Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter Eltern, werden seit einigen Jahren als Risikogruppe in Forschungen und Studien untersucht und näher betrachtet. Durch die Erkrankung der Eltern können unter anderem, psychosoziale Belastungen auf die Kinder und jungen Heranwachsenden einwirken. Diese können ätiologisch betrachtet als Prädiktoren für die Entwicklung psychischer Erkrankungen bei den Kindern und Jugendlichen angesehen werden. Um den Kindern psychisch Erkrankten eine Unterstützung und eine Präventionsmöglichkeit bieten zu können gibt es in Deutschland Versorgungsangebote, die dabei helfen sollen die eigenen Ressourcen und Resilienzfaktoren zu unterstützen. In zahlreichen Forschungsarbeiten konnte die präventive Wirkung auf die Kinder nachgewiesen werden. Jedoch ist trotz der Aufmerksamkeit, die dieses Thema erfahren hat sowohl die Finanzierung dieser Einrichtungen aber auch die Erreichbarkeit verbesserungswürdig und ausbaufähig. Der Schwerpunkt dieser Arbeit basiert auf Literaturrecherche und fokussiert die Versorgungsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche. Drei Versorgungsangebote werden genauer miteinander verglichen.
In dieser Arbeit wird zu Beginn das nötige Hintergrundwissen im Theorieteil erläutert. Danach folgt ein Überblick über Versorgungsangebote im Allgemeinen mit dem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland. Im weiteren Verlauf werden drei ausgewählte Versorgungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche von psychisch erkrankten Eltern vor- und gegenüber gestellt. Außerdem werden neben den angebotenen Inhalten auch die zeitliche Entwicklung, die Finanzierung und die flächendeckende Versorgung näher erläutert. In der Diskussion werden die Versorgungsangebote kritisch betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1. Begriffsbestimmung
2.2. Psychosoziale Belastungen betroffener Kinder
2.3. Belastungen in verschiedenen Altersstufen
3 Versorgungsangebote für Kinder und Jugendliche - Im Allgemeinen
4 Übersicht über ausgewählte Versorgungsmöglichkeiten
4.1. Das Forschungs- und Präventionsprojekt „CHIMPs
4.2. KiK – Kinder in Krisen
4.3. AURYN Trier e.V.
4.4. Gegenüberstellung der Versorgungsangebote
5 Richtlinien- und Beratungsversorgung
6 Diskussion
Literaturverzeichnis
Zusammenfassung
Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter Eltern, werden seit einigen Jahren als Risikogruppe in Forschungen und Studien untersucht und näher betrachtet. Durch die Erkrankung der Eltern können unter anderem, psychosoziale Belastungen auf die Kinder und jungen Heranwachsenden1 einwirken. Diese können ätiologisch betrachtet als Prädiktoren für die Entwicklung psychischer Erkrankungen bei den Kindern und Jugendlichen angesehen werden. Um den Kindern psychisch Erkrankten eine Unterstützung und eine Präventionsmöglichkeit bieten zu können gibt es in Deutschland Versorgungsangebote, die dabei helfen sollen die eigenen Ressourcen und Resilienzfaktoren zu unterstützen. In zahlreichen Forschungsarbeiten konnte die präventive Wirkung auf die Kinder nachgewiesen werden. Jedoch ist trotz der Aufmerksamkeit, die dieses Thema erfahren hat sowohl die Finanzierung dieser Einrichtungen aber auch die Erreichbarkeit verbesserungswürdig und ausbaufähig. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit basiert auf Literaturrecherche und fokussiert die Versorgungsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche. Drei Versorgungsangebote werden genauer miteinander verglichen.
1 Einleitung
Psychische Erkrankungen der Eltern können das ganze Familiensystem bedrohen. Das Zusammenleben sowie das Aufwachsen mit einem oder beider Elternteile, die psychisch erkrankt sind, stellt für Kinder und Jugendliche ein kritisches Lebensereignis dar. Ätiologisch betrachtet kann eine schwere psychische Erkrankung der Eltern als Prädiktor für das Auftreten verschiedener psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen erkannt werden (Lenz, 2014, S. 96). Erst vor 30 Jahren gelangten die Angehörigen, Kinder und Jugendlichen der psychisch Erkrankten in den Fokus. So wurden dann die ersten Versorgungsangebote gegründet (Schrappe, 2018).
Der aktuelle Forschungsstand hat viele neue Erkenntnisse über psychische Störungen geliefert. Häufig haben psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche, die in psychotherapeutischen Kliniken und Praxen vorgestellt werden, ein psychisch erkranktes Elternteil. Oftmals kommen die betroffenen Familien erst dann in einer Versorgungsstätte an, wenn die Situation nicht mehr tragbar ist und es um die Frage geht, ob die Kinder oder Jugendlichen bei der Familie verbleiben können (Lenz, 2014, S. 96).
Jedoch könnte eine Erkrankung des Kindes durch entsprechende präventive Hilfsangebote vermieden werden (Allen, 2011). In einer Wachstumsstudie konnten die Autoren nachweisen, dass eine psychische Erkrankung eines oder beider Elternteile unter anderem zu erhöhtem familiären Stress, familiärer Dysfunktion und zu einem niedrigen Selbstwertgefühl bei Kindern führt sowie das Erkrankungsrisiko der Kinder selbst an einer psychischen Störung zu erkranken erhöht. (Garber & Cole, 2010). Dementsprechend sind Kinder im Blickpunkt der Versorgungsangebote zu berücksichtigen und benötigen diese.
In der vorliegenden Arbeit wird zu Beginn das nötige Hintergrundwissen im Theorieteil erläutert. Danach folgt ein Überblick über Versorgungsangebote im Allgemeinen mit dem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland. Im weiteren Verlauf werden drei ausgewählte Versorgungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche von psychisch erkrankten Eltern vor- und gegenüber gestellt. Außerdem werden neben den angebotenen Inhalten auch die zeitliche Entwicklung, die Finanzierung und die flächendeckende Versorgung näher erläutert. In der Diskussion werden die Versorgungsangebote kritisch betrachtet.
2 Theoretischer Hintergrund
Im diesem Teil der Hausarbeit folgt eine Begriffsbestimmung von psychisch krank um ein besseres Verständnis für die Lebenslagen von psychisch erkrankten Eltern und deren Kinder zu erlangen. Im Folgenden daran sollen statistische Werte eine Auskunft über die Anzahl betroffener Erwachsener und Kinder geben. Danach wird auf die psychosoziale Belastung betroffener Kinder und die Belastungen verschiedener Altersstufen eingegangen.
2.1. Begriffsbestimmung
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit als „ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein als das Fehlen von Krankheit und Gebrechen“ definiert (WHO, 1946, S. 1). Doch was ist, wenn diese Balance gestört ist?
In medizinisch-psychiatrischer Sichtweise wird psychisch krank als eine krankhaft veränderte Psyche verstanden. Da der Begriff Krankheit eher in medizinischen Modellen verankert ist, wird in neueren Modellen der neutralere Begriff der psychischen Störung verwendet (Effinghausen 2014, S. 52).
Nach Stemmer-Lück (2009) gibt es vier zentrale Merkmale für die Definition einer psychischen Störung: das erste Merkmal ist, dass das gestörtes Erleben und Verhalten deviant oder abweichend ist. Das zweite Merkmal ist der Leidensdruck, welcher eine zentrale Rolle spielt. Der dritte Punkt bezieht sich darauf, ob der normale Alltag oder die Lebensanforderungen noch bewältigt werden können. Das letzte Merkmal bezieht sich darauf, ob eine Selbst- oder Fremdgefährdung besteht (Stemmer-Lück, 2009, S. 53).
Die Art der psychischen Störungen werden Anhand von zwei aktuell weltweit genutzten Klassifikationssystemen diagnostiziert, dem Diagnostic and Statitical Manual of Mental Disorders und dem International Classification of Diseases (Weltgesundheitsorganisation, 2016).
In einer Studie aus dem Jahr 2014 zeigt sich, dass im Jahr circa 30% der erwachsenen Bevölkerung unter einer psychischen Störung leidet. Nach Schätzungen liegt etwa bei 25% der psychisch gestörten Bevölkerung eine Behandlungsnotwendigkeit vor (Mattejat, 2014, S. 69–75). Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungsformen. Von den betroffenen Patienten haben etwa 60 – 70% Kinder (Lenz, 2016).
Die aktuellen Zahlen werden im Gesundheitsreport 2018 der DAK folgendermaßen zusammengefasst: „Nach epidemiologischen Studien gehören psychische Erkrankungen zu den häufigsten und auch kostenintensivsten Erkrankungen. Psychische Erkrankungen machen im Jahr 2017 16,7 Prozent des Gesamtkrankenstands aus und stehen damit an zweiter Stelle der wichtigsten Krankheitsarten.“ (DAK-Gesundheitsreport, 2018). Trotz der angenommenen Individualität von Vulnerabilität konnten bei Kindern geschlechtsspezifische Unterschiede erforscht werden. Demnach hatten Jungen in Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil häufiger Erkrankungen und eine höhere Anfälligkeit für diese, als es bei Mädchen der Fall ist (Lenz, 2005, S. 24).
2.2. Psychosoziale Belastungen betroffener Kinder
Alle Familienmitglieder können durch psychische Erkrankungen der Eltern beeinflusst werden. Studien zufolge stellt eine psychische Erkrankung eines oder beider Elternteile einen besonderen Risikofaktor in der Entwicklung der Kinder dar (Lenz, 2014, S. 41). Je nach psychischer Erkrankung der Eltern ist die Gefahr, dass die Kinder selbst eine psychische Störung entwickeln, um das Zwei- bis Zehnfache erhöht (Mattejat et al., 2011, S. 17). Nach Lenz ist das allgemeine Risiko von Kindern psychisch erkrankter Eltern um das Vierfache erhöht (Lenz, 2012, S. 13). Die daraus entstehenden krankheitsbedingten Belastungen stehen in einem prozesshaften Wechselspiel.
Es können unterschiedliche Belastungskombinationen entstehen, je nach dem Geschlecht und dem Alter des Kindes, dem Alter des Kindes bei der Ersterkrankung und der Art der psychischen Störung der Eltern.
Mattejat hat die kindlichen Belastungen in zehn Überpunkten beschrieben. Zunächst beschreibt er die Desorientierung, hierbei können die Kinder die Probleme und Handlungsweisen ihrer Eltern nicht verstehen. Ein weiterer Punkt sind die Schuldgefühle, die die Kinder altersunabhängig entwickeln, sie geben sich selbst die Schuld an der Erkrankung der Eltern. Oftmals wird den Kindern verboten, die Probleme und Sorgen über die Erkrankung nach außen zu tragen. Diese Tabuisierung kann eine Isolation der Kinder als Folge haben, die Kinder fühlen sich allein gelassen, da sie nicht wissen mit wem sie über Ihre Probleme reden können. Bei einem Betreuungsdefizit fehlt es den Kindern an altersgerechter Aufmerksamkeit und Zuwendung. Die Eltern sind sehr durch ihre eigenen Probleme eingespannt und überfordert, so dass sie den Kindern nicht die notwendige elterliche Führung und Anleitung geben können. Ein weiterer Punkt sind die Zusatzbelastungen, die im Haushalt anfallen, aufgrund der elterlichen Erkrankung. Diese Aufgaben führen dazu, dass die Bedürfnisse der Kinder weiter nach hinten gedrängt werden. Mattejat beschreibt unter anderem die Verantwortungsverschiebung. Hierbei übernehmen Kinder die Aufgaben der Eltern, weil diese aufgrund Ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage dazu sind. Die Kinder fühlen sich dafür verantwortlich und übernehmen daher diese Rolle, auch wenn sie damit oft überfordert sind. Von außenstehenden Menschen werden die Kinder oft stigmatisiert und erleben so Abwertungserlebnisse. Die letzten beiden Punkte sind der Loyalitätskonflikt innerhalb und außerhalb der Familie. Bei Konflikten innerhalb der Familie, werden die Kinder zu den Konflikten der Eltern hinzugezogen, und bekommen ein Gefühl vermittelt, dass sie sich für eine Seite entscheiden müssten. Bei Konflikten außerhalb der Familie stehen Kinder zwischen der Loyalität gegenüber ihren Eltern und der Distanzierung von ihnen, da sie sich in ihrem sozialen Umwelt für sie schämen (Mattejat, 2014, S. 88f.).
2.3. Belastungen in verschiedenen Altersstufen
Viele verschiedene Aspekte wie die Entstehung und der Verlauf der psychischen Krankheiten variieren unterschiedlich in den verschiedenen Altersstufen. Mittels der Alters- und Entwicklungsstufen können die Bedürfnisse, Verständnisschwierigkeiten sowie die Ängste der Kinder und Jugendlichen hergeleitet werden (Romer & Haagen, 2007).
Schon im Säuglingsalter kann eine psychische Störung der Bezugsperson Auswirkungen auf das Kind haben. So besteht das Risiko, dass die die Kommunikationssignale des Neugeborenen gar nicht oder falsch wahrgenommen werden. Aber auch die Gefahr von Vernachlässigung und Missbrauch durch die erkrankte Person besteht in besonders schweren Fällen. So wird die gestörte Bezugsperon-Kind Interkation deutlich durch emotionale Unerreichbarkeit oder Überstimulierung. Laut Wiegand-Grefe erfolgen auf der einen Seite bei der Unerreichbarkeit Reaktionen auf die Signale des Kindes zu spät, auf der anderen Seite bei der Überstimulierung erfolgen permanente Reize, die zu eine Reaktion des Säuglings führen sollen, auch wenn sich das Kind schon abgewendet hat (Wiegand-Grefe et al., 2011, S. 67ff.).
Im Kleinkinderalter können psychische Erkrankungen wie beispielsweise Angst- und Zwangsstörungen auf die Entwicklung des Kindes einwirken. Diese Störungen kann das Kind entwickeln, da die Ängste der Eltern auf diese übertragen werden können. Kommt es durch die psychische Erkrankung zu oft unterschiedlichen Affekten im Eltern-Kind-Umgang, so wird die Person für das Kind unberechenbar und das Kind kann keine richtige Beziehung zu dieser aufbauen (Wiegand-Grefe et al., 2011)
Verschiedene empirische Studien in der Vulnerabilitätsforschung, zum Beispiel von Lauch et al., (1992); Cohn et al., (1990); Field et al., (1990) konnte ein gegenseitigen Einfluss von Kleinkind und Mutter auf die jeweilige psychische Gesundheit belegt werden. Die Studien sprechen also für einen Einbezug der Kinder in die Therapie der Mutter (Lenz, 2005, S. 24).
Im Alter von drei bis fünf Jahren, also im Kindergarten und Vorschulalter, haben Kinder eine ausgesprochen starke Form des magischen Denkens. Besteht für die Kinder keine Möglichkeit über die Krankheit der Eltern zu sprechen bzw. sich auf andere Art und Weise zu der Krankheit auszutauschen, so versucht das Kind sich Erlebnisse selbst zu erklären. Im Zuge des magischen Denkens kann es dazu kommen, dass das Kind sich selbst für das Verhalten der Eltern verantwortlich macht und sich für den Verursacher hält. Durch die in diesem Alter einsetzende Entwicklung eines kindlichen Gewissens kommt es dann dazu, dass das Kind Schuldgefühle gegenüber den Eltern ausbildet (Wiegand-Grefe et al., 2011, S. 71f.)
Im Alter von sechs bis elf Jahren, von der Grundschule bis zur Pubertät sind die Probleme der Kinder sehr auf die Eltern bezogen. Die geringe Belastbarkeit, finanzielle Probleme in der Familie sowie Konflikte der Eltern und die damit verbundene Angst vor Scheidung der Eltern belasten die Kinder in diesem Alter sehr. Häufig zeigen sie kein Interesse an Kontakt zu gleichaltrigen und auch für Freizeitaktivitäten haben sie nichts übrig. Hier sind je nach Art der elterlichen Erkrankung Psychotherapien unabdingbar, diese setzten jedoch eine Einsicht zur Erkrankung und Wille zur Mitarbeit der Eltern voraus (Wiegand-Grefe et al., 2011).
Ab der Pubertät bis hin zum Jugendalter werden die Verhaltensweisen und Eigenschaften der Eltern kritisch Hinterfragt und die Jugendlichen setzten sich damit auseinander. Hierbei sollten die Eltern eine Stärke voraussetzten um die Fragen auch zu beantworten. Durch die Erkrankung der Eltern wird die Zeit verringert, in denen die Jugendlichen ihre Eltern als Objekt für die identitätsstiftende Auseinandersetzung nutzen. Sie stehen in einem Zwiespalt zwischen dem Wunsch nach Autonomie und dem Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Eltern. In diesem Alter informieren sich Jugendliche eigenständig über die Erkrankung und kann so Ängste auslösen, durch genetische Prädispositionen selbst psychisch zu erkranken (Wiegand-Grefe et al., 2011).
In einem ausführlichen Review von Allen (2011), welches er im Auftrag der britischen Regierung erstellte wurden die frühen Hilfen vor dem dritten Lebensjahr als besonders wirksam dargestellt, bei der Prävention von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Der Autor stellt fest, dass es evidenzbasierte Programme zu frühen Hilfen gibt, die nachweislich langfristig die Entwicklung von Kindern positiv beeinflussen, aber bislang nur sporadisch Anwendung finden (Allen, 2011).
3 Versorgungsangebote für Kinder und Jugendliche - Im Allgemeinen
Versorgungsangebote für Familien mit psychisch kranken Eltern werden in Fachkreisen oft als Prävention bezeichnet, welche einen schlechteren Zustand vermeiden sollen. Die unterschiedlichen Präventionsgrade werden in Primär-. Sekundär- und Tertiärprävention eingeteilt. Bei der Primärprävention liegt der Fokus auf dem Grund für die Erkrankung und der Ausbruch soll noch verhindert werden. Liegt schon eine Erkrankung vor, die jedoch erst im Frühstadium ist, so greift hier die Sekundärprävention ein. Diese soll eine Verschlimmerung der Krankheit verhindern. Die Tertiärprävention hat das Ziel eine Verschlimmerung der Erkrankung zu verzögern oder zu verhindern, dass der Betroffene Funktionseinbußen hat.
Intervention als Begriff wird in verschiedenen Bereichen unterschiedlich erfasst. In der Medizin ist die Intervention eine aktive Behandlung. Während er in der Psychologie therapeutische und präventive Maßnahmen und in der Pädagogik einen Eingriff in Erziehungsprozesse beinhaltet.
Versorgungsangebote in Deutschland für betroffenen Kinder und Jugendliche schließen je nach Konzept präventive und intervenierende Anteile mit ein. Auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder psychisch erkrankter Eltern (Bundesarbeitsgemeinschaft. Kinder psychisch erkrankter Eltern, 2018) befinden sich mehr als hundert Projekte, Einrichtungen oder Vereine die sich hier vernetzt haben. Sie haben Ihren Ursprung in der Jugendhilfe oder in Kinder- und Jugendpsychiatrien (Wiegand-Grefe, 2014, S.140ff.). Es gibt allerdings auch Angebote aus dem Bereich der Erwachsenenpsychiatrie und auch Angebote von freien sozialen Vereinen (Schrappe 2011, S. 96).
Die Versorgungsangebote sind auf drei Ebenen unterteilt: kindzentriert, eltern- oder familienorientiert. Es könnte auch eine vierte Ebene entsprechend zu dem Modell der transgenerationalen Transmission psychischer Störungen, die des Umfelds zugefügt werden (Hosman, 2009). Auf der vierten Ebene gibt es Programme die umweltorientiert sind und die zwischen Fachkräfte Interventionen wie beispielsweise Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen und Netzwerkinterventionen wie beispielsweise Gemeinden differenzieren (Christiansen et al., 2014, S. 89).
Reinisch; Heitmann; Griepenstroh (2011) differenzieren in Ihrer systematischen Literaturrecherche über Versorgungsangebote für Kinder psychisch kranker Eltern in Deutschland zwischen der Individuums und der Fallübergreifenden Ebene von Präventionsmöglichkeiten (Reinisch et al., 2011, S. 62–83).
In einer weiteren Studie nach evidenzbasierenden Interventionsprogrammen verweisen die Autoren auf eine inhaltliche Analogie trotz differenzierter Interventionen der jeweiligen Versorgungsangebote. Hierzu gehören unter anderem die Aufklärung über die Gründe der elterlichen Erkrankung, sowie die damit verbunden Risikofaktoren für die Kinder und Jugendlichen. Sowohl Screenings, um das Risiko der Kinder und Jugendliche überhaupt erst einschätzen zu können gehören dazu als auch die Beschreibung der verschiedenen Versorgungsangebote (Christiansen; Mattejat; Röhrle, 2011).
Nach Christiansen et. Al. (2011) können die Kinder und Jugendlichen innerhalb der Familie durch die Stärkung der Kompetenzen im Erziehungssektor, Stressbewältigungsstrategien, Familienhilfen, Aufbau eines familienexternen Betreuungssystems und durch schulische Hilfe unterstützt werden. Außerdem sollten sie Unterstützung bekommen beim Umgang mit Gefühlen, wie Befürchtungen und Schuldgefühle, um diese abbauen zu können und um ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Die Verstärkung familienexterner Kontakte kann der Gefahr der sozialen Isolation entgegenwirken und könnte für die Aktivierung weiterer Ressourcen hilfreich sein. Eine Festigung der Familie kann mittels der Behandlung erreicht werden. Entweder durch die Aufnahme des Kindes in den Behandlungskreis der Eltern oder durch die Entfernung des Kindes aus der Familie mithilfe eines Sorgerechtentzug (Christiansen et al., 2011, S. 458f.).
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1 Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die Unterscheidung zwischen der männlichen und weiblichen Form der Anrede verzichtet. Es sind selbstverständlich immer beide Geschlechter gemeint, wenn von Kindern, Jugendlichen oder Betroffenen die Rede ist.