In der vorliegenden Hausarbeit soll der Zusammenhang zwischen Bildern und der Anthropologie nach Charles Darwin näher analysiert werden. Als exemplarische Analysebeispiele dienen dabei Bilder des deutschen Zoologen Ernst Haeckel. Da dieser in Verbindung mit rassendiskriminierenden Thesen steht, soll auch dieser Umstand herausgearbeitet werden. Zum Schluss soll auf den heutigen Stand der Anthropologie eingegangen und so ein Ausblick angestellt werden.
Der Wissenschaftszweig der Anthropologie ist spätestens seit Charles Darwin eng mit visuellen Reizen verknüpft. Dies liegt insbesondere daran, dass optisch erfassbare Darstellungen das Begreifen komplizierter Sachverhalte erleichtern können.
Wofür sonst viele Wörter nötig wären, reicht im Bilderkosmos oft schon eine Seite aus. Dies beweist der britische Naturforscher Charles Darwin mit seinem Diagramm aus „Origin of the Species“ (1859) eindrucksvoll. Mithilfe von nur einem Bild schaffte es der Wissenschaftler seine Evolutionstheorie dem Leser greifbar zu machen. Bis heute steht die Popularität der Evolutionstheorie in Wechselwirkung mit dem bestehenden Bilderfundus.
Inhaltsverzeichnis
Das Bild der Evolution
1. Charles Darwin und seine Evolutionstheorie
2. Darwins Umgang mit Bildern
3. Ernst Haeckels Einfluss auf die zeitgenössische Anthropologie
4. Rassismus bei Ernst Haeckel
5. Anthropologische Ikonographie im 19. Jahrhundert
Fazit - Die zeitgenössische Anthropologie und ihre Darstellungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Das Bild der Evolution
Der Wissenschaftszweig der Anthropologie ist spätestens seit Charles Darwin eng mit visuellen Reizen verknüpft. Dies liegt insbesondere daran, dass optisch erfass- bare Darstellungen das Begreifen komplizierter Sachverhalte erleichtern können. Wofür sonst viele Wörter nötig wären, reicht im Bilderkosmos oft schon eine Seite aus. Dies beweist der britische Naturforscher Charles Darwin mit seinem Dia- gramm aus „Origin of the Species“ (1859) eindrucksvoll. Mithilfe von nur einem Bild schaffte es der Wissenschaftler seine Evolutionstheorie dem Leser greifbar zu machen.1 Bis heute steht die Popularität der Evolutionstheorie in Wechselwir- kung mit dem bestehenden Bilderfundus. Dies zeigt etwa Abbildung 1, welche die Evolution des Menschen zeigt. Diese und viele andere Bilder finden bis heute Ver- wendung in der Marketingbranche. So eignete sich beispielsweise der Computer- hersteller Toshiba in den 90ern diese Darstellung an, um seine Elektronikgeräte zu vermarkten.2 Dies offenbart bereits, welch immensen Einfluss Visualität auf die Evolutionstheorie und deren Bekanntheit bis heute ausübt.
Aufgrund dieser Tatsache soll in der vorliegenden Hausarbeit der Zusammenhang zwischen Bildern und der Anthropologie nach Charles Darwin näher analysiert werden. Als exemplarische Analysebeispiele dienen dabei Bilder des deutschen Zoologen Ernst Haeckel. Da dieser in Verbindung mit rassendiskriminierenden Thesen steht, soll auch dieser Umstand herausgearbeitet werden. Zum Schluss soll auf den heutigen Stand der Anthropologie eingegangen und so ein Ausblick ange- stellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rudolph Zallinger - "March of Progress" (1965)
1. Charles Darwin und seine Evolutionstheorie
Charles Robert Darwin, ein britischer Naturforscher, der von 1809 bis 1882 lebte, veröffentlichte nach über Jahrzehnte währender Forschung, im Jahr 1859, mit sei- nem Werk „On the Origin of Species“, die Evolutionstheorie. Seine Idee besagt, dass der Schöpfungsakt, von dem die damalige Gesellschaft ausging und der alles Leben auf die Welt gebracht haben soll, so nicht mit der vorfindbaren Natur über- einstimmt. Vielmehr verhält es sich so, dass sich die Arten in einem ständigen und langsamen Wandlungsprozess befinden und sich aus älteren und einfacheren Stammformen herausgebildet haben.3 Viele seiner Eindrücke sammelte der For- scher auf seiner Reise mit der Beagle, einem Vermessungsschiff, mit dem er fünf Jahr lang die Welt umsegelte. Dabei widmete er sich lebenden und fossilen Wesen, sowie der Geologie. Seine Entdeckungen führten ihn zu der Ansicht, dass sich Arten allmählich entwickeln und auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzufüh- ren sind.4 Dabei war er sich der Tatsache wohl bewusst, dass die damals existie- renden Fossilienfunde nicht annähernd den Umfang der ausgestorbenen Arten ab- bilden konnten. Um den Wandel der Arten genauer beschreiben zu können, geht Darwin auch auf die Gründe für die in der Natur vorherrschenden Variabilität ein. Hierzu zählt beispielsweise der Wandel der Lebensbedingungen oder das Benut- zen bzw. Nicht-Benutzen von Organen. Somit kommt es zu einer Evolution der Art. Ein anderer Faktor, der die Entwicklung einer Spezies beeinflusst ist, nach Darwin, die natürliche Selektion. Dies sei darauf zurückzuführen, dass mehr Indi- viduen geboren werden, als eigentlich überleben können. Dieser Kampf ums Da- sein findet so wesentlich innerhalb einer Artengruppe statt. Somit schafft es letzt- endlich nur das am besten angepasste Individuum zu überleben und verdrängt die schlecht angepassten. Nur so ist eine natürliche Balance möglich.5
2. Darwins Umgang mit Bildern
Wie zu Anfang bereits erläutert, spielen Bilder in Verbindung mit der Evolutions- theorie eine sehr wichtige Rolle. Dessen war sich auch Charles Darwin bewusst und er nutzte die Visualität, um biologische Sachverhalte für den Leser in anderer Weise zugänglich zu machen auf einen Blick zu zeigen, was sonst über etliche
Seiten ausgeführt werden müsste. Er erkannte das Potential, das in der Verbildli- chung der Evolutionstheorie steckte, sehr schnell und bemühte sich stets um mög- lichst gelungene Abbildungen in seinen Werken. Dabei spielten für den Naturfor- scher auch steigende Kosten und Mehraufwand keine Rolle. Über die Zeit seines Schaffens, mehrten sich die Abbildungen in seinen Werken. Angefangen von ei- nem Bild in „The Origin of Species by Means of Natural Selection or the Preser- vation of Favoured Races in the Struggle for Life“ aus dem Jahre 1859 (Abbildung 2) stieg die Zahl der verwendeten Bilder auf 80 in „The Descent of Man“ (1871).6 Zudem fertigte der Brite auf seinem Weg zur Darstellung des natürlichen Systems zahlreiche Skizzen an. Die vielästigen Diagramme finden sich schon ab 1837 in seinem Notebook B. Er selbst beschreibt dieses System als sehr unregelmäßig und vergleicht es mit einem Baum, dessen Zweige mal mehr, mal weniger stark veräs- telt sind. Den Unterschied zwischen den Arten und Varietäten sieht er als sehr willkürlich an und verweist somit schon auf die in der Natur vorherrschende Un- ordnung.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Charles Darwin - Aufspaltung der Arten (1859)
Auf das Diagramm aus “Über die Entstehung der Arten” (Abbildung 2) aus dem Jahr 1859, soll nun etwas näher eingegangen werden. In diesem Werk stellte Dar- win die von ihm entwickelte Evolutionstheorie zum ersten Mal einem breiten Pub- likum vor. Auf den Seiten 116 und 117 kann der Leser eine Klapptafel finden, auf der sich eine Darstellung von Evolution im Koordinatenkreuz von zwei Achsen befindet. Eine Theorie, die mithilfe von über 500 Seiten erklärt werden musste, fand sich auf diesen Seiten komprimiert wieder. Mithilfe dessen war es Darwin möglich, Faktoren, wie etwa Variation, Aussterben oder die Entstehung neuer Ar- ten zur gleichen Zeit darzustellen. Wesentlich bei diesem Diagramm sind der Pro- zess der Variationsbildung und das Aufzeigen der Vielfalt der Natur. Dabei ver- bindet Darwin drei unterschiedliche Bilder, einem Vorläufer der Embryologie, dem Bild der Taxonomie und einem der Geologie.8
Charles Darwin war besonders von den Möglichkeiten, welche die Fotografie für Forschungszwecke bot, fasziniert. Interessant dabei ist, dass, obwohl er das Poten- zial dieses Mediums erkannte, lediglich eine Fotografie Einzug in eine seiner Ar- beiten fand. Dieses Foto ist in „The Expression of the Emotions in Man and Ani- mals“ aus dem Jahre 1872 zu finden. Hier nahm er ein Foto zur Hilfe, um die Ähnlichkeit zwischen Menschen und Primaten bei der Expression von Emotionen zu verdeutlichen. Aus der im Buch vorgestellten Untersuchung ging hervor, dass es eine Ähnlichkeit bezüglich der Verhaltensmuster beispielsweise bei der Bewe- gung diverser Muskeln des Gesichts beim Lächeln zwischen Menschen und andere Lebewesen gibt. Dies ist ein weiterer Beweis für den animalischen Ursprung der menschlichen Existenz.9
Mit der Publikation seines Werkes „Entstehung der Arten“, befeuerte der britische Naturforscher die Popularität des Affen ungemein. Der Affe wurde zum Aushän- geschild der Theorie Darwins und so Ausgangspunkt vieler ikonographischer Dar- stellungen. Infolgedessen entstanden auch zahlreiche Abbildungen, die den Briten in Affengestalt zeigten. Doch auch diese Karikaturen verhalfen dem Naturforscher zu größerer Popularität. Im Volksmund wurde die Evolutionstheorie sogar „Af- fentheorie“ genannt. Mit diesem Begriff wurde genau der Teil der Theorie be- zeichnet, der im Allgemeinen verstanden wurde. Somit war besonders der Gorilla aufs Engste mit der Evolutionstheorie verknüpft. 10
3. Ernst Haeckels Einfluss auf die zeitgenössische Anthropologie
Nicht nur die Evolutionstheorie brachte einen großen Bilderkosmos hervor, son- dern auch die Anthropologie im Allgemeinen. Eine wichtige Figur in diesem Zu- sammenhang ist der Jenaer Zoologe Ernst Haeckel, der für seine zahlreichen bild- lichen Darstellungen bekannt ist, zu denen u. a. auch Stammbäume zählen (Abbil- dung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Ernst Haeckel - Stammbaum des Menschen (1874)
Im deutschsprachigen Raum stellte Ernst Haeckel große Bemühungen an, um die Forschung über die Stammesgeschichte des Menschen, in Charles Darwins Sinne, voranzubringen und verhalf somit dem Darwinismus in Deutschland zu größerer Popularität. Haeckel, der von 1834 – 1919 lebte, befasste sich über 45 Jahre lang mit der Humanphylogenetik. Aufgrund des Mangels an fossilem Material, stützte er sich auf die Entwicklungstheorie, die er darin bestätigt fand, dass es Parallelen zwischen der Embryologie, der systematischen, sowie der paläontologischen Ent- wicklung des Organismus gibt. Somit distanzierte sich der Zoologe, wie auch Dar- win, von den vorherrschenden Schöpfungs- und Willkürgedanken dieser Zeit. Eine weitere These, die der Naturforscher aufstellte lautet, dass die Differenzen zwischen den höchsten und den niedersten Menschen größer sind, als die zwischen den niedersten Menschen und den höchsten Tieren. Haeckel unterscheidet zehn verschiedene Menschenspezies. An der Spitze befindet sich dabei der kaukasische Mensch. Dieser Spezies fühlt er sich selbst angehörig und unterstellt ihr den größ- ten kulturellen Fortschritt. Die anderen Menschenarten liefen Gefahr, den Kampf ums Dasein auf lange Sicht zu verlieren. In seinen Ausführungen befinden sich auch rassenspezifische Abbildungen, wie die Darstellung „Die Familiengruppe der Kararrhinen“ aus der Umschlagseite der ersten Auflage seines Werkes „XIX. Vortrag - Ursprung und Stammbaum des Menschen“ (1868), welches im Folgen- den noch einer näheren Analyse unterzogen werden soll. Hier bezeichnet er die Austral- und Afroneger, sowie die Tasmanier als niederste Menschenspezies. Diese sollen laut Haeckel den höchststehenden Affen, also Gorilla, Schimpanse und Orang, um einiges näherstehen, als den höchsten Menschen. Diese Differenz macht er an der Physiognomie des Gesichts der verschiedenen Menschen fest.11
In seiner „Generellen Morphologie der Organismen“ aus dem Jahr 1866 stellte der Naturforscher die These auf, dass die Ontogenie eine kurze Rekapitulation der Phylogenie sei. Für ihn war der Zusammenhang zwischen der Keimesgeschichte des einzelnen Lebewesens und der Stammesgeschichte dessen Ahnen ein sehr wichtiger. Die Entwicklung eines Individuums ist demnach eine kurze und rasche, in Anpassung und Vererbung begründete, Wiederholung der Entwicklung des ent-sprechenden Stammes, also der dazugehörigen Vorfahren.12 Haeckel stellt ganz klar die Relevanz des Zusammenhangs zwischen Ontogenie und Phylogenie wäh-rend der verschiedenen Stufen der Ahnenreihe des Menschen heraus. Dies diente vor allem auch dem Zweck ein göttliches Eingreifen bei der Evolution des Men-schen auszuschließen.13
Aufgrund seiner rassistischen Äußerungen und seinen Menschenzuchtgedanken zur Unterstützung der Selektion, ist Ernst Haeckel mitverantwortlich für die Ver-breitung rassenhygienischen Gedankenguts und der Eugenetik. Anhand von Aus-sagen, wie:
[...]
1 Vgl. Voss, Julia (2017). Das erste Bild der Evolution. Wie Charles Darwin die Unordnung der Naturgeschichte zeichnete und was daraus wurde. S. 51f.
2 Vgl. Ebd. S. 47f.
3 Vgl. Haeckel, Ernst (1904). Über die Biologie in Jena. Während des 19. Jahrhunderts. S. 3.
4 Vgl. Schwarz, Angela (2017). Am Anfang war die Evolution. Vom Wort und der Theorie zum Streitfall. S. 16f.
5 Vgl. Darwin, Charles (1861). On the Origin of Species by Means of Natural Selection or he Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life. S. 402 – 407.
6 Vgl. Voss, Julia (2007). Das erste Bild der Evolution. Wie Charles Darwin die Unordnung der Naturgeschichte zeichnete und was daraus wurde. S. 48f.
7 Vgl. Voss, Julia (2007). Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie 1837 – 1874. S. 124f.
8 Vgl. Voss, Julia (2007). Das erste Bild der Evolution. Wie Charles Darwin die Unordnung der Naturgeschichte zeichnete und was daraus wurde. S. 51 - 53.
9 Vgl. Pietrzak-Franger, Monika (2017). Darwin und die Fotografie. Einflüsse auf die visuelle Kultur. S. 76f.
10 Vgl. Voss, Julia (2017). Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie 1837 – 1874. S. 124f. S. 293f.
11 Vgl. Hoßfeld, Uwe (2005). Geschichte der biologischen Anthropologie in Deutschland: von den Anfängen bis in die Nachkriegszeit. S. 139 - 146.
12 Vgl. Haeckel, Ernst (1908). Alte und neue Naturgeschichte. Festrede zur Übergabe des phyleti-schen Museums an die Universität Jena bei Gelegenheit ihres 350jährigen Jubiläums. S. 8f.
13 Vgl. Hoßfeld, Uwe (2005). Geschichte der biologischen Anthropologie in Deutschland: von den Anfängen bis in die Nachkriegszeit. S. 148.