Von der (Un-?) Möglichkeit eines historischen Vergleiches Siziliens mit Island. Auf den ersten Blick erscheint jedweder Vergleich der sonnenbeschienenen Mittelmeerinsel Sizilien im Südwesten der Apenninen-Halbinsel mit der sturmumtosten Insel Island im Nordatlantik südöstlich der Polarinsel Grönland weit hergeholt und damit als Thema einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht nur ungewöhnlich sondern weit hergeholt und nicht lohnenswert. Es gibt jedoch komparative Anhaltspunkte, die sich bei genauerem Hinsehen als gehaltvoll genug herausstellen, näher betrachtet und für weitere Überlegungen verwendet zu werden.
Die augenfälligste Gemeinsamkeit beider Inseln ist ihre vom Vulkanismus initiierte Entstehung; hier existiert nach der klimatischen Frage eine für den Historiker nicht sofort ersichtliche Unterscheidung: Während Island sich auf dem sich ausbreitenden Mittelatlantischen Rücken zwischen der Nordamerikanischen und der Eurasischen Platte gebildet hat und sowohl mit unzähligen Vulkanen als auch einem an Land sichtbaren Rift im Wachstum begriffen ist, befindet sich Sizilien mit seinem bekannten Vulkan Ätna in einer sich schließenden Subduktionszone zwischen den Kontinentalplatten Afrikas und Eurasiens.
Eine zweite zu betrachtende Gemeinsamkeit ist: Beide Inseln gelten in ihrer jeweiligen Umgebung als die größten. Aufgrund ihrer zentralen Lage sind beide Brückenköpfe für Eroberungen gen Westen gewesen; sowohl für Island als auch für Sizilien gilt: Die Kernräume der ersten sie erobernden und besiedelnden Kulturen liegen geographisch gesehen im Osten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Von der (Un-?) Möglichkeit eines historischen Vergleiches Siziliens mit Island
- 1. Vergleichbarkeit der Quellen
- 1.1. Äußere Formalia der Landnámabækur
- 1.2. Äußere Formalia des Liber ad honorem Augusti
- 1.3. Versuch der Bestimmung des Malstils im Liber ad honorem Augusti
- 1.4. Normannische Bildteppiche als Ursprung der Miniaturen im Liber ad honorem Augusti
- Exkurs: Deutung der nordischen Religion im Liber ad honorem Augusti
- Zusammenfassung Teil 1
- 2. Identität und Mentalität der ‚normannischen Wikinger‘
- 2.1. Genealogische Identität der Normannen
- 2.2. Normannisches Gesetz – Teil eigener Identität oder übergreifender Mentalität?
- Exkurs: Gedanken zur Mentalität der ‚normannischen Wikinger‘
- Zusammenfassung Teil 2
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Geschichte Islands und Siziliens im hohen Mittelalter. Die Studie konzentriert sich auf die Landnámabækur-Handschriften, die die isländische Landnahme beschreiben, und den Codex 120 II der Burgerbibliothek Bern, der als Liber ad honorem Augusti bekannt ist und die Herrschaft der Normannen auf Sizilien dokumentiert.
- Vergleichbarkeit der Quellen und der darin dokumentierten Schreibtraditionen
- Die Identitätsfindung der ‚normannischen Wikinger‘
- Die Rolle des normannischen Gesetzes in der Ausgestaltung der Mentalität
- Die Bedeutung der nordischen Religion im Kontext der normannischen Herrschaft auf Sizilien
- Die Übertragung von Bild-Schrift-Verbindungen aus der nordischen Tradition auf die sizilianische Buchkunst
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Von der (Un-?) Möglichkeit eines historischen Vergleiches Siziliens mit Island
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die scheinbar gegensätzlichen Lebensräume Siziliens und Islands gegenüber. Die Gemeinsamkeiten des vulkanischen Ursprungs und der Größe der Inseln in ihrer jeweiligen Umgebung werden hervorgehoben. Das Hauptinteresse der Studie liegt jedoch auf der literarisch-historischen Vergleichbarkeit, insbesondere auf der Rolle der ‚normannischen Wikinger‘ in der Besiedlungsgeschichte beider Inseln.
1. Vergleichbarkeit der Quellen
Dieses Kapitel analysiert die Landnámabækur-Handschriften und den Liber ad honorem Augusti hinsichtlich ihrer äußeren Formalia, Entstehungszeit und Schreibtraditionen. Die Landnámabækur werden als Gebrauchshandschriften der isländischen Oberschicht charakterisiert, während der Liber ad honorem Augusti eine Prachthandschrift für den staufischen Hof darstellt. Der Vergleich der Buchkunst beider Werke zeigt, dass die Normannen zwar Elemente der ihnen fremden Kulturen adaptierten, diese jedoch gleichzeitig ihrer eigenen Tradition unterwarfen, um ihre politische Dominanz zu demonstrieren.
2. Identität und Mentalität der ‚normannischen Wikinger‘
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Identität und Mentalität der ‚normannischen Wikinger‘. Die Arbeit argumentiert, dass der Begriff ‚normannische Wikinger‘ nicht auf eine ethnische Gruppe verweist, sondern auf zwei ineinandergreifende Phänomene der Wikingerzeit, die sich in der Zeit der normannischen Eroberungen und der damit verbundenen Herrschaft im europäischen Raum niederschlugen. Das Kapitel analysiert die genealogische Identität der Normannen sowie deren Haltung zum Gesetz. Die Arbeit argumentiert, dass die Normannen das Gesetz als ein zentrales Element ihrer Herrschaft betrachteten und es aktiv zur Durchsetzung ihrer Macht nutzten.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind: Landnámabækur, Liber ad honorem Augusti, normannische Wikinger, Identität, Mentalität, Gesetz, Recht, Buchkunst, Miniatur, Nordische Religion, Sizilien, Island, Kulturtransfer.
- Arbeit zitieren
- Petra Rodloff (Autor:in), 2016, Sizilien und Island. Vergleichende Betrachtung der Landnámabækur-Handschriften mit dem Codex 120 II der Burgerbibliothek Bern, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/468303