Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Potenzialen von neuen Methoden für das Preiscontrolling. Es wird gezeigt, aufgrund welcher Veränderungen herkömmliche Tools des Preiscontrollings der gewachsenen Komplexität zeitgemäßer Geschäftsmodelle und Unternehmensumfelder nicht mehr gerecht werden können. Gegenstand der Analyse ist zum einen das Better Pricing, das sich mit den Verbesserungsmöglichkeiten innerhalb transaktionaler, vertikaler Wertschöpfungsstrukturen beschäftigt. Zum anderen werden die Möglichkeiten des Beyond Pricing, dessen Fokus auf der koordinativen Betrachtung von Wertschöpfungsstrukturen liegt, thematisiert. Im Ausblick werden die Chancen und möglichen Risiken dieser Methoden und ihre eventuellen Anwendbarkeiten kritisch zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Notwendigkeit neuer Modelle für das Preiscontrolling
2.1 Veränderungen der transaktionalen Möglichkeiten
2.2 Veränderungen der koordinativen Möglichkeiten
3 Better Pricing
3.1 Flexibles Pricing
3.2 Integriertes Pricing
4 Beyond Pricing
5 Ausblick und Einschätzung
Anhang: Transaktionale und koordinative Wertschöpfungsmodelle
Literaturverzeichnis
Anhangverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In den letzten Jahren haben die potenzialbezogenen Möglichkeiten einer adäquaten Preispolitik in der Unternehmenspraxis stark an Bedeutung gewonnen. „Der Preis als […] Determinante des Gewinns rückt daher im Rahmen der Gesamtstrategie des Unternehmens immer mehr in den Mittelpunkt.“1 Einige Gründe für diese Entwicklung sind beispielsweise stark umkämpfte Märkte mit hohem Marktsättigungsgrad, in welchen der Verdrängungswettbewerb oftmals vor allem über den Preis geführt wird. Parallel dazu sind neue Wachstumsmärkte, wie z. B. der Telekommunikationsbereich entstanden, in welchen global starker Preiswettbewerb um Marktanteile herrscht. Als weitere Einflussfaktoren für die gestiegene Relevanz professioneller Preispolitik können die allgemeine Tendenz zum globalen Handel, geringere Qualitätsunterschiede verschiedener Konkurrenzprodukte, die durch Kommunikationstechnik gestiegene Preistransparenz auf Seiten der Nachfrager und professionalisierte Einkaufsaktivitäten von Firmenkunden genannt werden.2 Herkömmliche Methoden zur Erzielung von Wettbewerbs- und Gewinnvorteilen, nämlich Kostensenkungs- und Mengensteigerungsambitionen, sind in vielen Bereichen nicht mehr möglich.3 Hinzu kommt ferner, dass Preispolitik an sich schon aufgrund ihrer inhärenten Merkmale eine zentrale Position für die Profitabilität eines Unternehmens darstellt. Einige dieser Merkmale sind z. B. die hohe und rapide Wirksamkeit der Preisentscheidungen auf das Kundenverhalten und die relativ schnelle Umsetzbarkeit eines Preises.4 Grundsätzlich befasst sich das Preismanagement „[…] [mit der] Relation zwischen dem Wert, den ein Kunde von einem Unternehmen erhält, und dem Entgelt, das ein Kunde dafür zu erbringen hat.“5 Um diese Relation optimal bestimmen zu können, benötigen Unternehmen eine systematische, aus der Marketing- und Gesamtstrategie des Unternehmens abgeleitete, komplexitätsgerechte und durch laufende Informationen fundierte Herangehensweise - das Preiscontrolling. Als Teilbereich des Unternehmenscontrollings kommen dem Preiscontrolling die vier grundsätzlichen Aufgaben der Informations-, Planungs-, Kontroll- und Koordinationsfunktion im preispolitischen Kontext zu. Diese haben das Ziel, Effizienz und Effektivität von Führungsentscheidungen des Preismanagements sicherzustellen.6 Zunehmend wurde festgestellt, dass herkömmliche Methoden des Preiscontrolling - wie die wettbewerbsorientierte Preisfindung oder die Kosten-plus Methode - immer komplexer und innovativer gewordenen Geschäftsmodellen und Unternehmensumfeldern nicht mehr gerecht werden.7 Allgemeine Trends, wie Sharing-Modelle und Servitization verstärken zusätzlich die Notwendigkeit innovativer Pricing- Methoden. Der Preis für hybride Leistungsangebote, bestehend aus Dienstleistungs- und Produktkomponenten, wird zukünftig weniger „als prozentuale[r] Gewinnaufschlag auf die Kosten, sondern als Spiegelbild des aus der Produkt-/ Serviceleistung resultierenden Kundennutzens betrachte[t].“8 Mit der vorliegenden Arbeit sollen mit dem Better Pricing und dem Beyond Pricing innovative Pricing-Methoden vorgestellt und ihr Potenzial zur Verbesserung des Preiscontrollings analysiert werden.
2 Notwendigkeit neuer Modelle für das Preiscontrolling
Aufgrund der in den folgenden Unterpunkten beschriebenen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen des Preismanagements, besteht die Notwendigkeit neuer Modelle und Methoden für das Preiscontrolling. Diese haben die Aufgabe, aktuelle transaktionale und koordinative Möglichkeiten zu berücksichtigen.9
2.1 Veränderungen der transaktionalen Möglichkeiten
Zunächst ist zu konstatieren, dass sich nicht nur die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern sich auch die Rahmenbedingungen nahezu aller Geschäfts- und Unternehmensbereiche durch die rasant vorangeschrittene Digitalisierung entscheidend verändert haben10. Die hierdurch begründete Entstehung elektronischer Infrastruktur eröffnet sowohl dem produzierenden, als auch dem Dienstleistungssektor völlig neue Möglichkeiten und Risiken. Einige Beispiele hierfür sind das „Internet der Dinge“, „Industrie 4.0“ oder digitale Produkte, E-Commerce und Web-basierte Kommunikationsmethoden11. Durch diese Potenziale ist es nicht verwunderlich, dass sich der Trend zur Servitization in der heutigen Unternehmenspraxis deutlich erkennen lässt. Grundsätzlich beschreibt Servitization den Prozess der Wertschöpfung, in dem Produkte durch Services ergänzt werden.12 Michael Reiss bemerkt in diesem Kontext, dass Servitization heute mehr das Ersetzen von Sachleistungen durch Dienstleistungen als die bloße Ergänzung jener bedeutet. Beispiele hierfür seien das Angebot von Mobilität statt Fahrzeugen oder Betreiber- statt Verkaufsmodellen.13 Herkömmliche Methoden des Preiscontrollings haben folglich Probleme, die Dynamik digitaler Infrastruktur zwischen Unternehmen und deren Kunden angemessen zu berücksichtigen. Es wird zu prüfen sein, inwieweit innovative Ansätze im Preismanagement transaktionales Verbesserungspotenzial für die Ertragslage beinhalten. Dies wird im Unterpunkt 3.1 anhand der Better Pricing Methode untersucht.
2.2 Veränderungen der koordinativen Möglichkeiten
Des Weiteren sind durch die beschriebenen digitalen Möglichkeiten Wertschöpfungsarchitekturen entstanden, die vermehrt gestiegene Beteiligungen des Abnehmers an der Wertschöpfung aufweisen.14 Der Begriff Wertschöpfungsarchitektur meint ein System „von aufeinander abgestimmten Wertschöpfungsprozessen, die auf eine gemeinsame Stiftung von Nutzen für den Kunden abzielen.“15 Wertschöpfungsprozesse orientierten sich traditionell an einer vertikalen Supply Chain, wobei jeder Akteur einen arbeitsteiligen Beitrag zur Gesamtwertschöpfung leistete. Neuerdings ist zu beobachten, dass immer mehr Wertschöpfungsnetzwerke innerhalb interaktiver Wertschöpfungsarchitekturen entstehen. Wertschöpfungsnetzwerke - als Teil interaktiver Wertschöpfungsarchitektur - sind Zusammenschlüsse „mehrerer Unternehmen zur gemeinsamen Erschließung von Wertschöpfungspotenzialen, die aus der unternehmensübergreifenden Kopplung der Wertschöpfungsprozesse resultieren.“16 Ein Praxisbeispiel hierfür ist das Elektromotoren-Wertschöpfungsnetzwerk von Bosch und Daimler, zu welchem sich die beiden Unternehmen im Bereich der Motorenentwicklung in Hildesheim zusammengeschlossen haben. Hauptmotive hierfür waren, mithilfe des Know-how des jeweiligen Netzwerkpartners, Kostenreduktionen zu erzielen und den Innovationsprozess zu beschleunigen.17 Interaktive Wertschöpfung im Allgemeinen meint die bewusste Kooperation zwischen Unternehmen und externen Akteuren im Sinne eines sozialen Austauschprozesses.18 Externe, involvierte Akteure können wie im Falle der Netzwerkarchitektur Partnerunternehmen mit besonderem Expertenwissen oder aber auch Kunden und Nutzer einer Leistung sein.19 Mögliche Beispiele für Nutzer und Kunden, die im Wertschöpfungsprozess involviert sind, sind jegliche Preisgaben von Kundeninformationen im Internet, Co-Marketing im Sinne von Distributions- und Promotionswirkungen oder der Transport bzw. die Montage gekaufter Waren.20 Für beide Arten von Akteuren gilt, dass durch deren aktive Rolle eine „Co-Kreation der resultierenden Leistung“21 entsteht. Das Chancenpotenzial dieser Strukturen besteht darin, eine insgesamt höhere Wertschöpfung, Effizienz und Effektivität zu erreichen. Allerdings birgt solch integrative Wertschöpfungsstruktur auch Risiken, wie etwa die Preisgabe sensibler,interner Informationen und die Gefahr von Vor- bzw. Rückwärtsintegrationen.22 Die Anforderungen an das Preiscontrolling, das die nötige Kooperation zwischen Wertschöpfungspartnern berücksichtigen soll,sind folglich sehr groß und für herkömmliche Pricing Methoden nicht realisierbar. Unter dem Punkt 3.2 soll anhand des Beyond Pricing geprüft werden, wie effektive und effiziente Abstimmung von Unternehmen und Kunden in diesen Wertschöpfungsstrukturen gewährleistet werden kann.
3 Better Pricing
Prinzipiell ist ein Preis im ökonomischen Kontext eine „Geldsumme, die auf dem Markt für die Mengeneinheit eines Gutes bezahlt wird.“23 Wie der Begriff des Better Pricing bereits verrät, verbirgt sich dahinter u. a. die Ambition eines Unternehmens, das möglichst höchste Entgelt (den „besten Preis“) für eine angebotene Leistung zu erhalten, also die Preisbereitschaft seines Transaktionspartners maximal auszuschöpfen. In diesem Kapitel werden die Möglichkeiten einer perfektionierten, dynamischen Preisdifferenzierung im Rahmen der in 2.1 beschriebenen Veränderungen näher evaluiert. Außerdem ist das Integrierte Pricing, das versucht, mehrere Transaktionen gleichzeitig zu optimieren,24 Analysegegenstand im Rahmen des Better Pricing.
3.1 Flexibles Pricing
Preisdifferenzierung bedeutet, dass Anbieter Dienstleistungen und/oder Produkte mit identischer Kernleistung zu differenten Preisen an verschiedene Kundensegmente verkaufen.25 Grundsätzliche Ziele und Vorteile gezielter Preisdifferenzierung sind Chancen zur Erhöhung der Absatzmengen und Erlössteigerungen.26 Flexibles Pricing versucht nun eine möglichst reaktionsschnelle und kostengünstige Preisdifferenzierung zu ermöglichen.27 In der klassischen Literatur wurde zumeist zwischen personenbezogener, räumlicher, zeitlicher, leistungsbezogener und mengenbezogener Preisdifferenzierung unterschieden. Durch das Internet sind nun auch neue Rabattformen und dynamische Preissetzung in den Fokus geraten.28
[...]
1 Lauszus, D., Kalka, R., Preiscontrolling, in: Reinecke, S., Tomczak, T. (Hrsg.), Handbuch Marketingcontrolling - Effektivität und Effizienz einer Marktorientierten Unternehmensführung, 2. Auflage, Wiesbaden 2006, S. 487
2 Vgl. Homburg, C., Marketingmanagement - Strategie - Instrumente - Umsetzung - Unternehmensführung, 6. Auflage, Wiesbaden 2017, S. 665
3 Vgl. Lauszus, D., Kalka, R., 2006, S. 487
4 Vgl. Homburg, C., 2017, S. 666
5 Ivens, B., Stemmermann, K., Leischnig, A., Preiscontrolling in der Unternehmenspraxis, in: Becker, W., Ulrich, P. (Hrsg.), Handbuch Controlling, Wiesbaden 2016, S. 182
6 Vgl. Ivens, Stemmermann, Leischnig, 2016, S. 187
7 Vgl. Lauszus, Kalka, 2006, S. 487
8 Lauszus, Kalka, 2006, S. 487
9 Im Anhang, S. 13 werden die beschriebenen transaktionalen und koordinativen
Ansatzpunkte innerhalb der Wertschöpfungsstruktur visualisiert
10 Vgl. Walter, W., Der Einfluss der Digitalisierung auf die Organisation eines Unternehmens, in: O. D. Doleski (Hrsg.), Herausforderungen Utility 4.0, Wiesbaden 2017, S.227 ff.
11 Reiss, M., Preiscontrolling zwischen „Better Pricing“ und „Beyond Pricing“, in: Controller Magazin, 02/2017 S. 10-16, S. 14
12 Vgl. Dinges, V., Urmetzer F., Martines V., Zaki, M., Neely, A., The future of Servitization - Technologies that will make a difference, Cambridge Service Alliance 2015, S. 4
13 Vgl. Reiss, M., 2017, S. 12
14 Vgl. Reiss, M., 2017, S. 14
15 Bach, N., Brehm, C., Buchholz, W., Petry, T., Wertschöpfungsorientierte Organisation - Architekturen - Prozesse - Strukturen, Wiesbaden 2012, S.97
16 Bach, Brehm, Buchholz, Petry, 2012, S.105
17 Vgl. Bach, Brehm, Buchholz, Petry, 2012, S. 105
18 Vgl. Reichwald, R., Piller, F., Interaktive Wertschöpfung - Open Innovation,
Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, 2. Auflage, Wiesbaden 2009, S. 45
19 Vgl. Reichwald, Piller, 2009, S.47
20 Vgl. Reiss, M., 2017, S. 14 ff.
21 Reichwald, Piller, 2009, S. 51
22 Vgl. Reiss, M., 2017, S. 13
23 finanzen.net GmbH (Hrsg.), Preis - Definition, http://www.finanzen.net/wirtschaftslexikon/Preis, (Abruf: 03.05.2017)
24 Vgl. Reiss, M., 2017, S.13
25 Vgl. Klein, R., Steinhardt, C., Revenue Management - Grundlagen und Mathematische Methoden, Berlin Heidelberg 2008, S. 42
26 Vgl. Klein, R., Steinhardt, C., 2008, S. 42
27 Vgl. Reiss, M., 2017, S.13
28 Vgl. Reiss, M., 2017, S. 13