Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, eine umfassende Analyse und Bewertung der gesamten Wirtschaftsförderung für die neuen Länder zu leisten. Gleichwohl sollen exemplarisch einige der wichtigsten Förderprogramme vorgestellt, analysiert und bewertet werden. Das geschieht im fünften Kapitel. Besonderes Augenmerk verdienen dabei die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und die Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz. Daneben wird auf Programme zur Innovations- und Mittelstandsförderung eingegangen. Eine gesonderte Untersuchung des Förderinstrumentariums der Europäischen Union, das für die neuen Bundesländer Anwendung findet, würde den Umfang der Arbeit sprengen und erfolgt deswegen nicht. Für die Analyse der Förderinstrumente muss zuvor das theoretische Fundament gelegt werden, das als Beurteilungskriterium dienen soll. Dies geschieht im vierten Kapitel. Dazu werden die wichtigsten regionalwirtschaftspolitischen Ansätze mit ihren praktischen Implikationen vorgestellt und, soweit Studien dazu vorhanden sind, empirisch auf ihre Gültigkeit für die neuen Bundesländer hin überprüft. In diesem Zusammenhang wird auf die Neue Wachstumstheorie, die Neue Ökonomische Geografie, die Exportbasistheorie und die Wachstumspoltheorie eingegangen. Im sechsten Kapitel soll schließlich die grundsätzliche Problematik direkter Wirtschaftsförderung, vor allem wenn sie selektiv ist, verdeutlicht werden. Ordnungspolitische Bedenken werden ebenso geäußert wie Kritikpunkte, die sich aus Sicht der Public-Choice-Theorie ergeben. Alternative marktkonforme Strategien für den weiteren „Aufbau-Ost“ werden vorgeschlagen. Es soll in diesem Rahmen auch auf die Chancen eines Wettbewerbs der Regionen eingegangen werden, der sich aus einer Veränderung des institutionellen Designs ergeben könnte. Im siebenten Kapitel werden die aus den vorausgegangenen Analysen resultierenden wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen verdichtet und Perspektiven für die Zukunft aufgezeigt. Erwähnung findet in diesem Zusammenhang auch der internationale Rahmen, in dem sich der „Aufbau-Ost“ bewegt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ausgangssituation der neuen Bundesländer
2.1 Das Ende der DDR
2.1.1 Politische und wirtschaftliche Ursachen des Zusammenbruchs
2.1.2 Zusammenfassung
2.1.3 Wiedervereinigung und Anpassungsschock
2.2 Die Arbeit der Treuhandanstalt
2.2.1 Anfängliches Primat der schnellen Privatisierung
2.2.2 Späteres Primat der aktiven Sanierung
2.2.3 Zusammenfassung
3 Die ostdeutsche Wirtschaft im Transformationsprozess
3.1 Sektorale Produktions- und Beschäftigungsentwicklung
3.2 Strukturelle Gründe für den Produktivitätsrückstand
3.2.1 Mangel an überdurchschnittlich produktiven Wirtschaftszweigen
3.2.2 ungünstige Betriebsgrößenstruktur
3.2.3 Mangel an innovativen Wirtschaftszweigen
3.2.4 Mangel an exportintensiven Wirtschaftszweigen
3.2.5 Zusammenfassung
3.3 Weitere Gründe für den Produktivitätsrückstand
3.3.1 geringere Kapitalausstattung der Arbeitsplätze
3.3.2 schlechtere Infrastrukturkapitalausstattung
3.4 Überprüfung der Konvergenzhypothese im Lichte der neoklassischen Wachstumstheorie
4 Überprüfung von Strategien der regionalen Wirtschaftspolitik in den neuen Bundesländern
4.1 Neue Wachstumstheorie
4.1.1 Grundaussage
4.1.2 Wirtschaftspolitische Empfehlungen
4.1.3 Empirische Überprüfung
4.2 Neue Ökonomische Geografie
4.2.1 Grundaussage
4.2.2 Wirtschaftspolitische Empfehlungen
4.2.3 Empirische Überprüfung
4.3 Exportbasistheorie
4.3.1 Grundaussage
4.3.2 Wirtschaftspolitische Empfehlungen
4.3.3 Empirische Überprüfung
4.4 Wachstumspoltheorie
4.4.1 Grundaussage
4.4.2 Wirtschaftspolitische Empfehlungen
4.4.3 Empirische Überprüfung
5 Überprüfung ausgewählter Instrumente der regionalen Wirtschafts- und Strukturförderung Ost
5.1 Programme zur Investitionsförderung
5.1.1 GA „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
5.1.2 Investitionszulage
5.2 Programme zur Innovationsförderung
5.2.1 Direkte FuE-Projektförderung (Fachprogramme)
5.2.2 Netzwerkprogramm „InnoRegio“
5.2.3 Beratungsprogramm „InnoMan“
5.3 Programme zur Mittelstandsförderung
5.3.1 ERP-Existenzgründungsprogramm
5.3.2 ERP-Exportfinanzierungsprogramm
6 Zur Problematik direkter Wirtschaftsförderung – Alternativen
6.1 Ordnungstheoretische Bedenken
6.1.1 mangelndes wirtschaftpolitisches Lenkungswissen
6.1.2 Notwendigkeit von Interventionsregeln
6.1.3 politische Rahmenbedingungen
6.2 Bedenken aus Sicht der Public–Choice–Theorie
6.2.1 Die Rolle politischer Unternehmer
6.2.2 Lobbyismus
6.3 Marktkonforme Strategien
6.3.1 verbesserter Kapitalmarktzugang
6.3.2 wachstumsorientierte Steuerpolitik
6.3.3 Bildungsinvestitionen
6.3.4 Infrastrukturinvestitionen
6.3.5 produktivitätsorientierte Lohnpolitik
6.3.6 Wettbewerb der Regionen
7 Resümee
7.1 Bestandsaufnahme
7.2 Perspektiven
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Erwerbstätige (Inland) in den
neuen Bundesländern (ohne Berlin) nach Sektoren
Abbildung 2: Bruttowertschöpfung in den neuen Bundesländern
(ohne Berlin) nach Sektoren in Preisen von 1995 (unbereinigt)
Abbildung 3: Bruttowertschöpfung in den alten und neuen Bundesländern
in Preisen von 1995 (unbereinigt) je Erwerbstätigen (Inland)
Abbildung 4: Anteile der Sektoren an der Erwerbstätigkeit
in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2004
Abbildung 5: Anteile der industriellen Branchen an der Erwerbstätigkeit
im Sekundären Sektor in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung 6: Anteil der Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen
in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung 7: Anteil exportintensiver Branchen an Gesamtumsatz und Beschäftigten
im Verarbeitenden Gewerbe in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung 8: Kapitalstock je Erwerbstätiger
(Inland) in den alten und neuen Bundesländern
Abbildung 9: Veränderung der Bruttowertschöpfung in Preisen von 1995
(unbereinigt) gegenüber dem Vorjahr in den alten und neuen Bundesländern
Abbildung 10: Patente je 10.000 Einwohner im Jahr 2000 und FuE-Personalanteil
im Jahr 1999 in den neuen Bundesländern nach Regionstypen
Abbildung 11: Bruttoanlageinvestitionen je Einwohner
in Preisen von 1995 in den alten und neuen Bundesländern
Abbildung 12: GA „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
Abbildung 13: Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz
Abbildung 14: Direkte FuE-Projektförderung (Fachprogramme)
Abbildung 15: Netzwerkprogramm „InnoRegio“
Abbildung 16: Beratungsprogramm „InnoMan“
Abbildung 17: ERP-Existenzgründungsprogramm
Abbildung 18: ERP-Exportfinanzierungsprogramm
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten ist es Zeit für eine kritische Bestandsaufnahme der Erfolge aber auch der Misserfolge des bisherigen Transformationsprozesses in den neuen Bundesländern. Der Vorgang einer so schnellen und gründlichen Ablösung des Wirtschaftssystems der Planwirtschaft durch das der Sozialen Marktwirtschaft auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ist historisch einmalig. Zu Zeiten der Wiedervereinigung wurden das Ausmaß und die finanziellen Dimensionen der notwendigen strukturellen Anpassung in den neuen Ländern von vielen Politikern unterschätzt. Der Strukturwandel, der zum Erreichen nationaler und internationaler Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft notwendig war und im Wesentlichen in der Umbauphase von 1990 bis 1993 stattfand, ist bis heute noch nicht als abgeschlossen zu betrachten, da noch immer auffällige strukturelle Unterschiede in der sektoralen und branchenmäßigen Wirtschaftsstruktur zwischen neuen und alten Bundesländern bestehen. So liegt die Produktivität in den neuen Ländern auch heute noch bei nur rund 70% des Westniveaus. Ein Konvergenzprozess hinsichtlich der Produktions- und Einkommens-entwicklung, wie er nach der neoklassischen Theorie stattfinden sollte, ist praktisch nicht mehr zu beobachten. Im dritten Kapitel dieser Arbeit sollen diese strukturpolitischen Aspekte des Transformationsprozesses näher analysiert werden. Unter anderem werden dafür amtliche Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Länder graphisch aufbereitet und ausgewertet. Insbesondere wird versucht, die Gründe der „Produktivitätslücke“ zwischen alten und neuen Ländern darzustellen und deren Einfluss zu quantifizieren. Um die aktuellen wirtschaftlichen Probleme in Ostdeutschland zu verstehen, ist es jedoch unerlässlich, zuvor auf die spezifische Ausgangssituation nach dem Zusammenbruch der DDR einzugehen. Dies geschieht im zweiten Kapitel. Besonderes Augenmerk verdient dabei – neben den politischen und ökonomischen Gründen für den Zusammenbruch der DDR – die Arbeit der Treuhandanstalt, die gewissermaßen als „Transformationsagentur“ die wettbewerbliche Strukturierung der ostdeutschen Wirtschaft durch Privatisierung und Sanierung maroder ehemaliger DDR-Betriebe verwirklichte. Die Arbeit will bei aller kritischen Betrachtung der damals gemachten Fehler den Blick aber auf die Zukunft richten. Von Seiten der Politik wurde nach Ausbleiben der erwarteten schnellen Erfolge im wirtschaftlichen Angleichungsprozess Ostdeutschlands eine Vielzahl wirtschaftspolitischer Fördermaßnahmen beschlossen. Allein für den Mittelstand in den neuen Bundsländern konnten 1992 rund 40 verschiedene Förderinstrumente mit bis zu 700 Einzelmaßnahmen in Anspruch genommen werden, so dass man teilweise von einem wahren „Förderdschungel“ sprechen muss. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, eine umfassende Analyse und Bewertung der gesamten Wirtschaftsförderung für die neuen Länder zu leisten. Gleichwohl sollen exemplarisch einige der wichtigsten Förder-programme vorgestellt, analysiert und bewertet werden. Das geschieht im fünften Kapitel. Besonderes Augenmerk verdienen dabei die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und die Investitionszulage nach dem Investitionszulagen-gesetz. Daneben wird auf Programme zur Innovations- und Mittelstandsförderung eingegangen. Eine gesonderte Untersuchung des Förderinstrumentariums der Europäischen Union, das für die neuen Bundesländer Anwendung findet, würde den Umfang der Arbeit sprengen und erfolgt deswegen nicht. Für die Analyse der Förderinstrumente muss zuvor das theoretische Fundament gelegt werden, das als Beurteilungskriterium dienen soll. Dies geschieht im vierten Kapitel. Dazu werden die wichtigsten regionalwirtschaftspolitischen Ansätze mit ihren praktischen Implikationen vorgestellt und, soweit Studien dazu vorhanden sind, empirisch auf ihre Gültigkeit für die neuen Bundesländer hin überprüft. In diesem Zusammenhang wird auf die Neue Wachstumstheorie, die Neue Ökonomische Geografie, die Exportbasistheorie und die Wachstumspoltheorie eingegangen. Im sechsten Kapitel soll schließlich die grundsätzliche Problematik direkter Wirtschaftsförderung, vor allem wenn sie selektiv ist, verdeutlicht werden. Ordnungspolitische Bedenken werden ebenso geäußert wie Kritikpunkte, die sich aus Sicht der Public-Choice-Theorie ergeben. Alternative marktkonforme Strategien für den weiteren „Aufbau-Ost“ werden vorgeschlagen. Es soll in diesem Rahmen auch auf die Chancen eines Wettbewerbs der Regionen eingegangen werden, der sich aus einer Veränderung des institutionellen Designs ergeben könnte. Im siebenten Kapitel werden die aus den vorausgegangenen Analysen resultierenden wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen verdichtet und Perspektiven für die Zukunft aufgezeigt. Erwähnung findet in diesem Zusammenhang auch der internationale Rahmen, in dem sich der „Aufbau-Ost“ bewegt.
2 Ausgangssituation der neuen Bundesländer
2.1 Das Ende der DDR
2.1.1 Politische und wirtschaftliche Ursachen des Zusammenbruchs
Als die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik am 9. November 1989 unter dem Druck der Straße die Grenzen zu Westberlin und Westdeutschland öffnen ließ, war das der Startpunkt für eine bis dahin in diesem Ausmaß nicht gekannte politische und wirtschaftliche Transformation eines Gesellschaftssystems. Diesem Ereignis war ein jahrzehntelanger Auflösungsprozess der sozialistischen DDR vorausgegangen (siehe Fier, 1998, S. 31). In sozialistischen Systemen werden Märkte und Preise dirigiert, so dass Politik und Wirtschaft in diesen Systemen notwendigerweise eine Einheit bilden. Die politischen Strukturen waren daher über die Zeit starr und ohne Alternative. Legitimation durch freie Wahlen und konkurrierende Parteien hätten eine Dynamik ausgelöst, die den Herrschaftsanspruch und damit die Existenz der SED gefährdet hätte (siehe ebd., S. 26 f.). Die SED-Spitze steuerte damit in eine Legitimitätskrise. Die Strukturschwächen des politischen Systems führten dazu, dass die Staatsführung die Ansprüche der Bevölkerung nach Erneuerung, Veränderung und Partizipation nicht mehr kompensieren konnte. Sie reagierte darauf mit einem „Zick-Zack-Kurs“ (Weber, 1989, S. 458) von kurzfristigen Zugeständnissen und deren späterer Rücknahme, der de facto erfolglos blieb und zur Lähmung und Erschöpfung des gesamten Entwicklungspotentials führte. Insbesondere gelang es nicht, das wirtschaftliche System an das moderner westlicher Demokratien anzupassen, ohne von starren politischen Dogmen vor allem hinsichtlich der Wirtschaftsordnung[1] abweichen zu müssen. (siehe Fier, 1998, S. 30).[2] Eine Modernisierung der Planwirtschaft war nicht möglich. Das daraus immer größer werdende Wohlstandsgefälle zwischen BRD und DDR muss als eine entscheidende Ursache für den Zusammenbruch der DDR angesehen werden. Die wirtschaftlichen Strukturen wiesen erhebliche Negativsymptome auf. Hinsichtlich der sektoralen Struktur herrschten selbst zum Ende der DDR noch wesentliche Elemente einer Agrargesellschaft vor. Eine Verlagerung der Beschäftigungsschwerpunkte über den industriellen Sektor hin zum Dienstleistungssektor fand nicht statt (siehe ebd., S. 24).[3] Für die DDR zeichnete sich im Gegensatz zur BRD von 1960 bis 1989 ein stetiger, konstanter Pfad nach Wirtschaftszweigen ab. Eine Trendwende hin zu Massenkommunikationsmitteln und Computertechnik ist nicht auszumachen (siehe Statistisches Bundesamt, 1993, S. 24). Durch die Konzentration des Außenhandels auf das RGW-Gebiet und die massive Subventionierung von Exportprodukten für das westliche Ausland (siehe Danwerth, 1998, S. 128 f.), wurde von dieser Seite der Anreiz zur Innovation international wettbewerbs-fähiger Produkte als möglicher Anstoß für einen permanenten Strukturwandel[4] zusätzlich gemindert. Insgesamt ist in den 40 Jahren DDR kein drastischer Anstieg des Investitions-aufkommens feststellbar, wie er beispielsweise in der BRD von 1951 bis 1960 stattfand (siehe Fier, 1998, S. 26). Notwendige Modernisierungsinvestitionen im Kapitalbestand der Unternehmen wurden systematisch zugunsten eines überhöhten Konsumniveaus vernachlässigt,[5] um den Rückstand zu den westlichen Marktwirtschaften nicht noch offenkundiger werden zu lassen (siehe Budde et al., 1991, S. 49). Im Zuge der daraus resultierenden Veralterung der Produktionsanlagen sank die Produktivität der Wirtschaft, sie betrug zuletzt nur 30% des Westniveaus (siehe IAB, 2004, S. 14).[6] Hohe maschinelle Leerlaufzeiten, Fehlzeiten der Arbeitskräfte und ein energieintensiver Anlagenbestand, durch den die Ressourcen verknappt und verteuert wurden, trugen ihren Teil zu der stagnierenden Produktivität bei (siehe Fier, 1998, S. 30). Bei der Betriebsgrößenstruktur lässt sich eine Überindustrialisierung der DDR konstatieren (siehe Pfeiffer, 2000, S. 13). Das Wirtschaftssystem war bestimmt durch Monopole, Konzentration und Staatseigentum (siehe Fier, 1998, S. 44).[7] In der Enteignungswelle im Jahr 1972 wurden über 10.000 private Betriebe mit ca. 1 Mio. Beschäftigten verstaatlicht, also zwangsweise in Kombinate überführt (siehe Zuk, 1998, S. 105). In diesen Kombinaten waren 1989 3,3 Mio. Arbeitskräfte tätig, das entspricht ca. 90% aller Erwerbstätigen in der DDR (siehe Klinz, 1991, S. 30). Das damit einhergehende Fehlen eines industriellen Mittelstandes kann als Indiz für einen Mangel an interindustrieller und intraindustrieller Verflechtung angesehen werden (siehe Hölscher et al., 1991, S. 169). Hinsichtlich der regionalen Struktur lässt sich eine ungleiche Konzentration der Industriebetriebe mit Schwerpunkt in den südlichen Bezirken der DDR, vor allem im damaligen Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), in Dresden und Halle feststellen (siehe Fier, 1998, S. 44). Auf betrieblicher Ebene fehlten den Mitarbeitern aufgrund der fehlenden Absatzorientierung in der Planwirtschaft wichtige Kenntnisse im Marketing, in der Marktforschung, im Vertrieb und in der Logistik (so auch Danwerth, 1998, S. 156). Auf dem Gebiet der Infrastruktur zehrte die DDR in weiten Teilen von der Substanz eines Kapitalbestandes, der zu wesentlichen Teilen lange vor ihrer Gründung aufgebaut worden war (siehe DIW et al., 2003, S. 114).[8] Die vorhandene Substanz kann aber nur dann profitabel genutzt werden, wenn regelmäßig neues Kapital zugeführt wird (siehe Neumann, 1992, S. 170). Da diese Investitionen in der DDR zu großen Teilen unterblieben, beeinträchtigten die infrastrukturellen Defizite im Schienen-, Straßen- und Schifffahrtsverkehr die landesweite Versorgung erheblich und führten zu unrentablen Produktionsbedingungen (so auch Fier, 1998, S. 30). „Die mangelnde flächendeckende Ausstattung der DDR mit Telekommunikationsmitteln führte zu weiteren Fehlplanungen, steigerte die individuelle Unzufriedenheit und demotivierte, anstatt zu höheren Leistungen anzuspornen“ (ebd., S. 30).[9] Insgesamt wurde die selbst im Jahr 2001 noch bestehende „Infrastrukturlücke“ im Vorfeld der Solidarpakt II-Verhandlungen[10] auf rund 150 Mrd. € geschätzt (siehe IWH, 2002, S. 14).
2.1.2 Zusammenfassung
Alles in allem müssen breite Bereiche der Wirtschaftsstruktur in der DDR als rückständig und zum Ende der 80er Jahre als „in Auflösung“ bezeichnet werden. Der DDR drohte die Zahlungsunfähigkeit (siehe Schmid, 2004, S. 27). Politische Selbstbestimmung wurde systematisch unterbunden, bis dies vom Volk zuletzt nicht mehr hingenommen wurde. Neben den internen Krisenfaktoren wirkte die auf Entspannung und Reformen ausgerichtete Innen- und Außenpolitik der UdSSR unter Gorbatschow als ein krisenbeschleunigender externer Faktor (siehe Fier, 1998, S. 29), weil dadurch der Einfluss der sich selbst isolierenden DDR auf die benachbarten sozialistischen Länder immer weiter abnahm. Dies verschärfte die innenpolitische Krise zusätzlich. Die Staatsführung hatte dem Druck der Straße außer militärischer Gewalt, die Bürgerkrieg bedeutet hätte, zuletzt nichts mehr entgegenzusetzen. Erneuerung war nur durch systematische Transformation, d. h. durch einen grundsätzlichen Wandel des Systems selbst, möglich (siehe Pysz, 1993,
S. 240 ff.). Hinsichtlich des Wirtschaftssystems bedeutete diese Transformation den Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft.
2.1.3 Wiedervereinigung und Anpassungsschock
Die Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten erfolgte am 3. Oktober 1990 durch den endgültigen „Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes“[11] (Einigungsvertrag, 1990, Art. 1). Das Grundgesetz trat mit diesem Datum in den fünf neuen Ländern in Kraft. Dem voraus gegangen waren die ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 und die Unterzeichnung des ersten Staatsvertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 18. Mai 1990 (siehe Fier, 1998, S. 33, 41). Von diesen Maßnahmen wurde zuerst die Währungs- und Sozialunion unmittelbar wirksam, indem die D-Mark gesetzliches Zahlungsmittel und die bundesdeutsche Sozialgesetzgebung auf das Beitrittsgebiet ausgedehnt wurde. Die Beurteilung dieser „Schocktherapie“ (Watrin, 1992, S. 432) fällt in Fachkreisen unterschiedlich aus. Während einige Autoren die Vorteile der neuen Bundesländer gegenüber anderen osteuropäischen Ländern in der Tatsache sehen, dass durch die Übernahme einer bewährten Rechts- und Wirtschaftsordnung Lern- und Umstellungskosten gespart werden konnten (so z. B. Neumann, 1992, S. 169), betonen andere Autoren, dass es durchaus Alternativen zum unreflektierten „Überstülpen des einen Systems über das andere“ (Pfeiffer, 2000, S. 6) gegeben hätte. „Denn mit dem [Einigungs-] Vertrag mussten die neuen Länder die Gesamtheit der deutschen Gesetze und Verordnungen übernehmen, somit auch die bürokratische Überregulierung. Baurecht, Umweltrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht – zum mühsamen Erlernen neuer Regeln kam die Lähmung durch die aus dem Westen importierte Bürokratie“ (Schmid, 2004, S. 27). Die Bundesrepublik wies schon vor der Wiedervereinigung eine große strukturelle Reformbedürftigkeit auf, „in der 1980 bis 1990 offenbar niemand an die Zukunft und den Schuldenabbau dachte“ (Pfeiffer, 2000, S. 52). Zeit für Reformen gab es aber 1990 nicht (siehe Schmid, 2004, S. 27). Im Sinne eines ostdeutschen Sonderweges wäre die Verschiebung der Währungsunion und die zeitlich befristete Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone mit niedrigeren gesetzlichen Standards, verminderten (Mehrwert-) Steuersätzen[12] oder gar protektionistischen Maßnamen[13] denkbar gewesen (siehe Pfeiffer, 2000, S. 21 und SVR, 2004, S. 465). Der ernorme Zeitdruck im Hinblick auf die internationale Lage und die anstehenden Bundestagswahlen führte dazu, dass die mit der Einheit verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme in weiten Kreisen unterschätzt wurden (ähnlich Pfeiffer, 2000, S. 5). Da die Kosten der Einheit von dem Bonner Ministerium für gesamtdeutsche Fragen nie ermittelt worden waren (siehe ebd.,
S. 5), waren die Politiker auf Gutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute angewiesen. Es spricht vieles dafür, dass auch die Institute das Ausmaß der Anpassungskrise im Zuge der Systemtransformation von der Planwirtschaft hin zur Marktwirtschaft unterschätzten – der Verlass auf oft stark geschönte DDR-Statistiken sowie die führende Stellung der DDR innerhalb des RGW mögen dazu beigetragen haben (so auch Danwerth, 1998, S. 128). Die Deutsche Einheit war damit schlecht vorbereitet, die Wirkung des aus der Vereinigung resultierenden exogenen Schocks auf die ostdeutsche Wirtschaft wurde unterschätzt.
2.2 Die Arbeit der Treuhandanstalt
Die Treuhandanstalt (THA) hatte die „historisch einzigartige Aufgabe, eine zentralwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsstruktur in die sozial und marktwirtschaftlich gestaltete Ordnungsform der Bundesrepublik Deutschland zu transformieren“ (Turek, 1992, S. 667). Ihr kam als Anstalt des öffentlichen Rechts die Rolle zu „gemäß den Bestimmungen des Treuhandgesetzes“[14] vom 17.05.1990 „die früheren volkseigenen Betriebe wettbewerblich zu strukturieren und zu privatisieren“ (Einigungsvertrag, 1990, Art. 25), d. h. in Kapitalgesellschaften umzuwandeln. Zu ihrem Gründungszeitpunkt befanden sich 13.781 Unternehmen und Unternehmensteile im Portfolio der THA (siehe Fier, 1998, S. 33), die in Spitzenzeiten mit 5000 Mitarbeitern arbeitete (siehe o. V., 2003). Die Privatisierungskonditionen der Treuhand beinhalteten a) die Entwicklung eines tragfähigen Unternehmenskonzepts durch den Erwerber, b) Vertragszusagen bezüglich des Umfangs der Investitionen, c) Zusagen des Erwerbers über die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, d) Festlegung von Vertragsstrafen im Falle der Nichteinhaltung der Investitions- und Arbeitsplatzzusagen sowie e) die Aushandlung des Verkaufspreises (siehe Die Wirtschaft, 1993, S. 29 f.). Die Arbeit der Treuhand wurde von Anfang an erschwert durch ungeklärte Eigentumsfragen,[15] eine schwierige Marktsituation für die meisten Unternehmen, veraltete Technologien und ökologische Altlasten, die Kauf-interessenten abschreckten (siehe Fier, 1998, S. 34).
2.2.1 Anfängliches Primat der schnellen Privatisierung
Anfänglich sah die Geschäftspolitik der THA die schnellstmögliche Privatisierung und Liquidierung der staatlichen Betriebe vor (so auch Fier, 1998, S. 34). Die Privatisierung wurde als das beste Mittel zur Sanierung verstanden (siehe Schmid-Schönbein, 1991,
S. 243). Insgesamt setzte die Wirtschaftspolitik also primär nicht auf die Erhaltung bestehender industrieller Strukturen durch eine industriepolitische Strategie (Strukturerhaltungspolitik), sondern auf die Schaffung neuer, moderner Unternehmen in zukunftsträchtigen Branchen durch den Markt (Strukturanpassungspolitik) (so auch Heise/Ziegler, 1992, S. 551).[16] Überleben sollten nur diejenigen Unternehmen, die in der Beurteilung privater Investoren kurz- bis mittelfristig als wettbewerbsfähig angesehen wurden (siehe Danwerth, 1998, S. 127). Aussagen von Birgit Breuel, Präsidentin der Treuhandanstalt, geben allerdings Hinweise darauf, dass sich die THA beim Verkauf keineswegs nur am betriebswirtschaftlichen, sondern auch am struktur- und beschäftigungspolitischen Kalkül orientierte: „Vorrang haben in jeden Fall solche Konzepte, die Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Der Kaufpreis ist dabei nur ein Aspekt neben Investitionen und unternehmerischem Engagement“ (Breuel, 1991, S. 164). Die ausgehandelten Zusagen sowie die beachtliche Kreditschuldquote für die Passiva im Zuge der Übernahme (ökologischer) Altlasten (siehe Hankel, 1991, S. 41) drückten dabei in den meisten Fällen den Kaufpreis, so dass dieser oftmals unter dem tatsächlichen Marktwert lag (siehe Zuk, 1998, S. 94).[17] Auch wenn durch diese Politik die konkreten Arbeitsplätze am bestehenden Standort kurzfristig sicherer waren, kann bezweifelt werden, ob diese Strategie auch langfristig die meisten Arbeitsplätze sicherte. Oft wurden unwirtschaftliche Unternehmensteile trotz der anfallenden Vertragsstrafen stillgelegt (siehe Danwerth, 1998, S. 134), oder die Zahl der Interessenten wurde durch übermäßige Auflagen oder das Schnüren von Unternehmenspaketen, die nur im Verbund erworben werden konnten, verringert (siehe ebd., S. 135).[18] Der Treuhand wurde weiterhin vorgeworfen, dass es unter dem Zeitdruck der schnellstmöglichen Privatisierung kaum zu Ausschreibungen oder Auktionen gekommen sei, und ausländische Bewerber benachteiligt worden wären (siehe Schmid, 2004, S. 27, anders aber Zuk, 1998, S. 95). Fakt ist jedenfalls, dass nur rund 10% der ehemaligen VEB in Treuhandbesitz in ausländischen Besitz übergingen (siehe ebd., S. 97).
2.2.2 Späteres Primat der aktiven Sanierung
Spätestens 1993 zeichnete sich ab, dass das erhoffte Kapitalvolumen für einen Aufschwung in den neuen Bundesländern nicht angezogen werden konnte. Die meisten Treuhandunternehmen arbeiteten weiterhin mit laufenden Verlusten (siehe Priewe, 1991a, S. 71). Private Investoren schreckten vor einem Kauf dieser Objekte und der erforderlichen Sanierung zurück. Damit drohten diese Unternehmen nach Abschluss des operativen Geschäfts der THA in Staatseigentum zu verbleiben (siehe Danwerth, 1998, S. 127), wenn sie nicht stillgelegt werden sollten. Da andererseits Produktionsrückgang und Arbeitsplatzabbau in der ostdeutschen Wirtschaft nicht an der (imaginären) kalkulierten Linie eines „Gesundschrumpfungsprozesses“ (ebd., S. 132) halt machten,[19] wurde eine weitgehende Deindustrialisierung der neuen Bundesländer befürchtet (so z. B. DIW 1993, S. 252 und Priewe/Hickel, 1991, S. 23). Es bestand das Risiko, dass dadurch auch Unternehmen und Wirtschaftszweige in Mitleidenschaft gezogen würden, die in ihrer Substanz mittelfristig wettbewerbsfähig waren (siehe Danwerth, 1998, S. 132). Eingedenk der, vor allem in den Monoregionen, massiven sozialen Implikationen des industriellen Niedergangs wurden deshalb frühzeitig industriepolitische Strategien für die Zeit des Übergangs und der Umstrukturierung (Strukturgestaltungspolitik) gefordert (so z. B. Kroll/Wilhelm 1991, S. 527 und Engberding 1991, S. 329). Insbesondere Politiker der SPD-Opposition und Gewerkschafter forderten die Etablierung einer lenkenden Industriepolitik in Ostdeutschland[20] (siehe Danwerth, 1998, S. 144). Im Zuge dieser Entwicklung wurde der Druck auf die Treuhand größer, die noch in ihrem Besitz befindlichen Betriebe durch eine aktive Sanierung im Sinne einer Modernisierung und Neuausrichtung der Unternehmen, die eigentlich den privaten Erwerbern zugedacht war, wettbewerbsfähig zu machen, also nicht nur eine passive Sanierung[21] zu betreiben (siehe Priewe, 1991b, S. 317). Im Rahmen der aktiven Sanierung, auf welche die THA erstmals im März 1991 in Ansätzen verpflichtet wurde (siehe Grundsätze für den Aufschwung Ost, 1991, S. 213 f.), deren Umsetzung aber erst Anfang 1993 begann (siehe o. V., 1998,
Kap. 3, Abs. 4), übernahm sie stellvertretend die Geschäftspolitik des Betriebs. Dazu gehörten die Erarbeitung von Unternehmenskonzepten, Managementaufgaben und die Finanzierung von Investitionen. Zusätzlich wurden laufende Verluste ausgeglichen und die Unternehmen mit frischem Eigenkapital ausgestattet (siehe Danwerth, 1998, S. 138). Gegen ein solches Vorgehen sprach, dass der Treuhand das nötige unternehmerische Wissen fehlte, um über die richtigen Anpassungsmaßnahmen und deren Erfolgsaussichten zu entscheiden (ähnlich Hamm, 1991, S. 65). Da ihre Mitarbeiter ohne unternehmerisches Risiko handelten, kann die ökonomische Vernünftigkeit vieler Entscheidungen der THA wegen fehlender Handlungsanreize und Sanktionen bezweifelt werden. Die Tatsache, dass Großunternehmen die Sanierungsfähigkeit häufiger attestiert wurde als kleinen Unternehmen, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass viele Sanierungspläne allein auf politischen Druck hin, gebilligt wurden (so auch DIW, 1992, S. 480).[22] Das Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und der Marktorientierung der zu sanierenden Unternehmen wurde dadurch ernsthaft in Frage gestellt. Strukturhilfen, welche die Anpassungsreaktionen der Markteilnehmer nur erleichtern sollten (Strukturanpassungspolitik), drohten in Dauersubventionierungen (Strukturerhaltungspolitik) zu münden (so auch Donges, 1993, S. 68). Diese Gefahr wurde durch das Fehlen einer zeitlichen und quantitativen Begrenzung sowie durch das Fehlen einer degressiven Gestaltung und eindeutigen Zweckgebundenheit der Subventionen (siehe Danwerth, 1998, S. 144) verstärkt.
2.2.3 Zusammenfassung
Ende 1994, als die Treuhand aufgelöst wurde, wies sie ein Defizit von 115 Mrd. € auf (siehe Schmid, 2004, S. 27). Die Hoffnung, „den Sparern zu einem späteren Zeitpunkt […] ein verbrieftes Anteilsrecht an volkseigenem Vermögen“ (Treuhandgesetz, 1990, § 5,
Abs. 2) einräumen zu können, erwies sich damit als verfehlt. Den dafür notwendige Privatisierungsüberschuss gab es nicht.[23] Die unzureichende Wettbewerbsfähigkeit vieler ostdeutscher Betriebe sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten, Interessenten mit ernst gemeinten Sanierungskonzepten zu finden, waren aber im Wesentlichen nicht Schuld der Treuhandanstalt, sondern Folge von 40 Jahren Planwirtschaft in der DDR. Die handwerklichen Fehler, die gemacht wurden, sind vor dem Hintergrund, dass ihr Auftrag historisch ohne Vorbild dastand, auf wissenschaftliche und empirische Untersuchungen also nicht zurückgegriffen werden konnte (siehe o. V., 2000a), zu großen Teilen nachvollziehbar. Insgesamt lässt sich die Privatisierungs- und Sanierungspolitik der Treuhand dem Grundsatz nach als positiv beurteilen, auch wenn sie im Nachhinein für viele zum „Sündenbock“ für die Folgen des notwendigen massiven Umstrukturierungs-prozesses in den neuen Ländern gemacht wurde (so auch ebd.). Viele Menschen sahen in ihr eine „Plattmacherin der ostdeutschen Industrie“. Die Zahl der in der Abschlussbilanz ausgewiesenen Liquidationen sei eindeutig zu niedrig (siehe Pfeiffer, 2000, S. 84).[24] Verstärkt wurde ihr schlechter Ruf durch die Verstrickung einzelner Treuhandmitarbeiter in Korruptionsskandale, wodurch in der Tat beträchtliche volkswirtschaftliche Schäden entstanden und die zur Einsetzung eines „Untersuchungsausschuss Treuhandanstalt“ im Bundestag führten. Das Gremium stellte seine Arbeit am 29.08.1994 mit zwei sich völlig widersprechenden Abschlussprotokollen von CDU und SPD ein (siehe ebd., S. 85).
3 Die ostdeutsche Wirtschaft im Transformationsprozess
3.1 Sektorale Produktions- und Beschäftigungsentwicklung
Da in der DDR praktisch kein Strukturwandel stattfand, musste dieser nach der Wiedervereinigung innerhalb kürzester Zeit nachgeholt werden. Es kann im Wesentlichen zwischen vier Transformationsphasen unterschieden werden: dem alten System bis 1989, der Vereinigungsphase vom November 1989 bis zur Wirtschafts- und Währungsunion im Juli 1990, einer Umbauphase bis Ende 1993 und einer Konsolidierungsphase ab 1994 (siehe Falk, 2000, S. 59 f.). Der nachholende Strukturwandel vollzog sich im Wesentlichen in der Umbauphase Ende 1990 bis 1993 durch das Zusammenschrumpfen des Primären Sektors[25] und des Sekundären Sektors[26] (siehe Bach et al., 1998, S. 53) mit einem massiven Beschäftigungsabbaus in diesen Bereichen (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Erwerbstätige (Inland)[27] in den neuen Bundesländern
(ohne Berlin)[28] nach Sektoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004a)[29]
Der exogene Schock auf die ostdeutsche Wirtschaft im Jahr 1990 lässt sich durch die schockartige Umstellung der Marktverhältnisse, eine extreme Aufwertung der Währung,[30] beachtliche Lohnsteigerungen und die daraus folgenden zu niedrigen Bruttoanlage-investitionen in der Industrie beschreiben (siehe Wölfling, 1994, S. 6). Die Entlassungs-welle, die durch den sektoralen Strukturwandel in der Umbauphase ausgelöst wurde, erreichte ihren Höhepunkt 1991 (siehe Bach et al., 1998, S. 53). In diesem Jahr betrug die Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern (einschließlich Berlin) 10,3 %; sie stieg seitdem, wenn auch mit abgebremster Geschwindigkeit, weiter kontinuierlich an, bis auf 19,5% im Jahr 2002 (siehe IAB, 2003, Übersicht 3.6.1).[31] Aus Sicht der Modernisierungs-theorie[32] konnte erst nach dieser Phase der Zerstörung alter (industrieller) Strukturen das neue System der soziale Marktwirtschaft etabliert werden (siehe Fier, 1998, S. 50). Parallel zu dieser destruktiven Komponente vollzog sich eine Tertiärisierung,[33] regionale Differenzierung und Entflechtung der DDR-Monopole (siehe ebd., S. 50), was durch die Währungsunion und die Privatisierungspolitik der Treuhand begünstigt wurde. Dass dieser Umbau insgesamt als erfolgreich bezeichnet werden kann, wird ersichtlich, wenn man auf die Entwicklung der sektoralen Bruttowertschöpfung abstellt (siehe Abb. 2). Aus den Daten wird deutlich, dass man, zumindest ab dem Jahr 1991, hinsichtlich der Bruttowertschöpfung in absoluten Zahlen nicht von einem Zusammenschrumpfen des Primären und des Sekundären Sektors in den neuen Bundesländern sprechen kann. Der Beschäftigungseinbruch in diesen Wirtschaftszweigen ist folglich nicht auf einen Produktionsrückgang, sondern auf Rationalisierungsmaßnahmen zurückzuführen, die die Arbeitsproduktivität erhöhten. Auch bei den relativen Anteilen der Sektoren an der Bruttowertschöpfung in den neuen Bundesländern lassen sich kaum auffällige Verschiebungen feststellen. Der Wertschöpfungsanteil des Sekundären Sektors liegt beispielsweise zwischen 1991 und 2004 relativ konstant bei rund 28% (siehe Tab. 5, Anhang). Diese Beobachtung, die die Aussage der Drei-Sektoren-Hypothese widerlegt, der Sekundäre Sektor werde langfristig auf einen Produktions- und Beschäftigungsanteil von 10% zusammenschrumpfen (siehe Fourastié, 1957, S. 270 ff.), steht in Übereinstimmung mit Erfahrungen aus anderen westlichen Industrienationen (siehe Thuy, 1994, S. 28 f.).
Abbildung 2: Bruttowertschöpfung in den neuen Bundesländern (ohne Berlin)
nach Sektoren in Preisen von 1995 (unbereinigt)[34]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004a)[35]
3.2 Strukturelle Gründe für den Produktivitätsrückstand
Ausgehend von einem Produktivitätsniveau, das zur Wende nur 30% des westdeutschen betrug (siehe IAB, 2004, S. 14) waren diese mit Entlassungen verbundenen Rationalisierungen für das Erreichen der Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen auf dem Binnenmarkt und dem Weltmarkt unvermeidlich. Überdies gilt die Produktivität als Schlüsselgröße für die weitere Einkommensentwicklung und den Transferbedarf der neuen Länder (siehe Ragnitz, 2001, S. 181). Im Zeitraum zwischen 1991 und 1994 lässt sich ein eindrucksvoller Aufholprozess der neuen Bundesländer bei der Arbeitsproduktivität feststellen, der sich nach 1994 allerdings dermaßen abgeschwächt hat, dass das Produktivitätsniveau Ost seitdem relativ konstant rund 30% unter dem Produktivitätsniveau West liegt (siehe Abb. 3 und Tab. 6, Anhang).[36]
Abbildung 3: Bruttowertschöpfung in den alten und neuen Bundesländern
in Preisen von 1995 (unbereinigt) je Erwerbstätigen (Inland)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004a)[37]
Abbildung 4: Anteile der Sektoren an der Erwerbstätigkeit in den
alten und neuen Bundesländern im Jahr 2004
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004a)[38]
Die Gründe für diesen Produktivitätsrückstand werden unter anderem in strukturellen Defiziten der ostdeutschen Wirtschaft gesehen (so z. B. IAB, 2004, S. 19), die es zu korrigieren gelte. Da auf sektoraler Ebene, wenn man von dem geringfügig höheren Anteil des weniger produktiven Primären Sektors in Ostdeutschland[39] absieht, hinsichtlich der Beschäftigungsanteile keine gravierenden Unterschiede mehr zwischen alten und neuen Bundesländern bestehen (siehe Abb. 4), werden die Defizite auf Branchenebene lokalisiert.
3.2.1 Mangel an überdurchschnittlich produktiven Wirtschaftszweigen
Es wird angeführt, dass innerhalb des industriellen Sektors die überdurchschnittlich produktiven Branchen Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau, Energie- und Wasserversorgung in den neuen Bundesländern unterrepräsentiert seien, wohingegen das unterdurchschnittlich produktive Baugewerbe überrepräsentiert sei (siehe IAB, 2004, S. 20). Diese Auffassung wird durch amtliche Daten der VGR bestätigt (siehe Abb. 5).
Abbildung 5: Anteile der industriellen Branchen an der Erwerbstätigkeit im Sekundären Sektor in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004a)[40]
Im Grunde steht hinter dieser Aussage die Feststellung, dass die auf aggregierter Ebene zwar nicht nachweisbare Unterrepräsentation des industriellen Sektors (siehe Abb. 4) zutage treten würde, wenn man das Aggregat um die infolge des Wiedervereinigungs-booms und vielfältiger steuerlicher Sonderabschreibungsmöglichkeiten überdimensionierte Bauwirtschaft[41] bereinigte, die sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet (siehe IAB, 2005, S. 19) und deren Zusammenschrumpfen unausweichlich scheint. Der Mangel einer industriellen Basis würde also erst auf den zweiten Blick zutage treten. Zwar würde es hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft insgesamt keinen Unterschied machen, ob neue Arbeitsplätze im Sekundären oder im fast genauso produktiven Tertiären Sektor (siehe Tab. 7, Anhang) geschaffen werden, trotzdem bestehen Zweifel, dass allgemeine Dienstleistungen „der entscheidende Retter“ (Gesprächskreis Ost, 2004, S. 13) sein können. Diese Sorge scheint begründet, da die Entwicklung der überdurchschnittlich produktiven wirtschaftsnahen Dienstleistungen[42] auf das Vorhandensein einer industriellen Basis angewiesen ist (ähnlich ebd., S. 12 f.). Andererseits stellt sich die Frage, mit welcher Berechtigung die westdeutsche Branchenstruktur als Referenzstruktur für die neuen Länder gelten sollte. Überhaupt können Referenzstrukturen schwer empirisch identifiziert werden (siehe Görgens, 1992,
S. 499 f.). Insofern wäre der Umstand eines im Vergleich zum Westen schwach ausgeprägten Sekundären Sektors noch kein Grund für eine lenkende Industriepolitik.
3.2.2 ungünstige Betriebsgrößenstruktur
Als weitere strukturelle Ursache des ostdeutschen Produktivitätsrückstandes wird eine ungünstige Betriebsgrößenstruktur mit einer geringeren durchschnittlichen Betriebsgröße[43] und einem Mangel an Großunternehmen[44] genannt. (so z. B. IAB, 2004, S. 25; Ragnitz, 2001, S. 185 und DIW et al., 2003, S. 151). Die kleinbetrieblichere Wirtschaftsstruktur in den neuen Ländern wird anhand von Daten des IAB deutlich (siehe Abb. 6). Die kleinbetrieblichere Wirtschaftsstruktur in den neuen Bundesländern liegt nicht zuletzt daran, dass die große Mehrheit der ostdeutschen Firmen erst nach der Wiedervereinigung gegründet wurde (siehe Czarnitzki, 2002, S. 7). Ein weiterer Grund ist die erfolgreiche Aufspaltungspolitik der Treuhand: 1994 hatten 90% der Firmen weniger als 250 Beschäftigte, 45% sogar weniger als 50 Mitarbeiter (siehe Kühl/Wahse, 1994, S. 128). Die Gesamtzahl aller marktaktiven KMU[45] wurde Ende 1992 auf 395.000 geschätzt (siehe BMWi, 1993a, S. 285) – verglichen mit 20.000 KMU im Jahr 1989 (siehe Fier, 1998, S. 44) eine erfreuliche Entwicklung, da „in modernen Volkswirtschaften […] die kleineren und mittleren Unternehmen die eigentlichen Garanten für Wirtschafts- und Wachstumsdynamik [sind]“ (Die Wirtschaft 1993, S. 22). Das aus der DDR resultierende Strukturdefizit im mittelständischen Bereich scheint damit zu großen Teilen abgebaut.
Abbildung 6: Anteil der Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen
in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; IAB, 2004, S. 26[46]
Nun wird aber gerade die entstandene kleinbetriebliche Struktur wieder kritisiert. Vielen KMU fehle aufgrund der mangelnden Zuliefermöglichkeiten für Großbetriebe eine wichtige Existenzgrundlage (siehe DIW et al., 2003, S. 87 f.). Außerdem wird argumentiert, die Mehrzahl der mittelständischen Industrieunternehmen in den neuen Ländern würden aufgrund ihrer kleinen Betriebsgröße über eine geringere Marktmacht verfügten und müssten dies mit höheren Kosten beim Einkauf und geringeren Preisen beim Verkauf[47] bezahlen. Beides gehe zu Lasten der Produktivität (siehe Schmalholz, 2005, S. 3). Aus theoretischen Gesichtspunkten ist an dieser Auffassung zu kritisieren, dass eine geringere Preissetzung in einem marktlichen Wettbewerbssystem in der Regel zu einem Gewinn von Marktanteilen führt und daher nicht pauschal negativ zu beurteilen ist. Sie kann sehr wohl unternehmerischen Kalkül entspringen. Ostdeutsche Unternehmen wären für die Verfolgung dieser Strategie selbstverständlich ihrerseits auf kostenseitige Vorteile angewiesen, zu denen die Lohnpolitik einen entscheidenden Beitrag leisten müsste. Weiterhin wird behauptet, kleinere Betriebe seien nicht darauf angelegt, in neue Dimensionen hineinzuwachsen und überregionale Märkte zu bedienen (siehe IAB, 2004, S. 25). Dieser Ansicht ist ebenfalls zu widersprechen. Zwar mag es richtig sein, dass kleinere Unternehmen wegen der fehlenden Möglichkeit, produktionsbedingte Skalenerträge[48] wahrzunehmen (siehe Ragnitz, 2001, S. 185), im Allgemeinen ein niedrigeres Produktivitätsniveau aufweisen, und somit das Argument, kleinere Betriebsgrößen seien für die „Produktivitätslücke“ (IAB, 2004, S. 16) mit verantwortlich, nicht von der Hand zu weisen ist. Dem muss aber der positive Beschäftigungseffekt einer kleineren Betriebsgrößenstruktur gegenübergestellt werden. Eine Bevorzugung großer Unternehmen bei den förderpolitischen Maßnahmen, wie er von manchen Instituten gefordert wird (so z. B. IWH, 2002, S. 16), ist daher abzulehnen.
3.2.3 Mangel an innovativen Wirtschaftszweigen
Aus strukturpolitischen Erwägungen wird weiterhin auf den Mangel an innovativen, FuE-intensiven Zweigen innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes[49] in den neuen Bundesländern hingewiesen (siehe ebd., S. 151 und Ragnitz, 2001, S. 185). Während im Jahr 2002 FuE-intensive Zweige in Westdeutschland einen Umsatzanteil von 59% des gesamten Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe auf sich vereinigen konnten, waren es in den neuen Bundesländern nur 42% (siehe IAB, 2004, S. 21). Pro 1000 Erwerbstätige gibt es in Ostdeutschland 3 FuE-Beschäftigte, in Westdeutschland sind es hingegen 9,5 (siehe DIW et al., 2003, S. 152). Außerdem ist die Gründungsintensität in Ostdeutschland in jüngster Zeit hinter den westdeutschen Wert zurückgefallen,[50] die Patentanteile stagnieren und die New Economy ist drastisch unterrepräsentiert (siehe ebd., S. 164). Diese Schwäche der ostdeutschen Wirtschaft erscheint besonders schwerwiegend, weil davon ausgegangen wird, dass sie die langfristige Produktivitätsentwicklung negativ beeinträchtigt (siehe IAB, 2004, S. 23).[51] Aus diesem Gedankengang heraus ist die Förderung von Innovations- und FuE-Projekten zur Erhöhung der technologischen Leistungsfähigkeit ostdeutscher Unternehmen zu einem Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik für die neuen Länder geworden (siehe DIW et al., 2003, S. 148). In Studien wird weiterhin darauf hingewiesen, dass die auf aggregierter Ebene zu Tage tretenden Strukturnachteile bei den Innovationen ihrerseits primär aus der unterschiedlichen Sektor- und Unternehmensgrößenstruktur der neuen Länder resultieren, dass also nicht die einzelnen Unternehmen zu wenig Forschung betreiben (siehe ebd., S. 173 f.). Großunternehmen, die in den neuen Ländern nur schwach vertreten sind, würden in der Regel mehr forschen als kleine Unternehmen (siehe ebd., S. 150).[52] Ob dies aber als Rechtfertigung für die massive Subventionierung von FuE ausreicht, muss bezweifelt werden, da die empirischen Resultate hinsichtlich der Beziehung von Marktstruktur und Innovationsaktivität bestenfalls als fragil bezeichnet werden können.[53]
3.2.4 Mangel an exportintensiven Wirtschaftszweigen
Schließlich wird der Mangel an exportintensiven Wirtschaftszweigen[54] als ein weiteres strukturelles Defizit der neuen Bundesländer angeführt (siehe IAB, 2004, S. 21) Sowohl der Umsatzanteil, als auch der Beschäftigtenanteil der Exportbranche am Verarbeitenden Gewerbe sind in Ostdeutschland im Vergleich zu Westdeutschland geringer (siehe Abb. 7). Der Außenhandel Ostdeutschlands hatte nach 1990 einen dramatischen Einbruch zu verzeichnen. Auf den angestammten Ostmärkten mussten die Unternehmen 1991 Absatzeinbrüche um die 60% hinnehmen, nachdem die Möglichkeit entfiel, die Geschäfte
auf Transferrubelbasis abzuwickeln (siehe Zuk, 1998, S. 93).[55] Im Wettbewerb mit internationalen Anbietern waren ihre Produkte hinsichtlich Qualität und Preisniveau unterlegen, es mangelte an Vertriebsnetzen und Marketingstrategien (siehe Werner 1992, S. 208). Im Jahr 1993 betrug das ostdeutsche Exportniveau nur noch 20% des Wertes im Jahr 1989 (siehe Die Wirtschaft, 1993, S. 26). Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Zahlen auch als Positiventwicklung interpretierbar. Öffentliche Programme zur Exportförderung sollen helfen, die noch bestehenden Defizite abzubauen. Exportintensive Branchen gelten als weniger konjunkturabhängig, weil sie nicht nur für regionale Märkte produzieren. Ihnen wird wegen ihrer Einbindung in die internationale Arbeitsteilung ein höherer Anteil qualifizierter Arbeitsplätze zugeschrieben (siehe IAB, 2004, S. 25).
Abbildung 7: Anteil exportintensiver Branchen an Gesamtumsatz und Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2002
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: IAB, 2003, S. 24[56]
3.2.5 Zusammenfassung
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass strukturelle Defizite ein, aber nicht der entscheidende Grund für den nach wie vor bestehenden Produktivitätsrückstand der neuen Bundesländer sind. Einer Studie des IWH zufolge ist nur ein Achtel der gesamten Produktivitätslücke durch den sektoralen Struktureffekt erklärbar (siehe Ragnitz, 2001, S. 185). Obwohl die bestehenden Strukturen unter Produktivitätsgesichtspunkten nicht als unproblematisch zu bezeichnen sind, so bleibt doch unter Beschäftigungsgesichtspunkten festzuhalten, dass Vollbeschäftigung grundsätzlich bei jeder Wirtschaftsstruktur möglich ist (siehe Görgens, 1992, S. 499). Bedingung dafür wären aber markträumende und produktivitätsorientierte Löhne. Ungeachtet der strukturellen Unterschiede muss die geringere wirtschaftliche Aktivität insgesamt in den neuen Ländern zu größerer Sorge Anlass geben. So ist dort die Unternehmensdichte (bezogen auf die Einwohnerzahl) immer noch um rund ein Fünftel niedriger als in Westdeutschland (siehe IWH, 2002, S. 18).
3.3 Weitere Gründe für den Produktivitätsrückstand
Weitere Teile der ostdeutschen Produktivitätslücke werden durch Unterschiede bei den komplementären Produktionsfaktoren Sachkapitalausstattung der Arbeitsplätze und Infrastrukturkapitalausstattung erklärt (so z. B. Ragnitz, 2001, S. 182 ff.).
3.3.1 geringere Kapitalausstattung der Arbeitsplätze
Die Kapitalintensität der ostdeutschen Produktion ist in den 90er Jahren deutlich angestiegen, und nähert sich immer mehr an das Westniveau an. Trotzdem ist noch immer eine Kapitalstocklücke in den neuen Bundesländern zu konstatieren (siehe Abb. 8).
Abbildung 8: Kapitalstock je Erwerbstätiger (Inland)
in den alten und neuen Bundesländern
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung; Arbeitskreis „VGR der Länder“ (2004b, 2004c)[57]
[...]
[1] „Die Wirtschaftsordnung eines Landes besteht in der Gesamtheit der jeweils realisierten Formen, in denen Betriebe und Haushalte miteinander verbunden sind, in denen also der Wirtschaftsprozess in concreto abläuft“ (Eucken, 1952, S. 23).
[2] Der Ausspruch Walter Ulbrichts (SED) „Überholen ohne Einzuholen“ zeigt das Bestreben an, einzelne Stadien der Modernisierung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung kraft politischer Beschlüsse zu überspringen, um dann auf einer höheren Stufe wieder einzusteigen. Dieses Staatsziel musste scheitern, „weil kein politischer oder wirtschaftlicher Bereich in der Lage war, grundlegende Erfahrungen zu machen und eigenständige Entscheidungen zu treffen“ (Fier, 1998, S. 90).
[3] Diese grobe Charakterisierung einer typischen Strukturentwicklung in modernen Volkswirtschaften folgt der Drei-Sektoren-Hypothese von Fourastié, der für eine tertiäre Zivilisation Produktions- und Beschäftigungsanteile von 10% im Primären Sektor, 10% im Sekundären Sektor und 80% im Tertiären Sektor voraussagte (siehe Fourastié, 1957, S. 270 ff.).
[4] Darunter versteht man „die Art und Weise, wie sich einzelne Teile der Gesamtwirtschaft untereinander und in ihrem Verhältnis zum Ganzen der Wirtschaft im Zeitablauf verändern“ (Kleps, 1972, S. 17 f.).
[5] Als Beispiel dafür mag die massive Subventionierung von Grundnahrungsmitteln, Mieten und Sozialleistungen angeführt werden, die Mitte der 80er Jahre bereits mehr als ein Viertel des Staatshaushaltes ausmachten (siehe Heydemann, 2001, S. 25).
[6] Auch Pfeiffer beziffert den Rückstand in Technologie und Ausrüstung gegenüber vergleichbaren „Westbetrieben“ zu Zeiten der Wiedervereinigung auf ca. 70% (siehe Pfeiffer, 2000, S. 12).
[7] Im Jahr 1990 verzeichnete das statistische Betriebsregister der DDR 131 Kombinate im Bereich der Industrieministerien und 21 Kombinate im Bauwesen, daneben gab es ca. 20.000 private kleine Unternehmer, Handwerker und Gewerbetreibende (siehe Statistisches Amt der DDR, 1990) – ein im Vergleich zur BRD mit ca. 2,3 Mio. Unternehmen Ende der 80er Jahre (siehe Fier, 1998, S. 44) verschwindend geringer Anteil.
[8] Beispiele dafür waren der fortschreitende Verschleiß der vielfach noch aus der Vorkriegszeit stammenden Produktionsanlagen sowie schlechte Fahrbahndecken, häufige Geschwindigkeitsbegrenzungen, fehlende Standstreifen und Ortsumgehungen sowie ein zu weitmaschiges Autobahnnetz bei der Straßeninfrastruktur (siehe Lorbeer, 1990, S. 128 ff.). Bei der Eisenbahninfrastruktur lagen die Mängel in einer geringen Elektrifizierung, alkaligeschädigten Betonschwellen, geringen Fahrgeschwindigkeiten und veralteten Signalanlagen (siehe DIW et al., 2003, S. 114).
[9] Beispielsweise waren Wartezeiten von 2 Jahren für einen privaten Telefonanschluss in einer Großstadt wie Dresden aus eigener Erfahrung durchaus üblich (Stand 1984). Vermutlich waren die Wartezeiten in ländlicheren Regionen noch weitaus länger.
[10] Der Solidarpakt II gilt für die Jahre 2005 bis 2019. Über diese Laufzeit sind den ostdeutschen Ländern Mittel in Höhe von 156 Mrd. € zugesagt (siehe SVR, 2004, S. 467).
[11] Der Einigungsvertrag wurde am 31.08.1990 in Bonn parafiert. Am 20.09.1990 stimmte der Bundestag in Bonn mit 89,8% und die Volkskammer in Ostberlin mit 78,7% dem Vertragswerk zu (siehe Pfeiffer, 2000,
S. 4). Am 23.08.1990 erfolgte die Beitrittserklärung der DDR zur BRD durch die Volkskammer (siehe Fier, 1998, S. 42).
[12] Hans-Dietrich Genscher (FDP), Außenminister a. D., setzte sich in der Regierungskoalition erfolglos für eine zeitlich befristete Aussetzung der Mehrwertsteuer in den neuen Ländern ein (siehe Pfeiffer, 2000, S. 35).
[13] Zu denken wäre dabei z. B. an Schutzzölle oder Einfuhrverbote für Lebensmittel und andere Konsumgüter des täglichen Bedarfs.
[14] Die Volkskammer formulierte in ihrem Beschluss vom 17.05.1990 als Anforderungen: „Die Treuhandanstalt hat die Strukturanpassung der Wirtschaft an die Erfordernisse des Marktes zu fördern, indem sie insbesondere auf die Entwicklung sanierungsfähiger Betriebe zu wettbewerbsfähigen Unternehmen und deren Privatisierung Einfluss nimmt. Sie wirkt darauf hin, dass sich durch zweckmäßige Entflechtung von Unternehmensstrukturen marktfähige Unternehmen herausbilden und eine effiziente Wirtschaftsstruktur entsteht“ (Treuhandgesetz 1990, § 2, Abs. 6).
[15] Ungeklärte Eigentumsverhältnisse mit jahrelangen Verfahren entstanden vor allem infolge des im Vermögensgesetz festgeschriebenen Prinzips „Rückgabe vor Entschädigung“, durch das enteignete Privateigentümer oder deren längst im Westen lebende Erben Grund und Boden oder frühere Betriebe in dem Gebiet der ehemaligen DDR zurückfordern konnten (siehe Vermögensgesetz, 1990, Abschnitt 2, § 9). Dies führte zu einem Mangel an Gewerbeflächen (siehe Lang, 1998, S. 56). Die Rückgabe bevorzugte eindeutig westdeutsche Bürger, da viele Ostdeutsche, die ihr Grundstück zu DDR-Zeiten für einen „Spottpreis“ verkaufen mussten, leer ausgingen (siehe Pfeiffer, 2000, S. 37).
[16] Um dieses Ziel zu erreichen, setzte die Wirtschaftsförderung der Bundesregierung primär auf Mittel der Standortpolitik und im Rahmen von Investitionsförderungs- und Infrastrukturmaßnahmen auf Mittel der regionalen und sektoralen Strukturpolitik (siehe Heise/Ziegler, 1992, S. 551 f.).
[17] Insbesondere sind hier die spektakulären 1-DM-Verkäufe in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner ifo-Instituts, nannte es einen der größten Fehler der Wiedervereinigung, dass „die Treuhandanstalt das bestehende Vermögen in der DDR für ’nen Appel und ein Ei an Wessis verkauft hat“ (siehe Schmid, 2004, S. 27).
[18] Mit dem Zusammenfassen attraktiver und schwer zu privatisierender Unternehmen zu einem Verbund wollte die Treuhand erreichen, dass die Not leidenden Standorte ebenfalls saniert und nicht stillgelegt werden würden (siehe Härtel, 1993, S. 3 und Naujoks et al., 1992, S. 429).
[19] Gegenüber 1989 sank beispielsweise die Nettoproduktion im Verarbeitenden Gewerbe in Ostdeutschland bis 1992 auf ein Drittel des Ausgangswertes. Die Anzahl der Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe ging von 3 Mio. im Jahr 1989 auf noch knapp 770.000 im Februar 1993 zurück (siehe Danwerth, 1998, S. 130).
[20] Unter Industriepolitik versteht man die Gesamtheit der staatlichen Maßnahmen, die darauf abzielen, .die ökonomischen Zustände und Prozesse in der gewerblichen Wirtschaft zu beeinflussen (siehe Seidenfuß, 1982, S. 105). Sie kann sowohl den Charakter einer Strukturgestaltungs-, als auch einer Strukturerhaltungs-politik annehmen. Der Begriff wird in seiner weiten Fassung als Synonym für eine alle Branchen umfassende (so z. B. Gahlen, 1981, S. 855), in seiner engen Fassung hingegen für eine auf den Industriebereich (sekundärer Sektor) beschränkte sektorale Strukturpolitik verwendet (so z. B. Geister, 1981, S. 26 und Kokalj/Albach, 1987, S. 13). Im vorliegenden Beispiel wird auf die enge Definition abgestellt.
[21] Die passive Sanierung kann als Überbrückungssanierung verstanden werden, die das Überleben der Unternehmen sichern sollte, bis ein Investor gefunden war. Sie umfasste Bürgschaften der THA für Liquiditätskredite und Maßnahmen zur Kostenreduktion (Abbau überschüssigen Personals, Reduzierung der Fertigungstiefe, Bereinigung der Produktpalette und Aufgabe betriebsfremder Aktivitäten), wodurch die Rentabilität der Unternehmen (wieder) hergestellt werden sollte (siehe Nolte, 1992, S. 560).
[22] Äußerungen der Treuhandpräsidentin erhärten diese Vermutung. Birgit Breuel im Interview: „Am Geld wird keine von der Treuhand bestätigte Sanierung scheitern“ (Kessler/Weidenfeld, 1993, S. 20).
[23] Noch bei den Verhandlungen über den Einigungsvertrag 1990 wurde mit einem dreistelligen Milliarden-Gewinn in der Privatisierungsbilanz gerechnet (siehe o. V., 2000a).
[24] Einen Überblick über die Abschlussbilanz der Treuhand gibt Tab. 1, siehe Anhang. Sie enthält nicht die Zahl derjenigen Betriebe, die erst nach „statistisch erfolgreicher“ Privatisierung und Sanierung dichtmachen mussten (siehe Pfeiffer, 2000, S. 84).
[25] Der Primäre- bzw. Agrarsektor setzt sich aus den Branchen Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei zusammen (siehe Arbeitskreis „VGR der Länder“, 2004a).
[26] Der Sekundäre bzw. industrielle Sektor besteht aus den Branchen Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Verarbeitendes Gewerbe, Energie- und Wasserversorgung sowie Baugewerbe (siehe ebd.)
[27] Das Inlandskonzept geht der Frage nach, wie viele Erwerbstätige in den räumlichen Grenzen der neuen Bundesländer tätig waren, unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um – auf ihren Wohnsitz bezogene – (ostdeutsche) In- oder Ausländer handelt (allgemeiner Görgens/Ruckriegel, 1989, S. 27).
[28] Berlin wird wegen seines raumordnungspolitischen Sonderstatus nachfolgend als statistischer „Ausreißer“ behandelt und, soweit die verfügbaren empirischen Daten eine Aufschlüsselung erlauben, entweder ignoriert (bei ausschließlicher Betrachtung der NBL) oder der westdeutschen Grundgesamtheit zugerechnet (bei vergleichender Betrachtung der neuen und alten Bundesländer). Dieses geschieht in methodischer Überein-stimmung mit Pontius, 1966, S. 20 ff. und in spezifischer Übereinstimmung mit DIW et al., 2003, S. 33.
[29] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 2, siehe Anhang.
[30] Der Umtauschkurs 1:1 für Löhne, Preise, Verbindlichkeiten und einen Teil der Ersparnisse kam einer Aufwertung für die DDR-Wirtschaft von rund 400% gleich (siehe Schmid, 2004, S. 27).
[31] Einen Überblick über die Gründe der Arbeitslosigkeit in den unterschiedlichen Transformationsphasen gibt Tab. 3, siehe Anhang.
[32] Die Modernisierungstheorie untersucht die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten und Bedingungen für Entwicklungen, Modernisierung und Wachstum in Gesellschaften (siehe o. V., 2004a).
[33] Zum Tertiären- bzw. Dienstleistungssektor zählen die Branchen Handel, Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern, Gastgewerbe, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Kredit- und Versicherungswesen, Grundstückswesen und Vermietung sowie öffentliche und private Dienstleister (siehe Arbeitskreis „VGR der Länder“, 2004a).
[34] Die Bruttowertschöpfung (unbereinigt) misst die gesamtwirtschaftliche Leistung einer Region laut dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung von 1995 zu Herstellungspreisen, während das BIP (bereinigt) auf Marktpreise abstellt. Zwischen beiden Messgrößen liegt der Saldo aus Gütersteuern und
–subventionen sowie die unterstellte Bankgebühr (siehe Ragnitz, 2001, S. 172).
[35] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 4, siehe Anhang.
[36] Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Arbeitsmoral der ostdeutschen Arbeiter schlechter ist. Im Gegenteil: Aufgrund der ständigen Angst um den Arbeitsplatz akzeptieren sie eine höhere Wochen-arbeitszeit, mehr unbezahlte Überstunden und geringere Sonderzuwendungen als ihre westdeutschen Kollegen (siehe Pfeiffer, 2000, S. 65).
[37] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 6, siehe Anhang.
[38] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 9, siehe Anhang.
[39] Einen Überblick über die Produktivität nach Sektoren in den alten und neuen Bundesländern im Jahr 2004 gibt Tab. 7, siehe Anhang.
[40] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 10, siehe Anhang.
[41] Die zeitweise starke Nachfrage im Baugewerbe erklärt sich vor allem aus dem enormen infrastrukturellen Nachholbedarfs in den neuen Ländern und der öffentliche Investitionsförderung (so auch IAB, 2004, S. 19).
[42] Zu den wirtschaftsnahen Unternehmensdienstleistungen gehören das Bank- und Versicherungswesen, das Verkehrs- und Nachrichtenwesen und die sonstigen Dienste (siehe Thuy, 1984, S. 91). Dieser Wirtschaftszweig weißt innerhalb des tertiären Sektors länderübergreifend die höchsten Arbeitsproduktivitäten auf, während die Produktivitätssteigerungsmöglichkeit bei den arbeitsintensiven persönlichen Diensten nach wie vor gering ist (siehe ebd., S. 127 ff.).
[43] Die durchschnittliche Betriebsgröße lag 2003 in Ostdeutschland mit 15 Beschäftigten deutlich unter dem westdeutschen Wert von 24 Beschäftigten (siehe IAB, 2004, S. 25).
[44] Größere Betriebe tragen in Westdeutschland rund 50% zum gesamten Umsatz bei, in Ostdeutschland sind es nur rund 35% (siehe ebd.).
[45] Ein kleineres und mittleres Unternehmen (KMU) ist entsprechend der Definition der Europäischen Union ein Unternehmen, das weniger als 250 Beschäftigte hat, einen Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 27 Mio. Euro aufweist, und bei dem unter 25% des Kapitals oder der Stimmanteile in Fremdbesitz sind (siehe o. V., 2004b).
[46] Datenerhebung im Rahmen einer jährlichen Arbeitgeberbefragung in ostdeutschen Betrieben (IAB- Betriebspanel Ost), Gegenüberstellung mit westdeutschen Paneldaten (siehe IAB, 2004, S. 6 f.).
[47] Eine Untersuchung von Mallok kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Preisdiskriminierung ostdeutscher Erzeugnisse, die westdeutschen Produkten qualitativ gleichwertig sind, auf durchschnittlich 12% beläuft (siehe Mallok, 1996, S. 125 ff.).
[48] Skaleneffekte, deren Existenz mit hohen Fixkosten, Lernprozessen und Netzwerk-Externalitäten begründet wird (siehe Farhauer, 2001, S. 228), führen dazu, dass der Faktoraufwand pro Produkteinheit abnimmt, so dass „Ersparnisse“ auftreten, wenn der Produktionsprozess eine größere Dimension annimmt (siehe Fehl/Oberender, 1976, S. 182).
[49] Dazu zählen nach der Einteilung von Grupp und Gehrke die Chemische Industrie, der Maschinen-, Straßenfahrzeug-, Schiff-, und Luftfahrzeugbau sowie die Elektronik und Feinmechanik. Diesen Branchen der Spitzentechnologie und hochwertigen Technik ist gemein, dass die von ihnen produzierten Güter einen FuE-Anteil am Umsatz von mehr als 3,5% aufweisen (siehe Grupp/Gehrke, 1994, S. 43-44).
[50] Dies ist insofern problematisch, als dass der Unternehmensbestand (je Erwerbsperson) in den neuen Ländern nach wie vor geringer ist als derjenige der alten Länder (siehe DIW et al., 2003, S. 173).
[51] Z. B. kann über Prozessinnovationen ein Rationalisierungseffekt durch Kosteneinsparungen erzielt werden.
[52] Zur Begründung wird angeführt, dass die internen FuE-Aufwendungen der Unternehmen in Deutschland zu 85% auf Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten entfallen (siehe ebd., S. 153).
[53] So bescheinigen einige Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen Marktkonzentration und Innovationsaktivität (siehe Horowitz, 1962, S. 298 ff. und Mansfield, 1968), während andere das Gegenteil nachgewiesen haben (siehe Bozeman/Link, 1983 und Mukhopadhyay, 1985, S. 141 ff.). Insgesamt ist davon auszugehen, dass es eine optimale Betriebsgröße für Innovationen nicht gibt (so auch Streit, 1978, S. 120).
[54] Als exportintensiv gelten diejenigen Branchen, die einen Exportanteil am Umsatz von mind. 30% aufweisen (siehe IAB, 2004, S. 21).
[55] Der Handel mit den ehemaligen RGW-Ländern wurde erst Anfang 1991 auf konvertible Währung umgestellt, um die ostdeutsche Exportindustrie zeitweise zu stützen (siehe Krakowski/Danckwerts, 1992,
S. 154). DM-Preise konnten die osteuropäischen Importeure dann aber größtenteils nicht mehr zahlen.
[56] Datenerhebung im Rahmen einer jährlichen Arbeitgeberbefragung in ostdeutschen Betrieben (IAB-Betriebspanel Ost), Gegenüberstellung mit westdeutschen Paneldaten (siehe IAB, 2004, S. 6 f.).
[57] Der Nachweis über die verwendeten statistischen Daten findet sich in Tab. 11, siehe Anhang.
- Arbeit zitieren
- Marcus Ritschel (Autor:in), 2005, Strukturwandel in den neuen Bundesländern - Eine Analyse regionalwirtschaftspolitischer Ansätze im Transformationsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/47414