Die Arbeit beschäftigt sich zunächst mit der Einordnung des Begriffes Reality TV als Untersuchungsgegenstand und diskutiert welche Merkmale auf das Format "Dschungelcamp" zutreffen. Im Zentrum steht die Fragestellung, ob das Format "Dschungelcamp" die Menschenwürde der Teilnehmer und der Zuschauer verletzt.
Es stellt sich die Frage, in wie weit Authentizität und Inszenierung in solchen Formaten konvergieren und ob solche Grenzen noch klar erkennbar für das Publikum sind. Aufgrund dieser Entwicklung stellt sich auch die Frage nach den rechtlichen Grenzen solcher Formate, insbesondere hinsichtlich der Menschenwürde der Teilnehmer und der Zuschauer.
Das Phänomen Realitätsfernsehen ist nicht nur im medienwissenschaftlichen Diskurs ein zentraler Untersuchungsgegenstand. Auch in der Gesellschaft wirft das Phänomen Realitätsfernsehen Fragen auf, die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz Thema der öffentlichen Diskussion sind.
Realitätsfernsehen findet nicht nur ein hohes Zuschauerinteresse, auch private Sendeanstalten haben erkannt, dass es ein Garant für hohe Einschaltquoten sein kann. Dabei setzen Sendeanstalten absichtlich auf Tabubrüche und spielen mit den Toleranzgrenzen der Zuschauer. Obwohl laut AGF und GfK im Jahr 2013 durchschnittlich 7,48 Millionen Zuschauer ab 3 Jahren das Format Dschungelcamp zuhause verfolgten, zeigt eine Studie des statistischen Bundesamtes, dass 57 Prozent der Zuschauer das Format für "geschmacklos" und nur 32 Prozent der Zuschauer es für "unterhaltsam" hielten.
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
I. Einleitung
II. Formen und Merkmale des Realitatsfernsehens
1. Das Konzept „Dschungelcamp“
III. Die Menschenwurde aus Art. 1 Abs. 1 GG
1. Gefahrdungspotentiale der Menschenwurde
IV. Fazit
Literaturverzeichnis
II. Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Einleitung
Das Phanomen Realitatsfernsehen ist nicht nur im medienwissenschaftlichen Diskurs ein zentraler Untersuchungsgegenstand. Auch in der Gesellschaft wirft das Phanomen Realitatsfernsehen Fragen auf, die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz Thema der offentlichen Diskussion sind.[1] Dabei handelt es sich hierbei nicht um ein neues Phanomen: Unterhaltungsformate etablierten sich im deutschen Nachkriegsfemsehen der 1950er Jahre. Deutsches Realitatsfernsehen hingegen entstand in den 1990er Jahren in Deutschland und war zu dieser Zeit bereits ein kontroverses Thema in der Offentlichkeit, welches viele gesellschaftlich relevante Fragen aufwarf.[2] „Schamlose Kommerzialisierung des Wertverfalls“ oder „ordinare und niveaulose Show“[3] waren Schlagzeilen zum Format „Das Dschungelcamp“. Trotzdem findet Realitatsfernsehen (kurz Reality TV) nicht nur ein hohes Zuschauerinteresse, auch private Sendeanstalten haben erkannt, dass Reality TV ein Garant fur hohe Einschaltquoten sein kann. Nicht zuletzt versuchen die Sender des deutschen Fernsehmarktes aufgrund der enormen Medienkonzentration und dem hohen wirtschaftlichen Druck, Marktanteile in Form von Einschaltquoten zu gewinnen.[4] Dabei setzen die Sendeanstalten absichtlich auf Tabubruche und spielen mit den Toleranzgrenzen der Zuschauer, um Schlagzeilen in Printmedien zu erzeugen, die wiederum Aufmerksamkeit generieren konnen. Obwohl laut AGF und GfK im Jahr 2013 durchschnittlich 7,48 Millionen Zuschauer ab 3 Jahren das Format Dschungelcamp zuhause verfolgten[5], zeigt eine Studie des statistischen Bundesamtes, dass 57% der Zuschauer das Format fur „geschmacklos“ und nur 32% der Zuschauer es fur „unterhaltsam“ hielten.[6] Die gesellschaftliche Relevanz dieses Themas offenbart sich nicht nur an dieser exemplarischen Statistik, sondern auch in der Frage inwieweit Authentizitat und Inszenierung in solchen Formaten konvergieren und ob solche Grenzen noch klar erkennbar fur das Publikum sind. Im Hinblick auf diese Entwicklung stellt sich auch die Frage nach den rechtlichen Grenzen solcher Formate, insbesondere im Hinblick auf die Menschenwurde der Teilnehmer und der Zuschauer. Die folgende Arbeit beschaftigt sich zunachst mit der Einordnung des Begriffes Reality TV als Untersuchungsgegenstand. An Formen des Realitatsfernsehens soil diskutiert werden, welche Merkmale auf das Format „Dschungelcamp“ zutreffen. Im Zentrum dieser Ausarbeitung steht jedoch die Fragestellung ob das Format „Dschungelcamp“ die Menschenwurde der Teilnehmer und der Zuschauer verletzt.
II. Formen und Merkmale des Realitatsfernsehens
Der Beginn von Realitatsfemsehen in Deutschland verzeichnete sich in den Neunziger Jahren. Der Zuschauer ist nicht mehr nur passiver Rezipient, sondern wird zu einem Akteur der im Fernsehen, neben Schauspielem und Prominenten, auftritt. Solche Format des Reality TVbedienen sich zum einen an Protagonisten die nicht prominent und medienunerfahrene Burger sind, auBerdem haben diese keine schauspielerische Ausbildung genossen und spielen keine fiktive Rolle sondern sich selbst. AuBerdem wirkt sich die Teilnahme an Show Formaten auf die Alltagswirklichkeit der Protagonisten aus.[7] Keppler unterscheidet Teilnehmer, die „[...] als Spielpartner Chancen auf materielle Gewinne [...]“ agieren und solche, die dies „[...] als Akteure ihres eigenen Lebens [...]“ tun.[8] Weiterhin fuhrt Keppler zwei Unterscheidungen im Hinblick auf den Begriff des Realitatsfernsehens ein. Dabei nennt sie das ,,narrative“ und das ,,performative Realitatsfernsehen“ als zwei Gattungen des Realitatsfernsehens, wobei die zweite Form als die popularste Form gilt.[9] Charakteristisch fur das narrative Realitatsfemsehen sei die „[...] authentische oder nachgestellte Wiedergabe tatsachlicher Katastrophen Performatives Realitatsfernsehen beschreibt Keppler als „[...] Buhne herausgehobener Aktionen [...].“ Charakteristisch fur diese zweite Gattung ist, dass dabei „[...] direkt oder indirekt in die Alltagswirklichkeit der Menschen eingegriffen wird. “[10] Ein weiteres charakteristisches Muster im Realitatsfernsehen ist, dass „[...] soziale Handlungen ausgefuhrt [werden], die als solche bereits das alltagliche soziale Leben der Akteure verandern.[11] “AuBerdem werden darin soziale Arrangements inszeniert, wie es speziell bei Formaten wie „Big Brother“ oder „Dschungelcamp“ ublich ist. Dort werden die Teilnehmer in einer bestimmten Konstellation zusammengefuhrt um einen bestimmten Zweck zu erfullen. Der Zweck ist meist die Befriedigung der Zuschauer und deren Voyeurismus, wohingegen die Motivation der Teilnehmer darin besteht, als Gewinner die Show zu verlassen. Um den Begriff des Formats bestimmen zu konnen muss man die Anfange des Radios betrachten, schreibt Koch- Gombert in seinem Werk. In Folge der Kommerzialisierung waren die Radiosender gezwungen sich mit ihrer Programmgestaltung auf bestimmte Zielgruppen zu spezialisieren.[12] Goldhammer bezeichnet das Format als eine „[...] gezielte, auf Bedurfnisse des spezifischen Marktes abgestimmte Wahl von Struktur, Inhalt und Prasentation. “[13] Weiterhin nennt Koch-Gombert die „serielle Produktion“ als charakteristisch fur TV Formate, wobei die seriellen Strukturen auf jeder Episode einer Sendung aufbauen mussen.[14] Reality TV ist als Oberbegriff zu verstehen, welcher verschiedene heterogene Genres der Fernsehunterhaltung in sich vereint. Dabei kommt der Begriff „Reality Based Stories“ ursprunglich aus Amerika. Jener Begriff ist von Geschichten bestimmt, die wirklich passiert sind. Nicht zuletzt wird der Begriff daher von Narrativitat und Dokumentarisierung bestimmt. Auch Klass schreibt in ihrem Werk, dass solche Formate „[...] dokumentarisch und lebensweltlich ausgerichtet f...]“15 sind. Reality TV ist demnach eine mediatisierte Form der Alltagserzahlung, die unter anderem auch vis-a-vis Erzahlungen in sich vereint. Reality TV versucht Geschichten von Privatpersonen in Krisensituationen offentlich dazustellen oder gezielt Privatpersonen in Krisensituationen zu bringen, um es offentlich darstellen zu konnen. Im dramaturgischen Zentrum von Reality TV steht meist ein Ereignis und die Reaktion der Beteiligten.[16] Abzugrenzen ist jener Begriff von Scripted-Reality Formaten, die sich Leinendarsteller bedienen, welche einem Drehbuch - also einem Script - folgen[17]. In solchen Formaten werden alltagliche Situationen inszeniert, was am Beispiel von „Berlin Tag und Nacht“, „Mitten im Leben“ oder sogenannten Richtershows erkennbar ist. Formate wie „Das Dschungelcamp“, „Big Brother“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ gelten als Reality TV Shows, also als Subformen des Realitatsfernsehens.[18] In solchen Formaten trifft man vor allem auf Elemente des Spiels oder des Wettkampfs. Neben dem zentralen Motiv der ,,Wunscherfullung“, nennt Keppler eine elementare Entwicklung seid den 90er Jahren. Der zentrale Unterschied dabei ist, dass die Veranderung die der Protagonist durchlauft, nun nicht mehr Teil des Privatlebens nach der Sendung ist, sondern Teil der Sendung selbst: Die Veranderung des Protagonisten passiert nun vor den Augen des Publikums.[19]
1. Das Konzept „Dschungelcamp“
Das Dschungelcamp ist eine Reality TV Show die erstmals 2004 auf RTL ausgestrahlt wurde. Zuvor hieB die Show „Ich bin ein Star - holt mich hier raus“. Das Konzept der Show stammt ursprunglich aus dem Vereinigten Konigreich, wo es unter dem Titel „I am a celebrity... Get me out of here! “ ausgestrahlt wurde. Bisher wurden in Deutschland 10 Staffeln ausgestrahlt.[20] Das Konzept der Show sieht vor dass 10 bis 12 Teilnehmer, die meist bekannte Personen des offentlichen Lebens sind und sich in Alter, Beruf und Personlichkeit unterscheiden, fur 16 Tage miteinander in ein australisches Camp ziehen und dort zusammenleben und Aufgaben bewaltigen mussen. Dabei sind oft gewisse Rollenmuster zu erkennen, damit sorgt der Sender RTL fur genugend Spannung und Konfliktpotential. Bei den Teilnehmem handelt es sich meist um Personen des offentlichen Lebens, die einen niedrigen Bekanntheitsgrad vorweisen. Aktuell verscharfte der Sender RTL die Regeln der zehnten Staffel, so hatten die Kandidaten keine Moglichkeit sich vor der Anreise in das Camp kennenzulernen.[21] Bei der Teilnahme wird den Kandidaten die Moglichkeit gegeben ihre Bekanntheit zu steigem und Karrieremoglichkeiten zu maximieren, da allein die Teilnahme gute Publicity sein kann. Zum anderen wird mit einer Gewinnsumme fur die Teilnehmer ein finanzieller Anreiz geschaffen. Die Gage variiert je nach Bekanntheitsgrad der Teilnehmer zwischen 30.000 und 60.000 Euro[22]. Das Camp ist mit diversen Kameras ausgestattet, sodass die Teilnehmer unter dauerhafter Beobachtung stehen. Daruber hinaus mussen die Teilnehmer fur die Dauer ihres Aufenthaltes ein Umhangemikrofon tragen. Am Ende eines jeden Tages mussen alle Teilnehmer in dem sogenannten Sprechzimmer vor laufenden Kameras uber den Tag und mogliche Vorkommnisse berichten. Neben den alltaglichen Aufgaben wie Besorgungen von Nahrung oder Feuerholz, kommt die Dschungelprufung hinzu. Dort konnen die Teilnehmer Sterne gewinnen, wobei ein Stem einer Mahlzeit entspricht. Im Ruckblick auf den vorherigen Teil wird erkennbar, dass das Format ,,Dschungelcamp“ als Reality TV Show im Keppler’schen Sinne des performativen Realitatsfernsehens einzuordnen ist. Jenes Format zeichnet sich durch Elemente des Spiels und der Komodie aus und wird seriell produziert.
[...]
[1] Vgl. Winterhoff-Spurck, TV Formate und Inhalte, S. 10.
[2] Vgl. Klass, Rechtliche Grenzen, S.l.
[3] Vgl. Niggemeier, die Maden und die Medien, 2009.
[4] Vgl. Klass, Unterhaltung ohne Grenzen, S.5.
[5] Statista, Femsehzuschauer das Dschungelcamp.
[6] Statista, Dschungelcamp unterhaltsam oder geschmacklos.
[7] Vgl. Klass, Rechtliche Grenzen, S.9.
[8] Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit, S.7.
[9] Vgl. Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit, S.8.
[10] Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit, S.8f.
[11] Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit, ebd.
[12] Vgl. Koch-Gombert, Femsehformate, S. 27.
[13] Goldhammer, Formatradio, S. 155.
[14] Vgl. Koch-Gombert, Femsehforamte, S. 28 f.
[15] Klass, Rechtliche Grenzen, S. 15.
[16] Vgl. Wuf Reality-TV.
[17] Vgl. Klug, Scripted Reality.
[18] Vgl. Amann, Reality TV.
[19] Vgl. Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit, S.37f.
[20] Vgl. http://www.dschungelcamp.net/kandidaten/, zuletzt abgerufen am 04.05.2016.
[21] Vgl. http://www.welt.de/vermischtes/articlel50722965/Dschungelcamp-2016-kommt-mit- verschaerften-Regeln.html, zuletzt abgerufen am 04.05.2016.
[22] Vgl. http://www.tz.de/tv/dschungelcamp-2016-alle-gagen-der-teilnehmer-im- ueberblick-5974668.html, zuletzt abgerufen 04.05.2016.