In Des Minnesangs Frühling sind Töne einer Vielzahl von Dichtern aus den verschiedensten Handschriften von Hugo Moser und Helmut Tervooren gesammelt und editiert.
Aus verschiedenen Handschriften eines Tones zusammengestellt, findet sich in Des Minnesangs Frühling eine neue Edition, die das Beste aus den zu Grunde liegenden
Handschriften vereinen soll. Der Ton, von Mittelhochdeutsch dôn (Gesangsweise, Melodie, Lied), umfasst Reimschema, Metrik, Form und Melodie, also das Lied in seiner Ganzheit. Wenn ein Ton in zwei Handschriften auf unterschiedliche Weise vorhanden ist, können die einzelnen Strophen allerdings nur aus einer Leithandschrift übernommen werden. Hierbei besteht immer die Gefahr, dass Aspekte des Liedes verloren gehen, wie es auch in Heinrich von Morungens Lied ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' der Fall ist. Daher gilt es, die Editionsarbeit in des Minnesangs Frühling nachzuvollziehen und mit den originalen Handschriften zu vergleichen.
Heinrich von Morungen preist in seinen Liedern häufig Damen an, wird aber von diesen nicht gewürdigt, sondern abgelehnt. Dennoch wird das vornehme Gemüt, die schöne
Erscheinung und das hohe Ansehen der Dame besungen, ihr hôher muot und ír schoene und ihr werdecheit. Es sind allerdings gerade diese vorzüglichen Eigenschaften der Dame, die dem Sänger zum Verhängnis werden und dieser bleibt alleine mit seinem Kummer über die nicht erwiderte Liebe. Doch eben jener Kummer wird in ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' ebenfalls von der Angebeteten kritisiert. Der klagende Gesang schmerzt die Dame und sie fordert den Minnesänger auf, er solle schweigen, wenn er nicht freudenvollere Lieder anstimmen könne. Aber das wiederum missfällt dem Sänger; Heinrich von Morungen spricht sich in Lied II in Des Minnesangs Frühling für die Minneklage aus und hält quasi ein Plädoyer für das Klagelied. Diese Stelle kommt so allerdings nur in der Version des Liedes in der kleinen Heidelberger
Liederhandschrift vor. Da in Des Minnesangs Frühling die Edition des Liedes aus Sigle A und der großen Heidelberger Liederhandschrift zusammengeführt wurde, kommt hier die eigentliche Aussage allerdings nicht zum Vorschein, weswegen Kritik an dieser Edition geäußert werden muss. Im Folgenden soll gezeigt werden, ob ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' in der Version der Sigle A trotz geringerer Strophenzahl mehr zu bieten hat und ob die Version des Liedes in Des Minnesangs Frühling der eigentlichen Aussage gerecht wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Philologische Analyse
- Übersetzung mit Kommentar
- Besonderheiten der metrischen Gestaltung
- Besonderheiten der rhetorischen Aufbereitung
- Überlieferung und Gattung
- Literarhistorische Betrachtung
- Verteidigung der Minneklage in Sigle A
- Die Anrede der Frau in Sigle C
- Variation im Aufbau
- Zu den Strophen 4 und 5
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Lied „Mîn liebeste und ouch mîn êrste“ von Heinrich von Morungen anhand zweier unterschiedlicher Handschriften, der Sigle A und der Sigle C, und setzt die Edition in Des Minnesangs Frühling in Beziehung zu diesen. Die Arbeit untersucht, ob die Edition den Besonderheiten des Liedes in der Sigle A gerecht wird.
- Analyse der metrischen Gestaltung und rhetorischen Mittel im Lied
- Vergleich der beiden Handschriften und deren unterschiedliche Darstellungen der Minneklage
- Bewertung der Edition in Des Minnesangs Frühling im Hinblick auf die Originalhandschriften
- Untersuchung der literarhistorischen Bedeutung des Liedes und der Rolle von Heinrich von Morungen als „Verteidiger“ der Minneklage
- Bedeutung der Überlieferung und Gattung des Liedes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Edition des Liedes „Mîn liebeste und ouch mîn êrste“ in Des Minnesangs Frühling in den Kontext der Überlieferung und der Editionsgeschichte. Sie beleuchtet die Besonderheiten der Edition und die Problematik der unterschiedlichen Handschriften.
Das Kapitel „Philologische Analyse“ befasst sich mit einer detaillierten Übersetzung des Liedes in der Sigle A und der Sigle C, wobei die Besonderheiten der metrischen Gestaltung und der rhetorischen Mittel beleuchtet werden. Dieses Kapitel führt den Leser tiefer in die sprachliche und formale Struktur des Liedes ein.
Das Kapitel „Literarhistorische Betrachtung“ analysiert die unterschiedlichen Interpretationen der Minneklage in den beiden Handschriften und untersucht die literarhistorische Bedeutung des Liedes in Bezug auf die Rolle Heinrich von Morungens als „Verteidiger“ der Minneklage.
Schlüsselwörter
Minnesang, Heinrich von Morungen, „Mîn liebeste und ouch mîn êrste“, Sigle A, Sigle C, Des Minnesangs Frühling, Edition, Überlieferung, Minneklage, metrische Gestaltung, rhetorische Mittel, literarhistorische Bedeutung.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2015, Heinrich von Morungen, Verteidiger der Minneklage?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/453298