Den Studentinnen und Studenten des Masterstudienganges eHealth an der Fachhochschule Flensburg wurde im Sommersemester 2015 im Rahmen des Moduls Mobile Kommunikationstechnik die Aufgabe gestellt, ein mobiles Rettungswagenassistenzsystem zu entwickeln, das die Versorgung im Notfall durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt und optimiert. Die insgesamt 28 Studentinnen und Studenten wurden dazu in vier Gruppen eingeteilt, denen die folgenden Aufgaben zugewiesen wurden: Brainstorming und Organisation (Gruppe 1), Definition (Gruppe 2), Systemstruktur (Gruppe 3) und Prozessdarstellung (Gruppe 4). Dieselbe Aufgabenstellung, die dieser Ausarbeitung zugrunde liegt, wurde bereits von den Masterstudenten im Sommersemester 2014 bearbeitet. An den Ergebnissen gilt es anzuknüpfen und relevante Teile in diese Arbeit zu implementieren. Eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse erfolgt in Kapitel 2.2.
Die Masterstudenten des Sommersemester 2015 erachten neben der ganzheitlichen Betrachtung der Rettungskette den Erst-Helfer-Einsatz als besonders wichtig, weil es „von der Art der Ersten Hilfe (...) in vielen Fällen {abhängt}, ob der Verletzte oder akut Kranke überlebt oder stirbt.“ Daher setzten die Studenten sich als Ziel, die Erste Hilfe durch den Einsatz moderner Technologien zu optimieren und mit den übrigen Prozessschritten der Rettungskette adäquat zu vernetzen und im Rahmen dessen relevante Akteure zu sensibilisieren.
An diese Einleitung schließt sich zunächst ein Kapitel, in dem Gruppe 1 die Grundlagen der Arbeit formuliert. Es wird der Begriff Rettungswagenassistenzsystem als Basis der Arbeit beschrieben und anschließend die vom Sommersemester 2014 formulierten Ergebnisse zusammengefasst. An den Abschnitt Grundlagen gliedern sich vier Kapitel, die von den oben beschriebenen Gruppen erarbeitet wurden. Gruppe 1 stellt im dritten Kapitel alle im Brainstorming erarbeiteten Vorschläge vor. In Kapitel vier wird von Gruppe 2 der Auswahlprozess eines für die Arbeit geeigneten Systems aus den Vorschlägen der Gruppe 1 vollzogen und das ausgewählte Rettungswagensystem definiert. In Kapitel fünf beschreibt Gruppe 3 die Systemarchitektur, relevante Akteure und deren Vernetzung untereinander. Im sechsten Kapitel werden von Gruppe 4 die Abläufe modelliert und anhand eines Use-Cases dargestellt. Ein Fazit fasst Ergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick als Basis für die weitere Bearbeitung der folgenden Semester.
Inhaltsverzeichnis
AbbildungsVerzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung und Zielsetzung
2 Grundlagen
2.1 Der Begriff Rettungswagenassistenzsystem
2.2 Ergebnisse des Sommersemester 2014
3 Brainstorming
3.1 Der Rettungsprozess
3.2 Konkrete Vorschläge für das Rettungswagenassistenzsystem
3.2.1 Realistisch
3.2.2 Unrealistisch
4 Definition
4.1 Die Akteure und Systeme
4.2 Das Umweltdiagramm
4.3 Die Use-Cases
4.3.1 Use-Case-Szenario I (Unfall-Kommunikationssystem)
4.3.2 Use-Case-Szenario II erster Teil (Notfall-Koordinationssystem)
4.3.3 Use-Case-Szenario III (Rettungsmanagementsystem)
4.3.4 Use-Case-Szenario IV (Unfall-Informationssystem)
4.3.5 Use-Case-Szenario II zweiterTeil (Notfall-Kommunikationssystem
5 Spezifikation
5.1 Systemstruktur und -architektur des Sanitäters
5.2 Systemstruktur und -architektur des Rettungswagens
5.3 Softwarekomponenten
5.4 Netzabdeckung und benötigte Übertragungsraten
6 Prozessdarstellung
6.1 Alarmierung der Ersthelfer durch die 112-App
6.2 Der Teledoktor
6.3 Der Gesamtprozess
7 Zusammenfassung und Ausblick
8 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: HUD Technik
Abbildung 2: HUD mit Navigation
Abbildung 3: HUD mit Sicherheitshinweisen
Abbildung 4: Mobiles HUD
Abbildung 5: Umweltdiagramm
Abbildung 6: Use-Case-Szenario I (Unfall-Kommunikationssystem)
Abbildung 7: Use-Case-Szenario II (Notfall-Koordinationssystem)
Abbildung 8: Use-Case-Szenario III (Rettungsmanagementsystem)
Abbildung 9: Use-Case-Szenario IV (Unfall-Informationssystem)
Abbildung 10: Use-Case-Szenario II (Notfall-Koordinationssystem)
Abbildung 11: Systemstruktur
Abbildung 12: Systemstruktur des Sanitäters
Abbildung 13: Systemstruktur RTW
Abbildung 14: Softwareanforderung RLZ
Abbildung 15: Softwareanforderung Server
Abbildung 16: Softwareanforderung Smartphone
Abbildung 17: Softwareanforderung Tablet
Abbildung 18: Softwareanforderung Teledoktor
Abbildung 19: Netzabdeckung Vodafone 3G und 4G
Abbildung 20: Netzabdeckung Telecom 3G und 4G
Abbildung 21: 112 App Teil 1
Abbildung 22: 112 App Teil 2
Abbildung 23: Teledoktor Teil 1
Abbildung 24: Teledoktor Teil 2
Abbildung 25: Gesamtprozess Teil 1
Abbildung 26: Gesamtprozess Teil 2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Identifikation und Beschreibung der Akteure
Tabelle 2: Teilsysteme mit Funktionen
Tabelle 3: Datenraten verschiedener Anwendungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung und Zielsetzung
Den Studentinnen und Studenten des Masterstudienganges eHealth an der Fachhochschule Flensburg wurde im Sommersemester 2015 im Rahmen des Moduls Mobile Kommunikationstechnik die Aufgabe gestellt, ein mobiles Rettungswagenassistenzsystem zu entwickeln, das die Versorgung im Notfall durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt und optimiert. Die insgesamt 28 Studentinnen und Studenten wurden dazu in vier Gruppen eingeteilt, denen die folgenden Aufgaben zugewiesen wurden: Brainstorming und Organisation (Gruppe 1), Definition (Gruppe 2), Systemstruktur (Gruppe 3) und Prozessdarstellung (Gruppe 4). Dieselbe Aufgabenstellung, die dieser Ausarbeitung zugrunde liegt, wurde bereits von den Masterstudenten im Sommersemester 2014 bearbeitet. An den Ergebnissen gilt es anzuknüpfen und relevante Teile in diese Arbeit zu implementieren. Eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse erfolgt in Kapitel 2.2.
Die Masterstudenten des Sommersemester 2015 erachten neben der ganzheitliChen Betrachtung der Rettungskette den Erst-Helfer-Einsatz als besonders wichtig, weil es ״von der Art der Ersten Hilfe (...) in vielen Fällen {abhängt}, ob der Verletzte oder akut Kranke überlebt oder stirbt.“ Daher setzten die Studenten sich als Ziel, die Erste Hilfe durch den Einsatz moderner Technologien zu optimieren und mit den übrigen Prozessschritten der Rettungskette adäquat zu vernetzen und im Rahmen dessen relevante Akteure zu sensibilisieren (Köhnlein, H.-E. & Weller, S.1, 2004).
An diese Einleitung schließt sich zunächst ein Kapitel, in dem Gruppe 1 die Grundlagen der Arbeit formuliert. Es wird der Begriff Rettungswagenassistenzsystem als Basis der Arbeit beschrieben und anschließend die vom Sommersemester 2014 formulierten Ergebnisse zusammengefasst. An den Abschnitt Grundlagen gliedern sich vier Kapitel, die von den oben beschriebenen Gruppen erarbeitet wurden. Gruppe 1 stellt im dritten Kapitel alle im Brainstorming erarbeiteten Vorschläge vor. In Kapitel vier wird von Gruppe 2 der Auswahlprozess eines für die Arbeit geeigneten Systems aus den Vorschlägen der Gruppe 1 vollzogen und das ausgewählte Rettungswagensystem definiert. In Kapitel fünf beschreibt Gruppe 3 die Systemarchitektur, relevante Akteure und deren Vernetzung untereinander. Im sechsten Kapitel werden von Gruppe 4 die Abläufe то- delliert und anhand eines Use-Cases dargestellt. Am Schluss steht ein Fazit, welches Ergebnisse zusammenfassend darstellt, die Arbeit würdigt und einen Ausblick in das zukünftig Mögliche wagt, um somit ein Fundament für eine weitere Bearbeitung der folgenden Semester legt.
2 Grundlagen
In den Grundlagen wird zunächst der Begriff Rettungswagenassistenzsystem definiert, da dieser den Grundbaustein der Ausarbeitung darstellt. Die Ergebnisse des Sommersemesters 2014 gelten für diese Ausarbeitung als Voraussetzung und werden als Ausgangspunkt zusammengefasst dargestellt.
2.1 Der Begriff Rettungswagenassistenzsystem
Der Begriff Rettungswagenassistenzsystem setzt sich aus den beiden Worten Rettungswagen und Assistenzsystem zusammen. Diese beiden Begrifflichkeiten werden im Folgenden definiert.
״Assistenzsysteme sind rechnerbasierte Systeme, die den Menschen bei der Entscheidungsfindung und Durchführung unterstützen.“ (Blütner, D., s. 210, 2015) Blütner unterteilt in ihrer Ausführung den Entscheidungsprozess in die Teile: Entscheidungsvorbereitung, das Entscheiden und die Entscheidungsdurchführung (vgl. s. 210, 2015).
Der Rettungswagen dient dem Rettungsdienst als Krankentransportfahrzeug, weshalb im Folgenden der Begriff Rettungsdienst definiert wird. Der Rettungsdienst sorgt für schnellstmögliche und fachgerechte Versorgung im medizini- sehen Notfall. Der Service ist rund um die Uhr verfügbar und umfasst qualifiziertes Fachpersonal, sowie geeignete Rettungsmittel, (vgl. Brokmann, J., Roissant, R., s. 6, 2010).
Der Rettungswagen spielt die zentrale Rolle in diesem System. Ein Notruf geht bei der Leitstelle ein. Diese alarmiert in der Regel den nächstgelegenen Rettungswagen und lotst ihn zur Unfallstelle. Bei Bedarf wird ein Notarztwagen, die Polizei oder die Feuerwehr hinzugezogen (vgl. Ausarbeitung von SS 14).
In diesem Prozess müssen eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen werden. Aufgrund des möglichen medizinischen Notfalls und der Sicherung der schnellstmöglichen Versorgung sind diese Entscheidungen in kürzester Zeit fällig. Es sind also höchste Ansprüche an Effektivität und Effizienz sowie Zuverläs- sigkeit des Rettungswagenassistenzsystems zu stellen. In dieser Ausarbeitung gilt diesen Aspekten besondere Berücksichtigung.
2.2 Ergebnisse des Sommersemester 2014
In diesem Abschnitt fasst jede Gruppe die Ergebnisse ihrer Vorgängergruppe aus dem letzten Sommersemester zusammen und legt dar, inwiefern sie in dieser Ausarbeitung an das bereits bearbeitete anknüpft.
Im Sommersemester wurde ein Rettungswagenassistenzsystem entwickelt, mit dessen Hilfe Notrufinformationen und der Standort eines Notfalls an den Rettungswagen weitergeleitet werden. Dadurch, dass der Rettungswagen durch die Leitstelle und den Notarzt ständig ortbar ist, wird zum Beispiel Zeit bei der Anfahrt des Notarztes zum Unfallort gespart. Am Unfallort selbst entscheiden die Sanitäter, ob ein Notarzt benötigt wird oder der Kontakt zum Telenotarzt, der mit Hilfe des Systems kontaktiert werden kann, ausreichend ist. Wird kein Notarzt benötigt, entscheidet der Telenotarzt in welches Krankenhaus der Patient gebracht wird. Das Krankenhaus wird im Voraus über das Eintreffen des Patienten informiert, sodass Vorbereitungen getroffen werden können. Weitere Funktionen des Rettungsassistenzsystems sind die synchrone und asynchrone Kommunikation, das Messen von Vitalparamatern, das EKG und der Ultraschall.
Die von Gruppe 2 im Sommersemester 2014 erstellte Arbeit diente alsGrundlage für die vorliegende Ausarbeitung. Das damalige Semester hatte anfangs die Akteure definiert, sowie die Teilsysteme. Darauf aufbauend erstellte die Gruppe 2 ein Umweltdiagramm, aus welchem Use-Cases abgeleitet wurden. Die Grundidee bestand auch damals bereits in der Verwendung einer App. Diese ist in der jetzigen Arbeit integriert worden und findet umfangreiche Anwendung. Zudem bestanden einige Verbesserungsmöglichkeiten bei der Beschreibung der Korn- munikationssysteme. Diese waren in ihren Funktionen nicht ausreichend beschrieben. Grundsätzliches wurde übernommen und in diesem Semester weiterentwickelt. Zusätzlich dazu gibt es einige Neuentwicklungen, welche dem Text entnommen werden können. Der Fokus liegt hierbei auf den verwendeten Apps.
Die Gruppe 3 des letzten Jahres bestand auf Seiten des Sanitäters aus einem robusten, desinfizierbaren Smartphone, einer Datenbrille und einem Head-Set.
Er kommuniziert mit dem Smartphone mit dem Tele-Doktor, mit der Leitstelle über den TETRA-Standard. Die Messwerte, die via Bluetooth an das Handy gesendet wurden, werden via WLAN an die Kommunikationseinheit im RTW weitergegeben. Im RTW sind zwei Tablets vorhanden, eine Deckenkamera und ein PC über den die Kommunikation koordiniert wird. Außerdem ist die medizinische Standardausstattung integriert. Die Systemanforderungen für den PC, die Tablets und das Smartphone wurden erhoben, diese wurden allerdings nicht stark differenziert. Es wurden lediglich die Verbindungen zwischen den einzelnen Geraten beschrieben, aber keine genaueren Angaben zu den Anwendungen gemacht. Ziel dieser Arbeit ist es die Systemanforderungen genauer zu beschreiben und grafisch darzustellen. Im Bereich der Netzabdeckung wurde die Abdeckung der verschiedenen Netze in ganz Deutschland betrachtet und die benötigten Datenraten für verschiedene Anwendungen betrachtet. Eine Differenzierung zwischen Stadt und Land ergab keine Ergebnisse. Dieser Teil wird komplett überarbeitet.
In Gruppe 4 wurden im Sommersemester 2014 zwei Prozesse beschrieben und mit Microsoft Visio 2013 visualisiert. Beide Prozesse werden vom Eintreffen des RTW bis zum Abtransport des Patienten beschrieben. Der erste Hauptprozess beschreibt einen Verkehrsunfall. Dabei werden zunächst die Unterprozesse wie Unfallstelle sichern, Alarmierung des Notarztwagens, der Erstkontakt des Notarztes zum Patienten sowie die Erstbehandlung des Patienten und Abtransport des Patienten erklärt. Der zweite Hauptprozess ״Myokardinfarkt einer Person im 10. Stock eines Hochhauses“ wurde deutlich kürzer und nur anhand von Aktivitätsdiagrammen dargestellt. Dabei werden die Unterprozesse Zufahrt, Erstkontakt zum Patient, Erstbehandlung sowohl mit als auch ohne Notarzt und Abtransport des Patienten visualisiert.
3 Brainstorming
3.1 Der Rettungsprozess
In diesem Abschnitt wird der Prozess eines Rettungsdienstes, wie er derzeit in Deutschland umgesetzt wird, dargelegt.
Im ersten Schritt kommt es zur Alarmierung, die durch das Absetzen eines Notrufes unter der Rufnummer 112 erfolgt. In einer Leitstelle wird der Anruf entgegen genommen und parallel sucht der Computer die zuständige und nächstgelegene Rettungswache heraus. Durch Beantwortung der fünf W-Fragen (Wo, Was, Wie viele, Welche, Warten) erhält die Leitstelle die notwendigen Informationen zum Notruf. Anschließend benachrichtigt die eben kontaktierte Leitstelle die nächstgelegene Rettungswache per Pager1, über diesen Pager werden alle zuvor erfragten Informationen zum Einsatzort übermittelt: Name, Adresse, Uhrzeit, Datum und ein Alarmstichwort, das den entsprechenden Hinweis auf den Notfall gibt. Dieses Stichwort entscheidet, ob ein Notarzt am Einsatzort benötigt wird (Becher-Mayr, undatiert).
Die nächstgelegene Rettungswache rückt mit ihrem Rettungstransportwagen (RTW) und je nach Bedarf mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zum Ort des Geschehens aus. Dabei erlaubt der Einsatz von Blaulicht und Martinshorn Sonder- und Wegerechte bei der Anfahrt. Die Ankunft am Unfallort bzw. beim Pätien- ten soll dabei innerhalb von zehn bis maximal fünfzehn Minuten nach Eingang des Notrufes erfolgt sein. Vor Ort werden zunächst die Vitalfunktionen geprüft, der Patient beruhigt und aufgeklärt (DRK Unna, undatiert). Bei der Erstversorgung des Patienten wird eine Anamnese gestellt, es folgen daraufhin Untersuchungen, Diagnostiken und Versorgungen. Je nach Bedarf werden vitalerhaltende Maßnahmen durchgeführt und weitere Kräfte wie Z.B. der Notarzt nachgefordert. Parallel zu der Versorgung des Patienten kommt es zur Transportvorbereitung. Dabei wird der Transportweg zum Rettungsmittel (Fahr-, Wasser- oder Luftfahrzeug des Rettungsdienstes) abgeklärt.
Das Monitoring am Patienten muss durchgehend gewährleistet werden. Nachdem der Patient informiert, aufgeklärt und betreut wurde, zusätzliche und notwendige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt sowie wichtige Dokumente vom Patienten wie Z.B. die Krankenversicherungskarte mitgenommen wurden, erfolgt der Transport mit oder ohne Notarzt in die Klinik. Jedoch muss zunächst geklärt werden in welches Krankenhaus der Transport erfolgt, ob die Fahrtroute bekannt ist und ob eine Voranmeldung notwendig ist, wie Z.B. bei einem Herzinfarkt. Während des Transports wird die präklinische Versorgung dokumentiert, die Sicherung am Patienten (Anschnallpflicht) sowie die Vitalzeichen fortlaufend überprüft. Des Weiteren müssen die Angehörigen informiert werden. Eine Vertrauensvolle Beziehung sollte während des gesamten Rettungsprozesses zum Patienten aufgebaut werden. Bei Ankunft in der Klinik wird der Patient an das Krankenhauspersonal übergeben. Dabei kommt es zu einem Übernahmegespräch zwi- sehen Rettungs- und Krankenhauspersonal inklusive vollständiger Anamnese und Dokumentation sowie der Beschreibung der präklinischen Maßnahmen (Becher-Mayr, undatiert; DRK Unna, undatiert).
3.2 Konkrete Vorschläge für das Rettungswagenassistenzsystem
Der derzeitige Rettungsprozess kann durch einige Prozessverbesserungsschritte effizienter gestaltet werden. In diesem Abschnitt werden diese konkret genannt und beschrieben. Es erfolgt eine Einteilung in realistische und unrealistische Ideen.
3.2.1 Realistisch
112-App
Die Optimierung des Rettungsprozesses sollte bereits vor Eintreffen des Rettungspersonals an der Unfallstelle vor Ort ansetzen. Die Implementierung einer 112-App mit den folgenden Funktionen könnte zielführend sein.
Die 112-App ist für alle Menschen von Interesse, da hierüber sowohl Notrufe abgesetzt, als auch engagierte und ausgebildete Helfer auf den Plan gerufen, sowie die Kommunikation mit der Rettungsleitstelle stattfinden kann, über die 112-App können mit einem Klick auf das App-Symbol und einem Reiter ״Notruf absenden“ Notrufe an die Notrufzentrale abgesendet werden. Eine Ortung der Signal sendenden Person über eine Kombination aus GPS, Funkzellenortung und WLAN-Daten ist damit möglich (vgl. MEIN NOTRUF, 2015). In Dänemark wird dieses Konzept schon erfolgreich umgesetzt (112-App, 2013).
Die 112-App sollte die Funktion einer Ersthelfer Alarmierung aufweisen. Das bedeutet, dass Smartphone Nutzer, die eine bestimmte Ausbildung im Bereich Erste-Hilfe vorweisen können und anderen Menschen helfen möchten, diese Information in der App hinterlegen können. Eine Ausbildung kann von ״erfolgreich absolvierter Erste-Hilfe-Kurs“ über ״Rettungssanitäter“ bis hin zu ״Arzt“ reichen. Jeder, der sich in Erste-Hilfe-Maßnahmen sicher fühlt, kann sich registrieren. Ein beispielhaftes Pilotprojekt aus dem Kreis Gütersloh (Záhorský, 2015) zeigt, dass dies funktionieren kann. Während der Notrufabsetzende am Unfallort die Notruffunktion nutzt, sendet die App automatisch ein Signal (Push-Benachrichtigung) an alle registrierten Ersthelfer in einer bestimmten Entfernung (z.B. ein Kilometer vom Unfallort entfernt). Die Nutzer haben die Möglichkeit der Rettungsaktion zuzustimmen und sich daraufhin unmittelbar zum Unfallort zu begeben. Derjenige, der den Notruf abgesetzt hat (sowie auch die Rettungsleitstelle und der anrü- ekende Rettungsdienst), hat die Möglichkeit, auf einer integrierten Karte die Pos¡- tion derjenigen Ersthelfer einzusehen, die zugestimmt haben und sich zum Unfallort begeben. Eine Navigationsfunktion navigiert den Ersthelfer zur Einsatzstelle. Dort angekommen kann der Rettungsdienst mit dem Ersthelfer kommunizieren und ihm Anweisungen geben.
Diese Idee ist in Bezug auf Datenschutz und Missbrauch von Ortung kritisch zu hinterfragen und technisch dementsprechend umzusetzen. Die App sollte kostenlos und obligatorisch auf jedem Smartphone und Tablet vorinstalliert sein. Sie soll damit flächendeckend in Deutschland zum Einsatz kommen. Entstehende Kosten könnten bspw. aus Steuergeldern finanziert werden.
Ampelsensor
Für eine freie Fahrt des RTW vom Krankenhaus zur Unfallstelle sollten die Ampeln an den Straßenkreuzungen eingebaute Sensoren, sogenannte Leuchtschil- der-Empfänger, besitzen, statt über einer Fernbedienung aus dem Auto, welche die Ampeln auf Grün umschalten, wird mit Hilfe des Sensors an der Ampel das Blaulicht (Sensor-Sender) vom RTW, Notarztwagen, Polizei und Feuerwehr erkannt und die entsprechende Ampel wird an der Kreuzung automatisch für einen vordefinierten Zeitraum auf Grün geschaltet (vgl. Ehrenfried, 2013). Eine weitere Möglichkeit einer ״grünen Welle“ zum Unfallort ist, dass die Rettungswache eine Eingriffsmöglichkeit auf die Ampelsteuerung besitzt (Vorrangschaltung) und lange Grünphasen für ausrückende Fahrzeuge zur Unfallstelle dadurch ermöglichen kann (vgl. PRO INNO, 2006). Nach dem Passieren der Ampelkreuzung durch ein Rettungsfahrzeug setzt die Ampel die gewohnte Verkehrsregelung fort. Ziel ist es, einen Zeitverlust der Rettungsfahrzeuge zur Unfallstelle sowie das Risiko eines Unfalls durch einen Rettungsfahrzeug an einer Ampelkreuzung zu minimieren bzw. zu vermeiden (vgl. Bosserhoff ,1994).
Head-Up-Display
Ein Head-Up-Display (HUD) wird im Auto genutzt, um Daten auf der Windschutzscheibe anzuzeigen. Vorteil hierbei ist, dass die Blickrichtung beim Fahren nicht großartig verändert werden muss, um die Informationen zu sehen. Insbesondere die Navigation für eine berechnete Route ist durch ein solches Display in der Windschutzscheibe gut darstellbar. Inzwischen haben alle größeren Automarken ein solches Display integriert in der Frontscheibe bereits im Angebot (siehe Abbildungen 1-3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: HUD mit Navigation (Continental Automotive GmbH 2014)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: HUD mit Navigation (Continental Automotive GmbH 2014)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: HUD mit Sicherheitshinweisen (Continental Automotive GmbH 2014)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Mobiles HUD (Garmin Ltd. 2015)
Des Weiteren gibt es noch eine weitere Variante, bei der das Display nicht direkt auf bzw. in der Windschutzscheibe ist, sondern mobil davor positioniert werden kann. Diese Variante lässt sich problemlos zum Nachrüsten nutzen und ist mitunter um einiges günstiger als ein in die Scheibe integriertes HUD (Abb. 4).
Ein HUD im RTW soll intelligent navigieren und auch die Kommunikation mit der Leitstelle bzw. dem Unfallort ermöglichen. Eine intelligente Route bezieht nicht nur die zu befahrende Strecke, sondern auch die aktuelle Verkehrslage mit ein und gibt den für den Rettungsfall schnellsten und sichersten Weg als Navigation auf dem HUD aus. Via mobilem Internet ist außerdem die Rettungsleistelle in der Lage, die aktuellen Daten vom Unfallort, wie Z.B. Anzahl der Verletzten sowie Art und Grad der Verletzungen, Anzahl und Funktion der bereits eingetroffenen Rettungskräfte und Notärzte, Gesamtlage, direkt an das HUD im Rettungswagen zu senden, sodass sich die Crew des RTWs auf den Einsatz schon während der Fahrt vorbereiten kann. Die Daten erscheinen auf der Scheibe des Beifahrers. Dem Ersthelfer kann über die 112-App eine Anleitung zur Erstbehandlung gegeben werden. Dieser Lagebericht ist essentiell für die Rettungskräfte und bietet bei schneller Erfassung eine große Zeitersparnis. Auch eine direkte Aufgabenzuweisung, Z.B. welcher Patient übernommen werden soll, bei größeren Schadensereignissen wäre über diese Informationsverbindung denkbar. Ist der Patient transportbereit und wieder im RTW, so zeigt das HUD den wiederum schnellsten und sichersten Weg zum nächsten Krankenhaus. Außerdem können nun die bereits erfassten Patientendaten über ein verknüpfendes System vom Beifahrer an das entsprechende Personal im Krankenhaus gesendet werden. Eine verkürzte Übergabe vor Ort ermöglicht die schnellere Behandlung des Patienten und vermeidet etwaige Doppeluntersuchungen. So kann dem Verunglückten schneller geholfen werden.
Datenbrille
Die Datenbrille dient, in Ergänzung zum HUD, sowie als alleiniges Hilfsmittel zur Datenerfassung und -Übertragung am Unfallort. Bei einem Notfall ist das schnellstmögliche Eintreffen des Rettungswagens am Einsatzort elementar. VerZögerungen von wenigen Minuten können über Leben und Tod eines Menschen entscheiden. Um zu gewährleisten, dass der Rettungswagen auf dem schnellsten und kürzesten Weg zum Einsatzort gelangt, sollten Navigationsgeräte genutzt werden. Neben den bereits in den Fahrzeugen existierenden Navigationsgeraten (wie Z.B. einem HUD) könnten Datenbrillen als Navigationsunterstützung dienen.
Bei einem Notfall werden die Einsatzkoordinaten dabei automatisch von der Leitstelle an die Datenbrille des Beifahrers weitergeleitet. Die Navigationsfunktion der Datenbrille berechnet danach die schnellste und sicherste Route zum Einsatzort und wird laufend mit den aktuellsten Verkehrsinformationen versorgt. Die Berechnung der Route erfolgt somit kontinuierlich, sodass mögliche Verkehrsbehinderungen schnellstmöglich erkannt und umgangen werden können. Der Rettungssanitäter bekommt, neben den Unfallkoordinaten und der Navigation zum Unfallort, den Einsatzauftrag als Text in der Datenbrille angezeigt (vgl. BRK 2013). Zusätzlich werden ihm bereits bekannte Informationen zum Krankheitsbild und Checklisten zur Erstversorgung sowie Medikamente inkl. Dosierung angezeigt und empfohlen, über die Kamera- und Videofunktion der Datenbrille kann der Rettungssanitäter aufgenommene Bilder und Videos per Livestream an das Krankenhaus senden, um sich ggf. von einem konsultierenden Arzt weitere Meinungen und Anweisungen einzuholen. Das in der Datenbrille integrierte Mikro dient dabei als Kommunikationsmedium zwischen Krankenhaus und RettungsSanitäter. Das Krankenhaus wiederum erhält über das gesendete Bildmaterial dadurch vorab wichtige Informationen über die Anzahl an verunglückten Personen und kann seinerseits Vorbereitungen für das Eintreffen der an der Unfallstelle verletzten Personen treffen.
In Zusammenarbeit mit einem HUD im Rettungswagen können die nötigen Informationen zur Navigation und zum Unfallgeschehen optimal an den Fahrer und den Beifahrer verteilt werden, sodass beide in ihren jeweiligen Aufgaben unterstützt werden.
Intelligente Untersuchungsgeräte
Die intelligenten Untersuchungsgeräte im RTW sorgen dafür, dass alle Vitalwerte des Patienten automatisch ins Krankenhausinformationssystem (KIS) übertragen werden. Die Rettungskräfte können sich somit vollkommen auf den Patienten konzentrieren und sind von der Dateneingabe befreit. Wenn bereits bekannt wird in welchem Krankenhaus der Patient eingeliefert wird, so werden alle Daten direkt in das entsprechende Krankenhaus gesendet. Anhand eines Systems über einem Tablet oder PC im RTW werden alle Daten, auch in der elektronischen Patientenakte, gespeichert. Dem Rettungsdienst stehen alle Informationen des Patienten auf dem Tablet oder Laptop im RTW zur Verfügung.
Das elektronische Stethoskop Z.B. hat eine verbesserte Technologie, die es ermöglicht störende Umgebungsgeräusche zu reduzieren. Des Weiteren werden über eine Bluetooth-Technologie alle Werte des Patienten direkt über das System auf dem PC oder Tablet im RTW in Echtzeit übertragen.
Das Elektrokardiogramm (EKG) stellt die Erregungsabläufe im Herzen grafisch da (Hexal, undatiert). Diese Bilder werden aufgenommen und direkt im System abgespeichert. Ferner können diese Werte direkt an das entsprechende Krankenhaus weitergeleitet werden.
Auch beim Einsatz des Defibrillators werden die Daten gespeichert und direkt dem Spezialisten im Krankenhaus übermittelt. Der spezialisierte Arzt im Krankenhaus kann in Echtzeit den Verlauf des EKGs mitverfolgen sowie bei der Nutzung des Defibrillators über Videokonferenz dabei sein. Das EKG enthält eine Webcam, die es möglich macht, sich in Echtzeit mit dem Arzt bei Notfällen in Verbindung zu setzen. Diese Echtzeitübertragung in HD wird mit der neuen Funktechnologie via LTE möglich.
Intelligenter Notfallkoffer
Im Notfallkoffer befinden sich Materialen und Medikamente zur Diagnose und Therapie von Erkrankungen, Verletzungen oder auch Vergiftungen. In jedem Rettungswagen befindet sich ein solcher Koffer, der vom Sanitäter oder Notarzt stets mitgeführt wird.
Nach Entnahme von Medikamenten oder Materialien aus dem Notfallkoffer an der Unfallstelle wäre es sinnvoll einen Scanner oder Sensor im Koffer zu implementieren, der selbst erkennt, was entnommen oder aber auch benutzt worden ist und somit vor dem nächsten Einsatz des Rettungsdienstes ersetzt bzw. aufgefüllt werden muss. Der Sensor/Scanner sollte an einer stelle angebracht werden, die zwangsweise bei der Herausnahme eines Gegenstandes ״passiert“ wird. Per Funk/W-LAN soll eine Bedarfsliste mit den fehlenden Medikamenten bzw. Materialien an das Krankenhaus oder den Ort, an dem der Koffer wieder aufgefüllt wird, übermittelt werden. Dies sollte natürlich automatisch geschehen, sodassdie Sanitäter oder der Notarzt dadurch keinen zusätzlichen Aufwand haben und sich ausschließlich auf den Patienten konzentrieren können. Idealerweise werden dann die fehlenden Medikamente bzw. Materialien frühzeitig herausgesucht, sodass der Koffer beim Eintreffen des Rettungsdienstes sofort aufgefüllt werden kann und bereit für den nächsten Einsatz ist. Ergänzend kann das System an das Bestellmanagement geknüpft werden, sodass beim Erreichen einer Mindestmenge im Lager die benötigte Ware sofort und automatisch nachbestellt wird.
[...]
1 Definition Pager gemäß Duden (2013): Funkgerät, das durch ein Signal anzeigt, dass eine Meldung gewünscht wird.
- Quote paper
- Susann Schultz (Author), 2015, Entwicklung eines mobilen Rettungswagenassistenzsystems, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/437218