Der Blick auf den morgendlichen Kaffee, der heutzutage für manch einen lebensnotwendig zu sein scheint, ist gleichfalls ein Blick in die Vergangenheit. Kaffee ist heutzutage weit mehr als ein vitalisierendes und wachmachendes Getränk. Es ist eine Institution und als eben jene Teil eines kulturellen und gesellschaftlichen Verständnisses. Beisammenzusitzen, eine Tasse des flüssigen Koffeins zu genießen, ein Stück Gebäck oder Kuchen zu essen und einen abwechslungsreichen Plausch über Gott und die Welt zu halten, hört sich nach einem mustergültigen Nachmittag an, wie man ihn hier zu Lande gerne im Kreise seiner Freunde und Familie genießt. Alle kennen ihn, viele trinken ihn ab und zu und einige bedürfen seiner tagtäglich. Er wird konsumiert, weiterentwickelt und stets neu erfunden. Egal ob Milchkaffee, Cappuccino, Latte Macchiato oder Moccacino, schwarz, mit Milch, Zucker oder Likör, Kaffee ist der Geselligkeit Freund. Die Vielfalt dieses Getränks ist ebenso vielseitig wie seine Geschichte.
Der Kaffee hat etwas in dem gemeinen Europäer bewegt. Er hat die Wissenschaft über Jahrzehnte fasziniert, die Politik zu Diskussionen angeregt, die Wirtschaft beflügelt und den Konsumenten zum Schwelgen eingeladen. Doch wie kam der Kaffee nach Europa? Denn Kaffee ist kein natürliches Gewächs des Kontinents, sondern dessen exotischer Begleiter. Wie wurde der Kaffee aufgenommen und wie etablierte sich dessen allgemeine Akzeptanz? In der vorliegenden Arbeit werde ich der These, dass die Europäer dem Kaffee als exotischem Novum zunächst skeptisch gegenüberstanden, nachgehen. Zudem werde ich mich mit der den Kaffee begleitenden wichtigsten Instanz beschäftigen: dem Kaffeehaus. Wo konnte man seine Tasse Kaffee besser genießen, als im Ambiente eines von gemütlicher Geselligkeit geprägten Ortes der Konversation und des Spiels? Da es sich hierbei um die Einrichtung handelt, in welcher die Europäer dem koffeinhaltigen Getränk begegnen konnten, werde ich in diesem Zusammenhang der These nachgehen, dass kein mustergültiges Kaffeehaus existierte. Stattdessen spiegelte diese Einrichtung mit einem sich stets wandelnden Erscheinungsbild den Zeitgeist einer Epoche wieder. Dabei werde ich vornehmlich auf Berichte europäischer Reisender zurückgreifen, die bei ihren Aufenthalten in der arabischen Welt dem schwarzen Trank begegnet sind.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Der Kaffee in der arabischen Welt
Europas Kontakt mit Kaffee
Der Kaffee in Europa
Wissenschaftlich
Gesellschaftlich
Das Kaffeehaus
Fazit
Literatur
Quellen
Einleitung
Der Blick auf den morgendlichen Kaffee, der heutzutage für manch einen lebensnotwendig zu sein scheint, ist gleichfalls ein Blick in die Vergangenheit. Kaffee ist heutzutage weit mehr als ein vitalisierendes und wachmachendes Getränk. Es ist eine Institution und als eben jene Teil eines kulturellen und gesellschaftlichen Verständnisses. Beisammenzusitzen, eine Tasse des flüssigen Koffeins zu genießen, ein Stück Gebäck oder Kuchen zu essen und einen abwechslungsreichen Plausch über Gott und die Welt zu halten, hört sich nach einem mustergültigen Nachmittag an, wie man ihn hier zu Lande gerne im Kreise seiner Freunde und Familie genießt. Alle kennen ihn, viele trinken ihn ab und zu und einige bedürfen seiner tagtäglich. Er wird konsumiert, weiterentwickelt und stets neu erfunden. Egal ob Milchkaffee, Cappuccino, Latte Macchiato oder Moccacino, schwarz, mit Milch, Zucker oder Likör, Kaffee ist der Geselligkeit Freund. Die Vielfalt dieses Getränks ist ebenso vielseitig wie seine Geschichte. Der Kaffee hat etwas in dem gemeinen Europäer bewegt. Er hat die Wissenschaft über Jahrzehnte fasziniert, die Politik zu Diskussionen angeregt, die Wirtschaft beflügelt und den Konsumenten zum Schwelgen eingeladen.
Doch wie kam der Kaffee nach Europa? Denn Kaffee ist kein natürliches Gewächs des Kontinents, sondern dessen exotischer Begleiter. Wie wurde der Kaffee aufgenommen und wie etablierte sich dessen allgemeine Akzeptanz? In der vorliegenden Arbeit werde ich der These, dass die Europäer dem Kaffee als exotischem Novum zunächst skeptisch gegenüberstanden, nachgehen. Zudem werde ich mich mit der den Kaffee begleitenden wichtigsten Instanz beschäftigen: dem Kaffeehaus. Wo konnte man seine Tasse Kaffee besser genießen, als im Ambiente eines von gemütlicher Geselligkeit geprägten Ortes der Konversation und des Spiels? Da es sich hierbei um die Einrichtung handelt, in welcher die Europäer dem koffeinhaltigen Getränk begegnen konnten, werde ich in diesem Zusammenhang der These nachgehen, dass kein mustergültiges Kaffeehaus existierte. Stattdessen spiegelte diese Einrichtung mit einem sich stets wandelnden Erscheinungsbild den Zeitgeist einer Epoche wieder.
Dabei werde ich vornehmlich auf Berichte europäischer Reisender zurückgreifen, die bei ihren Aufenthalten in der arabischen Welt dem schwarzen Trank begegnet sind. Denn bei der „Propagierung des neuen Getränks in Europa“, sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte des Kaffees betreffend, war „der Verweis auf orienterfahrene Reiseberichterstatter“ sehr wichtig.1 Die entsprechenden Passagen dieser Schriften werde ich im Hinblick auf das Kaffee- und Kaffeehausbild analysieren und in Bezug zur europäischen Wissenschaft und Gesellschaft stellen.
Die Einblicke in die Sichtweisen der Reisenden werde ich anschließend den im damaligen Europa vorherrschenden Gegebenheiten gegenüberstellen. An dieser Stelle ist zu vermerken, dass es sich bei Reisenden aus den deutschen Ländern um Berichte handelt, die auf Deutsch verfasst worden sind und auf die als solche Bezug genommen wird. Bei anderen europäischen Reisenden werde ich mich auf eine jeweilige Übersetzung beziehen. Die Schwierigkeiten, die bei der Arbeit mit übersetzten Quellen einhergehen können, werde ich an dieser Stelle nicht weiter erläutern, sondern die Problematik, die sich beim Übertragen einer Sprache in eine andere ergibt, als gegeben dahinstellen.2
Die gesamte Geschichte des Kaffees und die des Kaffeehauses würde mit ihren fast 500 Jahren über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Insofern werde ich mich auf die Ursprünge des Kaffees und die ersten Nennungen im 16. Jahrhundert bis hin zur Entstehung einer eigenen Art von Kaffeehaus im Europa des 18. Jahrhunderts beschränken.
Der Kaffee in der arabischen Welt
Am Anfang war die Bohne. Diese wächst als Kern einer Kirsche an einer Pflanze, die im Osten Afrikas zu Hause ist. Von dort gelangte sie im 14. Jahrhundert auf die arabische Halbinsel. Der Kaffee wurde laut Ulla Heise zunächst im Jemen von den Mönchen der sufischen Orden getrunken.3 Es heißt, dass diese das Getränk vor allem des nachts zu sich nahmen, um sich für ihre spirituellen Versammlungen wachzuhalten. Der Sufismus sah laut dem Historiker Martin Krieger in dem Kaffee nicht nur einen Muntermacher des Abends, sondern wahrscheinlich auch eine Gabe, die es ihnen erlaubte, zu jeder Stunde ihrem Gott zu huldigen.4 Da die Sufisten sich nicht vor ihren Mitmenschen verschlossen und auch ein öffentliches Leben pflegten, wurde Kaffee auch außerhalb der Klöster konsumiert und gelangte so an die Öffentlichkeit. Nicht nur Martin Krieger, sondern auch Ulla Heise schreibt davon, dass das Wissen vom Kaffee auf diese Weise an den „einfachen“ Bürger gelangte und dadurch eine „Säkularisierung“ des Getränks stattfand.5
Dass die Bewohner des arabischen Raumes an dem Getränk früher oder später Gefallen fanden, beweisen uns die umfangreichen Reiseberichte europäischer Besucher. Zwar vermögen uns diese nichts über das persönliche Geschmackempfinden der Araber zu erzählen. Aber dennoch ist die immer wiederkehrende Beobachtung des steten Konsums ein Zeichen dafür, dass die Menschen auf der arabischen Halbinsel und in der Levante, wo sich die europäischen Reisenden zumeist aufhielten, Gefallen an Kaffee gefunden haben. Weinberg und Bealer schreiben in ihrem Buch, dass zu beachten sei, dass Reisende häufig an Orten, „die Kaufleute und andere Reisende bedienten“6, ihre Beobachtungen anstellten. Es bestünde demnach die Möglichkeit, dass dies keine ‚typischen‘ Kaffeehäuser waren, die für die Einwohner einer Stadt gemacht waren. Dementsprechend kann man nie mit Gewissheit sagen, ob die Berichte eines Reisenden oder eines Kaufmanns voll und ganz der Wahrheit entsprechen und wie viel eigene Interpretation in ihnen steckt.
Bereits der deutsche Botaniker Leonhart Rauwolf schrieb, in dem ersten in Europa gedruckten Reisebericht, der eine Informationen über den schwarzen Trank beinhaltete: „Dises pflegens am Morgen frü / auch an offnen orten / von jedermenigklich one alles abscheuhen zutrincken.“7 Und auch der Bericht von Prosper Alpinus, einem italienischen Arzt und Botaniker erzählte in seinen Beobachtungen, die als „die ersten botanischen und medizinischen Angaben zu Kaffee“8 gelten: „Alle Ägypter wissen sehr gut, wie man aus diesen Körnern das Getränk zubereitet“.9
Das Trinken des Kaffees führen einige Reisende unter anderem auf die ihrer Meinung nach „groben Speisen aus rohem Fleisch und die von ihnen so häufig verwendeten Gewürze“10 zurück. So schreibt es der schottische Autor William Lithgow im Jahre 1610, weshalb der Kaffee auch so heiß wie möglich serviert werde, um diese Speisen zu verdauen. 1612 berichtet er erneut davon, wie der Kaffee „die hier so häufig auftretenden Auswirkungen der roh genossenen Gemüse und Früchte bekämpft“.11 Der italienische Forschungsreisende Pietro della Valle schreibt im Jahre 1615 hingegen, dass das Getränk „nicht zur Mahlzeit, aber zwischendurch zum Vergnügen und zur Unterhaltung bei einem Gespräch“ eingenommen werde.12 Und auch der Engländer Thomas Herbert berichtet 1628, dass der Kaffee „zwischen den Mahlzeiten“13 getrunken werde. Diese Aussagen müssen sich jedoch nicht gegenseitig ausschließen. Nicht nur tränken die Menschen im arabischen Raum den Kaffee zur Verdauung, sondern ebenso zum Vergnügen. Der Franzose Jean Coppin schreibt, dass „einfache Leute vor allem das Wasser“ trinken und Kaffee „als kleines Vergnügen, dass sie sich von Zeit zu Zeit gönnen.“14 Diese Aussage widerspricht dem exzessiven Genuss, den andere Reisende beschreiben. Sein Landsmann Jean de la Roque zum Beispiel schreibt 1675, dass „man nicht zum mindesten zweimal am Tag davon trinkt, viele sogar fast jede Stunde.“15 Eine mögliche Erklärung für diese unterschiedlichen Beobachtungen mag in der Geographie begründet liegen. Während Coppin seine Zeit in Ägypten und vor allem in Kairo verbrachte, hielt sich de la Roque in Konstantinopel auf. Denn auch François Bernier, ein weiterer französischer Reisender, berichtet, dass der Kaffee „täglich, morgens und abends“16 getrunken wird. Auch er macht diese Beobachtung in Kairo. Man könnte dementsprechend schlussfolgern, dass der Kaffeegenuss in manchen Regionen größer war als in anderen.
Europas Kontakt mit Kaffee
Neben der allgemeinen Reisebegeisterung waren es vor allem politische und wirtschaftliche Faktoren, die den europäischen Kontinent mit der arabischen bzw. der islamischen Welt in Kontakt kommen ließen. Denn im 16. Jahrhundert waren die Herrscher dieser damaligen Welt, die Osmanen, weit in den europäischen Kontinent eingedrungen. Der gesamte Balkan lag in ihrem Einflussbereich und 1529 standen sie bereits vor den Tore Wiens. Es ist verständlich, dass solch eine Konstellation zwangsläufig einen politischen Austausch zur Folge hat.
Eine These von Weinberg und Bennett besagt, dass der Kaffee in den 1660er Jahren nach Wien gelangte. Demnach soll 1665 dort eine osmanische Botschaft gegründet worden sein, welche bis 1683, als die Osmanen das zweite Mal vor den Toren Wiens standen, Kaffeelieferungen erhalten haben soll.17 Nach ihrer Abreise blieb der Kaffee in Wien und gewiefte Geschäftsmänner begannen, das Getränk im Volk auszuschenken. Im Jahre 1669, wurde Suleiman Aga, ein osmanischer Botschafter nach Versailles an den Hof von Ludwig XIV. entsendet. Diese Gesandtschaft wollte ihre heimischen Annehmlichkeiten nicht missen und brachten neben diversen Dingen auch Kaffeebohnen mit nach Frankreich. Nachdem der Botschafter und sein Gefolge das Land wieder verließen, blieb die Erinnerung an den Kaffee zurück. Weinberg und Bennett schreiben, dass diese Erinnerung lediglich dem Hofe Ludwigs vorbehalten war. Erst ein „armenischer“ Geschäftsmann namens Pascal versuchte den Kaffee im französischen Volk zu verbreiten, indem er ein Kaffeezelt auf einem jährlichen Markt errichtete und anschließend ambulante Dienste anbot. Doch die Abnahme soll gering gewesen sein und das erste Kaffeehaus in Paris sollte seine Türen erst 1689 öffnen.18 Die Bewohner Marseilles waren den Parisern um ein paar Jahre voraus. In dieser Stadt liefen laut Schnyder-von Waldkirch sämtliche „Aktivitäten des französischen Mittelmeerhandels“ zusammen und dort fand „sich auch früh schon eine Hafenkneipe, die orientgewohnten Seeleuten Kaffee ausschenkte“.19 So wurde laut Weinberg und Bealer dort das erste Kaffeehaus Frankreichs im Jahre 1671 gegründet.20
Doch noch vor Frankreich sollte Italien in Kontakt mit der Institution des Kaffeehauses kommen. Venedig war eine Republik, die ihren Wohlstand dem Handel zu verdanken hatte. Laut Ulla Heise wurde das erste Kaffeehaus Europas im Jahre 1645 in Venedig gegründet, deren Kaufleute in direktem Kontakt mit der Levante standen. Der Historiker Michael North hingegen datiert die erste Gründung auf das Jahr 1647.21 Die Umschlagplätze an den Küsten des Mittelmeeres und der Handel mit der arabischen Welt bzw. dem Osmanischen Reich waren demnach von zentraler Bedeutung für den Einzug östlicher Waren nach Europa. Auch in weiteren Städten wurden Kaffeehäuser durch zumeist Kaufleute aus der Levante gegründet, laut North zum Beispiel in London (1650), Oxford (1652) und Amsterdam (Mitte der 1660er).22 Zumeist handelte es sich laut Heise lediglich um „eine oder mehrere Stuben oder Tavernen der üblichen Art, in denen Kaffee serviert wurde.23 Doch auf das Aussehen und die Entwicklung des Kaffeehauses werde ich in einem späteren Kapitel eingehen.
Der Kaffee in Europa
Wissenschaftlich
Aus biologischer Sicht war für die europäischen Nationen vor allem die Beschaffenheit der Kaffeepflanze und ihr Anbau von Interesse. Während sich die Medizin mit der Wirkung des Koffeins auf den Menschen auseinandersetzte, unterlagen die biologischen Interessen den handelspolitischen Zielen der Nationen. Sobald die lukrativen Auswirkungen des Kaffeehandels erkannt wurden, „um so mehr interessierte man sich für die Kaffeepflanze selbst und ihre Anbaumöglichkeiten in eigenen Territorien.“24
Wenn der französische Botaniker Antoine Jussieu 1718 in Paris schreibt, dass er und seine Kollegen „die Möglichkeit […] haben, nun an Ort und Stelle Pflanzen kennenlernen zu können, die man vorher jenseits der Meere, auf den höchsten Bergen, zwischen abschüssigsten Felsen, in den schrecklichsten Höhlen und in den verlassensten Wäldern suchen mußte; […]; nun in einer Gesamtschau auf einem einzigen Beet den ganzen Pflanzenreichtum von jedem einzelnen Land in seiner Eigenart studieren zu können“25, dann zeugt dies von dem Hochgefühl, welches diese Wissenschaftler erfahren haben. Die exotischen Zeugnisse und Mitbringsel der Reisenden sollten die europäische Botanik beflügeln und den kolonialen Konkurrenzgedanken ankurbeln.
Doch auch die Medizin war von der neuen Entdeckung der Europäer in der arabischen Welt fasziniert. Der Forschungsreisende und Publizist Hans Jacob Breuning von und zu Buochenbach war einer der ersten, die von der ‚heilenden‘ Wirkung des Kaffees berichteten. 1579 schrieb er, dass das von den Arabern eingenommene Getränk „einen guten gesunden magen machen/ und zur gesundheit fast dienen“ solle.26 Der englische Reisende Henry Blount berichtet 1634 erstmals von der nüchtern machenden Wirkung des Kaffees: „[…], und man sagt, es sei gut gegen Magenbeschwerden, stärke den Geist und bewirke nie Trunkenheit oder sonst eine Übersättigung, […].“27 Des Weiteren schreibt der Franzose Du Loir, Kaffee habe „eine wunderbare Wirkung auf den Magen und verhindert die Benommenheit des Hirns.“28 Auch ihre südeuropäischen Kollegen berichteten davon, dass die Araber dem schwarzen Trank angeblich medizinische Wirkungen zuschrieben. Der Italiener Pietro della Valle will gesagt bekommen haben, dass der Trank „sehr gesund“29 sei, der Portugiese Pedro Teixeira schreibt, dass „man ihm einige gute Eigenschaften zuschreibt“30 und der Spanier Garcias de Silva y Figueroa dokumentiert, dass die Menschen den Kaffee „für ihre Gesundheit […] trinken.“31 Einige überließen das endgültige Urteil der weiteren Erforschung, einige legten sich von vornherein auf die positiven Auswirkungen des Koffeins fest und wieder andere nutzen die Erzählungen, um das Getränk von vornherein zu verunglimpfen. So zum Beispiel der in deutschen Landen geborene Adam Olearius, der als größter Gegner des Kaffees unter den europäischen Reisenden gilt. Olearius schreibt 1637, dass das Getränk „die Fleischlichen Begierde gantz aussleschen“32 und dass Kaffee „die Natur unfruchtbar mache[n]“33 soll. Zudem editierte Olearius mehrere Texte von anderen Reisenden und gab als Herausgeber den Publikationen stets eine eigene Note. So berichten sowohl Johann Albrecht von Mandelslo als auch Jürgen Andersen und Volquard Iversen, deren Ausgaben Olearius bearbeitet hat, davon, dass Kaffee „die Natur unfruchtbar mache“.34 Inwieweit das Editieren durch Olearius den eigentlichen Sinn seiner Kollegen verfälscht, lässt sich nicht nachweisen. Ob diese tatsächlich einer ähnlichen Meinung waren oder ob ihre Worte verdreht worden sind, lässt sich nicht feststellen. Olearius‘ Text hatte „große Auswirkungen auf die spätere europäische Diskussion über die medizinischen Auswirkungen des Kaffees“35, da seine Berichte vor allem den ‚Kaffeegegnern‘ als Argumente dienen sollten.
[...]
1 Schnyder-von Waldkirch, Antoinette, Wie Europa den Kaffee entdeckte. Reiseberichte der Barockzeit als Quellen zur Geschichte des Kaffees, Zürich 1988, S. 118/ In ders., S. 120: „[…] die Reiseliteratur [war] Ausgangspunkt und Hauptquelle für alle kaffeetheoretischen Schriften […].“
2 Dieser Kommentar soll lediglich den Anspruch der Arbeit darlegen. Das Erfassen sämtlicher Schriften in ihrer
Originalsprache würde weitaus mehr Zeit und (Sprach-) Kenntnisse erfordern. Ich möchte an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass eine komplette Erforschung dieses Gebiets eben jener Quellen bedarf und dahingehend noch nicht komplett erschlossen ist.
3 Heise, Ulla, Kaffee und Kaffeehaus. Eine Bohne macht Kulturgeschichte, Berlin 1997, S. 17.
4 Krieger, Martin, Kaffee. Geschichte eines Genussmittels, Köln 2011, S. 102.
5 Krieger, Kaffee, S. 103.
6 Weinberg, Bennett Alan; Bealer, Bonnie K., The world of caffeine. The Science and Culture of the World’s Most Popular Drug, New York 2001, S. 19.
7 Rauwolfen, Leonharti, der Arztney Doctorn, und bestelten Medici zu Augspurg. Aigentliche beschreibung der Raiss … ihn die Morgenländer …, in: Schnyder-von Waldkirch, Antoinette, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 38.
8 Schnyder-von Waldkirch, Europa, S. 40
9 Alpinus, Prosper, De plantis Aegypti Liber, in: Schnyder-von Waldkirch, Antoinette, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 40.
10 Lithgow, William, A most delectable and true Discourse, of an admired and paineful Peregrination …, in: Schnydervon Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich, S. 53.
11 Lithgow, Discourse, S. 111.
12 Valle, Pietro della, Viaggi di Pietro della Valle il Pellegrino … descritti da lui medesimo in 54 lettere familiari …, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 54.
13 Herbert Thomas, A Relation of some Years Travaile, Begunne anno 1626 into Afrique and the Greater Asia, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 64.
14 Coppin, Jean, Le Bouclier de l’Europe, ou la guerre sainte. Relation des Voyages ges faits dans la Turquie, la Thébaide et la Barbarie …, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 49.
15 La Roque, Jean de, Voyage de l’Arabie Heureuse, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 59.
16 Bernier, François, Lettre sur le Café, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 98.
17 Weinberg, caffeine, S. 75.
18 Ebd., S. 71-72.
19 Schnyder-von Waldkirch, Europa, S. 25.
20 Weinberg, caffeine, S. 18.
21 North, Genuss und Glück des Lebens. Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung, Köln 2003, S. 196.
22 Ebd., S. 196/ Weinberg, caffeine, S. 18.
23 Heise, Kaffeehaus, S. 141.
24 Ebd., S. 46.
25 Jussieu, Antoine, Discours sur le Progrès de la Botanique au Jardin Royal de Paris, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S.132.
26 Breuning von und zu Buochenbach, Hans Jacob, Orientalische Reyss dess Edlen unnd Vesten Hanns Jacob Breuning von und zu Buochenbach, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 45.
27 Blount, Henry, A Voyage into the Levant, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 49.
28 Loir, N.N. du, Les Voyages du Sieur Du Loir …, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 97.
29 Valle, Viaggi, S. 54.
30 Teixeira, Pedro, Relaciones de Pedro Teixeira …, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 62.
31 Silva y Figueroa, Garcias de, L’Ambassade de Garcias de Silva y Figueroa, trad. De l’Espagnol par M. de Wicquefort, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 63.
32 Olearius, Adam, Vermehrte Newe Beschreibung der Muscowitischen und Persischen Reyse, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 76.
33 Ebd., S. 65.
34 Mandelslo, Johan Albrecht von, Morgenländische Reysebeschreibung, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 66/ Andersen, Jürgen; Iversen, Volquard, Oriental. Reise-Beschreibung, hg. von Adam Olearius, in: Schnyder-von Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, Zürich 1988, S. 66.
35 Schnyder-von Waldkirch, Europa, S. 65 & 76/ Weinberg, caffeine, S. 96.
36 Über Wirkung des Kaffees wussten die (gelehrten) Menschen durchaus Bescheid. Dass es sich bei dem Wirkungsstoff um Koffein handelt, wurde jedoch erst 1820 von dem deutschen Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge bewiesen (Vgl. Baltes, Werner, Lebensmittelchemie, 6. Auflage, Berlin 2007, S. 400).