Beim Lesen der Texte Heinrich von Kleists ist es wohl kaum möglich, nicht dem Sog unglaublicher Sprachgewalt zu verfallen. Bald wird der Leser erkennen, dass das Element der Dynamik innerhalb der Sprache hierfür verantwortlich ist. Etwa im „Erdbeben von Chili“ sind stetiges Fallen und Stürzen zu beobachten. Die Semantik des Zufalls durchflutet jenes Werk. Auch in der Erzählung „Die Marquise von O...“ sind die Vertikalbewegungen äußerst markant. Dies steht jedoch nicht in Verbindung mit dem Begriff des Zufalls, sondern ist eher dem Umstand geschuldet.
Diese Tatsache lässt folgende Untersuchungen zu: Zunächst ist auffällig, dass der Zufall aufgrund des durch Schwerkraft bedingten Prozesses des Fallens eindeutig der benannten Vertikalbewegung nach unten zuzuordnen ist. Zeichnet sich währenddessen der Umstand nicht durch eben Gegenteiliges, nämlich ein stehendes, in sich ruhendes Element aus? Es soll hierbei der Frage nachgegangen werden, weshalb der Text dennoch so auffallend von Dynamik geprägt ist. Weiterhin soll nach der Verbindung zwischen der im Folgenden entwickelten horizontalen Struktur des Umstandes und den im Text vorzufindenden vertikalen Bewegungen geforscht werden.
Um eine Grundlage zur Nachvollziehbarkeit jener Problematik zu schaffen, wird der sich anschließenden Ausführung ein Überblick über die semantische Vielfalt des Umstandes vorausgehen. Das zentrale Interesse der Arbeit widmet sich jedoch folgender These: In Kleists Werk „Die Marquise von O...“ haben sämtliche inhaltliche Bewegungen sowie die Textstruktur den Begriff des Umstandes zur Ursache.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorarbeit: Erfassen des Begriffes „Umstand“
- Semantik: concret
- Semantik: abtract
- Struktur und Bewegungspotenzial
- Herbeiführung des Umstandes im Werk (Phase I)
- Ausgangspunkt mit Forderungen
- Passivität und Niedersinken
- Bewegung durch Auslassung
- Zwischenfazit: Der Umstandsbegriff in Phase I des Werks
- Bewegung im Umgang mit dem Umstand als stehendes Element
- Wandel von Umstand zu Zustand
- Agieren des Grafen
- Bewegung im Familienkonstrukt
- Zwischenfazit: Der Umstandsbegriff in „Phase II“ des Werks
- Folgen des Umstandes (Phase III)
- Versuch aktiver Beeinflussung des Umstandes
- Umstandsabhängige Folgen
- Zwischenfazit: Der Umstandsbegriff in „Phase III“ des Werks
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des Umstandes als treibende Kraft in Heinrich von Kleists Werk „Die Marquise von O...“. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse, wie der Umstand die Dynamik des Textes und die Handlungen der Figuren beeinflusst. Dabei wird die Frage erörtert, wie der Umstand als stehendes Element vertikale Bewegungen und horizontale Strukturen im Text erzeugt.
- Semantik des Begriffs "Umstand"
- Die Rolle des Umstandes als Motor der Handlung
- Die Verbindung zwischen Umstand und vertikaler Bewegung im Text
- Struktur und Bewegungspotenzial des Umstandes
- Die Auswirkungen des Umstandes auf die Figuren und das Familienkonstrukt
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik der Vertikalbewegung in Kleists Texten ein und stellt den Umstand als zentrales Element der Analyse vor.
Vorarbeit: Erfassen des Begriffes "Umstand"
Dieses Kapitel erörtert die vielschichtige Semantik des Begriffs "Umstand" und zeigt seine konkrete und abstrakte Verwendung auf. Es werden verschiedene Bedeutungselemente und Bezüge des Umstandes in der Sprache beleuchtet.
Herbeiführung des Umstandes im Werk (Phase I)
Der Umstand wird in seiner Entstehung im Werk betrachtet. Die Auswirkungen von Forderungen, Passivität und Auslassung auf die Herbeiführung des Umstandes werden analysiert.
Bewegung im Umgang mit dem Umstand als stehendes Element
Dieses Kapitel untersucht die Dynamik des Textes im Kontext des Umstandes als stehendes Element. Die Wandlung von Umstand zu Zustand sowie die Auswirkungen des Umstandes auf das Familienkonstrukt werden beleuchtet.
Folgen des Umstandes (Phase III)
Der Umstand und seine Folgen werden im Fokus dieses Kapitels stehen. Der Versuch, den Umstand aktiv zu beeinflussen, sowie seine Auswirkungen auf die Figuren werden betrachtet.
Schlüsselwörter
Heinrich von Kleist, „Die Marquise von O...“, Umstand, Dynamik, Vertikalbewegung, Horizontale Struktur, Semantik, Bewegungspotenzial, Familienkonstrukt, Handlung, Textanalyse.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2016, Die Rolle des Umstandes in Kleists Werk „Die Marquise von O...“ im Bezug auf Inhalt und Textstruktur, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/435277