Begriffe wie „Feudalismus“, „Absolutismus“ oder auch „Kapitalismus“, werden in den historisch arbeitenden Geisteswissenschaften verwendet, um das Charakteristische einer Epoche hervorzuheben und ihre relevanten Institutionen, ihr individuelles gesellschaftliches Fundament sowie ihr allgemein gültiges Werte- und Normensystem zu beschreiben. Im Prozess des Erschließens der Vergangenheit ist die Verwendung zentraler Bezeichnungen unerlässlich, jedoch sollte man sich ihrer eingeschränkten Reichweite sowohl im räumlichen wie auch im sachlichen Sinne bewusst sein.
Unter Berücksichtigung dieser Gedanken macht Blickle es sich zur Aufgabe, für die in seinen Augen bislang vernachlässigte Dynamik der gesellschaftlichen Veränderungen im Spätmittelalter, den Kommunalismus als greifbaren und angemessenen Wissenschaftsbegriff zu entwickeln. Es sei absolut von Nöten, Begrifflichkeiten klar zu definieren und von angrenzenden Bezeichnungen zu distanzieren. Die erste Erwähnung und zugleich die Patentierung des Begriffes „Kommunalismus“ finden zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges bei Adolf Gasser statt, der in seiner Monographie „Gemeindefreiheit als Rettung Europas“ den Kommunalismus als Vorrausetzung für die politische Freiheit deklariert. Ein neuartiges, soziales und politisches Vertrauen wird auf den Grundpfeilern Freiheit und Recht geschaffen und sorgt für eine Form des Selbstverwaltungsprinzips, in dem moralische Werte im Vordergrund stehen. Während Erscheinungen wie sozialer Hass und Missachtung in dieser Situation kaum mehr Platz finden, dient die Gemeindefreiheit laut Gasser “fortwährender Selbsterziehung“, die Gemeinde selbst wird somit zu „einer Anstalt für Menschenbildung“. Den mit hoher Moral aufgeladenen Kommunalismusbegriff bezeichnet Blickle als spekulativ und nicht ausreichend historisch belegt. Zur Gewinnung empirisch fundierter Erkenntnisse und einer Neuformulierung und –definition des Kommunalismus als Begriff zur Zustandsbeschreibung innerhalb der Epoche 1300-1800, widmet sich Blickle ab Anfang der 1980er Jahre einer intensiven Forschungsarbeit.
Das verwendete Quellenmaterial stammt dabei zunächst aus den Reichsabteien Ottobeuren und Kempten, aus Memmingen, aus der Region von Tirol über Vorderösterreich bis nach Oberschwaben und aus dem nördlichen Franken bis nach Thüringen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Konzept des Kommunalismus nach Peter Blickle
- 2.1 Definition
- 2.2 Entwicklung und Gültigkeit des Kommunalismusbegriffes
- 3. Das Werte- und Normsystem im Kommunalismus
- 3.1 Gemeiner Nutzen
- 3.2 Hausnotdurft
- 3.3 Friede
- 3.4 Freiheit und Gerechtigkeit
- 4. Reaktionen im Forschungsdiskurs – Zur kritischen Auseinandersetzung
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Peter Blickles Konzept des Kommunalismus als wissenschaftlichen Begriff zur Beschreibung gesellschaftlicher Veränderungen im Spätmittelalter. Sie bewertet kritisch, ob der Kommunalismus einen sinnvollen Beitrag zur Geschichtsschreibung leistet und ob er als gültiger und anwendbarer Begriff angesehen werden kann.
- Definition und Entwicklung des Kommunalismusbegriffes nach Blickle
- Das Werte- und Normsystem des Kommunalismus
- Wirtschaftsgeschichtliche Hintergründe der Entstehung des Kommunalismus
- Kritische Auseinandersetzung mit dem Kommunalismusbegriff im Forschungsdiskurs
- Die Bedeutung des Kommunalismus für die Geschichtsschreibung des Mittelalters
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Frage nach der Gültigkeit und Anwendbarkeit des Begriffs „Kommunalismus“ in der Geschichtsschreibung des Mittelalters. Sie vergleicht den Kommunalismusbegriff mit anderen etablierten Begriffen wie „Feudalismus“ und „Kapitalismus“ und betont die Notwendigkeit einer klaren Begriffsbestimmung in der historischen Forschung. Die Einleitung legt den Fokus auf Blickles Arbeit und deren Bedeutung für das Verständnis gesellschaftlicher Veränderungen im Spätmittelalter. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer empirisch fundierten Untersuchung des Begriffs.
2. Das Konzept des Kommunalismus nach Peter Blickle: Dieses Kapitel beschreibt Blickles Konzept des Kommunalismus. Es erläutert, wie Blickle den Begriff definiert und wie er ihn im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen des Spätmittelalters einordnet. Blickle hebt die Gemeinsamkeiten zwischen Stadt und Land in Bezug auf Organisation, gesellschaftliche Grundlage und Wertesystem hervor. Der Fokus liegt auf der Entstehung des Kommunalismus aus veränderten Arbeits- und Lebenswelten und seiner dreidimensionalen These: gemeinsamer Organisation, gemeinsamer gesellschaftlicher Grundlage und kongenialem Wertesystem. Das Kapitel analysiert die Entwicklung des Begriffs und die Gründe für seine Entstehung.
3. Das Werte- und Normsystem im Kommunalismus: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit den Werten und Normen, die den Kommunalismus prägen. Es analysiert Konzepte wie den gemeinen Nutzen, die Bedeutung von Frieden und Gerechtigkeit sowie die Rolle von Freiheit und Selbstverwaltung. Die Analyse beleuchtet, wie diese Werte und Normen das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinde beeinflusst haben. Die Kapitel untersucht, wie diese Werte und Normen im Kontext der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen des Spätmittelalters entstanden sind und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Es stellt die Frage, ob diese Werte universell gültig sind und welche Rolle sie im Kontext der jeweiligen Zeit spielen.
4. Reaktionen im Forschungsdiskurs – Zur kritischen Auseinandersetzung: Dieses Kapitel analysiert die verschiedenen Reaktionen und kritischen Auseinandersetzungen mit Blickles Kommunalismuskonzept im wissenschaftlichen Diskurs. Es untersucht die Argumente der Kritiker und bewertet deren Einwände im Hinblick auf die Gültigkeit und Anwendbarkeit des Begriffs. Es bewertet die Stärken und Schwächen von Blickles Ansatz und diskutiert die Bedeutung seiner Arbeit für die historische Forschung. Die Diskussion der verschiedenen Positionen soll dazu beitragen, ein umfassenderes Verständnis des Kommunalismusbegriffes und seiner Bedeutung zu entwickeln.
Schlüsselwörter
Kommunalismus, Peter Blickle, Spätmittelalter, Gemeinde, Selbstverwaltung, Werte, Normen, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte, Forschungsdiskurs, Geschichtsschreibung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Kommunalismus im Spätmittelalter nach Peter Blickle
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Peter Blickles Konzept des Kommunalismus als wissenschaftlichen Begriff zur Beschreibung gesellschaftlicher Veränderungen im Spätmittelalter. Sie untersucht dessen Gültigkeit und Anwendbarkeit in der Geschichtsschreibung und vergleicht ihn mit Begriffen wie Feudalismus und Kapitalismus.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Entwicklung des Kommunalismusbegriffes nach Blickle, sein Werte- und Normsystem (Gemeinwohl, Hausnotdurft, Friede, Freiheit und Gerechtigkeit), die wirtschaftsgeschichtlichen Hintergründe seiner Entstehung, die kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff im Forschungsdiskurs und schließlich seine Bedeutung für die Geschichtsschreibung des Mittelalters.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Darstellung von Blickles Kommunalismuskonzept, ein Kapitel zum Werte- und Normsystem des Kommunalismus, ein Kapitel zur kritischen Auseinandersetzung im Forschungsdiskurs und ein Fazit. Sie enthält zudem ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter.
Was ist Blickles Kommunalismuskonzept?
Blickle definiert den Kommunalismus dreidimensional: gemeinsame Organisation, gemeinsame gesellschaftliche Grundlage und ein kongeniales Wertesystem. Er betont Gemeinsamkeiten zwischen Stadt und Land in Bezug auf Organisation, gesellschaftliche Grundlage und Wertesystem und sieht seine Entstehung in veränderten Arbeits- und Lebenswelten des Spätmittelalters.
Welche Werte und Normen prägen den Kommunalismus nach Blickle?
Zentrale Werte und Normen sind der gemeine Nutzen, Hausnotdurft, Friede, Freiheit und Gerechtigkeit. Die Arbeit analysiert, wie diese Werte das Zusammenleben beeinflusst haben, ihre Entstehung im Kontext der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen und ihre Gültigkeit im historischen Kontext.
Wie wird Blickles Konzept im Forschungsdiskurs bewertet?
Die Arbeit analysiert kritische Auseinandersetzungen mit Blickles Kommunalismuskonzept. Sie untersucht Argumente der Kritiker, bewertet deren Einwände hinsichtlich der Gültigkeit und Anwendbarkeit des Begriffs und diskutiert Stärken und Schwächen von Blickles Ansatz.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Kommunalismus, Peter Blickle, Spätmittelalter, Gemeinde, Selbstverwaltung, Werte, Normen, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte, Forschungsdiskurs, Geschichtsschreibung.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
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- Arbeit zitieren
- Lea Berner (Autor:in), 2010, Kommunalismus. Konzept nach P. Blickle unter besonderer Betrachtung der Werte und Normen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/437228