schon in der ersten Aprilhälfte 1941 setzte der Prozess ein, den Hitler mit seinem Befehl, „dieses Land wieder deutsch zu machen“ initiiert hatte.[36] Im Sinne einer umfassenden Germanisierung bekamen geographische Namen, Strassennamen u.ä. eine deutsche Form. Den zwei neu geschaffenen Organisationen, Kärntner Volksbund und Steirischer Heimatbund, mussten praktisch alle Slowenen beitreten, die bei dieser Gelegenheit politisch in fünf (von „gegenüber Deutschland freundlich gesinnt“ bis zu „stark antideutsch“) und „rassisch“ in vier Gruppen (von „sehr gut“ bis zu „ungeeignet“) eingeteilt wurden. Alle slowenischen Schulen und viele slowenische Bibliotheken mussten schliessen, slowenische Bücher wurden verbrannt und fast alle slowenischen Lehrer von ihren Posten entfernt. Um den in der slowenischen Gesellschaft bedeutenden Einfluss der katholischen Kirche zu minimieren, verschickten die Deutschen 448 Priester (und damit annährend die gesamte Priesterschaft in den besetzten Gebieten) in den NDH. Weitere Umsiedlungs- und Vertreibungsaktionen aus den von Deutschland annektierten Gebieten folgten Schlag auf Schlag, so dass insgesamt nach den äusserst zuverlässigen Berechnungen von Ferenc zwischen April 1941 und August 1944 ca. 80'000 Slowenen entweder nach Serbien (7'300 Menschen), in den NDH (27'000) oder nach Deutschland (45'000) ausgesiedelt und vertrieben wurden.[37] Wie kontraproduktiv diese Umsiedlungen waren, hatte Siegfried Kasche, Gesandter des Deutschen Reiches im NDH und SS-Obergruppenführer, schon im Herbst 1941 begriffen, als er in einem seiner Berichte feststellte: „Through the expulsion of Slovenes we wanted to free the southernmost frontier of the Reich from all hostile forces and to destroy the strenght of the Slovenes as a people. In fact, we have achieved just the opposite.”[38] Er schätzte, dass zwischen 70% und 80% aller Slowenen in diesen Gebieten, die früher Deutschland gegenüber freundlich gesinnt waren, nun zu bitteren Feinden geworden sind und nicht wenige von ihnen an der Seite der kommunistischen Partisanen den Kampf gegen den Besatzer aufnehmen würden.
Die Konsequenzen der „ethnischen Flurbereinigung“ bekamen jedoch nicht nur Slowenen, sondern auch die Jugoslawiendeutschen aus der inzwischen italienischen Provincia di Lubiana zu spüren. Zusammen mit einigen Tausend Südtirolern, Deutschen aus der Bukowina und Bessarabien und Österreichern aus der Altsteiermark wurden um die Jahreswende 1941/42 rund 11'200 Gottscheer und 2'400 Laibacher Deutsche nach Oberkrain, in die Untersteiermark und nach Südkärnten umgesiedelt, wo sie teilweise die kurz zuvor von den Slowenen verlassenen Höfe übernehmen konnten.[39]
Kurz nach dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion kam es gegen Ende Juli 1941 bereits zu ersten organisierten Überfällen von Partisanen auf dem Gebiet Sloweniens, jedoch mit erheblichen Unterschieden in der Intensität einerseits in den von Deutschland, andererseits in den von Italien besetzten Teilen.[40] Obwohl der bewaffnete, von den slowenischen Kommunisten dominierte Abwehrkampf zuerst in der Untersteiermark einsetzte, entwickelte er sich im folgenden aus verschiedenen Gründen rascher in der Provincia die Lubiana: Die deutsche Unterdrückungspolitik (Aussiedlung grosser Teile der weltlichen und geistlichen Führungsschicht, Zwangsdeportationen von Angehörigen exekutierter Widerstandskämpfer, erzwungene Masseneintritte von Slowenen in den „Heimatbund“ und seine Unterorganisationen „Wehrmannschaft“ und „Deutsche Jugend“ (DJ), zahlreiche Verhaftungen und Massenerschiessungen) war zu Beginn ein wirkungsvolles Mittel, um die Slowenen von einer grösseren Rebellion abzuhalten.[41] Die Partisanen organisierten sich in erster Linie im italienisch verwalteten Teil, wohin nach italienischen Angaben bis zum 31. Januar 1942 schon fast 18'000 Slowenen geflüchtet waren. Von dort fielen sie nach Oberkrain und in die Untersteiermark ein, konnten sich jedoch nie lange halten.[42] Erst eine im Januar 1944 gebildete Expeditionstruppe mit 1'100 Mann behauptete sich bis Kriegsende in der Untersteiermark und trug wesentlich zur Stärkung des Partisanenwiderstandes in diesem Raum bei.[43]
In vermutlich bewusstem Gegensatz zur deutschen Okkupationspolitik gingen die italienischen Besatzer anfänglich mit mehr Bedacht, Pragmatismus und mehr Wille zur Kooperation mit der slawischen Population an die Verwaltung der Provinz Ljubljana heran und verfolgten eine auf längere Zeit angelegte „Italianisierung“ durch „mildere Methoden“. Die Gemeindeautonomie blieb bestehen, in den slowenischen Schulen ging der Betrieb weiter, Aufschriften wurden weiterhin zweisprachig geführt und selbst bei den Behörden durfte man auf italienisch oder slowenisch vorstellig werden.[44] Die Italiener erlaubten die Einsetzung einer den italienischen Hochkommissar beratenden Körperschaft (Consulta) mit insgesamt 14 Slowenen aus Politik, Wirtschaft und Kultur, darunter auch Anhänger der klerikalen Slowenischen Volkspartei (SLS=Slovenska ljudska stranka) und im Juni 1942 wurde gar ein Slowene, nämlich Leo Rupnik, früherer jugoslawischer General und ausgewiesener Antikommunist, als Bürgermeister von Ljubljana eingesetzt.[45] Nach der italienischen Kapitulation im September 1943 wurde Rupnik vom Reichsstatthalter und Gauleiter Rainer zum Chef der Provinzialverwaltung von Ljubljana ernannt, die zusammen mit den Provinzen Friaul, Görz, Triest, Istrien, Rijeka/Fiume und Quarnereo die Operationszone „Adriatisches Küstenland“ bildeten, mit dem „Obersten Kommissar“ Rainer an der Spitze.[46] Rupnik begann unverzüglich nach seinem Amtsantritt mit der Reorganisation der bis anhin lediglich im deutschen Besatzungsgebiet operierenden slowenischen domobranci, die im April 1944 in Ljubljana in Anwesenheit von Bischof Gregorij Rožman und SS-General Erwin Rösener den Eid ablegten, „zusammen mit deutscher Wehrmacht, SS und Polizei «im Kampf gegen die Banditen und den Kommunismus sowie deren Bundesgenossen» ihre Pflicht zu erfüllen.“[47] Dennoch war der politische und militärische Vormarsch der slowenischen „Volksbefreiungsbewegung“ seit der italienischen Kapitulation und ihrer Anerkennung durch die Alliierten als Verbündete Ende 1943 augenscheinlich, obwohl erst mit der allgemeinen Rückzugsbewegung der deutschen Wehrmacht und ihrer Hilfsverbände im Frühling 1945 und dem damit verbundenen gleichzeitigen Eindringen grösserer militärischer Partisanenverbände aus dem Südosten Slowenien von den deutschen Besatzern befreit werden konnte.
Da die in der slowenischen Befreiungsfront (OF=Osvobodilna fronta), seit September 1941 überdies Teil der gesamtjugoslawischen Volksbefreiungsbewegung, vertretenen Gruppierungen stets von den Kommunisten übergangen wurden und andere, ausserhalb von ihr stehende bürgerliche Kräfte spätestens seit Dezember 1941 unter den Kommunisten kollektiv als „Volksverräter“ galten, war der Ausbruch eines slowenischen Bürgerkrieges nur noch eine Frage der Zeit. Die von Anfang an auf alleinige Machtübernahme und den Aufbau einer „Volksdemokratie“ sowjetischer Prägung ausgerichtete Kommunistische Partei liess nie eine andere Wahrheit als die ihre gelten und war damit massgeblich verantwortlich für die Kooperation und Kollaboration eines Teils der slowenischen Bevölkerung, zuerst mit der italienischen, später mit der deutschen Besatzungsmacht. Zu Jahresanfang 1942 realisierten die klerikalen, bürgerlichen und rechten Gruppierungen, die sich im April 1942 zur besseren Koordinierung ihrer Kräfte zum „Slowenischen Bund“ (Slovenska zaveza) zusammenschlossen, dass ein Sieg der Befreiungsfront in Slowenien und den anderen Teilen Jugoslawiens auf eine sozialistische Revolution und schliesslich auf die Errichtung eines kommunistischen Regimes hinauslaufen würde.[48] Diese Einsicht gewonnen, sahen sie die Kommunisten längerfristig als die unvergleichlich gefährlicheren Kontrahenten, das kleinere Übel sozusagen als die fremden Besatzungsmächte und rutschten vom passiven Dulden in die aktive Kollaboration mit Italien und Deutschland, obwohl die Mehrheit der Kollaborateure alles andere als blinde Anhänger der faschistischen oder nazistischen Ideologie war und insgeheim mit einem Sieg der Alliierten rechnete und ihn wohl auch wünschte. Die ersten slowenischen bewaffneten antikommunistischen Verbände entstanden trotz anfänglicher Opposition der italienischen Behörden im Mai 1942 unter dem furchteinflössenden Namen „Todeslegion“. Bereits jedoch bei einer grossangelegten Offensive der Italiener gegen die Partisanen in der zweiten Julihälfte im gleichen Jahr kollaborierten sie mit der romanischen Besatzungsmacht und am 6. August befahl das italienische Kommando, alle bestehenden und künftigen slowenischen Antipartisaneneinheiten innerhalb einer „Freiwilligen antikommunistischen Miliz“ (MVAC=Milizia volontaria anticomunista) zusammenzufassen, in der westlichen Literatur besser bekannt unter dem slowenischen Überbegriff belogardisti (Weissgardisten).[49] Diese bewaffneten Einheiten bestanden Ende 1942 schon aus 6'000 Milizionären, die auf über 60 Stützpunkte verteilt waren. Die Kommunisten ihrerseits nahmen diesen allmählichen Seitenwechsel slowenischer Bürgerlicher und die Zunahme an bewaffneten Kollaborationsverbänden zum Anlass, im weiteren konsequent einheimische Kollaborateure und „Volksfeinde“ zu liquidieren, im vollrn Bewusstsein darüber, dass die Vernichtung politischer Gegner schon während des Krieges erstens einfach zu rechtfertigen sei und zweitens die totale Machtübernahme nach dem Krieg enorm erleichtern würde.
Am 27. Mai 1942 warnte die Befreiungsfront ihre einheimischen politischen Gegenspieler, alle Personen zu exekutieren, die ausserhalb der OF Widerstand organisieren würden, nachdem der im August 1941 vom CK der KPS gegründete slowenische Sicherheits- und Geheimdienst (VOS=Varnostno-obveščevalna služba) schon im Dezember 1941 eine Kampagne zur Ausschaltung von Kollaborateuren und „Volksfeinden“ gestartet hatte.[50] Der VOS setzte sich aus einer relativ kleinen Gruppe sorgfältig ausgewählter und als äusserst zuverlässig geltender Personen zusammen, mit Zdenka Kidrič genannt Marjeta, der Frau von Boris Kidrič, als seinem Leiter.[51]
Fanouš Emer, ein prominenter Politiker und Organisator einer aus früheren Offizieren und Anhängern der Katholischen Aktion zusammengestellten, antikommunistischen Gruppe war das erste Opfer dieses Feldzuges der VOS, getötet am 4. Dezember 1941. Im Februar 1942 musste der Unternehmer Avgust Praprotik für die Denunzierung von einigen Partisanen mit seinem Leben bezahlen und am 26. Mai des gleichen Jahres wurde Pfarrer Lambert Ehrlich hingerichtet, weil er den Italienern vorschlug, den Slowenen die Bildung einer Gendarmerie und eines Sicherheitsdienstes zu gestatten, um damit gegen die Partisanen vorgehen zu können. Im August 1942 ermordete der VOS Fortunat Majdič, ein mutmasslicher Informant der Polizei und Kazimir Kukovič, ein Polizeioffizier. Das mit Sicherheit prominenteste Opfer war jedoch Marko Natlačen, früherer Banus, Anführer der Slowenischen Volkspartei und der angesehenste Führer der slowenischen Antikommunisten, der am 13. Oktober 1942 erschossen wurde.[52] Ebenfalls Aufsehen erregte ein öffentlicher Prozess gegen 21 belogardisti in Kočevje/Gottschee vom 9. - 11. Oktober 1943, von denen schliesslich 16 Personen hingerichtet wurden.[53] Der Prozess fand im Rahmen einer Welle von Verurteilungen und Hinrichtungen mehrerer Hundert slowenischer belogardisti durch Einheiten der Befreiungsfront statt, deren Stützpunkte nach der italienischen Kapitulation nicht mehr länger gehalten werden konnten und von den Partisanen eingenommen wurden. Anlässlich des Prozesses in Kočevje sagte Vito Kraigher, späterer Öffentlicher Hauptankläger Sloweniens, dass die Volksbefreiungsbewegung nicht die Absicht verfolgte, nach Ende der Besatzungszeit mit dem Gegner abzurechnen. Im Gegenteil: „Anstelle von Anarchie und Blutvergiessen, anstelle von Rechtlosigkeit sehen wir sofort nach der Befreiung auf befreitem Gebiet ordentliches, rechtliches Leben, der Geschäftsgang des Gerichts und die Tätigkeit der Juristen in den neuen Rechtseinrichtungen auf dem Land.“[54] Der bewaffnete, kommunistische Widerstandskampf gegen den Okkupanten war in Slowenien genauso wie in allen anderen Teilen Jugoslawiens von Anfang an vom revolutionären Terror gegen politische Gegner begleitet und die Vergeltungsakte der Partisanen im Frühjahr und Sommer 1945, von denen weiter unten noch ausführlich die Rede sein wird, knüpften nahtlos an den Bürgerkrieg an.[55]
3.3 Der "Unabhängige Staat Kroatien" (NDH)
3.3.1 Entstehung und Trägerschichten
Die im königlichen Jugoslawien unbedeutende faschistische Ustaša-Gruppe mit Ante Pavelić als poglavnik (dt. Führer) an der Spitze - in Kroatien dürfte bei ihrem Machtantritt die Zahl der eingeschworenen Ustaša-Parteimitglieder die Tausendergrenze nicht überschritten haben - übernahm in dem am 10. April 1941 ausgerufenen „Unabhängigen Staat Kroatien“[56] die Führung, der in den ersten Monaten nicht wenig Unterstützung seitens der kroatischen und teilweise auch der bosnisch-muslimischen Bevölkerung genoss. Allerdings trat schon wenige Wochen nach seiner Entstehung anstelle der anfänglichen Begeisterung Enttäuschung und Resignation, nicht zuletzt wegen ständiger Übergriffe der „wilden“ Ustaša-Milizen (divlje ustaše), die Pavelić nur sehr schlecht zu kontrollieren vermochte. In der Art von Banditen und Mördern zogen sie durchs Land und terrorisierten allen voran die serbische Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina.[57] Der „Unabhängige Staat Kroatien“ war trotz der kroatischen Führung - ähnlich wie der slowakische Staat - alles andere als unabhängig, sondern stellte lediglich ein Begleitprodukt jenes Entschlusses von Hitler dar, Jugoslawien zum territorialen, politischen und ökonomischen Nachteil der Serben zu zerschlagen.[58] Anerkannt wurde der „Unabhängige Staat Kroatien“ von den Mitgliedern des Dreimächtepakts (mit Ausnahme von Jugoslawien), von Finnland und Spanien. Die Schweiz unterhielt ein Konsulat in Zagreb und schloss Handelsverträge mit dem NDH, was einer de facto-Anerkennung gleichkam und auch Vichy-Frankreich entsandte einen Konsul in den neu geschaffenen Staat.[59] Der NDH war in 22 Grossgespanschaften (velika župa) eingeteilt, die jeweils mehrere Bezirke (kotar) umfassten. Auf dem ungefähren historischen Territorium von Bosnien-Herzegowina existierten sechs Grossgespanschaften und eine Vielzahl an Bezirken. Da die Ustaša-Organisation schon in den ersten Monaten mit dem Staatsapparat verschmolz und diese unheilvolle Symbiose bis zum Untergang erhalten blieb, kann man auch vom Ustaša-Staat sprechen, ähnlich dem nationalsozialistischen Deutschland, das auch als SS-Staat bezeichnet wird.[60]
Sundhaussen unterscheidet vier Gruppierungen, die zu den Trägerschichten und Sympathisanten des Regimes gezählt werden müssen: 1. der kleine Kreis ehemaliger Advokaten, 2. eine Gruppe ehemaliger k.u.k. Offiziere, 3. Intellektuelle und Studenten und 4. Angehörige klerikaler Vereinigungen.[61] Die Masse der Ustaša-Mitglieder jedoch rekrutierte sich aus sozialen Randgruppen, etwa aus leicht manipulierbaren Bauern und Arbeitern. Die Anhänger der vor dem Krieg mit Abstand stärksten kroatischen Partei - die Kroatische Bauernpartei (HSS=Hrvatska seljačka stranka) mit Vladko Maček an der Spitze - verhielten sich indifferent: Während Mitglieder des rechten Flügels zu den ustaše übertraten und insbesondere die von der Bauernpartei gebildeten paramilitärischen Formationen, die Bauerngarde und die Bürgergarde, sich den neuen Machthabern zur Verfügung stellten, entschloss sich der linke Flügel (seit 1943: HRSS=Hrvatska republikanska seljačka stranka) zur Zusammenarbeit mit der kommunistisch dominierten „Volksbefreiungsbewegung“ und ein dritter Teil ihrer Mitglieder sympathisierte weder mit den Kommunisten noch mit den ustaše.[62] Der unmittelbar nach der Proklamation des Staates von Maček erfolgte Aufruf zur Loyalität der neuen Regierung gegenüber zeitigte kaum zu unterschätzende Wirkung, insbesonders in den überwiegend kroatisch besiedelten Gebieten: Die Mehrheit der lokalen Beamten und nahezu alle kroatischen Bürgermeister boten Pavelić ihre Mitarbeit an, ebenso waren ein Grossteil der Gemeinderäte und etliche Parteifunktionäre der lokalen HSS-Organisation zur Kooperation mit Pavelić bereit. Dennoch lässt sich zweifellos feststellen, dass die beabsichtigte Metamorphose der extremistischen und konspirativen Ustaša-Gruppe in eine kroatische Massenorganisation schon in den ersten Wochen nach ihrem Machtantritt aus verschiedenen Gründen kläglich und irreparabel gescheitert war. Ein Grossteil der kroatischen und muslimischen Bevölkerung sowieso wandte sich in der Folge immer deutlicher von Pavelić und seiner Politik ab. Dazu Sundhaussen: „Fanatiker und Mitläufer gab es bis zum Schluss. Andere, die vom Regime abhängig waren (z.B. Staatsdiener), liessen sich treiben. Und für diejenigen, die sich eines Gewaltverbrechens schuldig gemacht hatten, führte ohnehin kein Weg zurück.“[63] Unter den im Mai 1945 flüchtenden kroatischen und bosniakischen Soldaten dürften denn auch eine nicht näher zu bestimmende Anzahl an Kriegsverbrechern zu finden gewesen sein; mit Sicherheit waren es aber nicht so viele, wie von den kommunistischen Einheiten im Zusammenhang mit „Bleiburg“ und den „Todesmärschen“ ohne Gerichtsverhandlung ermordet wurden. Pavelić und einige andere höhere Funktionsträger des NDH konnten sich durch rechtzeitige Flucht vor dem sicheren Tode retten und verhältnismässig wenig kroatische Kriegsverbrecher standen vor kommunistischen Gerichten.[64]
3.3.2 Zum Programm der ustaše: Inhalt, Realisierung und Konsequenzen
Eindeutig im Vordergrund des bereits 1933 von Pavelić publizierten Ustaša-Programms stand die Errichtung eines grosskroatischen, ethnisch „reinen“ Nationalstaates „mit allen möglichen, legalen und illegalen Mitteln.“[65] Dem Programm fehlte es vor allem an Originalität, war es doch eine unschöne Mischung aus extremem kroatischen Nationalismus, deutschem Nazismus und italienischem Faschismus, aus autoritär-klerikalem Gedankengut und Ideen der Kroatischen Bauernpartei. In Anlehnung an die NS-Ideologie gingen die Ustaša-Grundsätze (načela), die zusammen mit dem Statut (ustav) die beiden richtungsweisenden Dokumente der Bewegung darstellten, von der ethnischen Individualität und Exklusivität des kroatischen Volkes aus.[66] Aus dem Programm der Kroatischen Bauernpartei übernahmen die ustaše in stark überzeichneter Form die Verherrlichung des Bauerntums, und die stets von Pavelić propagierte enge Verbindung zwischen Kroatentum und Katholizismus sollte die kroatische Geistlichkeit zur Zusammenarbeit mit dem neuen Regime motivieren und diente gleichzeitig der Abgrenzung der serbischen Nation gegenüber. Die exorbitanten, jede historische, konfessionelle, kulturelle oder ethnische Entwicklung schlicht negierenden Territorialforderungen der kroatischen Chauvinisten mussten zwangsläufig auf einen Konflikt mit Serbien und insbesondere mit den Vertretern der grossserbischen Ideologie hinauslaufen. Bei einem Vergleich einer Kartenskizze der ustaše aus dem Jahre 1940 mit einem Četnik-Flugblatt von 1941 bleibt lediglich Zivilkroatien übrig, das zwischen den beiden Parteien unstrittig war. Nicht nur Kroatien-Slawonien, Bosnien-Herzegowina, Dalmatien und Syrmien, sondern auch der Sandžak von Novi Pazar, Montenegro, die Baranja und die Bačka sollten demnach Teil des grosskroatischen Reiches werden.[67]
Ebenso wenig wie das gerade zerstückelte Königreich Jugoslawien war der NDH ein Nationalstaat: Lediglich etwas mehr als die Hälfte der ca. 6,5 Millionen Einwohner waren Kroaten, daneben lebten annähernd zwei Millionen Serben, ungefähr 800'000 Bosniaken, über 150'000 Deutsche[68], knapp 40'000 Juden und rund 200'000 Angehörige anderer ethnischer Gruppen im neu geschaffenen Staat.[69] Um das Ziel eines ethnisch „reinen“ Kroatiens zu erreichen, bedienten sich die ustaše dreier Mittel, die sich in ihrer Grausamkeit und Unmenschlichkeit in nichts von den Methoden der Nationalsozialisten unterschieden: Erstens der Massenexekution von Serben, Juden und Roma, zweitens der „Rekatholisierung“, d.h. „Kroatisierung“ eines Teils der orthodoxen Population und drittens der Zwangsaussiedlung und Expulsion von Serben.[70] Wie viele Serben von den ustaše getötet und vertrieben wurden, lässt sich bis heute nicht genau bestimmen.[71] Will man dem Bericht des SS-Gruppenführers Harald Turner Glauben schenken, so sollen bis zum 3. September 1941 bereits 104'000 Serben in das deutsche Besatzungsgebiet abgeschoben worden sein.[72] Fest steht, dass Kroatien seitens der deutschen Behörden in Belgrad zugestanden worden ist, 200'000 Serben, d.h. rund 10% der gesamten serbischen Bevölkerung im NDH, nach „Restserbien“ zu „transferieren“.[73] Lampe spricht von 140'000 von den deutschen Behörden registrierten Serben, die bis Juli 1941 die Grenze zu Serbien passiert haben sollen, und von 40'000 Serben, die in der gleichen Zeit illegal nach Serbien fliehen konnten. Bis Ende des Jahres soll es nochmals rund 50'000 Serben gelungen sein, sich über die Drina oder Save in relative Sicherheit zu bringen.[74] Erst wenn man das Ausmass und die Brutalität der Vernichtungspolitik der ustaše und ihren willigen Exekutoren vor Augen hält, können die kommunistischen Vergeltungsaktionen im Frühjahr und Sommer 1945 richtig eingeordnet und vielleicht sogar bereiflich gemacht werden. Obwohl an dieser Stelle keine Angaben über die ethnische Zusammensetzung der kommunistischen Einheiten gemacht werden können, die im Mai 1945 für die Tötung von ca. 50'000 Kroaten und bosnischen Muslimen verantwortlich waren, so liegt die Vermutung nahe, dass sich darunter nicht wenige Serben befanden, die 1941/1942 von den ustaše aus ihrer Heimat vertrieben worden waren oder aber die Verwandte und Bekannte gehabt hatten, die von ihnen exekutiert oder in kroatische Konzentrationslager verbracht worden waren. Die Motivation vieler serbischer Partisanen für ihr Handeln in den letzten Kriegstagen und danach wird u.a. Rache und Vergeltung gewesen sein, während andere, übernational gesinnte Soldaten und Offiziere (darunter Vertreter aller südslawischer Völker) mit den ethnisch motivierten Exzessen in Jugoslawien ein für allemal Schluss machen wollten und dafür die Ermordung Unschuldiger anscheinend bereitwillig in Kauf nahmen. Es versteht sich von selbst, dass ein Massenmord in diesen Ausmassen nicht ohne Befehl oder zumindest Duldung von oben hätte durchgeführt werden können. Auf die Frage nach Schuld und Verantwortung für die Ermordungen im Frühjahr 1945 soll jedoch weiter unten detaillierter eingegangen werden.
3.3.3 Die "Volksdeutschen" im NDH: Von den Tätern zu den Opfern?
Über Rechtsstatus und Agitation der deutschen Volksgruppe (DVGK=Deutsche Volksgruppe in Kroatien) im NDH, die ergänzend zu Sundhaussens Auflistung als fünfter Personenkreis zu den Trägerschichten des neuen Staates gezählt werden muss, seien nur diejenigen Aspekte hervorgehoben, die im Hinblick auf die Rückeroberung der Gebiete durch die Kommunisten und den damit verbundenen Repressionsmassnahmen gegen Jugoslawiendeutsche von einiger Bedeutung sind.[75]
Nach der „Gesetzesverfügung über die vorläufige Rechtsstellung“ war die DVGK „ein besonderer Teil des kroatischen Staates. Sie geniesst für ihre Arbeit im Rahmen der allgemeinen Gesetze das uneingeschränkte Recht zu politischer, kultureller, wirtschaftlicher und verwaltungsmässiger Arbeit.“[76] Zahlreiche Privilegien für die deutschen „Mehrheitsgemeinden“ (dies waren jene Gemeinden mit einem deutschen Bevölkerungsanteil von mehr als 20%) schränkten die kroatischen staatlichen Souveränitätsrechte drastisch ein, weshalb für die deutsche Volksgruppe im NDH die Bezeichnung als „Staat im Staate“ durchaus nicht fehl am Platze ist.[77] Branimir Altgayer übernahm als Volksgruppenführer mit den Befugnissen eines Staatsdirektors (seit 30. Oktober 1941) die politische und weltanschauliche Leitung der DVGK. Mitglied in der DVGK wurde automatisch jeder, der zwei deutsche Elternteile besass; wer zumindest auf einen deutschen Grosselternteil zurückverweisen konnte und als „rassisch wertvoll“ eingestuft wurde, durfte auf Grund „freier Willensäusserung“ in die DVGK eintreten. Einzige zugelassene Partei der Deutschen im NDH war die „Nationalsozialistische Deutsche Gefolgschaft in Kroatien“ (NSDGK), gegliedert in die SS-ähnliche Formation „Deutsche Mannschaft“ (DM)[78], „Stamm Deutsche Jungend“ (DJ) und „Deutsche Frauenschaft“ (DFK). Nach einem Kompetenzgerangel zwischen „volksdeutschen“, reichsdeutschen und kroatischen Stellen um die Rekrutierung der einsatzfähigen Kroatiendeutschen setzte sich schliesslich im Mai 1943 der Reichsführer SS und Reichskommissar für die „Festigung deutschen Volkstums“ Heinrich Himmler durch, dem in einer Vereinbarung mit dem „Deutschen Bevollmächtigten General“ in Agram zugesichert wurde, dass „grundsätzlich alle Volksdeutschen in Kroatien dem Reichsführer SS (RFSS) zur Ableistung ihrer Wehrdienstpflicht zur Verfügung stehen.“[79] Im Juli 1943 standen damit insgesamt 25'800 Männer im Waffendienst, davon 13'500 bei der Waffen-SS, 2'500 bei der Deutschen Polizei in Kroatien, 350 in der Wehrmacht, 2'050 in der kroatischen Heimwehr in Abteilungen mit deutscher Kommandosprache, 2'200 bei der Organisation Todt (faktisch jedoch auch SS) und 4'500 Arbeiter im Reich (Ende 1944 waren es bereits 15'000 „Volksdeutsche“, die im Reich arbeiteten).[80] Rund 15% der Gesamtkopfstärke der deutschen Volksgruppe im NDH befanden sich entweder im aktiven Wehrdienst oder aber im Kriegsarbeitereinsatz.[81] Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren waren in den Dörfern nur vereinzelt anzutreffen, wie der Volkstumsreferent Kasches in einem seiner Reiseberichte festhielt.[82]
Die rege Partisanentätigkeit vermochte vor allem in Bosnien immer wieder Löcher in die soeben mühsam aufgebaute Struktur der Volksgruppenorganisation zu reissen, zudem war das Streudeutschtum in Bosnien einer natürlichen Assimilation ausgesetzt, weshalb schon im Sommer 1941 besonders gefährdete (physisch und „arisch“) „Volksdeutsche“ nach Syrmien umgesiedelt wurden.[83] Zu einer praktisch vollständigen Umsiedlung der Bosniendeutschen kam es jedoch erst nach Unterzeichnung des deutsch-kroatischen Umsiedlungsvertrages vom 30. September 1942.[84] Im Herbst 1942 wurden schliesslich 18'360 Personen aus Bosnien und Westslawonien weggebracht (nur die Siedlungen Windthorst, Adolfstal, Trošelje und Brčko wurden noch nicht evakuiert), und bereits am 13. November war diese Umsiedlung abgeschlossen. Der grösste Teil der Umgesiedelten kam in das Lager Pabianice bei Łódż/Lodsch, der Rest verteilte sich auf andere Lager im ganzen Reichsgebiet und im Elsass.
Mit der sich allmählich verschlechternden militärischen Lage des Deutschen Reiches im Südosten seit 1943 im allgemeinen und den sich häufenden „Bandenüberfällen“ auf dem Gebiet des „Unabhängigen Staates Kroatien“ gingen die Umsiedlungsaktionen in Evakuierungsmassnahmen und Fluchtbewegungen über, „ohne dass die einen ohne weiteres von den anderen unterschieden werden könnten.“[85] Es deutet einiges darauf hin, dass die Umsiedlung von 25'000 Slawoniendeutschen in den ersten vier Monaten des Jahres 1944 nicht mehr unter dem Motto der „ethnischen Flurbereinigung“ stand, zumal sie weder ins „Altreich“ noch in die östlichen Gebiete ausgesiedelt, sondern vielmehr in Syrmien und in Osijek/Esseg bei deutschen Familien und auf verlassenen serbischen Gehöften untergebracht wurden.[86]
Seit September 1944 lässt sich die Art der Migration der Deutschen aus den verschiedenen Gebieten Jugoslawiens eindeutig mit Flucht und Evakuierung klassifizieren.[87] Die Pläne dafür wurden von den Volksgruppenführungen ausgearbeitet, stiessen jedoch bisweilen auf den Widerstand genau derjenigen SS-Stellen, die noch bis vor kurzem die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung gefordert hatten. Erklären lässt sich dieser Umschwung, wenn man bedenkt, dass bei einer Massenflucht der Deutschen die Kampfmoral der ustaše und die der deutschen Truppen massiv gesunken wäre und dies kaum im Interesse der Reichsführung gelegen sein konnte. Trotzdem war bis Ende Oktober 1944 die überwiegende Mehrheit der Deutschen - ca. 90'000 an der Zahl - aus dem „Unabhängigen Staat Kroatien“ evakuiert worden. Es ist zwar bekannt, dass ein Teil der Ausgesiedelten versuchte, in die Heimat zurückzukehren, jedoch gibt es über die Zahl der Zurückgekehrten weder Quellen noch sonstige Anhaltspunkte.[88] Somit entzog sich die deutsche Bevölkerung aus dem NDH in der Mehrheit den Bestrafungs- und Vergeltungsaktionen der Partisanen und es bleibt die Frage, ob dieses „Entwischen“ aus Sicht der Kommunisten negative Auswirkungen auf ihr Verhalten gegenüber den noch im Lande verbliebenen Jugoslawiendeutschen zeitigte, ungefähr nach dem Motto, dass die den Partisanen in die Hände gefallenen Deutschen nun zusätzlich für all jene bestraft wurden, denen die Flucht noch rechzeitig geglückt war.
Welche Konstatierungen lassen sich zum Schluss über Agitation, Verantwortung und Schuld der deutschen Volksgruppe an ihrem eigenen Schicksal und dem der verfolgten und unterdrückten Gruppen im NDH anbringen? Ohne Zweifel begrüsste eine überwältigende Mehrheit der Deutschen die ihnen im Rahmen des NDH (und auch ausserhalb) garantierte „völkische“ Autonomie. Zumindest die Volksgruppenführung, aber auch weite Teile der Bevölkerung übernahmen ohne Bedenken die rassistische, juden, -slawen-, und romafeindliche Politik des Reiches: „Indem sie antisemitische Feindbilder adaptierte und die rassepolitischen Massnahmen der Ustascha-Regierung euphorisch begrüsste, integrierte sich die Volksgruppenführung bedingungslos in das Vernichtungskonzept der NS-Rasseplaner im Reich.“[89] Die „Nürnberger Rassengesetze“ von 1935 wurden nach einem Befehl von Altgayer innerhalb der DVGK „strengstens“ durchgesetzt und antijüdische Propaganda fand reichlich Anklang bei der kroatiendeutschen Bevölkerung. Tausende „Volksdeutsche“ meldeten sich (mehr oder minder) freiwillig zum Wehrdienst, Widerstand und Befehlsverweigerung traten kaum auf (insgesamt lassen sich gerade einmal 173 Fälle von Befehlsverweigerung bei der Waffen-SS belegen)[90], auch wenn diese Passivität u.a. auf den grossen Druck seitens der volks- und reichsdeutschen Behörden zurückzuführen ist, denen die Deutschen im NDH ausgesetzt waren. Ohnehin änderte sich ihre Stellung ungefähr seit Mitte des Jahres 1943: Vom Subjekt wurden sie zum Objekt der Hitlerschen Politik degradiert, deutlich illustriert durch die im Mai 1943 (aus Bosnien auch schon früher) einsetzenden Evakuierungen und späteren Fluchtbewegungen. Dennoch teile ich Sundhaussens Aussage wenn er meint, dass sich „durch die bedingungslose Mitwirkung der Volksgruppenorganisation bei der Sicherung der nationalsozialistischen Herrschaft und Kriegswirtschaft [...] die deutsche Bevölkerung - von der Mehrheit ungewollt - zu einem Rad in der Unterdrückungsmaschinerie des Hitler-Regimes und seiner Kollaborateure [entwickelte]. Zwangsläufig zog sie damit den Hass der Verfolgten auf sich.“[91]
3.3.4 Die katholische Kirche im NDH
Ohne Zweifel steht fest, dass zahlreiche katholische Geistliche - vom Theologiestudenten bis zum Bischof - zur Zeit des NDH eine unrühmliche und moralisch mehr als fragwürdige Rolle gespielt haben. Die zumindest anfängliche Sympathie des Hl. Stuhls und des Klerus in Kroatien für den neugegründeten Staat war offensichtlich. Der Vatikan anerkannte den NDH entgegen den Empfehlungen Stepinac’ zwar nicht de jure, aber mit dem Empfang von Pavelić, obwohl offiziell nur als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Staatschef im Mai 1941 bei Papst Pius XII. und der Entsendung des päpstlichen Delegaten Msgr. Ramito Marcone am 3. August des gleichen Jahres nach Zagreb wurde er von ihm de facto anerkannt. Obwohl der Hl. Stuhl über die kirchlichen und politischen Angelegenheiten im NDH gut informiert gewesen war, protestierte er nie öffentlich bei den kroatischen Behörden gegen die Verfolgungsmassnahmen gegen Serben und die serbisch-orthodoxe Kirche, genauso wie auch die katholische Kirche Kroatiens dies nie tat.[92] Angehörige klerikaler Vereinigungen (Klerofaschisten) zählten u.a. zu den Trägerschichten und Sympathisanten des Regimes. In der von Pavelić propagierten engen Verbindung von Kroatentum und Katholizismus lag einer der Gründe für die aktive Kollaboration eines Teils der katholischen Geistlichkeit mit den ustaše.[93] Das Organ des Zagreber Erzbistums und Erzbischof Aloysius Stepinac persönlich begrüssten vorbehaltlos die Schaffung des kroatischen Staates, wünschten ihm Gottes Segen und hielten die Priesterschaft um Unterstützung für den jungen Staat an.[94] In der Zeitschrift des Zagreber Klerus „Hrvatski glas“ wurde die Politik im ersten Jugoslawien gegenüber der katholischen Kirche aufs Schärfste kritisiert und zur „Säuberung“ des nationalen Lebens vom serbischen Einfluss aufgerufen.[95] Bereits am 12. April 1941 wurde der Erzbischof von Slavko Kvaternik, einem ehemaligen k.u.k. Offizier und dem „zweiten Mann“ im Staate, und am 16. April vom „Führer“ (poglavnik) persönlich empfangen.[96] Katholische Geistliche und Franziskanermönche übten vor allem innerhalb der schon seit Ende der 1920er-Jahren stark politisch und national aktiven „Katholischen Aktion“ und anderen katholischen Vereinigungen ihren Einfluss aus. Priester rekrutierten Soldaten für die ustaše und standen ihnen als Militärseelsorger im Kampf gegen Serben, Juden und Roma zur Seite oder nahmen sogar selber an den Verbrechen teil. Eine besonders grausame Rolle spielte in diesem Zusammenhang der 1945 von den Kommunisten zu Tode verurteilte Bruder Vjekoslav Filipović, als Ustaša-Offizier unter dem Namen Miroslav Majstorović bekannt, der persönlich mit anderen Geistlichen an der Ermordung und Folterung von Lagerinsassen des KZ Jasenovac teilgenommen hat.[97] Franziskaner aus Bosnien-Herzegowina und Dalmatien unterstützten tatkräftig die antiserbische und antijüdische Politik der Regierung, die von Vertreibung über Zwangskonvertierung bis hin zur Ermordung von unerwünschten Teilen der Bevölkerung reichte.[98] Genaue sich auf Quellen stützende Angaben zu der Zahl der unter Androhung oder Anwendung von Gewalt durchgeführten Konvertierungen können bis heute nicht gemacht werden. Während Vladimir Bakarić im Jahre 1966 die Zahl der „kroatisierten“ Serben mit ca. 300'000 angab, findet sich in einem Bericht von Stepinac an den Papst vom 18. Mai 1943 eine niedrigere Zahl, nämlich 240'000. Von der letzteren ausgehend, dürften bis zum Zusammenbruch des NDH mindestens 250'000 Menschen zwangskonvertiert sein, von denen die Mehrheit nach Kriegsende wieder ihren früheren Glauben annahm.[99]
Während aus den Rängen des höheren Klerus insbesondere der Erzbischof von Sarajevo Dr. Ivan Šarić[100], der Erzbischof von Split Bonefačić sowie der Bischof von Krk Josip Srebrenić die ustaše aktiv unterstützten (Šarić war einer der Stützen der Klerofaschisten und unternahm nichts gegen die Angriffe auf Serben in Bosnien), schien bei Stepinac schon früh Ernüchterung und Enttäuschung anstelle der anfänglichen Begeisterung für Pavelić und seinen Staat getreten zu sein. Schon seit Juli 1941 - nach dem Beginn der Pogrome gegen Juden - lässt sich beim Erzbischof eine noch vorsichtige Distanzierung zu Pavelić ausmachen. Auf die Konvertierungen von Serben zum Katholizismus antwortete Stepinac mit einem Zirkular, in dem er die Priester dazu anhielt, fortan nur noch diejenigen Gläubigen in den Schoss der katholischen Kirche aufzunehmen, die freiwillig und nicht aus Opportunismus den Glauben wechseln wollen. Die Priester wollten oder konnten sich jedoch nicht an diese naive Anweisung halten, genauso wie die Regierung keine Notiz davon nahm. Im November 1941 wurde von der Bischofskonferenz in Zagreb verlautbart, dass Konvertierungen ausschliesslich Angelegenheit der Kirche seien und man protestierte gegen die „wilden Missionare“, die keinen Auftrag von der Kirche hätten.[101] Aus eben diesem Memorandum ist jedoch ersichtlich, dass Stepinac Pavelić nicht persönlich für die Gewalttaten und Übergriffe verantwortlich machte, ihm vielmehr guten Willen attestierte und an seine Bereitschaft glaubte, solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern. Proteste gegen das Memorandum folgten umgehend von Katholiken aus Slowenien, Serbien, der Herzegowina und dem Ausland, da der Text nur die Gewalttaten, nicht aber das die „Umtaufen“ legalisierende Gesetz kritisierte. Die Frage kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden, welches die Gründe für die Zurückhaltung der Bischöfe waren. Lag es tatsächlich am fehlenden Willen oder hatte Stepinac schon jetzt Angst, bei schärferer Kritik von der Regierung aus dem Verkehr gezogen zu werden? Sicher ist, dass das Memorandum bei den Machthabern grossen Unmut hervorrief und Stepinac in einer Pressekampagne beschuldigt wurde, den Kroaten das Messer in den Rücken zu stossen.[102] Die offene Auseinandersetzung mit den Behörden war nun nicht mehr zu verhindern und Stepinac richtete in den folgenden Monaten und Jahren erfolglos zahllose Protestschreiben an die Ustaša-Regierung, die italienische Besatzungsmacht in Istrien und Dalmatien und an die amtlichen Stellen in Berlin. Der Erzbischof setzte sich persönlich für verfolgte Juden und Serben ein und rettete damit nicht wenigen Menschen das Leben. Dennoch schreckte er, vielleicht aus Überzeugung, vielleicht aus Pragmatismus und Furcht vor einer Verhaftung oder Ermordung, vor einer schonungslosen Kritik an Pavelićs Politik zurück und die aus seiner Sicht drohende, seit Winter 1943 sich klar abzeichnende Gefahr eines kommunistischen Kroatien war wohl für ihn das noch grössere Übel. Als letzter wichtiger Akt des kroatischen katholischen Klerus erschien im März 1945 ein von der Bischofskonferenz verabschiedeter Hirtenbrief, der einerseits nach wie vor zur Loyalität gegenüber dem NDH aufrief und andrerseits den Kommunismus und die Partisanen in scharfer Form verurteilte. Mit der Veröffentlichung dieses Briefes - im übrigen nach der Bildung der jugoslawischen Koalitionsregierung vom 7. März - war eine Konfrontation mit den neuen Machthabern absehbar und unvermeidlich zugleich.[103]
3.4 Die Aufteilung Serbiens
3.4.1 Die deutsche Militärverwaltung in Serbien
Die deutsche Militärverwaltung in Serbien wurde gemäss einer Anordnung des Kommandanten des OKH (Oberkommando des Heeres) Feldmarschall Walther von Brauchitsch[104] am 22. April 1941 eingeführt und dauerte bis zum Oktober 1944, als die kommunistisch dominierten Partisanen mit tatkräftiger Unterstützung der Roten Armee praktisch ganz Serbien von den deutschen Besatzern befreit hatten. Der Militärbefehlshaber (Mbh) Serbiens sollte damit zur höchsten Instanz im Besatzungsregime werden. Ein auf den 23. April datierter Sonderbefehl regelte im Detail die Kompetenzen des Mbh: Unter seinem unmittelbaren Befehl hatte er einen militärischen und administrativen Stab zur Verfügung und zur Durchsetzung seiner Gewalt befehligte er eine Reihe von militärischen Einheiten (z.B. Landesschützen und Militärpolizei). Erster Militärbefehlshaber wurde Luftwaffengeneral Helmuth Förster, der schon im Juni 1941 vom General der Luftwaffenabwehrartillerie Ludwig von Schröder abgelöst wurde. Letzterer starb ebenfalls nur einen Monat später und wurde daraufhin von Luftwaffengeneral Heinrich Danckelmann ersetzt.[105] Seit Juni 1941 waren zudem unter dem Kommando von Artilleriegeneral Paul Bader drei Divisionen im okkupierten Serbien präsent, die vom Mbh zu militärischen Operationen - etwa im Falle eines Aufstandes - eingesetzt werden konnten. Schon im Sommer sollte sich jedoch die Zahl der in Serbien stationierten Streitkräfte als zu gering erweisen, um dem unerwartet starken kommunistischen Widerstand adäquat entgegentreten zu können und der berühmt-berüchtigte Befehl von Hitler, für jeden getöteten deutschen Soldaten 100 und für jeden Verwundeten 50 Serben zu exekutieren, sollte nach der Machtübernahme im Herbst 1944 verheerende Folgen für die donauschwäbische Bevölkerung haben.[106]
Das deutsche Besatzungsregime in Serbien blieb - ganz im Gegensatz zu den kaum nachvollziehbaren ständigen Wechseln in den höchsten Kommandostrukturen der deutschen Militärorganisation in Südosteuropa - in seinen unteren Strukturen die Kriegszeit hindurch mehr oder weniger unverändert. Anfänglich geteilt in zwei Abteilungen, eine militärisch-administrative und eine ökonomische, kam im Januar 1943 noch die polizeiliche dazu. Als die Kompetenzen des Mbh sukzessive extendierten, hiess sein Titel später „Bevollmächtigter und Kommandierender General in Serbien“ oder nur „Kommandierender General in Serbien“.[107] Militärisch gesehen war Serbien eingeteilt in vier Feldkommandanturen und zahlreiche Kreis-, Platz- und Ortskommandanturen und da die Vorkriegsadministration hinfällig geworden war, wurde auf ziviler Ebene das Land in 14 Bezirke (okrug) gegliedert.[108] An der Spitze des militärisch-administrativen Stabes stand bis zum 8. November 1942 SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Harald Turner. Nach zwei weiteren Vorstehern übernahm am 18. Oktober 1943 schliesslich Franz Neuhausen die Pflichten des Chefs der militärischen Administration, der zudem auch seit Beginn der Okkupationszeit Leiter der Wirtschaftsabteilung war und diese Funktion nach wie vor ausübte.[109] Der polizeilichen Administration stand bis zum 22. Januar 1942 Wilhelm Fuchs vor, bis er vom SS-Obergruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS August Meyszner, einem Österreicher, in der Funktion des „Höheren SS- und Polizeiführer in Serbien“ (später: „Befehlshaber der Ordnungspolizei“) abgelöst wurde. Der blutdürstige und serbophobe Meyszner begann sofort mit einer Umstrukturierung der Polizeikräfte, die im folgenden korrespondierend zur militärischen Territorialeinteilung organisiert wurden. Sein Slogan: „Ein toter Serbe ist mir lieber als ein lebendiger“ war unter den deutschen Beamten in Serbien wohlbekannt und seine konstanten Bemühungen, sich in die militärischen und politischen Angelegenheiten in Serbien einzumischen nahmen erst ein Ende, nachdem er auf Druck von Neuhausen und dem Sondergesandten Hermann Neubacher im April 1944 von seinem Posten entfernt worden war. Seine Funktion übernahm für die letzen sechs Monate Generalleutnant der Waffen-SS Hermann Behrends[110], bis dahin stellvertretender Leiter der „Volksdeutschen Mittelstelle“ (VOMI), eine von Himmler geschaffene Spezialorganisation zur Durchsetzung und Realisierung seiner „völkischen“ Ziele in Ost- und Südosteuropa.[111]
Ein Charakteristikum der deutschen Besatzungspolitik in Serbien war zweifellos das Fehlen einer klar nach Kompetenzen geregelten Befehlsstruktur. Die Reibereien und Streitigkeiten zwischen den drei oben beschriebenen „Ministerien“ (Militär, Wirtschaft und Polizei) und den zahlreichen sonstigen in Serbien tätigen deutschen Organisationen (Propagandaabteilung, Organisation Todt, Geheimdienst, Funkverkehrüberwachung usw.) verhinderten eine einheitliche und effiziente Okkupationspolitik.[112] Die von den Deutschen eingesetzte Quislingregierung unter Milan Nedić verkomplizierte die Situation zusätzlich, worauf im nächsten Abschnitt eingegangen werden soll.
Nach einem dreimonatigen Intermezzo des ersten serbischen Marionettenkabinetts unter Milan Aćimović installierten die Deutschen am 29. August 1941 ein von General Nedić angeführtes zwölfköpfiges Regierungsteam. Der ausgewiesene Antikommunist Nedić schien aufgrund seiner beim serbischen Volk geniessenden Autorität der passende Mann für die Funktion des Ministerpräsidenten zu sein, zudem hatte er sich schon im November 1940 für den Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächtepakt eingesetzt, zu einer Zeit, als das Neutralitätsprinzip noch offizielle oberste Handlungsmaxime Belgrads war.
Obwohl Danckelmann Nedić vor seinem Stellenantritt reichlich Bewegungsfreiheit und Autorität garantierte, war seine Befehlsgewalt streng limitiert und wurde im Laufe der Jahre immer stärker eingeschränkt. Zur Durchsetzung seiner Befugnisse durfte Nedić immerhin die „Serbische Staatswache“ (SDS=Srpska državna straža) errichten, die gegen Ende 1943 aus über 36'000 Mann unter Waffen bestand.[113] Zusammen mit dem zwischen 3'000 und 4'000 Mann umfassenden sogenannten „Serbischen Freiwilligenkommando“[114] (Srpska dobrovoljački komando, später umbenannt in Srpska dobrovoljački korpus/Serbisches Freiwilligenkorps) unter der Leitung von Oberst Kosta Mušicki (der von Dimitrije Ljotić[115] für diesen Posten vorgeschlagen wurde) und dem von Generalleutnant „Štajfon“ (wahrscheinlich Steifon)[116] geführten „Russischen Schutzkorps“ (Ruski zaštitni korpus) mit ca. 5'000 Mann gehörte die SDS zu den offen mit den Deutschen kollaborierenden, bewaffneten Formationen.[117] Es steht ausser Frage, dass die Mehrheit dieser Männer Kollaborateure und vielleicht auch Volksverräter (nicht nur nach kommunistischen Massstäben) waren, Kriegsverbrecher aber waren sie deswegen lange nicht alle.[118] Alle drei Verbände kämpften sowohl gegen Titos Partisanen als auch - mit Einschränkungen - gegen die serbisch-montenegrinischen četnici unter der Führung von Draža Mihailović.[119]
Eine Beurteilung von Nedić, dem nach dem Stellenantritt von Meyszner zu Beginn des Jahres 1942 auch noch die Kontrolle über die Serbische Staatswache und die Serbische Grenzwache genommen wurde und der seinen Einfluss im serbischen Volk am ehesten noch über Radio- und Zeitungsansprachen ausüben konnte, fällt ambivalent aus: Fest steht, dass General Nedić alles andere als eine dankbare Aufgabe hatte: Weder die Deutschen und noch weniger seine serbischen Mitarbeiter brachten ihm das nötige Vertrauen entgegen und vor allem letztere beschuldigten ihn der Dinge, über die er keine oder immer weniger Kontrolle besass. Ebenfalls darf nicht an seiner durchaus ernstgemeinten Intention gezweifelt werden, das serbische Volk möglichst sorgenfrei durch die Kriegsjahre zu führen und die harte deutsche Okkupationspolitik - deren konkrete Umsetzung er aber gleichzeitig nie kritisierte - für die Serben so erträglich wie möglich zu machen. Als serbischer Patriot liess er sich von den Nazis einspannen, in der im Sommer 1941 nicht ganz unbegründeten Hoffnung, tatsächlich etwas ausrichten und erreichen zu können. Mit der sich abzuzeichnenden Niederlage Deutschlands verlor er partiell seit August 1943 zuerst die Unterstützung der Serbischen Staatswache und des Serbischen Freiwilligenkorps und zu einem späteren Zeitpunkt arbeiteten sogar die Deutschen lieber mit Mihailović als mit dem von ihnen eingesetzten Regierungschef zusammen.[120] In einer Konferenz im März 1942 berichtete er Turner deprimiert von all seinen Feinden: „The amorphous mass of the Serbian Church, Draža Mihailović, a part of the Chetniks, the professional officers who did not side with me, the Bulgarian occupation [forces] that make enemies against me among the people, certain politicians, Freemasons, and Jews.“[121]
Nachdem im September 1944 bereits ca. 300 ranghohe Mitarbeiter (darunter der frühere Innen- resp. Wohlfahrtsminister Tanasije Dinić und Miroslav Spalajković, graue Eminenz der Quislingregierung und einflussreichster Regierungsberater) von Nedić und Ljotić das sinkende Schiff verlassen und sich nach Wien abgesetzt hatten, flüchteten schliesslich am 4. Oktober 1944 auch Nedić, Ljotić und Konsorten sowie die meisten der deutschen Beamten in das noch sichere Deutsche Reich.[122] Gemäss einer proljotićevschen Quelle sollen sich im Rahmen dieses Rückzuges gemeinsam mit den Männern der Serbischen Staatswache auch die sich in Belgrad befindlichen Četnici-Einheiten ins innere Serbien zerstreut haben. Zwei der Četnik-Kommandanten (Ivan Pavlović und Jovan Navelić) gingen angeblich sogar bis nach Wien, wo sie in der Folge als Verbindungsmänner zwischen Mihailović und dem deutschen Abgeordneten Neubacher fungierten.[123] Mit dem Einmarsch der Einheiten Titos und der Roten Armee in Belgrad am 20. Oktober 1944 endete die viereinhalb Jahre dauernde Okkupation Serbiens durch das nationalsozialistische Deutschland. An seine Stelle trat eine Regierung, für die Unterdrückung und Gewalt ebenfalls legitime Mittel zur Machtdurchsetzung waren und die von Demokratie nur wenig mehr hielt als ihr in diesem Krieg grösster und mit aller Härte bekämpfter Feind.
[...]
[1] Zitiert aus: Đilas, Milovan, Der Krieg der Partisanen. Memoiren 1941-1945, Wien u.a. 1978, S. 570.
[2] Vgl. Vodušek Starič, Jera, Prevzem oblasti 1944-1946, Ljubljana 1992; Jančar, Drago (ed.), temna stran meseca. kratka zgodovina totalitarizma v sloveniji 1945-1990, Ljubljana 1998. In Ljubljana und Kranj fand parallel zur Veröffentlichung des Bandes in den Jahren 1998/1999 eine gleichnamige Ausstellung statt, die durchaus geteilte Reaktionen in der Bevölkerung provozierte. Die polarisierenden Auseinandersetzungen um diese Thematik nicht nur in Slowenien sind ein eindeutiger Hinweis darauf, dass weder im kommunistischen Jugoslawien noch in den Nachfolgestaaten - und hier mit abnehmender Qualität und Quantität von Nordwesten nach Südosten - mit ausreichend Wille und Konsequenz an die Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit herangegangen worden ist.
[3] Als Bosniake (Bošnjak, Plural: Bošnjaci) wird heute explizit ein bosnisch (bosanski, früher serbokroatisch) sprechender Bürger Bosnien-Herzegowinas genannt, der sich zum muslimischen Glauben bekennt, im Gegensatz zu bosnischen Kroaten oder bosnischen Serben, die der katholischen, respektive der serbisch-orthodoxen Konfession angehören. Als Synonym für Bosniake wird allgemein, und in der Literatur auch häufiger, der Begriff „bosnischer Muslime“ oder im Kontext nur „Muslime“ verwendet. Als Bosnier (Bosanac ,Plural: Bosanci) wird heute vom staatsrechtlichen Standpunkt her jeder Bürger von Bosnien-Herzegowina tituliert, unabhängig davon, in welcher Teilrepublik er wohnt und welche ethnische, religiöse oder konfessionelle Zugehörigkeit er für sich selbst reklamiert.
[4] Zu diesem Umstand erschwerend hinzu kommt, dass offenbar während der Bombardierung durch die Nato im Frühjahr 1999 Teile der Bestände zerstört wurden, wie ich von Prof. Dušan T. Bataković persönlich erfahren habe. Da ihm der Zugang bisher verwehrt blieb, vermochte auch er den dadurch entstandenen Schaden nicht abzuschätzen.
[5] Vgl. Službeni list DFJ und FNRJ 1945-1950. Hierbei handelt es sich und das Amtsblatt des DFJ (Demokratska Federativna Jugoslavija/ Demokratisches Föderatives Jugoslawien) und der FNRJ (Federativna narodna republika Jugoslavija/ Föderative Volksrepublik Jugoslawien).
[6] Lediglich einzelne, willkürlich ausgewählte unveröffentlichte Dokumente, die mir freundlicherweise vom „Veće za demokratske promene“ („Rat für demokratische Veränderungen“) in Belgrad zur Verfügung gestellt wurden, konnten berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich zum überwiegenden Teil um sogenannte Entscheide (odluke) der DKZ (Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njegovih pomagača /Staatskommission zur Feststellung der Verbrechen des Okkupanten und seiner Helfer) und derer Länderkommissionen, die im Rahmen eines Projektes zur Aufarbeitung der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte in Serbien unter Leitung von Dr. Slobodan G. Marković zusammengetragen wurden.
[7] Dabei denke ich zum Beispiel an die noch in keinem der jugoslawischen Nachfolgestaaten zur Zufriedenheit gelöste Problematik der von verschiedenen Seiten an die Regierungen herangetragenen Forderungen nach Wiedergutmachung und/oder Schadenersatz im Zusammenhang mit der kommunistischen Machtübernahme.
[8] Der „Rat für demokratische Veränderungen“ in Belgrad plant für Winter 2002 die Ausstrahlung einer mehrteiligen Fernsehsendung über den „blutigen Herbst“ 1944 in Serbien. Das kroatische Fernsehen zeigte das erste Mal schon 1995, anlässlich des 50. Jahrestages von „Bleiburg“ eine sehr informative und ansprechende Dokumentation.
[9] Vor allem der in Grossbritannien lebende Graf Nikolai Tolstoy tat sich in der Beschreibung der Nachkriegsmassaker in Slowenien und Kroatien schon in den 1970er Jahren hervor. Die bibliographischen Angaben dazu können im Literaturverzeichnis nachgeschlagen werden. Im übrigen möchte ich auf die mit Fug und Recht als Standardwerke geltenden Monographien von Jozo Tomasevich hinweisen, in denen jeweils, wenn auch nicht besonders ausführlich, die vorhandene Sekundärliteratur zum Thema „Abrechnung“ verarbeitet und der aktuelle Forschungsstand aufgezeichnet wird. Vgl. Jozo Tomasevich, War and Revolution in Yugoslavia 1941-1945, The Chetniks, Stanford 1975; Ders., War and Revolution in Yugoslavia 1941-1945. Occupation and Collaboration, Stanford 2001. Ein drittes Buch über Agitation und Ziele der kommunistischen Partisanen hätte das einzigartige Oeuvre von Tomasevich komplettieren sollen. Leider verstarb der in Stanford tätige Historiker mit kroatischen Wurzeln bereits im Oktober 1994. Die Endredaktion für sein im Jahr 2001 erschienenes Werk erledigte seine Tochter Neda, ohne jedoch Text hinzufügen zu müssen, wie sie im Vorwort selbst betont. Da die Konzeption Tomasevichs einer dreibändigen Studie über den Zweiten Weltkrieg anscheinend schon in den 1970er Jahren Gestalt annahm, ist mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass der in seiner Publikationstätigkeit eher zurückhaltende Wissenschafter bereits einiges an Quellenmaterial für den finalen Teil zusammengetragen hatte. Eine Durchsicht seiner geistigen Hinterlassenschaft wäre auf jeden Fall lohnenswert, war jedoch aus zeitlichen und finanziellen Gründen bis jetzt leider nicht möglich. Der einzige mir bekannte Aufsatz in deutscher Sprache über die Strafaktionen auf dem Gebiet Kroatiens stammt von Völkl: Völkl, Ekkehard, Abrechnungsfuror in Kroatien, in: Klaus-Dietmar Henke und Woller, Hans (eds.), Politische Säuberungen in Europa. Die Abrechnung mit dem Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1991.
[10] Die von mir vorgenommene Einteilung der Sekundärliteratur in nachfolgende vier Gruppen weist zugegebenermassen Schwachstellen auf und könnte durchaus auch nach anderen Kriterien vorgenommen werden.
[11] Als Beispiele hierfür seien genannt: Musa, Vladimir, Bleiburška tragedija hrvatskoga naroda, München/Barcelona 1976; Prpić, George J., Tragedies and migrations in croatian history, Toronto 1973; Studia Croatica, La Tragedia de Bleiburg. Documentos sobre las matanzas en masa de los croatos en Yugoslavia comunista en 1945, Buenos Aires 1963; Kiszling, Rudolf, Die Kroaten, Graz/Cologne 1956; Katalinić, Kazimir, Argumenti: NDH, BiH, Bleiburg i genocid, in: Časopis „Republika Hrvatska“, S.7-12, Buenos Aires/Zagreb 1993; Prcela, John/Guldescu, Stanko, Operation Slaughterhouse. Eyewitness Accounts of Postwar Massacres in Yugoslavia, Philadelphia 1970Skertić, Stephen W., The Bleiburg-Maribor tragedy. Croatian golgotha: fifteenth anniversary of the massacre of the Croatian army, Cleveland 1960; Omrčanin, Ivo, Dokumente über Greueltaten der Tschetniken und Kommunisten in Kroatien (1941-1945), München 1960.
[12] Vgl. dazu:; Sirc, Ljubo, Between Hitler and Tito. Nazi Occupation and Communist Oppression, London 1989; Đilas, Milovan, Der Krieg der Partisanen. Memoiren 1941-1945, Wien u.a. 1978; Karapandžić, Borivoje, Kočevje: Tito's bloodiest crime 1945-1970, Cleveland o.J; Ders., The Bloodiest Yugoslav Spring, 1945 – Tito's Katyn and Gulags, New York 1980; Klepec, Matiaž, Teharje so tlakovane z našo krvjo. Tüchern ist getränkt mit unserem Blut, Buenos Aires 1973; Kovač, Tomaž, V rogu ležimo pobiti, Buenos Aires 1968; Hečimović, Joseph, In Tito's Death Marches and Extermination Camps, New York 1962.
[13] In der Teilrepublik Serbien endete die kommunistische Ära erst mit dem Sturz von Slobodan Milošević im Oktober 2000. Dennoch lässt sich in der Historiographie schon seit der Veröffentlichung des berühmten „Memorandums“ der Serbischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1986 eine unverkennbare Dominanz serbisch-nationalistischer Strömungen ausmachen, die bis zum heutigen Tag anhält.
[14] Vgl. Petranović, Branko/Zečević, Momčilo, Jugoslovenski federalizam. Ideje i stvarnost. Tematska zbirka i dokumenata. Drugi tom 1943-1986, Beograd 1987; Petranović, Branko/Marković, Ljiljana, Zapisnici NKOJ-a i Privremene vlade DFJ: 1943-1945, Beograd 1991; Zečević, Miodrag/Popović Jovan P., Dokumenti iz istorije Jugoslavije, Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njegovih pomagača iz Drugog svetskog rata, Beograd 1996; Nešović, Slobodan, Stvaranje nove Jugoslavije 1941-1945, Beograd 1981; Ders. (ed.), Zakonodavni rad Predsedništva AVNOJ-a i Predsedništva Privremene narodne skupštine DFJ, - 19. XI 1944-27. X 1945, hg. vom Präsidium der Nationalversammlung der FNRJ, Beograd 1951; Ders. (ed.), Rad zakonodavnih odbora Predsedništva Antifašističkog veća narodnog oslobođenja Jugoslavije i Predsedništva Privremene narodne skupštine, 3 April-25 October 1945, hg. vom Präsidium der Nationalversammlung der FNRJ, Beograd 1952; Arhiv Jugoslavije (ed.), Dokumenti centralnih organa KPJ, NOR i revolucija (1941-1945), Knj. 22-23. Beograd 1996; Dass. (ed.), Zapisnici sa sednica Politbiroa Centralnog komiteta KPJ : (11. jun 1945 - 7.jul 1948), hg. von Branko Petranović, Beograd 1995; Pijade, Moša/Nešović, Slobodan, Prvo i Drugo zasjedanje AVNOJ-a: 26. i 27. novembra 1942. u Bihać: 29. i 30. novembra 1943. u Jajcu, Zagreb 1963.
[15] Auswahl: Arhiv Jugoslavije (ed.), Dokumenti centralnih organa KPJ, NOR i revolucija (1941-1945), Knj. 22-23. Beograd 1996; Dass. (ed.), Zapisnici sa sednica Politbiroa Centralnog komiteta KPJ : (11. jun 1945 - 7.jul 1948), hg. von Branko Petranović, Beograd 1995; Geršković, Leo, Dokumenti o razvoju narodne vlasti, Beograd 1948; Horvat, Jože/Stambuk, Zdenko, Dokumenti o protunarodnom radu i zločinima jednog dijela katoličkog klera, Zagreb 1946. Nešović, Slobodan (ed.), Zakonodavni rad Predsedništva AVNOJ-a i Predsedništva Privremene narodne skupštine DFJ, 19. XI 1944 - 27. X 1945, hg. vom Präsidium der Nationalversammlung der FNRJ, Beograd 1951; Ders. (ed.), Rad zakonodavnih odbora Predsedništva Antifašističkog veća narodnog oslobođenja Jugoslavije i Predsedništva Privremene narodne skupštine, 3. April - 25. Oktober 1945, hg. vom Präsidium der Nationalversammlung der FNRJ, Beograd 1952; Nešović, Slobodan/Petranović, Branko, AVNOJ i revolucija. Tematska zbirka dokumenata 1941-1945, Beograd 1983; Petranović, Branko, Jugoslovenske vlade u izbeglištvu 1943-1945, dokumenti, Beograd/Zagreb 1981; Ders., Zapisnici sa sednica politibiroa Centralnog komitetea KPJ (11. Juni 1945 - 7. Juli 1948), Beograd 1995; Petranović, Branko/Zečević, Momčilo, Jugoslovenski federalizam. Ideje i stvarnost. Tematska zbirka i dokumenata. Drugi tom 1943-1986, Beograd 1987; Trgo, Fabijan, The National Liberation War and Revolution in Yugoslavia, 1941-1945: Selected Documents, Military History Institute, Belgrad 1982; ders., The Trial of Dragoljub-Draža Mihailović: Stenographic Record and Documents from the Trial of Dragoljub-Draža Mihailović, Belgrade 1946; Vojnoistorijski institut, Zločini na jugoslovenskim prostorima u prvom i drugom svetskom ratu. Zbornik dokumenata. Tom 1: Zločini Nezavisne Države Hrvatske 1941.-1945., Beograd 1993.
[16] Vgl. Arhiv Jugoslavije, Dokumenti iz istorije Jugoslavije. Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njegovih pomagača iz drugog svetskog rata, Bde. 1-4, Beograd 1996-2000.
[17] Folgende Zeitungen und Organe wären u.a. von Interesse: Delo (Ljubljana); Demokratija (Belgrad); Narodni list (Zagreb); Slobodna Vojvodina (Novi Sad); Politika (Belgrad).
[18] Janjetović, Zoran, The deportation of resident Germans from Vojvodina to work camps in the Sovjet Union in 1944 and 1945, in: JIČ, broj 1, S. 157-168, Beograd 1987; Ders., Prilog proučavanju položaja folksdojčera u Jugoslaviji 1944-1948, in: Istorija XX. veka, broj 1, S. 143-152, Beograd 1996; Ders., Logorisanje vojvođanskih Nemaca od novembra 1944. do juna 1945. godine, in: Tokovi istorije, br. 1-2, 1997; Ders., Iseljavanje nemačke manjine iz Vojvodine 1944.-1948. godine, Beograd 1996; Die Arbeiten von Janjetović stechen als erfreuliche Ausnahme hervor: Sie sind ausgezeichnet recherchiert und ohne die sonst übliche ideologische oder nationalistische Verblendung geschrieben. Als Gegensatz zu Janjetović sei erwähnt: Maričić, Slobodan, Susedi, dželati i žrtve: Folksdojčeri u Jugoslaviji, Beograd 1995. Natürlich entstanden auch noch zur Zeit Titos eine Reihe anderer Beiträge zu Vertreibung und Aussiedlung der Jugoslawiendeutschen, nach denen ich aber gar nicht erst gesucht habe, da ich in diesem Fall auf mehr als genug deutschsprachige Literatur zurückgreifen konnte.
[19] Eine Auswahl: Čulinović, Ferdo, Stvaranje nove jugoslovenske države, Zagreb, 1959; Koštunica, Vojislav / Čavoški, Kosta, Party pluralism or monism. Social Movements and the Political System in Yugoslavia 1944-1949 (=East European Monographs, No. CLXXXIX), New York 1985; Marković, Predrag, Državna represija i javno mnjenje Beograda 1948-1965, in: Istorija XX. veka, broj 1, S. 73-88, Beograd 1996; Pavlović, Momčilo, Politički programi Demokratske, Narodne radikalne, Jugoslovenske republikanske demokratske, Socialističke stranke Jugoslavije iz 1945. godine, in: Istorija XX. veka, broj 1, Beograd 1985, S. 119-156; Petranović, Branko, Istorija Jugoslavije, Bd. 3: Socijalistička Jugoslavija 1945-1988, Beograd 1988; Ders., AVNOJ Revolucionarna smena vlasti, 1942-1945, Beograd 1976; Gaćeša, L. Nikola, Agrarna reforma i kolonizacija u Jugoslaviji 1945-1948, Novi Sad 1984; Stipetić, Vladimir, Agrarna reforma i kolonizacija u FNRJ godine 1945-1948, Rad. knj. 300, JAZU, Zagreb 1954; Čepić, Zdenko, Agrarna reforma in kolonizacija v Sloveniji 1945-1948, Maribor 1984; Maticka, Marijan, Agrarna reforma i kolonizacija u Hrvatskoj 1945-1948, Zagreb 1990; Čalić, Dušan, Industrializacija FNRJ, Zagreb 1963; Petranović, Branko, Aktivnost rimakatoličkog klera protiv sređivanja prilika u Jugoslaviji (mart 1945-septembar 1946), in: I20, Zbornik radova, V, Beograd 1963. Eine Auswahl der unzähligen Monographien und Artikel über den Volksbefreiungskrieg ist in der angehängten Bibliographie aufgeführt.
[20] Dazu eine kleine Auswahl aus der Fülle an wissenschaftlicher Literatur und Memoiren: Arbeitskreis Dokumentation (ed.), Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944-1948, Die Stationen eines Völkermords, München 1998; Beer, Josef, Weissbuch der Deutschen aus Jugoslawien. Ortsberichte über die Verbrechen an den Deutschen durch das Tito-Regime in der Zeit von 1944-1948, (=Donauschwäbisches Archiv: Reihe 3, Beiträge zur donauschwäbischen Volks- und Heimatgeschichtsforschung; 46) München 1992; Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Bd. V: Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, hg. vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bonn 1961. (in der Literatur auch häufig „Bonner Dokumentation“ genannt). Beiträge ausserhalb der donauschwäbischen Publikationen: Sundhaussen, Holm, Die Deutschen in Kroatien-Slawonien und Jugoslawien, in: Günter Schödl (ed.), Deutsche Geschichte im Osten Europas. Das Land an der Donau, Berlin 1995; Suppan, Arnold (ed.), Deutsche Geschichte im Osten Europas. Zwischen Adria und Karawanken, Wien 1998; Ders./Rumpler, Helmut (eds.), Geschichte der Deutschen im Bereich des heutigen Slowenien 1848-1941, München 1988.
[21] Vgl. dazu u.a. folgende Beiträge: Čepič, Zdenko, Povojni beg z zemlje. Notranje migracije v Sloveniji 1945-1960, in: ZČ, letnik 45, S. 85-106, Ljubljana 1991; Slovenija v letu 1945. Zbornik referatov, hg. vom Zveza zgodovinskih društev Sloveniji, Ljubljana 1996; Vodušek Starič, Jera, Problem koncepta političnega razvoja v Sloveniji 1945-1952. Revolucija in država (1944-1946), Dissertation, Ljubljana; Dies., Prevzem oblasti 1944-1946, Ljubljana 1992; Dies., Prevzem oblasti po vojni in vloga OZNE - obračun, in: Slovenija v letu 1945. Zbornik referatov, Ljubljana 1996; Sirc, Ljubo, Resnična borba za svobodo : množično ubijanje - čast ali sramota za Slovence? Kranj, 1995; Žajdela, Ivo, Komunistični zločini na Slovenskem, 1. und 2. Teil, Novo Jutro 1991; Ders., Kočevski Rog, Maribor 1990; Ders., Črne bukve: o delu komunistične Osvobodilne fronte proti slovenskemu narodu, Maribor, 1990; Ders., Komunistična grobišča na Slovenskem, in: Tribuna, Nr. 18 (26.11.1990), S. 8-11. Die slowenischen Arbeiten stiessen auch bei der österreichischen Bevölkerung auf Interesse, wie zumindest drei mir bekannte Artikel im „Standard“ und der „Presse“ belegen: Vgl. dazu die Bibliographie im Anhang unter Punkt 6.2.
[22] Die wichtigsten in den 1990er Jahren erschienenen Werke zu Bleiburg und den „Todesmärschen“: Marević, Jozo, (ed.), Od Bleiburga do naših dana. Zbornik radova o Bleiburgu i križnom putu s drugog međunarodnog znanstvenog simpozija u Zagrebu 14. i 15. svibnja 1994, Zagreb 1994; Herceg Stjepan, Sombor - mali Bleiburg 1945, 1996; Sabljak, Tomislav/Smoljan, Ivo, Povlačenje 1945: krivci i žrtve: svjedočanstva o propasti NDH, Zagreb 2000; Žanko, Želimir/Šolić, Nikola, Jazovka, Zagreb 1990. Im Staatsarchiv in Zagreb sind die von der Geheimpolizei angelegten Akten mittlerweile den Betroffenen oder ihren Nachfahren, sowie auf Anfrage auch in- und ausländischen Historikern zugänglich.
[23] Ein Team von Historikern und Sozialwissenschaftern unter der Leitung von Prof. Dr. Dušan T. Bataković wertete diesbezüglich vor kurzem Teile der Materialien des Archivs Jugoslawien und einiger anderer Archive aus. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse steht noch bevor und kann nicht vor Ende 2003 erwartet werden. Ein in der Zeitschrift „Krug“ abgedrucktes Interview mit einem ehemaligen OZNA-Offizier beschreibt die Zustände unmittelbar nach der Befreiung Belgrads. Vgl. dazu: Kovačević, Sonja, Milan Trešnjić - Major OZNE i generalni konzul SFRJ u Štutgartu: Oslobađanje Dedinja, in: KRUG, März 1999, Nr. 8, Beograd 1999.
[24] Eine Auswahl: Dolinar, France M., Normalization of Church-State Relations in Yugoslavia, 1945-, in: Slovene Studies (Journal of the society für Slovene Studies, Volume 17, numbers 1-2, 1995 [published August 1998]; Griesser-Pečar, Tamara, Trials Against the Clergy and Religious Orders after May 1945, in: the dark side of the moon. a short history of totalitarianism in Slovenia 1945-1990 S. 41-43; Dies., Zur Problematik der katholischen Kirche in Slowenien unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Österreichische Osthefte, Jg. 37, Heft 1, Wien 1995; Dies., Rožmanov proces, Ljubljana 1996; Jandrić, Berislav, Komunistički totalitarizam u sukobu s Katoličkom crkvom u Hrvatskoj (1945.-1953.), in: Dijalog povjesničara-istoričara 2, hg. von Hans Georg Fleck und Igor Graovac, Zagreb 2000, S. 617-634; Radić, Radmila, Država, Rimokatolička i Srpska pravoslavna crkva od 1945. do polovine šezdesetih godina, in: Dijalog povjesničara-istoričara 2, hg. von Hans Georg Fleck und Igor Graovac, Zagreb 2000, S. 653-670.
[25] Es tobte ein regelrechter Kleinkrieg unter serbischen und kroatischen Publizisten und Historikern vor allem um die Zahl der von den ustaše getöteten Serben, speziell von den im berüchtigten kroatischen Konzentrationslager Jasenovac umgekommenen Menschen. Wissenschaftlich nicht haltbare Zahlen geisterten durch die kroatischen und serbischen Medien und trugen so das Ihre zum Bürgerkrieg in Kroatien und Bosnien-Herzegowina bei. Die kommunistische und in erster Linie serbisch-nationalistische Propaganda bezifferte in ihrer schlimmsten Zeit alleine die Opfer des Ustaša-Regimes mit der völlig überhöhten Angabe von bis zu drei (!) Millionen. Vgl. dazu auch: Žerjavić, Vladimir, Opsesije i megalomanije oko Jasenovca i Bleiburga. Gubici stanovništva Jugoslavije u drugom svjetskom ratu, Zagreb 1992, S. 20-21. Im Gegenzug fand man in kroatischen Beiträgen über die Massaker im Zusammenhang mit „Bleiburg“ nicht haltbare Zahlen von „mehreren hunderttausend getöteten Menschen“. Die Ende der 1980er Jahre und zu Beginn der 1990er Jahre unabhängig voneinander veröffentlichten Werke je eines serbischen (Bogoljub Kočović) und eines kroatischen (Vladimir Žerjavić) Historikers resp. Demographen zu den jugoslawischen Kriegsverlusten im Zweiten Weltkrieg, in denen beide ungefähr die gleiche Zahl errechnet haben, nämlich ca. eine Million Kriegsopfer zwischen 1941 und 1945 insgesamt, scheinen indes unglücklicherweise wenig zu einer sachlichen Auseinandersetzung beigetragen zu haben. Vgl. Kočović, Bogoljub, Žrtve drugog svetskog rata u Jugoslaviji, Sarajevo 1990 und Žerjavić, Vladimir, Opsesije i megalomanije oko Jasenovca i Bleiburga. Gubici stanovništva Jugoslavije u drugom svjetskom ratu, Zagreb 1992. Die Publikationen dieser beiden Autoren bildeten im übrigen die Basis für eigene Berechnungen bezüglich der kommunistischen Todesopfer. Zur Opferzahlenthematik- und Diskussion sei hingewiesen auf den ausgezeichneten Beitrag von Sundhaussen: Sundhaussen, Holm, Das Konzentrationslager Jasenovac (1941-1945): Konstruktion und Dekonstruktion eines Kriegsverbrechens und Weltkriegsmythos, in: Wette, Wolfram/Ueberschär, Gerd R. (eds.), Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert, Darmstadt 2001, S. 370-381.
[26] Kroatische Beiträge aus den 1990er Jahren über „Bleiburg und die Todesmärsche“: Nikolić, Vinko, Bleiburška tragedija hrvatskoga naroda, Zagreb 1993; Ders., Poslije pola stoljeća - Bleiburg je povijest, in: Spomenica povodom 50-te obljetnice Bleiburga i križnog puta 1945.-1995., hg. von Mirko Valentić, Zagreb 1995, S. 37-42; Herceg, Stjepan, Samobor. Mali Bleiburg 1945., Samobor 1996. Von serbischen Autoren verfasste Artikel zu „Jasenovac“ und zu den Abrechnungen in Serbien mit Antikommunisten nach der Befreiung: Bulajić, Milan, Jasenovac. Ustaški logori smrti. Srpski mit? Hrvatski ustaški logori genocida nad Srbima, Jevrejima i Ciganima, Beograd 1999; Ders., Tuđman’s „Jasenova myth“. Genocide against Serbs, Jews and Gypsies, Beograd 1994; Samarđić, Miloslav (ed.), Pogledi. Posebno izdanje, Nr. 2 (Juni 1991), Belgrad (zu den Verbrechen der Partisanen 1944-1945).
[27] Zum internationalen Vergleich: Courtosi, Stéphane (ed.), Das Schwarzbuch des Kommunismus: Unterdrückung, Verbrechen und Terror, München 1998; Hodos, Georg Hermann, Schauprozesse. Stalinistische Säuberungen in Osteuropa 1948-54, Berlin 1990; Deák, István/Gross, Jan T./Judt, Tony (eds.), The politics of retribution in Europe. World War II and its aftermath, Princeton 2000; Henke, Klaus-Dietmar/Woller, Hans (eds.), Politische Säuberungen in Europa. Die Abrechnung mit dem Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1991; Kuretsidis-Haider, Claudia/Garscha, Winfried R. (eds.), Keine „Abrechnung“. NS-Verbrechen, Justiz und Gesellschaft in Europa nach 1945, Leipzig/Wien 1998. Staněk, Tomáš, Verfolgung 1945. Die Stellung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien (ausserhalb der Lager und Gefängnisse), Wien 2002. Weitere Angaben in der Bibliographie.
[28] Vgl. Sirc, Ljubo, Nobel Peace Price for President Tito? An open letter, hg. von Slovenska Pravda, London 1973, S. 2.
[29] In aller Ausführlichkeit wird die Teilung behandelt bei: Čulinović, Ferdo, Okupatorska podjela Jugoslavije, Beograd 1970 und auch bei: Tomasevich, Jozo, War and Revolution in Yugoslavia 1941-1945: Occupation and Collaboration, Stanford 2001, S. 47-82.
[30] Vgl. Suppan, Arnold, Deutsche Geschichte im Osten Europas. Zwischen Adria und Karawanken, Wien 1998, S. 393.
[31] Zitiert aus: Suppan, Zwischen Adria und Karawanken, S. 392.
[32] Gauleiter Uiberreither betonte schon in seiner Begrüssungsrede am 14. April 1941 in Maribor/Marburg, dass nur diejenigen Menschen hier bleiben können, „die Jahre und Jahrzehnte und Jahrhunderte hindurch treu und kameradschaftlich Schulter zu Schulter mit unseren Volksgenossen gekämpft haben, die, uns blutmässig sehr nahe verwandt, bereit gewesen sind, auch in den letzten Jahrzehnten mit allen Fasern ihres Herzens den Anschluss an Deutschland herbeizusehnen. Mit diesen wollen wir arbeiten. Und alles andere, meine Volksgenossen, daraus mache ich auf öffentlich kein Hehl, das muss hinaus!“ Zitiert aus: ebd., S. 394.
[33] Einen ausgezeichneten Überblick zum Thema bietet: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 83-129 und 517-521.
[34] Nach Tomasevich blieb Kutschera allerdings bis zum 16. Dezember 1941 in seinem Amt. Vgl. ebd., S. 83.
[35] Eingegliedert wurden lediglich die vier Übermurgemeinden Füchselsdorf, Sinnersdorf, Serdica/Rotenberg und Guizenhof. Vgl. Suppan, Zwischen Adria und Karawanken, S. 393.
[36] Zitiert aus: ebd., S. 85.
[37] Vgl. ebd., S. 90. Auf Einzelheiten der deutschen Rassenpolitik in Slowenien kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Dem interessierten Leser sollen aber weiterführende Hinweise nicht vorenthalten werden: Milošević, Slobodan D., Izbeglice i preseljenici na teritoriji okupirane Jugoslavije 1941-1945, Beograd 1981; Suppan, Arnold, Nationen und Nationalitäten im ersten und zweiten Jugoslawien, in: Vilfanov zbornik. Pravo - zgodovina - narod, hg. von Vincenc Rajšp und Ernst Bruckmüller, Ljubljana 1999; Ferenc, Tone, Nemška kolonizacija na Slovenskem v drugi svetovni vojni, in: JIČ, broj 1-2, S. 207-216, Beograd 1974; Ders., Die Massenvertreibung der Bevölkerung Jugoslawiens während des Zweiten Weltkrieges und der missglückte Plan einer Ansiedlung von Slowenen in Polen, in: Studia historiae oeconomicae, Bd. 8, Poznan 1973; Ders., Quellen zur nationalsozialistischen Entnationalisierungspolitik in Slowenien 1941-1945. Viri o nacistični raznarodovalni politiki v Sloveniji 1941-1945, Maribor 1980; Ders., Nacistična raznarodovalna politika v Sloveniji v letih 1941-1945, Maribor 1968.; Karner, Stefan, Die Aussiedlung der Slowenen in der Untersteiermark. Ein Beispiel nationalsozialistischer Volkstumspolitik, in: ÖGL 3/1978; Ders., Die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien, Aspekte ihrer Entwicklung 1939-1997, Klagenfurt/Wien 1998.
[38] Zitiert aus: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 90.
[39] Vgl. Karner, Die deutschsprachige Volksgruppe, S. 89.
[40] Der 22. Juli wurde fortan als „Tag des Volksaufstandes in Slowenien“ gefeiert.
[41] Alleine vom 30. Juli 1941 bis zum 4. November 1942 wurden mindestens 1'673 Partisanen und andere Gegner exekutiert. Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 93.
[42] Bahovec spricht in ihrem Beitrag von „mehr als 20'000 Slowenen aus den von Deutschland und Ungarn besetzten Gebieten“ Zitiert aus: Bahovec, Tina, Der Zweite Weltkrieg im Alpen-Adria-Raum, in: Alpen-Adria. Zur Geschichte einer Region, hg. von Andreas Moritsch, Klagenfurt/Ljubljana/Wien, S. 456.
[43] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 96.
[44] Vgl. Bahovec, Der Zweite Weltkrieg im Alpen-Adria-Raum, S. 456.
[45] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 96.
[46] Vgl. Suppan, Zwischen Adria und Karawanken, S. 411. Ausführlicher über die Ereignisse in dieser Operationszone wird berichtet in: Stuhlpfarrer, Karl, Die Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“1943-1945, Wien 1969 (= Publikationen des Österreichischen Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien, Bd. 7).
[47] Zitiert aus: Bahovec, Der Zweite Weltkrieg im Alpen-Adria-Raum, S. 466.
[48] Das proklamierte Ziel dieses Bundes war die Wiedererrichtung des Königreichs Jugoslawien auf föderativer und demokratischer Basis.
[49] Die belogardisti bestanden hauptsächlich aus den auf dem Lande zum Schutze von Partisanenüberfällen gebildeten Dorfwehren (vaške straže) und in geringerem Masse aus anderen militärischen Formationen. Vgl. dazu: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 102 und 107. Zusammen mit den im deutschen Besatzungsgebiet aktiven domobranci (Heimatverteidiger), einer mit der Wehrmacht, der SS und der Polizei spätestens ab April 1944 eng kollaborierenden slowenischen Schutztruppe und den zahlenmässig schwachen, königstreuen plavogardisti (Blaugardisten), slowenische Četnici-Einheiten, die ähnliche Ziele verfolgten wie die serbischen und montenegrinischen četnici von Draža Mihailović, zählten die belogardisti zu den drei wichtigsten bewaffneten Kollaborationsgruppen in Slowenien. In Julisch-Venetien war zudem das „Slowenische Nationale Schutzkorps“ (SNVZ) aktiv, das - wie der Grossteil aller kollaborierenden Formationen - dem Höheren SS- und Polizeiführer in Triest, Odilo Globocnik, unterstellt war. Vgl. Ferenc, Tone, Kollaboration in Slowenien, in: Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938-1945). Beiträge zu Konzepten und Praxis der Kollaboration in der deutschen Okkupationspolitik. Zusammengestellt und eingeleitet von Werner Röhr, Berlin/Heidelberg 1994, S. 344. Ein beträchtlicher Teil der noch verbliebenen Soldaten und ihrer Familienangehörigen wurde im Mai 1945 von Partisanenverbänden in Slowenien ermordet, nachdem sie von den Briten repatriiert worden waren.
[50] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 97-98.
[51] Im Frühjahr 1944 wurde der VOS im Rahmen der gesamtjugoslawischen Reorganisation des Geheimdienstes in die OZNA integriert. Vgl. dazu: Kapitel 5.4 Die OZNA.
[52] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 98.
[53] Vgl. Ferenc, Kollaboration in Slowenien, S. 342.
[54] Zitiert aus: Vodušek Starič, Jera, Prevzem oblasti 1944-1946, Ljubljana 1992, S. 20.
[55] Über den Umgang von slowenischen Einheiten der Befreiungsfront mit ihren einheimischen Gegnern berichten zwei Darstellungen, die allerdings noch zur Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen veröffentlicht wurden und dementsprechend einseitig abgefasst sind; V znamenju Osvobodilen fronte, Ljubljana Februar 1943; Črne bukve, Ljubljana 1944. Das zweite Werk erschien im Jahr 1990 in einer Neuauflage. Vgl. Zajdela, Ivo (ed.), Črne bukve: o delu komunistične Osvobodilne fronte proti slovenskemu narodu, Maribor, 1990.
[56] Der Originaltext der Proklamation ist zu finden bei: Vojnoistorijski institut, Zločini na jugoslovenskim prostorima u prvom i drugom svetskom ratu. Zbornik dokumenata. Tom 1: Zločini Nezavisne Države Hrvatske 1941-1945, Beograd 1993, S. 5-6.
[57] Der „Deutsche General“ in Zagreb, Edmund Glaise von Horstenau, schrieb Anfang 1942 an das OKH: „Einig sind sich alle Volksteile mit verschwindenden Ausnahmen in der entschiedenen Ablehnung der Ustascha-Bewegung als staatstragende Einheitspartei. Der Hass gegen sie ist kaum mehr zu überbieten.“ Zitiert aus: Sundhaussen, Holm, Das Konzentrationslager Jasenovac (1941-1945): Konstruktion und Dekonstruktion eines Kriegsverbrechens und Weltkriegsmythos, in: Wette, Wolfram/Ueberschär, Gerd R. (eds.), Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert, Darmstadt 2001, S. 372.
[58] Vgl. Sundhaussen, Holm, Der Ustascha-Staat: Anatomie eines Herrschaftssystems, in: ÖOH, Jg. 37, Heft 2, Wien 1995, S. 497. Dass die Hitlersche „Neuordnung des Balkans“ von Kurzsichtigkeit, Planlosigkeit und mangelnden historischen Kenntnissen geprägt war, stellte bereits im April 1941 Staatssekretär Ernst Freiherr v. Weizsäcker fest: „Im übrigen scheint mir die Neuordnung des Balkans [...] so zu erfolgen, dass keiner mit seinem Nachbarn sich vertragen kann. [...] Ich frage mich nur, wer diesen Sack voll von Flöhen jetzt im Kriege hüten wird.“ Zitiert aus: Sundhaussen, Holm, Kollaboration und Widerstand in den Ländern Jugoslawiens 1941-1945, in: Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938-1945). Beiträge zur Konzeption und Praxis der Kollaboration in der deutschen Okkupationspolitik. Zusammengestellt und eingeleitet von Werner Röhr (= Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus 1938-1945, Ergänzungsband 1, hg. Vom Bundesarchiv), Berlin/Heidelberg 1994, S. 353.
[59] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 269. Zur Position des Vatikans siehe weiter unten.
[60] Vgl. Völkl, Abrechnungsfuror in Kroatien, S. 359.
[61] Vgl. Sundhaussen, Der Ustascha-Staat, S. 502-503.
[62] Zur Rolle der Kroatischen Bauernpartei und der sich im Jahre 1943 von ihr abspaltenden Kroatischen Republikanischen Bauernpartei , sei hingewiesen auf das ausführliche Werk von Radelić: Radelić, Zdenko, Hrvatska Seljačka Stranka 1941. - 1950., Zagreb 1996 oder in englischer Sprache: Irvine, Jill A., The Croat Question. Partisan Politics in the Formation of the Yugoslav Socialist State, San Francisco/Oxford 1993.
[63] Zitiert aus: Sundhaussen, Der Ustascha-Staat, S. 509.
[64] Siehe dazu auch: Kapitel 5.15.
[65] Zitiert aus: Sundhaussen, Der Ustascha-Staat, S. 509.
[66] Der vollständige Text der „Grundsätze“ bei: Križman, Bogdan, Ante Pavelić i ustaše, Zagreb 1978, S. 117-119. Auszüge in englischer Sprache bei: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 337.-339. Das „Statut“ kann nachgelesen werden bei: Horvath, Josip, Kroatiens Werdegang, in: Die Kroaten, hg. von C. Diederich, Zagreb 1942, S. 111 f.
[67] Vgl. Sundhaussen, Der Ustascha-Staat, S. 512-513.
[68] Nach den amtlichen Ergebnissen der Volkszählung von 1931 lebten 49'345 Deutsche in Syrmien, 80'519 in Kroatien-Slawonien und 15'500 in Bosnien-Herzegowina. Vgl. Dokumentation der Vertreibung, S. 119 E.
[69] Vgl. ebd., S. 500. Redžić nennt die Zahl von 700'000 bosnischen Muslimen auf dem Gebiet des NDH. Vgl. Redžić, Bosna i Hercegovina u drugom svjetskom ratu, Sarajevo 1998, S. 300.
[70] Vgl. Milošević, Slobodan D., Migracija Srba i NDH u Srbiju 1941. i stav KPJ o tome pitanju, in: Istorija 20. veka, Nr. 1-2, Beograd 1991, S. 150-153.
[71] Einige Anhaltspunkte dazu bietet: Žerjavić, Vladimir, Population losses in Yugoslavia 1941-1945, Zagreb 1997. Demnach sind auf dem ungefähren Territorium des NDH 295'000 Serben im Krieg umgekommen. Darin inkludiert sind die Zivilopfer der Massenexekutionen durch die ustaše, sowie serbische Soldaten und Zivilisten, die in Kampfhandlungen gegen alle möglichen Verbände gefallen sind. Eine Kompilation diesbezüglicher Angaben aus verschiedenen Werken ist zu finden bei: Granic, Stan, Representations on the other: the ustaše and the demonization of the croats, in: Journal of Croatian studies, Vol. XXXIX, New York 1998, S. 3-556.
[72] Vgl. Sundhaussen, Holm, Geschichte Jugoslawiens 1918-19180, Stuttgart u.a. 1982, S. 122.
[73] Vgl. Völkl, Ekkehard, Der Westbanat 1941-1944, München 1991, S. 182.
[74] Vgl. Lampe, John R., Yugoslavia. Twice there was a country, Cambridge 2000, S. 211. Lampe gibt leider für diese Zahlen keine Quellen an.
[75] Ausführlich berichtet darüber: Calic, Marie-Janine, Die Deutsche Volksgruppe in Kroatien 1941-1944, in: Südostdeutsches Archiv, hg. von Friedrich Gottas, Bd. XXX./XXXI:, München 1987/1988, S. 148-175. Alle Angaben, soweit nicht anders vermerkt, sind diesem Artikel entnommen.
[76] Zitiert aus: ebd., S. 149.
[77] Drei Gesetzesdekrete vom 21. Juni, 31. Juli und 30. Oktober 1941 regelten die Autonomierechte der Volksgruppen. Vgl. Hory, Ladislav/Broszat, Martin, Der kroatische Ustascha-Staat 1941-1945, Stuttgart 1964, S. 70.
[78] Die DM entsprach in etwa dem reichsdeutschen Vorbild der Allgmeinen SS, während die ebenfalls aus „Volksdeutschen“ gebildete „Einsatzstaffel“ (ES) Parallelen zur Waffen-SS aufwies. Vgl. Sundhaussen, Zur Geschichte der Waffen-SS in Kroatien 1941-1945, in: Südost-Forschungen Band XXX, hg. von Mathias Bernath, München 1971, S. 179.
[79] Zitiert aus: Calic, Die Deutsche Volksgruppe in Kroatien, S. 169.
[80] Zahlenangaben aus: ebd., S. 169. Vgl. auch für das Jahr 1944: Dokumentation der Vertreibung, S. 75 E und Sundhaussen, Holm, Zur Gescichte der Wafen-SS in Kroatien 1941-1945, in: Südost-Forschungen Band XXX, hg. von Mathias Bernath, München 1971, S. 192.
[81] Zur Rekrutierung von „Volksdeutschen“ und bosnischen Muslimen in die deutschen Wehrverbände sei hingewiesen auf: ebd., S. 176-196.
[82] Vgl. ebd., S. 192.
[83] Vgl. Oberkersch, Valentin, Die Deutschen in Syrmien, Slawonien, Kroatien und Bosnien. Geschichte einer deutschen Volksgruppe in Südosteuropa, München 1989, S. 387.
[84] Der Vertragstext ist nachzulesen in: Dokumentation der Vertreibung, S. 153 E ff.
[85] Vgl. ebd., S. 85 E.
[86] Vgl. Calic, Die Deutsche Volksgruppe in Kroatien, S. 172.
[87] Die Evakuierungspläne- und Massnahmen sind genauer beschrieben in: Weissbuch der Deutschen aus Jugoslawien, S. 85-94, sowie bei den jeweiligen Kapiteln in diesem Buch und bei Oberkersch, Die Deutschen, S. 387-397.
[88] Oberkersch schätzt, dass ein Fünftel der Evakuierten zurückgebracht und in die Zentralarbeits- und Konzentrationslager eingewiesen wurde. Vgl. Beer, Weissbuch der Deutschen aus Jugoslawien. S. 663.
[89] Zitiert aus: Calic, Die Deutsche Volksgruppe in Kroatien, S. 161.
[90] Vgl. ebd., S. 173. Zum Thema Dienstverweigerung siehe auch: Sundhaussen, Holm, Die Deutschen in Jugoslawien von 1918 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, in: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Land an der Donau, hg. von Günther Schödl, Berlin 1995, S. 339. Geiger nennt vier Dörfer in Slawonien (Gornji Josipovac, Ernestinovo, Antunovac, Blagorodovac), deren volksdeutsche Bewohner geschlossen auf der Seite der Partisanen standen und weist zudem auf den passiven Widerstand insbesondere deutscher kirchlicher Kreise (allen voran Adam Berencz, Herausgeber der weit über die Grenzen des NDH bekannten Zeitschrift „Die Donau“) hin. Vgl. Geiger, Vladimir, Položaj njemačke manjine u bivšoj Jugoslaviji (s posebnim osvrtom na razdoblje nakon drugog svetskog rata), in: Historijski zbornik god. XLV (1), S. 165-185, Zagreb 1993, S. 176.
[91] Vgl. Sundhaussen, Die Deutschen in Jugoslawien, S. 336.
[92] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 533 f.
[93] Die gescheiterte Konkordatspolitik der 1930er-Jahren muss an dieser Stelle - neben den aus kroatisch-nationalistischer Sicht in der Zwischenkriegszeit als „Zwangskonvertierung“ empfundenen Konfessions-wechsel von rund 200'000 Katholiken zum serbisch-orthodoxen Glauben - ebenfalls als Ursache für die teils nur anfängliche, teils lang anhaltende Begeisterung angeführt werden.
[94] Vgl. Hory/Broszat, Der kroatische Ustascha-Staat, S. 72.
[95] Vgl. Ivanišević, Alojz, Unveröffentlichte Zusammenstellung von Archivmaterial zum NDH, S. 14.
[96] Vgl. Jandrić, Berislav, Komunistički totalitarizam u sukobu s Katoličkem crkvom u Hrvatskoj (1945.-1953.), in: Dijalog povjesničara-istoričara 2, hg. von Hans Georg Fleck und Igor Graovac, Zagreb 2000, S. 617. Nach einer anderen Schrift besucht Stepinac den poglavnik erst am 27. April 1941. Vgl. Grünfelder, Annemarie, Beiträge zur Biographie von Kardinal Stepinac, Wien 1982, S. 10.
[97] Die Akte der „Staatskommission zur Feststellung der Verbrechen des Okkupanten und seiner Helfer“ (DKZ) über Miroslav Majstorović-Filipović kann nachgelesen werden in: Zečević/Popović, Državna komisija, S. 351-358.
[98] Es würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen, auf Verbrechen einzelner Geistlicher einzugehen. Nähere Informationen dazu sind zu finden in: Dedijer, Vladimir, Jasenovac - das jugoslawische Auschwitz und der Vatikan, Freiburg 1989. Obwohl es dem Werk an wissenschaftlicher Objektivität mangelt und bisweilen falsche Aussagen gemacht werden und sogar Dokumente mutmasslich mit Absicht nicht korrekt übersetzt wurden, sind doch eindrückliche und bedrückende Zeugnisse der Verstrickung von Teilen der katholischen Priesterschaft mit dem Ustaša-Regime abgedruckt. Daneben werden auch im Werk von Alexander einige Namen von kollaborierenden katholischen Priestern genannt: Alexander, Stella, Church and State in Yugoslavia, since 1945, Cambridge 1979, S. 27 ff.
[99] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 541 f. Als die kroatische Regierung zu ihrem Bedauern feststellte, dass weder mit Vertreibung noch mit Ermordung und Zwangskonvertierung ein „reiner“ kroatischer Staat zu schaffen war, wurde auf Vorschlag der deutschen Behörden in Zagreb am 3. April 1942 per Dekret die „Katholische Orthodoxe Kirche“ geschaffen, die unmittelbar nach dem Kriege wieder aufgelöst und ihr Oberhaupt zu Tode verurteilt wurde.
[100] Die Akte der Staatskommission zur Feststellung der Verbrechen des Okkupanten und seiner Helfer (DKZ) über Erzbischof Ivan Šarić kann nachgelesen werden in: Zečević/Popović, Državna komisija, S. 322-350.
[101] Vgl. Ivanišević, Unveröffentlichte Zusammenstellung, S. 16 und Grünfelder, Beiträge zur Biographie, S. 12-13.
[102] Vgl. Grünfelder, Beiträge zur Biographie, S. 13.
[103] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 549f.
[104] Brauchitsch übte diese Funktion nur bis zum 19. Dezember 1941 aus, vom 19. Dezember 1941 bis zum 30. April 1945 übernahm Hitler persönlich die Führung des OKH. Vgl. www.islandfarm.fsnet.co.uk
[105] Vgl. Tomasevich, Jozo, Četnici u drugom svjetskom ratu 1941-1945, Zagreb 1979, S. 97. Auf Danckelmann folgte General Franz Böhme, der im Dezember von General Paul Bader abgelöst wurde; letzterer behielt diesen Posten bis zum August 1943. Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 182.
[106] Die zwei grössten Massaker der deutschen Wehrmacht in Serbien ereigneten sich in Kraljevo und Kragujevac, als im Oktober 1941 rund 2'000 resp. 3'000 Leute umgebracht wurden. Im Herbst 1943 wurde der Befehl schliesslich ausser Kraft gesetzt. Vgl. ebd., S. 71. Einen ähnlichen Befehl für Montengro erteilte im Januar 1942 der Militärbefehlshaber für Montengro: Für jeden getöteten oder verwundeten italienischen Offizier sollten 50 Zivilisten, für jeden Soldaten 10 Zivilisten erschossen werden. Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 142.
[107] Vgl. ebd., S. 74.
[108] Vgl. ebd., S. 74. Die Kreiskommandantur des Banats unterstand der direkten Kontrolle des kommandierenden Generals.
[109] Vgl. ebd., S. 75-76. Neuhausen wurde am 31. Oktober 1947 von einem jugoslawischen Gericht zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Vgl.www.ess.uwe.ac.uk/WCC/warcrimgau.htm
[110] Behrends wurde am 4. Dezember 1948 (nach Angaben der Familie Behrends jedoch schon am 20./21. Dezember 1947) von einem Erschiessungskommando in Belgrad exekutiert. Vgl. www.islandfarm.fsnet.co.uk
[111] Vgl. ebd., S. 74-78.
[112] General Walter Warlimont, stellvertretender Chef des Wehrmachtseinsatzpersonals bis September 1944 charakterisierte die deutsche Besatzungsadministration in Serbien als chaotisch und typisch für die Verwirrung, die Hitler in allen von Deutschland besetzten Gebieten zuliess. Seiner Meinung nach bestand die Militärverwaltung in Serbien nur dem Namen nach und wurde von allen Seiten attackiert.
[113] Vgl. Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 183. Petranović geht jedoch lediglich von zwischen 15'000 und 20'000 Soldaten und Offizieren aus, die der SDS angehörten und Schramm meint diesbezüglich, dass zwar ein Soll von 12'000 Männern die Forderung war, der jedoch nicht entsprochen werden konnte. Vgl. Petranović, Branko, Srbija u drugom svetskom ratu 1939-1945, Beograd 1992, S. 415 und Schramm, Percy Ernst (ed.), Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtsführungsstab), Bd IV: 1. Januar 1944 - 22. Mai 1945, Zweiter Halbband, Frankfurt am Main 1961, S. 728-729. Neulen meint, dass die Verbände der Serbischen Staatswache und der Serbischen Grenzwache zusammen nie mehr als 20'000 Mann gezählt hätten. Vgl. Neulen, Hans Werner, An deutscher Seite. Internationale Freiwillige von Wehrmacht und Waffen-SS, München 1985, S. 225.
[114] Schramm setzt dafür die Mitgliederzahl des Serbischen Freiwilligenkorps mit 15'000 deutlich höher an als Petranović. Vgl. Schramm, Kriegstagebuch, Zweiter Halbband, S. 728-729. Neulen rechnet mit maximal 9'000 Kämpfern. Vgl. Neulen, An deutscher Seite, S. 229.
[115] Dimitrije Ljotić war geistiger Anführer des Serbischen Freiwilligenkorps und Vorsitzender der 1935 gegründeten, monarchistisch-korporatistischen Organisation „Zbor“ (Versammlung). Seine Anhänger werden in der südslawischen Literatur und auch in dieser Arbeit als ljotićevci bezeichnet. Über Ideologie und Programm von „Zbor“ informiert: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 186 f. Autobiographisch: Ljotić, Dimitrije, Iz moga života, München 1952.
[116] Eine ebenso ärgerliche wie bezeichnende Eigenwilligkeit in der Anwendung der serbischen Rechtschreibung ist die gnadenlose Transkription von sämtlichen ausländischen Namen gemäss ihrer ungefähren Aussprache, selbst in den immer seltener werdenden Büchern, in denen noch die lateinische Schrift Verwendung findet. Obwohl die serbische Grammatik auch die Wiedergabe von Namen in ihrer ursprünglichen Form vorsieht, findet diese Möglichkeit selbst in akademischen Publikationen kaum noch Anwendung. Diese unschöne und wissenschaftlich mehr als fragwürdige Angewohnheit ist deswegen aufs Schärfste zu verurteilen, weil bei unbekannten Namen die Originalform in den wenigsten Fällen richtig rekonstruiert werden kann. Der verständnisvolle Leser muss sich demnach mit der serbischen Transkription begnügen, will er dem Autor dieser Arbeit nicht stundenlanges Recherchieren des Originalnamens zumuten.
[117] Einzelheiten zu Aufbau, Ideologie und Tätigkeit der Kollaborationskräfte können nachgelesen werden bei: Petranović, Srbija u drugom svetskom ratu, S. 415-419.
[118] Mit Sicherheit unter die Kategorie der Kriegsverbrecher fallen jedoch jene Soldaten und Offiziere der Fünften Freiwilligeneinheit (aus dem Verband des Serbischen Freiwilligenkommandos) mit Marisav Petrović an der Spitze, die am 21. Oktober 1941 Massaker in Kragujevac teilgenommen haben. Vgl. ebd., S. 418.
[119] Es herrschte bisweilen eine rege Fluktuation von Soldaten zwischen Mihailovićs Truppen und den Verbänden von Nedić, sowie unter Nedićs Truppen selbst, was ein Grund für die Schwankungen bei der Angabe der zahlenmässigen Stärke sein dürfte.
[120] In einem Brief an den Militärbefehlshaber Südost, General der Infanterie Felber, bilanziert Nedić seine Zeit als Regierungschef. Zu finden ist dieses Schriftstück bei: Hnilicka, Karl, Das Ende auf dem Balkan 1944-45. Die militärische Räumung Jugoslaviens durch die deutsche Wehrmacht, Göttingen 1970, S. 312-320.
[121] Zitiert aus: Tomasevich, Occupation and Collaboration, S. 185.
[122] Vgl. Milovanović, Nikola, Kroz tajni arhiv Udbe, Bd. 1, Beograd 1986, S. 28.
[123] Vgl. Tomasevich, Četnici u drugom svjetskom ratu, S. 373.
- Arbeit zitieren
- Dr. phil. Michael Portmann (Autor:in), 2002, Kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbrechern, Kollaborateuren, 'Volksfeinden' und 'Verrätern' in Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach (1943-1950), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/49575