In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben viele sogenannte Billigflieger oder Low-Cost-Airlines (LCAs) den Luftverkehrsmarkt betreten. Durch ihre knapp kalkulierten Preise haben sie das Preisgefüge auf dem Markt durcheinander gebracht. Die gestandenen Network-Airlines (NWAs) wurden unter Druck gesetzt und mussten auf die neue Konkurrenz reagieren.
Die niedrigen Preise setzen allerdings nicht nur die traditionellen Fluggesellschaften unter Druck, sondern können auch die Low-Cost-Carrier (LCC) in die Knie zwingen. Immer wieder stehen solche Fluggesellschaften vor dem Aus, wie zuletzt das Beispiel Air Berlin gezeigt hat.
Die vorliegende Seminararbeit soll folgende Hauptfragen beantworten: Welche Strategie bzw. welches Geschäftsmodell verbirgt sich hinter den LCAs? Worin sind die teils großen Preisunterschiede zu NWAs begründet?
Um obige Fragestellungen zu beantworten, werden zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten im Bezug auf diese Seminararbeit definiert. Anschließend wird die Strategie der Low-Cost-Airlines beleuchtet und dargestellt, bevor dann auf die Kostenstrukturen eingegangen wird. Die Kostenstrukturen werden dargestellt, indem einzelne Unternehmensfunktionen untersucht werden.
Zum Ende soll ein Fallbeispiel die zuvor dargelegten Einblicke bestätigen, bevor ein Fazit die Seminararbeit zusammenfasst und eine kleine Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung gibt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziele und Vorgehensweise
2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Definition Low-Cost-Airlines
2.2 Definition Network-Airlines
2.3 Definition Kostenstruktur
3. Low-Cost-Airlines
3.1 Geschäftsmodell
3.2 Kostenvorteile in einzelnen Unternehmensfunktionen
3.2.1 Flugplanung
3.2.2 Flugzeuge und Wartung
3.2.3 Personal
3.2.4 Vertrieb und Servicekonzept
4. Fallbeispiel Ryanair
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben viele sogenannte Billigflieger oder Low-Cost-Airlines (LCAs) den Luftverkehrsmarkt betreten. Durch ihre knapp kalkulierten Preise haben sie das Preisgefüge auf dem Markt durcheinander gebracht. Die gestandenen Network-Airlines (NWAs) wurden unter Druck gesetzt und mussten auf die neue Konkurrenz reagieren.
Das folgende Zitat von Calder drückt sehr gut aus, wie verwunderlich und zugleich erfreulich die günstigen Ticketpreise für den Verbraucher sind:
„In 1973 I hitch-hiked from the fine Irish port of Kinsale to Cork airport. At the time, the one-way air fare to London was £ 30, which represented three weeks work on the farm at the end of the runway at Gatwick airport where I was working at the time. So I carried on thumbing, and arrived back at the ranch three days later. In 2003, I again hitched to Cork airport. But this time I stopped, checked in, and got on a Ryanair plane to London. The fare was still £ 30 – representing three hours´ work at the average British wage. Unbelievably, no-frills flying has renderend hitchhiking an uneconomic form of transportation […]. 1
Er beschreibt, dass ein Flugticket von Cork nach London in 1973 etwa 30 Pfund gekostet hat, was zur damaligen Zeit etwa drei Wochen Arbeit auf dem Bauernhof bedeutete. 30 Jahre später fliegt er die gleiche Strecke für den gleichen Preis in einem Ryanair-Flugzeug, obwohl 30 Pfund nun nur noch drei Stunden Arbeit des typischen britischen Arbeiters bedeuten. Während sich also das Lohngefüge positiv entwickelt hat, sind die Preise durch den Eintritt der Billigflieger stabil geblieben.
Die niedrigen Preise setzen allerdings nicht nur die traditionellen Fluggesellschaften unter Druck, sondern können auch die Low-Cost-Carrier (LCC) in die Knie zwingen. Immer wieder stehen solche Fluggesellschaften vor dem Aus, wie zuletzt das Beispiel Air Berlin gezeigt hat.
1.2 Ziele und Vorgehensweise
Die vorliegende Seminararbeit soll folgende Hauptfragen beantworten:
- Welche Strategie bzw. welches Geschäftsmodell verbirgt sich hinter den LCAs?
- Worin sind die teils großen Preisunterschiede zu NWAs begründet?
Um obige Fragestellungen zu beantworten, werden zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten im Bezug auf diese Seminararbeit definiert. Anschließend wird die Strategie der Low-Cost-Airlines beleuchtet und dargestellt, bevor dann auf die Kostenstrukturen eingegangen wird. Die Kostenstrukturen werden dargestellt, indem einzelne Unternehmensfunktionen untersucht werden.
Zum Ende soll ein Fallbeispiel die zuvor dargelegten Einblicke bestätigen, bevor ein Fazit die Seminararbeit zusammenfasst und eine kleine Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung gibt.
2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Definition Low-Cost-Airlines
Die kommerzielle Luftfahrt erfuhr stärker als alle anderen Transportmittel in den vergangenen Jahrzehnten ein enormes Wachstum. Als Gründe für diesen Nachfrageanstieg lassen sich vor allem die Globalisierung, aber auch die Deregulierung der Luftverkehrsmärkte in vielen Teilen der Welt anführen. Letztere führte zu einem stärkeren Wettbewerb und somit auch zu sinkenden Preisen, wodurch viel mehr Menschen als noch zuvor die Möglichkeit hatten das Transportmittel zu nutzen. Der heutige Markt unterscheidet sich wesentlich vom früheren staatlich regulierten. Neben den großen sogenannten Network-Airlines2 hat die Liberalisierung der Märkte einige Niedrigpreisalternativen hervorgebracht.3
In Europa wären Ryanair und easyJet gute Beispiele, die durch die teils besten Profitmargen und Renditen der Branche und vorteilhaften Kostenstrukturen die traditionellen Airlines zum Umdenken zwingen.4 Diese Niedrigpreisfluggesellschaften werden LCAs5 genannt.
LCAs verfolgen ein Geschäftsmodell, dessen höchste Priorität der konstanten Kostenreduktion gewidmet wird. Somit zählen sie in der kommerziellen Luftfahrt zu den effizientesten Kosten- und Preiswettbewerbern.6 Durch niedrigere Kosten gegenüber der Konkurrenz können sie die Ticketpreise traditioneller Fluggesellschaften bis zu 50%-70% unterbieten und gleichzeitig noch einen Gewinn erzielen.7 Das Geschäft dieser Airlines entwickelte sich rasant, so wuchs die Anzahl von wöchentlichen Sitzplätzen in europäischen LCAs von 100.000 im Jahre 1995 auf etwa 1,5 Millionen in 2003.8
2.2 Definition Network-Airlines
Auch nach der Deregulierung ist die häufigste Form einer Fluggesellschaft die der NWA. Diese Unternehmen zeichnen sich durch ein internationales Streckennetz aus. Die Streckenführung planen sie mit einem sogenannten „Hub-and-Spokes“-System. Dies bedeutet, dass sie versuchen, ihre Flüge in der Form untereinander abzustimmen, dass ein Umsteigen möglich wird. Das wird durch Zubringerflüge realisiert, die zu Langstreckenanschlüssen in das Streckennetzwerk integriert werden. So können diese Airlines von fast jedem angeflogenen Flughafen weltweite Anschlussmöglichkeiten bieten.9
Die Airlines fliegen hauptsächlich große Hauptflughäfen in den Metropolen der Welt an. Ihre Flugzeugflotte ist weitestgehend heterogen, das bedeutet, dass sich die Flugzeuge in verschiedenen Merkmalen unterscheiden, wie zum Beispiel in der Größe und der damit zusammenhängenden Bestuhlung. Zudem besitzen sie unterschiedliche Flugzeuge für Kurz-, Mittel- oder Langstrecken.10
Ihre Flugtickets vertreiben die NWAs über nahezu jeden verfügbaren Verkaufskanal. Zudem bieten sie verschiedene Beförderungsklassen an, die sich im Service vor, während und nach dem Flug unterscheiden. Sie versuchen durch gewisse Kundenbindungsprogramme die Zielgruppe der Geschäfts- und serviceorientierten Privatreisenden an sich zu binden. Ein weiteres Merkmal stellen die Allianzen11 dar, die sie nutzen, um sich im Wettbewerb zu behaupten.12 Diese Allianzen ermöglichen beispielsweise Synergien durch den gemeinsamen Einkauf oder der gemeinsamen Nutzung von Wartungs- und Trainingseinrichtungen. Neben den zuvor angesprochenen Kundenbindungsprogrammen versuchen sie zudem durch eine starke Markenbildung eine erkennbare, wenn auch künstliche, Differenzierung herzustellen.13
Beispiele für NWAs sind mittlere bis große Fluggesellschaften, die international agieren, wie zum Beispiel Lufthansa oder British Airways und regionale Wettbewerber wie British Midland. Die NWAs können zum einen eine private und somit unabhängige Fluggesellschaft sein, oder es können unterschiedlich große Anteile an ihnen im Besitz von Staaten sein.14
2.3 Definition Kostenstruktur
Der Begriff Kostenstruktur beschreibt die Zusammensetzung der Kosten aus unterschiedlichen Kostenblöcken, -kategorien und –arten. Das Ziel von Unternehmen ist es, im Kostenstruktur-Management das Verhältnis von Einzel- und Gemeinkosten sowie von fixen und variablen Kosten vorteilhaft zu gestalten. Diese Aufgabe gestaltet sich immer schwerer, da die anteilig fixen Kosten und die Gemeinkosten an den Gesamtkosten stetig steigen.15 Einfluss auf das Verhältnis von Einzel- und Gemeinkosten können Unternehmen nehmen, indem sie die Gemeinkosten so weit wie möglich abbauen oder über Zuschlagssätze auf die erstellten Kostenträger verrechnen.16 Ein Unternehmen sollte versuchen, die Anteile der variablen Kosten und Einzelkosten an den Gesamtkosten zu erhöhen. Durch die variablen Kosten gewinnt die Kostenstruktur an Flexibilität. Durch einen Anstieg der Einzelkosten wird die Transparenz erhöht.17 Bei Fluggesellschaften zeichnet sich die Kostenstruktur meist durch einen hohen Fixkostenblock aus. Grund dafür sind neben indirekten Kosten wie z. B. Stations-, Verkaufsorganisations- und Verwaltungskosten die direkten Kosten wie Technik, Besatzung und Abschreibung sowie auch flugabhängige Kosten für Treibstoff, Personalkosten der Besatzung und Flughafengebühren.18 Aus diesem hohen Fixkostenblock folgt die Erkenntnis, dass eine Airline nur ab einem hohen Auslastungsgrad Gewinn erwirtschaften kann. Folglich versuchen viele Airlines ihre Kostenstrukturen zu optimieren.
3. Low-Cost-Airlines
3.1 Geschäftsmodell
Um die Strategie bzw. das Geschäftsmodell einer Fluggesellschaft zu untersuchen sollte man zunächst das Produkt näher betrachten. Das Produkt Flugbeförderung setzt sich aus mehreren Komponenten aus dem Dienstleistungsbereich zusammen. Die einzelnen Komponenten sind zeitlich aufeinanderfolgend, beginnend beim ersten Kontakt des Kunden mit der Fluggesellschaft oder einer Verkaufsagentur bis zur Aushändigung des Gepäcks nach dem Flug. Somit setzt sich auch die Qualität der Gesamtleistung aus der Summe der Qualität aller einzelnen Komponenten zusammen.19
Verglichen mit den zuvor vorgestellten NWAs agieren die LCAs zu deutlich geringeren Kosten.20 Die Billigflieger versuchen Einsparpotenziale zu finden und diese so gut wie möglich zu nutzen. Dies führt dazu, dass die Fluggesellschaften aufgrund der günstigen Kostenstruktur Flüge zu niedrigen Preisen anbieten können. So versuchen sie eine Kostenführerschaft aufzubauen und erarbeiten sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der teureren Konkurrenz. Der Preis stellt für diese Fluggesellschaften das primäre Marketinginstrument dar.21
Erst Mitte der neunziger Jahre konnte man die Entwicklung dieser Airlines in Europa beobachten. Die Zielgruppe der Low-Cost-Carrier besteht aus Privat- und preissensiblen Geschäftsreisenden. Die konsequente Kostenreduzierung lässt sich in allen Bereichen finden.22 Im folgenden Kapitel sollen diese Hauptbereiche vorgestellt werden.
[...]
1 Calder, S. (2003), S. 1
2 Synonym werden diese auch als Network Carrier, Netzwerkfluggesellschaften, Full Service Airlines, Full Service Carrier, Flag Carrier, Legacy Carrier, traditionelle Fluggesellschaften oder etablierte Fluggesellschaften bezeichnet.
3 Vgl. Meyer, J. R. / Oster Jr., C.V. (1984), S. 3f.
4 Vgl. Lawton, T. C. (2002), S. 1f.
5 Synonym werden diese auch als Low-Cost Carrier, „No-Frills“-Airlines, Budget Airlines, Discount Airlines, Billigflieger, Sparflieger und Niedrigpreis-Fluggesellschaften bezeichnet.
6 Vgl. Lawton, T. C. (2002), S. 4f.
7 Vgl. Binggeli, U. / Pompeo, L. (2002), S. 4
8 Vgl. AEA (2003), S. I-8
9 Vgl. Sutton, O. (2003), S. 15
10 Vgl. Greifenstein, F. / Weiß, M. (2004), S. 10
11 Es gibt drei große Allianzen im Luftverkehr, die von Fluggesellschaften zu Kooperationszwecken genutzt werden: Skyteam, Star Alliance und Oneworld. Vgl. Sterzenbach, R. / Conrady, R. / Fichert, F. (2003), S. 216-219
12 Vgl. Schneiderbauer, D. / Fainsilber, O. (2003), S. 18f.
13 Vgl. Schmitt, P. M. (2002), S. 188
14 Vgl. Maurer, P. (2006) S. 18f.
15 Vgl. Kremin-Buch, B. (2004) S. 14-15
16 Vgl. Hardt, R. (2002) S. 12
17 Vgl. Oecking, G. (1994) S. 48
18 Vgl. Sterzenbach, R. / Conrady, R. / Fichert, F. (2003) S. 149
19 Vgl. Pompl, W. (2007), S. 79
20 Vgl. Sterzenbach, R. / Conrady, R. / Fichert, F. (2003), S. 170
21 Vgl. Greifenstein, F. / Weiß, M. (2004), S. 5
22 Vgl. Pompl, W. (2007), S. 104