Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit Gegenüberstellung von Stadt und Land auf Sizilien. In Italien gibt es eine ausgeprägte dialektologische Tradition, welche immer in den jeweiligen politischen Kontext eingeordnet werden muss. Der Gegensatz zwischen der urbanen und der ruralen Bevölkerung ist stark und wirkt sich stets auch auf die Sprache aus.
Besonders für Städte gilt, dass sie einen Konvergenzpunkt von verschiedenen Kulturen darstellen, wodurch eine eigene, urbane Identität geschaffen wird, mit der ein bestimmter Raum sowie eine Gruppe assoziiert werden. Der ursprüngliche lateinische Begriff urbanitas bezeichnete das Stadtleben in Rom.
Heute steht die Urbanität für Heterogenität, ein erhöhtes Prestige, Mobilität und die kulturelle Vielfalt. Den Gegenpart stellt die rusticitas dar, welche für die traditionelle ländliche Einfachheit steht und heutzutage mit Ruralität bezeichnet werden kann. Die Stadt ist das Produkt von neuen Sprachkontakten, was durch den ständigen Sprachwandel deutlich wird. Im ruralen Raum hingegen findet der Kulturkontakt verzögert statt, was sich auch auf den Sprachwandel auswirkt.
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Definition des erweiterten Kulturbegriffs
2. Die Geschichte Siziliens
2.1 Sizilien unter dem Einfluss der Griechen
2.2 Die linguistische Hellenisierung
2.3 Sizilien unter dem Einfluss der Römer
2.4 Die Verbreitung des Christentums ab dem 3. Jahrhundert
2.5 Die byzantinische Eroberung und das neue Griechentum
2.6 Sizilien unter dem Einfluss der Araber
2.7 Die Normannen und Lombarden mit der Entstehung des modernen Sizilianisch
2.8 Die spanische Periode: Aragonier, Katalanen, Kastilianer
2.9 Sizilien nach der Vereinigung von
3. Sizilien und die Sprache
3.1 Spezifika der Dialekte
3.2 Gründe für die dialektalen Unterschiede in der Stadt und auf dem Land
3.3 Classificazione dei dialetti siciliani nach Giorgio Piccitto
4. Schlussfolgerung: Sizilianisch heute
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit Gegenüberstellung von Stadt und Land auf Sizilien. Warum diese Gegenüberstellung von Stadt und Land? In Italien gibt es eine ausgeprägte dialektologische Tradition, welche immer in den jeweiligen politischen Kontext eingeordnet werden muss. Der Gegensatz zwischen der urbanen und der ruralen Bevölkerung ist stark und wirkt sich stets auch auf die Sprache aus. Besonders für Städte gilt, dass sie einen Konvergenzpunkt von verschiedenen Kulturen darstellen, wodurch eine eigene, urbane Identität geschaffen wird, mit der ein bestimmter Raum sowie eine Gruppe assoziiert werden. Der ursprüngliche lateinische Begriff urbanitas bezeichnete das Stadtleben in Rom. Heute steht die Urbanität für Heterogenität, ein erhöhtes Prestige, Mobilität und die kulturelle Vielfalt. Den Gegenpart stellt die rusticitas dar, welche für die traditionelle ländliche Einfachheit steht und heutzutage mit Ruralität bezeichnet werden kann. Die Stadt ist das Produkt von neuen Sprachkontakten, was durch den ständigen Sprachwandel deutlich wird. Im ruralen Raum hingegen findet der Kulturkontakt verzögert statt, was sich auch auf den Sprachwandel auswirkt. Meist entwickelte sich die lingue urbane durch Wanderungsbewegungen. Diese hatten einen starken Einfluss auf die Standardisierung von Dialekten, da sie die mittlere Sprachschicht zwischen dem Dialekt und der Standardsprache beeinflussten und dabei die Differenzen der verschiedenen Dialekte aufhoben. Damit wird deutlich, dass sich die städtischen Sprachen aus den historischen Dialekten entwickelt haben. Allgemein kann man für die lingue urbane folgende Bezeichnungen vorfinden: Stadtsprachen, städtische Sprachen/ Umgangssprachen und Urbanolekte. Man sollte jedoch bei den Begriffen der Stadtdialekte und der urbanen Dialekte vorsichtig sein, da sie unklar sind. Stadtsprachen sind nämlich keine reinen Dialekte, sondern gehören einem Substandard an und können somit als eine Mischform bezeichnet werden. Wenn es aber um den Stadtbegriff in der Geographie geht, sollten soziologische und wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden. Die Definitionen müssen wegen Unterschieden in den verschiedenen Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsräumen anders ausfallen, denn außersprachliche Faktoren beeinflussen die Sprache als kulturelles Phänomen. Es existieren zum Beispiel Regionaldefinitionen, welche nur für ein Gebiet zu einer bestimmten Zeit gültig sind. Der aktuelle geographische Stadtbegriff sagt aus, dass es keine eindeutige, allgemeingültige Definition des Begriffes Stadt gibt, welcher sämtliche Aspekte mit einschließen würde. Damit bleibt die Stadt- Land- Unterscheidung abstrakt, relativ und willkürlich.1 Deshalb sollten nur imaginäre Grenzen gezogen werden, die sich einer Definition annähern. Der Versuch einer genauen Grenzziehung kann nur scheitern und ist auch nicht nötig, da die Stadt und das Land ein Kontinuum bilden. Folglich sollten sie auch nicht einzeln betrachtet werden. Mit diesem Bewusstsein kann man sich dann bemühen eine abstrakte und stereotypisierte Gegenüberstellung von Stadt und Land zu skizzieren.2
In dieser Hausarbeit werde ich mich demnach zunächst um eine geeignete Definition des Begriffes Kultur bemühen, als nächstes werde ich die einzelnen historischen Ereignisse Siziliens zusammenfassen, die einen starken Einfluss auf die Sprachbildung hatten. Im dritten Teil befasse ich mich mit den unterschiedlichen Dialekten der Insel Siziliens und widme mich dann dem heutigen sizilianischen Dialekt.
1.1 Definition des erweiterten Kulturbegriffs
Der „Kultur“- Begriff ist keine Wesensbeschreibung, sondern eine Zusammenstellungsdefinition. Daher sollte man nie davon sprechen, was Kultur sei, sondern lieber beschreiben, was zu einer Kultur gehört. Auch Sprache nimmt eine wichtige Stellung zur kulturellen Identität einer Gemeinschaft ein. Der erweiterte Kulturbegriff „umfasst die Gesamtheit menschlichen Symbolschaffens: materielle Gegenstände, Verhaltensformen, Sprachgebilde, Glaubensvorstellungen, soziale Institutionen, Wertsetzungen.“3
2. Die Geschichte Siziliens
In der Vergangenheit war Sizilien vielfältigen kulturellen Einflüssen ausgesetzt, diese geschichtlichen Einflüsse spiegeln sich auch in der Sprache bzw. den verschiedenen Dialektformen Siziliens wieder.
„Sizilianisch ist nämlich kein italienischer Dialekt, sondern eine seit Jahrtausenden gewachsene, man ist fast dazu geneigt zu sagen: adamistische Ursprache.“4
2.1 Sizilien unter dem Einfluss der Griechen
Die Griechen gründeten ab ungefähr 750 vor Christus und in einem Zeitraum von zwei Jahrhunderten zahlreiche Kolonien auf Sizilien. Zunächst besiedelten sie wahrscheinlich die Ostküste mit Nasso als erste Kolonie. Es folgten weitere Kolonien wie Siracusa als Stadt der peloponneschischen Dorer, Lentini, Catania, Megara Iblea. Die griechische Ausdehnung setzte sich gegen Westen nach Gela, Imera, Selinunte und Agrigento fort. Dabei rivalisierte Agrigento mit Siracusa um Prestige und Reichtum. Der Druck der Griechen führte zur Verkleinerung der indogermanischen Sikuler, die am Ende des zweiten Jahrhunderts vom Festland Italiens nach Sizilien kamen. Die einheimischen Sikaner, ein semitisches Volk, hatten ihr Siedungsgebiet im Zentrum. Mit der Besiedlung der Griechen flüchteten die Sikaner und Elymer in den äußersten Westen. Die Elymer siedelten sich dabei nord- westlich auf der Insel an, ihre Herkunft ist jedoch unsicher. Die Stadt Segesta (Hegesta) gehörte dabei zu ihrem Siedlungsgebiet und lag oberhalb des Golfs von Castellammare im Landesinneren. Der der Monte Eryx, ein 750 m hoher, aus dem Meer ragender Berg auf einem Kalksteinmassiv, war ihr größtes Heiligtum. Politisch sowie kulturell wurde das Volk von den benachbarten phönizisch- karthagischen Siedlungen auf der Laguneninsel Motya und Palermo beeinflusst. Das kämpferische Ziel der Elymer richtete sich dabei auf den äußersten Vorposten der Griechen, die westlich gelegene Hafenstadt Selinunt. Die Stadt verdeutlichte die ökonomische Vormachtstellung der Griechen, die sie durch überdimensionale Tempelbauten, darstellten.5
Die Punier, die Semiten Nordafrikas, gaben sich währenddessen mit den Anlauf- und Handelshäfen an der Küste zufrieden.
Insgesamt führte die Gründung der griechischen Kolonien im Osten zu einem neuen politischen System, der poleis, die neue kulturelle Faktoren beinhaltete.6 Sprachlich war diese griechische Periode durch verschiedene Dialekte geprägt und dazugehörig gab es natürlich auch eine Vielzahl von unterschiedlichen kulturellen Traditionen der Völker: “Der ionische Dialekt, der in Catania gesprochen wurde, unterschied sich so grundlegend vom dorischen wie die ionischen Baukunst von der dorischen.”7
2.2 Die linguistische Hellenisierung
Der Nord-Osten Siziliens, wurde intensiver von den Griechen beeinflusst und deshalb blieb die Sprache dort bis zum Mittelalter (6.-15. Jh.) lebendig.
Durch die regionale Leitung wurden Teile der präsenten, alten Gräzismen assimiliert und an verschiedene sizilianische Dialekte übertragen. Auch ist es möglich, dass einige alte Gräzismen direkt in das Sizilianische eingeflossen sind. Bei den altgriechischen Toponymen handelt es sich um wichtige Orte wie beispielsweise Palermo (Pàn-ormos, <Ganzhafen>), Siracusa, Catania, Gela und Lentini.8
2.3 Sizilien unter dem Einfluss der Römer
Bei der Eroberung Siziliens, 241 vor Christus, fanden die Römer ein stark hellenisiertes, aber nicht homogenes Sizilien vor. Zwischen den Städten und dem Land gab es starke linguistisch Differenzen zwischen der Stadt und dem Land.
Die alten Lokalsprachen wurden im Inselinneren bewahrt. Jedoch führte der römische Einfluss zu einem politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen sowie linguistischen Romanisierungsprozess. Zwischen der römischen und der hellenistisch- sikulischen Gesellschaft herrschte eine große kulturelle Distanz.
Im ethnischen Bereich präsentierte sich Sizilien bei der Eroberung mit umfangreichen griechischen oder punischen Küstenstädten. Durch die Autonomie Siziliens gelang den Römern keine flächendeckende Durchdringung. Da Sizilien die erste eroberte Provinz mit einer eigenen Verwaltung war, gab es keine Kolonien. Erst 31 vor Christus bis 14 nach Christus, unter Kaiser Augustus, hatte sich das Lateinische durch Koloniengruppen verbreitet.
Deshalb ist das zeitgenössische Sizilianisch ein romanischer Dialekt, in dem archaische Elemente der ersten Romanisierung erhalten sind. 9
2.4 Die Verbreitung des Christentums ab dem 3. Jahrhundert
Der erste Sitz des Christentums auf Sizilien war wahrscheinlich die Stadt Siracusa. Dabei war Griechisch die Sprache der neuen christlichen Riten und der Klöster, besonders in Zone des östlichen Zentrums.
[...]
1 Vgl. Fischer, Katrin: Die Stadt- Definiton , Terminologie und Klassifikation (Online). Verfügbar unter: http://www.mygeo.info/skripte/skript_bevoelkerung_siedlung/siedl1.htm http://www.mygeo.info/skripte/skript_bevoelkerung_siedlung/siedl1.htm. Zuletzt: 04.03.2014
2 Vgl. Fauser, Markus (2003): Einführung in die Kulturwissenschaft. Darmstadt: W issenschaftliche Buchgesellschaft.
3 Gerndt, Helge (1997): Studienskript. Volkskunde: eine Handreichung für Studierende.
4 Dittelbach, Thomas: Geschichte Siziliens. Von der Antike bis heute. S. 8
5 Vgl. Ebnd., S.15
6 Vgl. Ruffino, Giovanni (2001): Sicilia. Roma- Bari: Gius. Laterza & Figli, S. 11.
7 Dittelbach, Thomas (2010): Geschichte Siziliens. München: Verlag C.H. Beck, S. 19.
8 Vgl. Ruffino, Giovanni (2001): Sicilia. Roma- Bari: Gius. Laterza & Figli, S. 11f.
9 Vgl. Ebnd., S.13ff.