In Zeiten erhöhter weltweiter Mobilität und immer engerer Kommunikation sowohl zwischen den Staaten als auch zwischen den Individuen, spielt die internationale Rechtshilfe eine immer größere Rolle bei der effektiven Bekämpfung von Kriminalität. Es fällt Straftätern zunehmend leichter, sich nach einer Tat ins Ausland abzusetzen. Wie wichtig internationale Rechtshilfe in Strafsachen ist, zeigt insbesondere die aktuelle Bedrohung durch den internationalen Terrorismus. Zur Bekämpfung von international wirkenden Netzwerken muss die Zusammenarbeit zwischen den Staaten in der strafrechtlichen Aufarbeitung terroristischer Taten reibungslos funktionieren, um eine erfolgreiche Abschreckung zukünftiger Attentäter bewirken zu können.
Eines der Hauptwerkzeuge der internationalen Rechtshilfe ist die Auslieferung von Straftätern. Der effektiven Kooperation zwischen den Staaten stellt sich allerdings oftmals der unterschiedliche strafprozessuale und menschenrechtliche Entwicklungsstand in den Regionen der Welt in den Weg. In vielen Staaten der Welt kommt es zu Misshandlungen oder Folterungen im Rahmen von Strafprozessen oder beim Strafvollzug. Eine Auslieferung in eines dieser Länder könnte in Bezug auf die europäischen Menschenrechtsstandards problematisch sein.
Die erschreckend hohe Zahl von Ländern, aus denen Folter gemeldet wird, sowie die wachsende Bedeutung der internationalen Rechtshilfe, führen im Auslieferungsverkehr immer wieder zu Abwägungsproblemen zwischen dem Interesse der Staaten an einer effektiven internationalen Strafrechtspflege einerseits, sowie ihren menschenrechtlichen Auffassungen, Traditionen und vertraglichen Bindungen andererseits.
Aufgrund der Zwischenstellung des Auslieferungsrechts zwischen nationalem und internationalem Recht, ist die RechtssteIlung des Auszuliefernden und die Gewährung der in Abschnitt I genannten Rechte und Freiheiten nie problemlos gewesen. Menschenrechtsverletzungen fmden meist nicht im ausliefernden, sondern im Empfangsstaat statt und damit meist außerhalb des Einflussbereichs des ausliefernden Staates, sowie des Geltungsbereichs der Konvention. Ob dem Auszuliefernden im Auslieferungsverfahren in solchen Fällen trotzdem Schutz aus Art. 3 EMRK gewährt werden muss, und wenn ja, wie das nationale Auslieferungsrecht Deutschlands und Frankreichs dieser Aufgabe gerecht wird, soll in dieser Arbeit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Bedeutung des Folterverbots im Völkerrecht
- Die Genfer Konventionen
- Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
- Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR)
- Die Amerikanische Menschenrechtserklärung
- Die Afrikanische Charta der Menschen- und Völkerrechte (ACMVR)
- Das Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Das Prinzip des non-refoulement
- Die Auslegung des Art. 3 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
- Die Rechtsprechung des EGMR zum Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Die Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich
- Deutschland
- Das deutsche Auslieferungsgesetz (AuslG)
- Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Frankreich
- Das französische Auslieferungsrecht
- Die Rechtsprechung des Conseil d'État zum Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Die Rechtsprechung der Cour de cassation zum Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter
- Kritik an der Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich im Hinblick auf das Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter. Sie untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Rechtsprechung und die Praxis in beiden Ländern und setzt diese in einen internationalen Kontext. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit die nationalen Rechtsordnungen die absolute Gültigkeit des Folterverbots gewährleisten und ob es Verbesserungspotenziale in Bezug auf die Umsetzung des Art. 3 EMRK gibt.
- Das Folterverbot im Völkerrecht und seine Bedeutung im Kontext der Menschenrechte
- Das Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter als Schutzmechanismus vor Menschenrechtsverletzungen
- Die Auslegung des Art. 3 EMRK durch den EGMR und seine Anwendung in der Praxis
- Die Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich: Rechtliche Rahmenbedingungen, Rechtsprechung und Praxis
- Kritik an der Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich: Herausforderungen und Verbesserungspotenziale
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Relevanz des Folterverbots im Kontext der Menschenrechte heraus. Sie erläutert die Forschungsfrage und die Methodik der Arbeit. Kapitel 2 analysiert die Entwicklung des Folterverbots im Völkerrecht und beleuchtet die wichtigsten internationalen Rechtsinstrumente, die das Folterverbot verankern. Im Fokus stehen dabei die Genfer Konventionen, die Europäische Menschenrechtskonvention, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Amerikanische Menschenrechtserklärung und die Afrikanische Charta der Menschen- und Völkerrechte. Kapitel 3 untersucht das Auslieferungsverbot bei Gefahr der Folter als Schutzmechanismus vor Menschenrechtsverletzungen. Es erläutert das Prinzip des non-refoulement und beleuchtet die Auslegung des Art. 3 EMRK durch den EGMR. Das Kapitel analysiert die Rechtsprechung des EGMR zu relevanten Fällen. Kapitel 4 beleuchtet die Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich. Es analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Rechtsprechung und die Praxis in beiden Ländern. Kapitel 5 kritisiert die Umsetzung des Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich und identifiziert Herausforderungen und Verbesserungspotenziale.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt Themen wie Folterverbot, Auslieferungsverbot, Art. 3 EMRK, Menschenrechte, non-refoulement, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, deutsche Rechtsprechung, französische Rechtsprechung, Auslieferungsrecht, internationales Recht, Rechtsvergleichung, Kritik, Herausforderungen und Verbesserungspotenziale.
- Quote paper
- Jan Schneider (Author), 2004, Auslieferung und Folterverbot: Die Umsetzung von Art. 3 EMRK in Deutschland und Frankreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/48972