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Hausarbeit, 2011
14 Seiten, Note: 1,7
Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit
1 Einleitung
2 Quelleninterpretation – Papst Innozenz III. – Begründer eines Zeitalters der „systematischen Anti-Ketzer-Politik“?
2.1 Der Brief des Papstes – Inhalt
2.2 Der Brief des Papstes – Bewertung aus historischer Perspektive
2.3 Der Brief des Papstes – Rhetorik und Stilistik
3 Quo vadis Innozenz? – Ein Fazit
4 Quellen- und Literaturverzeichnis
5 Anhang
Ketzerei galt im Mittelalter als eine der größten Bedrohungen der katholischen Kirche[1]. Trotz dieses Umstandes wurde jedoch bis ins späte zwölfte Jahrhundert hinein nur sehr selten systematisch gegen die Häresie vorgegangen. Zudem war die Kirche im Vorgehen gegen die Ketzer „von weltlichen Machthabern, d.h. lokalen Fürsten, abhängig“[2]. Es stellt sich daher die Frage, wie sich unter diesen Vorzeichen ein systematisches Verfahren, wie beispielsweise die kirchliche Inquisition, überhaupt ausbilden konnte.
Dieser Frage soll sich diese Arbeit im Folgenden widmen. Als Leitfigur hierfür wird der im Jahr 1198 zum Papst gewählte Lotharius, besser bekannt unter seinem päpstlichen Namen Innozenz III., fungieren. Dieser prägte, wie kein anderer Papst zuvor, die Auffassung, dass Ketzerei nicht mehr nur noch in der „ hartnäckig[en] Ablehnung der kirchlichen Lehre“[3] bestand, sondern zu einer „Besessenheit und Krankheit“[4] geworden war, die es auszurotten galt. Inwiefern Innozenz jedoch für die Initiation einer systematisch-gewalttätigen Vorgehensweise verantwortlich zu machen ist, soll sich anhand einer in dieser Arbeit vorgenommenen Quellenanalyse zeigen.
In einem ersten Schritt wird zunächst die Quelle, ein Brief des Papstes Innozenz III. von 1208, vorgestellt. Unter Bezug auf einige Bibelzitate, welche inhaltlich erläutert werden, soll die Quelle im nächsten Teil der Arbeit unter Beachtung des historischen Kontextes analysiert werden. Hierzu werden vor allem das im Jahr 2010 erschienene Werk „Kirche und Ketzer“ von Tomas Hägg und die 2007 veröffentlichte Monographie „Das 13. Jahrhundert. Eine Einführung in die Geschichte des spätmittelalterlichen Europas“ von Gabriela Signori als Fachliteratur herangezogen. In einem dritten Abschnitt wird als Letztes ein Blick auf die Stilistik der Quelle geworfen, um hieran aufzuzeigen, wie Innozenz die Adressaten von seiner Meinung, das Vorgehen gegen die Häretiker zu verschärfen, zu überzeugen versuchte.
Bei der zu analysierenden Quelle handelt es sich um einen Brief des Papstes Innozenz III., welcher an die Erzbischöfe und Suffraganbischöfe der französischen Städte Narbonne, Arles, Embrum, Aix und Vienne gerichtet ist und im Jahr 1208 verfasst wurde. Der Papst fordert hierin ein umfassenderes Vorgehen gegen die Ketzerei, die sich vor allem in Frankreich mehr und mehr ausbreite.
Innozenz beginnt seinen Brief mit einer Erklärung, in der er sein bisheriges Vorgehen gegen die Häretiker erläutert. Unter Rückgriff auf die Bibel spricht der Papst mit Blick auf die Ketzer von „[den] Brennnesseln“, welche „alles überwucherten“[5]. Dieser massiven Ausbreitung der Irrlehren müsse nun Einhalt geboten werden, weshalb der Papst rechtgläubige, katholische Christen ausgesandt habe, um sich der betroffenen Gebiete und der dort lebenden Ketzer anzunehmen. Wäre dies nicht getan worden, so sei der „Weinberg des Herrn“[6] und somit auch die katholische Kirche der Gefahr ausgesetzt, kritisiert oder gar zerstört zu werden.
Ein besonderes Augenmerk müsse hierbei auf die französische Provence gelegt werden. Hier, so der Papst, sei die Häresie mit am Weitesten verbreitet[7] und gerade dort müsse entschieden gegen die Ketzer vorgegangen werden, um eine weitere Ausbreitung ihres Gedankengutes zu unterbinden. Aufgabe der Ausgesandten sei es erstens, die Menschen welche den falschen Vorstellungen der Häretiker erlegen seien, von dessen negativen Einflüssen zu befreien und zweitens die „Füchslein [zu] fangen“[8], welche für die Verbreitung der Irrlehren verantwortlich seien. Dass die ketzerische Ideologie entgegen ihren Versprechungen, lediglich zum Verderben des „guten“ Christen führe, zeige sich am Beispiel des Mordanschlages auf den Zisterzienser Pierre de Castelnau[9].
Der Schuldige am Tod Castelnaus sei der Graf von Toulouse, Raimund VI[10]., welcher der Ideologie der Ketzer erlegen sei. Der „Märtyrertod“ des Legaten könne, so Innozenz, allerdings auch nützlich für die katholische Kirche sein, da „die ansteckende Krankheit der ketzerischen Verderbtheit durch das Blut des Ermordeten eher von ihrem Irrtum zurückgerufen [werde]“[11] und der Mord somit wiederum zu einem „reichen Ertrag“[12] an bekehrten Christen führen könne, da Menschen eher einem Glauben des Friedens und nicht einem Glauben des Mordens anhingen[13].
Im weiteren Verlauf seines Briefes ermahnt der Papst die Bischöfe durch Predigten dafür zu sorgen, dass „die ketzerische Verderbtheit [beseitigt] und [der] katholisch[e] Glauben [gefestigt]“[14] werde. Zudem sollten sie dafür Sorge tragen, dass alle Menschen erfahren, dass der den Ketzern verbundene Graf und all diejenigen, die sich zu ihm bekennen oder ihm gar helfen würden „exkommuniziert und anathematisiert sind“.[15] Innozenz geht sogar noch einen Schritt weiter und verkündet, dass „über alle Orte, wohin diese Gebannten selbst oder einer von ihnen hingekommen sein sollte, ... das kirchliche Interdikt [verhängt wird]“[16]. Denjenigen, welche aber im Sinne der katholischen Kirche handeln und bei der Ergreifung des Grafen und seinen Anhängern helfen würden, verspricht der Papst hingegen eine Belohnung:
„Jenen aber, die vom Eifer des rechten Glaubens entflammt sich mannhaft gegen diese Verbrecher mit dem Schwert umgürtet haben, […] sollt ihr Folgendes versprechen: Ihnen sei der Nachlass ihrer Sünden von Gott und seinem Stellvertreter gewährt.“[17]
Die Schuldigkeit des toulouser Grafen sei, so der Papst, bereits dadurch erkennbar, dass dieser dem Legaten Castelnau bereits vor dessen Ermordung mit den Tod gedroht habe. Er habe ihn in einen Hinterhalt gelockt, um ihn dann in seinem eigenen Haus zu ermorden. Durch diesen Verrat an Gott und seiner weltlichen Institution sei die
katholische Kirche dazu gezwungen, den Grafen „aus der Gemeinschaft der Gläubigen [auszuschließen]“, jeglichen „Lehns-,… oder Bündnisschwur“ gegenüber dem selbigen für unwirksam zu erklären, sowie jedem rechtgläubigen Katholiken die Erlaubnis zu erteilen „auch sein Land in Besitz zu nehmen und zu behalten“[18]. Die Bevölkerung müsse außerdem wissen, dass all diejenigen, die nicht bei der Verfolgung des ketzerischen Grafen behilflich seien, ebenfalls als Ketzer betrachtet und im Sinne des zuvor genannten Urteils bestraft werden.
Das Entstehungsdatum der Quelle ist das Jahr 1208. Dieses Jahr stellt, wie zuvor bereits 1179, eine Zäsur im Umgang der katholischen Kirche mit der Häresie, genauer mit dem Katharertum[19] dar. In diesem Jahr verhandelten die Katholiken auf dem dritten Laterankonzil ein erstes Mal über einen härteren Kurs gegenüber dieser speziellen Art von Ketzern. Man beschloss, dass „alle, die [die Katharer] unterstützen, anathematisiert [wurden]“[20]. Jedoch hatte das Vorgehen des 1198 zum Papst gewählten Innozenz III. eine ganz andere Qualität als alle bisher eingeleiteten Versuche, die Ausbreitung jeglicher „Irrlehr[en]“[21] zu unterbinden. Die Katharer wurden systematisch verfolgt. Vor allem der „Albigenserkreuzzug“, welcher im Jahr 1208 stattfand, also in dem Jahr in dem Innozenz III. seinen Brief verfasste, kann als wegweisend im Umgang der katholischen Kirche mit den Katharern angesehen werden. Dies war der erste Kreuzzug, welcher ausgerufen wurde, um „innerchristliche Konflikte zu »lösen«“[22]. In diesem Rahmen muss auch die zugrundeliegende Quelle des Papstes gesehen werden. Aus der Tatsache, dass Innozenz sich in seinem Brief explizit an die Bischöfe der französischen Provence richtet, lässt sich schließen, dass der Papst sich in seinen Angriffen gegenüber der Häresie vor allem auf das Katharertum bezieht. Frankreich galt im frühen 13. Jahrhundert als eine der Hochburgen der „Albigenser“[23]. Papst Innozenz III. war dies durchaus bewusst und er versuchte durch seinen Brief und die darin enthaltenen Androhungen die bislang größtenteils untätigen Glaubensoberhäupter in Frankreich dazu zu bewegen, endlich gegen die Katharer vorzugehen. „Der Papst hatte die widerspenstigen Fürsten und ineffektiven Bischöfe Südfrankreichs satt“.[24]
[...]
[1] Siehe hierzu die zahlreichen Ketzergruppen, welche von der katholischen Kirche bekämpft wurden: Hägg, Tomas (Hg.) /Zuber, Frank (Übers.): Kirche und Ketzer. Wege und Abwege des Christentums, Köln [u.a.]: Böhlau 2010, S. 94-98.
[2] Ebd. S. 105.
[3] Ebd.
[4] Ebd. S. 95.
[5] Innocentii III Romani pontificis opera omnia tomis quatuor distributa, hg. v. Migne, Jaques-Paul. Turnhout: Brepols 1970 (MPL 215), Sp. 1354.
[6] Ebd., unter „Weinberg des Herren“ wird in der Bibel das Reich Gottes verstanden. Siehe hierzu: Watchtower Bible and tract society of New York, Inc. (Hg.): Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift. International Bible Students Association Brooklyn, New York, 1971, Mt 20,1.
[7] Innozenz selbst sagt: „[…] dass in der Provence das Anpflanzen der Laster allzu sehr an Umfang zugenommen hatte“. Siehe hierzu: Innocentii III, Sp. 1354.
[8] Ebd.
[9] Informationen über Castelnau sind entnommen aus: Signori, Gabriela: Das 13. Jahrhundert. Eine Einführung in die Geschichte des spätmittelalterlichen Europas, Stuttgart: Kohlhammer, 2007, S. 32.
[10] Vgl. zu der Person Raimund VI.: Hammes, Manfred: Hexenwahn und Hexenprozesse. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verl., 1977, S. 26.
[11] Innocentii III, Sp. 1355.
[12] Ebd. Sp. 1356.
[13] Innozenz sagt hier in Bezug auf die Predigten der Bischöfe: „dass ihr das Wort des Friedens und des Glaubens, das von jenem gesät wurde, durch die Wasserbäche eurer Predigt wachsen lasst.“(Innocentii III, Sp. 1356.). Die Wasserbäche stellen in der Bibel ein Symbol für Reinheit und Wahrhaftigkeit dar. Diesen Anspruch sollen, nach Innozenz, auch die Predigten der Bischöfe besitzen. Vgl. zu den Bedeutungen der Wasserbäche in der Bibel: Neue-Welt-Übersetzung: Ier 31,12.
[14] Innocentii III, Sp. 1356.
[15] Ebd.
[16] Ebd.
[17] Ebd.
[18] Innocentii III, Sp. 1357.
[19] Die Katharer verstanden sich selbst als „gute Christen“. Ihr Name leitet sich aus dem griechischen Wort katharos (sauber, rein) ab. Durch ihre große Popularität, welche sie vor allem in Italien und Frankreich vom 12. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts innehatten, waren sie dort zu einer großen Bedrohung für die katholische Kirche geworden. Vgl. hierzu: Rottenwöhrer, Gerhard: Lexikon der mittelalterlichen "Ketzer“. Bad Honnef: Bock + Herchen, 2009, S. 128-137.
[20] Hägg, S. 106.
[21] Ebd. S. 111.
[22] Signori, S. 28.
[23] Das Wort „Albigenser“ wurde vor allem für die Katharer im „französisch-katalonisch-spanischen Raum“ verwendet. Es verweist darüber hinaus auf einen vermeintlichen Herkunftsort des Katharertums, die südfranzösischen Stadt Albi. Vgl. hierzu: Rottenwöhrer S. 128.
[24] Hägg, S. 106.
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