Der freie Wille – ein Thema, das Philosophen und Naturwissenschaftler seit Jahrhunderten beschäftigt und vermutlich noch eine Weile beschäftigen wird. Doch was macht die Sache so kompliziert? Eigentlich sieht man es doch als selbstverständlich an, daß man zumindest in einigen Fällen freie Entscheidungen fällt, d.h. man hat die Wahl zwischen verschiedenen Alternativen und entscheidet sich willentlich und ohne äußeren Zwang für eine davon. Da man sich somit als Urheber der darauf folgenden Handlung ansieht, sieht man sich auch für die Handlung, bzw. für deren Folgen als verantwortlich an. Soweit könnte man vermutlich grob das alltägliche Verständnis von freiem Willen beschreiben. Interessant wird die Sache jedoch, wenn man diese Ansicht mit einer weiteren, ebenso als selbstverständlich empfundenen Ansicht verbindet: der Richtigkeit der naturwissenschaftlichen Weltsicht, bzw. dem Glauben an ihre Gesetzmäßigkeiten. Nach dem Kausalitätsprinzip kann man jedem natürlichen Ereignis eine natürliche Ursache zuschreiben, welche wiederum durch ein vorhergehendes Ereignis hervorgerufen wurde; ein Ereignis ist also immer Teil einer Kausalitätskette und somit determiniert. Auch das stellt man nicht in Frage, ebenso wie die Tatsache, daß der Mensch Teil der natürlichen Ordnung ist. Wie kann man aber der Urheber von Handlungen, bzw. Wirkungen sein, wenn jedes Ereignis in einem anderen Ereignis seine Ursache hat? Sieht man sich selbst als Teil einer Kausalitätskette an, kann man sich nicht als Urheber des Ereignisses ansehen, d.h. der Wille zur Handlung wäre somit auch klar bedingt. Die einzige Möglichkeit, eine Handlung als unverursachtes Hervorbringen einer Person ansehen zu können, wäre insofern problematisch, daß man die Person als außerhalb der natürlichen Ordnung stehend ansehen müßte – und dennoch als fähig, in diese einzuwirken. Ein weites Feld für die Philosophen und ein Ärgernis für so manchen Naturwissenschaftler.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
-
- Die Versuche B. Libets
- Das Bewertungssystem des Gehirns
- Determinismus und Verbrechen
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert die Beziehung zwischen dem freien Willen des Menschen und der Hirnforschung. Er beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern die naturwissenschaftliche Sichtweise, insbesondere die Erkenntnisse der Neurobiologie, unsere Vorstellung von der Willensfreiheit beeinflussen.
- Die Versuche von Benjamin Libet und ihre Implikationen für die Willensfreiheit
- Das Konzept des Bereitschaftspotentials und dessen Rolle bei der Vorbereitung von Handlungen
- Die Frage der kausalen Determination von Handlungen und deren Auswirkungen auf die Verantwortungszuschreibung
- Die Bedeutung der Hirnforschung für das Verständnis von menschlicher Entscheidungsfindung
- Der Einfluss der Hirnforschung auf die Diskussion um Determinismus und Willensfreiheit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Der Text führt in das Thema „Freier Wille und Schuldfähigkeit des Menschen aus Sicht der Hirnforschung“ ein. Er stellt die grundlegende Spannung zwischen der alltäglichen Vorstellung von Willensfreiheit und der naturwissenschaftlichen Sichtweise dar. Die Einleitung beleuchtet die Schwierigkeit, beide Perspektiven zu vereinen, da die naturwissenschaftliche Sichtweise von kausalen Abläufen ausgeht, während der freie Wille eine unabhängige Entscheidungskompetenz des Menschen impliziert.
Die Versuche Benjamin Libets
Dieses Kapitel widmet sich den berühmten Experimenten von Benjamin Libet, die das Verhältnis zwischen dem Bereitschaftspotential im Gehirn und dem bewussten Willensakt untersuchten. Libets Versuche zeigten, dass das Bereitschaftspotential, ein messbares Zeichen der Vorbereitung einer Handlung, im Gehirn bereits etwa 550 ms vor dem Zeitpunkt des bewussten Entschlusses auftritt. Diese Ergebnisse führten zu kontroversen Diskussionen über die Bedeutung der Willensfreiheit, da sie implizieren könnten, dass die Handlung bereits auf neuronaler Ebene entschieden wird, bevor das Individuum sich dieser Entscheidung bewusst wird.
Das Bewertungssystem des Gehirns
Der Text behandelt das Bewertungssystem des Gehirns. Es wird erläutert, wie das Gehirn verschiedene Optionen bewertet und Entscheidungen trifft. Dabei wird der Fokus auf die neuronalen Prozesse gelegt, die an der Entscheidungsfindung beteiligt sind.
Determinismus und Verbrechen
Das Kapitel erörtert die Auswirkungen der Erkenntnisse der Hirnforschung auf die Diskussion über Determinismus und Verbrechen. Es wird beleuchtet, inwiefern die Entdeckung neuronaler Prozesse, die der bewussten Entscheidung vorausgehen, die Frage der Schuld und Verantwortung im Strafrecht aufwirft.
Schlüsselwörter
Freier Wille, Schuldfähigkeit, Hirnforschung, Bereitschaftspotential, Benjamin Libet, Determinismus, Kausalität, Handlungsvorbereitung, Neurobiologie, Entscheidungsfindung, Bewertungssystem, Strafrecht, Verantwortungszuschreibung.
- Arbeit zitieren
- Sandra Anger (Autor:in), 2003, Der freie Wille und die Schuldfähigkeit des Menschen aus Sicht der Hirnforschung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/46977