Mit der Zeigestruktur der Operativen Pädagogik hat Klaus Prange ein eigenes Verständnis von der Erziehung entwickelt. Das Hauptziel dieser Arbeit ist, der Frage nachzugehen, wie Prange den Begriff der Erziehung definiert und in welche elementaren Formen er ihn ausdifferenziert. Das behandelte Thema ist damit in den Bereich der Allgemeinen Pädagogik zu verorten, da es sich mit der Bestimmung der erziehungswissenschaftlichen Grundbegrifflichkeiten beschäftigt. Zu Beginn soll dargestellt werden, wer die Person Klaus Prange ist und zu welchen Themen diese publiziert hat. Den inhaltlichen Schwerpunkt der Arbeit bildet die Darstellung der Grundzüge der Zeigeoperation. Die Grundmomente des Erziehungsbegriffes umfassen die Triangulation, die pädagogische Differenz und die Artikulation. Nach der Präsentation der Grundform des Zeigens, folgen die vier, ihr unterstehenden, elementaren Formen, welche entsprechend der originalen Reihenfolge Pranges angeordnet sind. Abschließend soll die Frage geklärt werden, wie man die Zeigestruktur auf eine konkrete Lernsituation hin anwenden kann. Das zeigende Erziehen wird anhand der Konfirmandenarbeit exemplarisch demonstriert. Das methodische Vorgehen ist ausschließlich hermeneutisch. Die Bearbeitung des Themas erfolgt durch Literaturstudien. Die Argumentation orientiert sich an den Werken Pranges, in welchen er die Zeigestruktur der Erziehung vorstellt. Den textlichen Hauptbezug bildet dabei die Seminarlektüre „Die Formen des pädagogischen Handelns“ von Klaus Prange und Gabriele Strobel-Eisele.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Klaus Prange: Person und Werk
3. Grundmomente des Erziehungsbegriffes Pranges
4. Die Grundform des Zeigens
4.1 Das ostensive Zeigen: Die Übung
4.2 Das repräsentative Zeigen: Die Darstellung
4.3 Das direktive Zeigen: Die Aufforderung
4.4 Das reaktive Zeigen: Die Rückmeldung
5. Darstellung der Grundzüge des Zeigens am Beispiel der Konfirmandenarbeit
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit der Zeigestruktur der Operativen Pädagogik hat Klaus Prange ein eigenes Verständnis von der Erziehung entwickelt. Das Hauptziel dieser Arbeit ist, der Frage nachzugehen, wie Prange den Begriff der Erziehung definiert und in welche elementaren Formen er ihn ausdifferenziert. Das behandelte Thema ist damit in den Bereich der Allgemeinen Pädagogik zu verorten, da es sich mit der Bestimmung der erziehungswissenschaftlichen Grundbegrifflichkeiten beschäftigt.
Zu Beginn soll dargestellt werden, wer die Person Klaus Prange ist und zu welchen Themen diese publiziert hat.
Den inhaltlichen Schwerpunkt der Arbeit bildet die Darstellung der Grundzüge der Zeigeoperation. Die Grundmomente des Erziehungsbegriffes umfassen die Triangulation, die pädagogische Differenz und die Artikulation. Nach der Präsentation der Grundform des Zeigens, folgen die vier, ihr unterstehenden, elementaren Formen, welche entsprechend der originalen Reihenfolge Pranges angeordnet sind. Abschließend soll die Frage geklärt werden, wie man die Zeigestruktur auf eine konkrete Lernsituation hin anwenden kann. Das zeigende Erziehen wird anhand der Konfirmandenarbeit exemplarisch demonstriert.
Das methodische Vorgehen ist ausschließlich hermeneutisch. Die Bearbeitung des Themas erfolgt durch Literaturstudien. Die Argumentation orientiert sich an den Werken Pranges, in welchen er die Zeigestruktur der Erziehung vorstellt. Den textlichen Hauptbezug bildet dabei die Seminarlektüre „Die Formen des pädagogischen Handelns“ von Klaus Prange und Gabriele Strobel-Eisele.
2. Klaus Prange: Person und Werk
Klaus Prange wird am 03.01.1939 im schleswig-holsteinischen Ratzeburg geboren. Er absolviert bis 1963 das Studium der Fächer Philosophie, Deutsch und Englisch in Kiel. Von 1964 bis 1976 ist er überwiegend als Gymnasiallehrer tätig. Schon während dieser Zeit beschäftigt sich Prange mit der Problematik des pädagogischen Theorie-Praxis- Verhältnisses. Nach erfolgreicher Promotion im Jahr 1969, habilitiert sich Prange 1975 an der Kieler Universität im Fachbereich der Philosophie. Von 1976 bis 1985 hat er dort eine Professur für Allgemeine Pädagogik inne. Nach einer darauffolgenden vierjährigen Lehrtätigkeit an der Hochschule Bayreuth, doziert Prange bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2003 an der Universität Tübingen (vgl. Töpper 2011, S. 12). Die zentralen Themenbereiche von Pranges Forschungen sind die Allgemeine Pädagogik, die Allgemeine Didaktik und die Didaktik der Pädagogik. 2004 wird Prange zum Honorarprofessor an der Universität Oldenburg ernannt. Damit soll sein Engagement um den aus Oldenburg stammenden Pädagogen Johann Friedrich Herbart geehrt werden (vgl. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2004). Prange bringt sich zudem in der 2001 gegründeten Internationalen Herbart-Gesellschaft aktiv ein (vgl. Töpper 2011, S. 12).
In seinem 1985 und 1986 erschienenen Werken „Erziehung zur Anthroposophie. Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik“ sowie „Was heißt ‚Pädagogik vom Kinde aus‘? Steiners Bild des Kindes im Lichte der biographischen Erziehungsforschung“ setzt sich Prange kritisch mit der Anthroposophie Rudolf Steiners auseinander und legt an dessen Pädagogik beispielhaft dar, wie die Lehrmeinung des Erziehers1 dessen pädagogisches Handeln beeinflussen kann. Prange tritt für eine Professionalisierung von Erziehung ein, da er der Meinung ist, dass das Technologiedefizit nur durch die Modifikation der Pädagogik überwunden werden kann. Diese Veränderung der Erziehung ist nötig, damit sie den modernen Anforderungen gerecht werden kann (vgl. ebd. S. 15-17). Die von Prange entwickelte Operative Pädagogik versucht den Grundgedanken der Erziehung zu bestimmen (vgl. Kenklies 2011, S. 10), da sich die Wissenschaft bis dato uneinig war, was die Einheit der Pädagogik ausmacht (vgl. Töpper 2004, S. 12f.). In seinem Entwurf sieht Klaus Prange Erziehung als das primäre Element der Erziehungswissenschaft an, was er in seinem 2000 veröffentlichten Buch „Plädoyer für Erziehung“ erstmals darstellt und anschließend 2005 in seiner Abhandlung „Die Zeigestruktur der Erziehung. Grundriss der Operativen Pädagogik“ systematisch evolviert. In dem gemeinsam mit Gabriele Strobel-Eisele verfassten Buch „Die Formen des pädagogischen Handelns“ beschäftigt sich Prange 2006 mit der elementaren Form des Zeigens in der Operativen Pädagogik. In seinem 2010 publizierten Werk „Die Ethik der Pädagogik. Zur Normativität erzieherischen Handelns“ setzt sich Prange mit der normativen Komponente der Erziehung auseinander (vgl. ebd. S. 18f.). Nach Betrachtung seines Lebenswerkes ist festzustellen, dass sich Klaus Prange hauptsächlich mit den Grundfragen der Pädagogik auseinandersetzt und somit in den Fachbereich der Allgemeinen Pädagogik zu verorten ist.
3. Grundmomente des Erziehungsbegriffes Pranges
Im Folgenden sollen die wichtigsten Begrifflichkeiten der Operativen Pädagogik dargestellt werden.
Handlungen kennzeichnen sich als pädagogisch, wenn man auf das Lernen der zu Erziehenden Bezug nimmt. Der Ausdruck „pädagogisches Handeln“ ist dem Begriff „Erziehung“ gleichzusetzen (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 12). Die Erziehung geht dabei der Frage nach, wer wen wie zu was erzieht (vgl. Prange, zitiert nach Töpper 2011, S. 13). Sie setzt sich aus dem Lernen und Aneignen sowie dem Erziehen und Vermitteln zusammen (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 40). Dabei versucht die Erziehung das Lernen zu lenken, indem sie den Versuch macht, auf das Lernen einen bestärkenden und formenden Einfluss auszuüben. Dieses Vorhaben ist jedoch nicht immer erfolgreich, da die pädagogische Differenz das Verhältnis zwischen Lernen und Erziehen beherrscht (vgl. ebd. S. 14). Das pädagogische Handeln versucht Inhalte über Kommunikation zu vermitteln, während der Lernende dazu angehalten wird, sich diese anzueignen. „Die Differenz von Vermitteln und Aneignen drückt die pädagogische Differenz von Erziehen und Lernen aus“ (ebd. S. 36).
Abb. 1:
Pädagogische Differenz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Grundlage von Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 36 und S. 40
Die oben abgebildete Grafik soll darstellen, dass das Ziel der Erziehung ist, das Zeigen und das Lernen zusammenzubringen. Zwischen diesen beiden Aktionen existiert die pädagogische Differenz, da sie jeweils eine separate Seite der Erziehung darstellen und damit deutlich voneinander zu trennen sind (vgl. Prange 2011, S. 22). Da Zeigen und Lernen zusammen die Erziehung bilden, erreichen sie über diese, im idealen Fall, die „Einigung ihrer Differenz“ (Prange 2000, S. 29).
Das Lernen steht links an erster Stelle, weil „Lernen […] die notwendige Betriebsprämisse“ (Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 17) des Erziehens ist. Da sich das Erziehen generell auf das Lernen bezieht, ist es deswegen auch von daher zu arrangieren (vgl. Prange 2005, S. 63). Ein relevanter Unterschied zwischen den beiden, der Erziehung unterstehenden Operationen besteht weiterhin darin, dass das Erziehen ein gesellschaftlich-sozialer und kommunikativer Prozess ist, während das Lernen individuell, unvertretbar und unsichtbar stattfindet (vgl. Prange 2011, S. 40). Es ist eine Herausforderung für die Erziehung, dass das Lernen unsichtbar ist, denn so ist für den Erzieher schwer festzustellen, ob das Erziehen erfolgreich verläuft und im Lernen des Educandus mündet. Deswegen wird versucht, durch Erziehen das Lernen des Zöglings zu erreichen und sichtbar zu machen (vgl. ebd. S. 41). Trotz dieser Versuche besteht stets eine „Wirkungsunsicherheit des pädagogischen Handelns“ (ebd. S. 44). Der Erzieher sollte einkalkulieren, dass nicht immer automatisch davon auszugehen ist, dass das Gewünschte gelernt wird. Es kommt vor, dass autark etwas anderes gelernt wird, als ursprünglich geplant war (vgl. Prange 2014, S. 50). Um zu erkennen, ob das durch die Erziehung Angestrebte gelernt wurde, werden Prüfungen durchgeführt, die vom Educandus verlangen, das Gelernte zu reproduzieren und anzuwenden (vgl. Prange 2012, S. 84).
Das Erziehen reagiert auf das Lernen (vgl. ebd. S. 42). Lernen ist somit unerlässlich für das Stattfinden von Erziehung. Die Erziehung kann das Lernen nicht erzwingen, doch sie kann es durch Kommunikation sowohl im positiven Sinne anregen als auch im negativen Sinne hemmen. Um das Erziehen und Lernen miteinander zu verbinden, benötigt es ein Thema. Die Aktion, welche das Lernen und das Erziehen über Themen aufeinander bezieht, wird als Triangulation bezeichnet. Diese kommt in jedem pädagogischen Verhältnis vor und wird usuell auch als didaktisches Dreieck betitelt (vgl. ebd. S. 17).
Abb. 2:
Didaktisches Dreieck
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Prange 2005, S. 48
Die obige Abbildung stellt dar, wie sich das didaktische Dreieck aus den drei Elementen des Lernenden, des Erziehers und des Lerngegenstandes bildet. Der Erzieher zeigt dem Lernenden etwas anhand eines Themas. Durch diese Form wird in der pädagogischen Situation eine Kommunikation ermöglicht, welche darauf abzielt, das Lernen zu ermöglichen (vgl. Prange 2005, S. 48). Die zeigende Person versucht auf den Lernenden Einfluss zu nehmen, indem sie ihm bestimmte Themen anbietet, von denen sie hofft, dass der Lernende sie annimmt. Dabei wird auch darauf geachtet, dass der gewählte Lerngegenstand sowohl den Vorstellungen und Anliegen des Erziehers als auch den Möglichkeiten und Neigungen des Lernenden entspricht. Das Ziel der pädagogischen Kommunikation ist dabei, die momentane Konstellation des Educandus so zu modellieren, dass es ihm möglich wird, eigenständig den Ansprüchen des Alltags standzuhalten (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 17). Die erzieherische Situation ist währenddessen konstant davon abhängig, dass der Educandus bereit ist, sich etwas zeigen zu lassen und zu lernen (vgl. Prange 2014, S. 48). Diese dreistellige Konstellation kann in den verschiedensten Kontexten vorkommen. So stellt das Kind, der Schüler oder der Leser den Lernenden dar, der Zeigende kann durch den Elternteil, den Lehrer oder den Autor repräsentiert werden. Das Lernen ist, wenn auch in unterschiedlichen Formen, wie beispielsweise eines Textes oder eines Unterrichtsfaches, stets das Thema, welches innerhalb einer sozialen Beziehung behandelt wird (vgl. Prange 2011, S. 40). Um die in der Kommunikation angesprochenen Themen auf der einen Seite zu vermitteln und auf der anderen Seite lernen zu können, erfordert es Zeit. Diesen Vorgang bezeichnet man als Artikulation (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 42). Mit „Artikulation […] als Verzeitigung des Zeigens“ (Prange 2014, S. 48) ist gemeint, dass das pädagogische Handeln zeitlich verfasst und prozesshaft ist. Das bedeutet, dass man das Zeigen zeitlich gliedern, ordnen und organisieren muss, damit die in der Kommunikation angesprochenen Themen und Personen so zusammengebracht werden können, dass die Lernenden fähig werden, das ihnen Gezeigte selbst wieder zeigen zu können (vgl. ebd. S. 48f.). Diese Inszenierung könnte man daher auch als die zeitliche In-Verhältnissetzung der Personen und Lerngegenstände bezeichnen. Bei der Vermittlung des Themas muss der Zeigende das zu Lernende so präsentieren, dass es nach seiner erstmaligen Aneignung auch zukünftig wieder angewendet, variiert und vervollkommnet werden kann (vgl. Prange 2005, S. 74). Um erfolgreich zu zeigen, muss man sich somit als Erzieher für die Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung des Zeigeaktes genügend Zeit nehmen und dem Lernenden anschließend auch ausreichend Zeit lassen, das Gezeigte aufzunehmen und zu verarbeiten (vgl. Prange 2014, S. 48f). Der Zeigeakt ist die Quintessenz der Zeigeoperation und bildet die Mitte der Artikulation. Er sollte so deutlich und eingängig durchgeführt werden, dass das Gewünschte möglichst gut gelernt werden kann. Drei, zeitlich aufeinander folgende Schritte sind mindestens notwendig, um das Zeigen zu artikulieren. Zuerst muss eine zwischenmenschliche Verbindung geschaffen werden. Im zweiten Schritt findet in dieser der Zeigevorgang statt. Zuletzt wird kontrolliert und erforscht, inwiefern das Zeigen erfolgreich war. Erziehung kann nur stattfinden, wenn das Zeigen artikuliert wird (vgl. Prange 2015, S. 44).
4. Die Grundform des Zeigens
„Das Zeigen [ist, M. P.] die Grundform des Erziehens. […] Überall, wo erzogen wird, wird auch etwas gezeigt“ (Prange 2014, S. 43, eigene Hervorhebung, M. P.). Damit ist gemeint, dass das Zeigen die einzig zentrale Form des Erziehens ist und nicht nur eine von vielen verschiedenen Aktionen des pädagogischen Handelns darstellt (vgl. ebd. S. 43). Auf Grund dessen verwendet Prange die Begriffe „Zeigen“ und „Erziehen“ synonym (vgl. ebd. S. 44). Es ist nicht möglich zu erziehen, ohne die zu vermittelnden Sachverhalte zu zeigen und dabei in einer bestimmten Art und Weise zu beschreiben (vgl. ebd. S. 54). Diese Aussage kann jedoch nicht ins Gegenteil verkehrt werden, denn Erziehen findet nur dort statt, wo das Lernen im Vordergrund steht, auch wenn der erstrebte Zustand, das Lernen, nicht eintritt. So sind beispielsweise Aktionen bei denen der Verkauf im Vordergrund steht und die entsprechenden Produkte dem Kunden gezeigt werden, keine erzieherischen Maßnahmen, denn diese haben zum Ziel, den Kunden zum Kauf und nicht zum Lernen zu bewegen (vgl. ebd. S. 49). Allerdings wird auch gelernt, ohne dass jemanden etwas von einem anderen gezeigt wurde. Eine Situation in welcher gelernt wird, ist damit nicht in jedem Fall ein erzieherischer Zustand. Dies begründet sich darin, dass das Lernen dem Erziehen gegenüber autonom ist (vgl. ebd. S. 50). Das Lernen ist an die jeweilige Person gebunden und nicht übertragbar, Erziehen dagegen ein sozialer Akt der Kommunikation. Erziehung stellt damit die zeitliche, soziale und inhaltliche Abstimmung zwischen der zwischenmenschlichen Interaktion des Zeigens und den individuellen Abläufen des Lernens dar. Die gängige Vorstellung dessen, was das Wesen der Erziehung ausmacht, ist die Repräsentation der Welt. Das Zeigen steht dabei für die Grundgebärde des Erziehens (vgl. Prange 2011, S. 23). Die Zeigegebärde beinhaltet drei Komponenten. Die personale Komponente fragt nach dem „Wer?“, also danach, wer der Rezipient des Zeigens ist. Die Soziale fragt nach dem „Wie?“, ergo nach der Methode. Die Thematische stellt die Frage nach dem „Was?“, folglich dem Gegenstand. Man könnte also sagen, immer wenn man zeigt, zeigt man jemanden etwas. Der Lernende fragt dagegen nur nach dem Gegenstand des Lernens, dem „Was?“. Wenn man lernt, sagt man also: man lernt etwas (vgl. Prange 2012, S. 82). Die generelle Bedeutung des Zeigens ist jedermann schon durch das Erleben der erzieherischen Alltagsszenarien bekannt. So werden dem Kind beispielsweise die Umgangsformen erklärt, Gegenstände benannt, Tischmanieren demonstriert, gemeinsam das richtige Verhalten im Straßenverkehr geübt, Verbote ausgesprochen und Geschichten erzählt. Durch Märchen soll das Kind exemplarisch erfahren, wie es sich die Zusammenhänge der Welt vorstellen kann, in der es lebt (vgl. Prange 2014, S. 45). Folglich macht die Funktion des Zeigens mehr aus, als lediglich Hinzudeuten und zu Bezeichnen. Sie erscheint in mehreren Ausprägungen, die auf unterschiedliche Arten dem Menschen seine Umwelt aufzeigen (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 47). Durch die Anwendung der verschiedenen Varianten des Zeigens soll damit „das Sichtbarmachen des bisher Ungesehenen oder Unsichtbaren“ erfolgen (Prange 2014, S. 45). „Das Zeigen [ist, M. P.] als pädagogische Handlung auf Wiederholung angelegt“ (Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 46). Das pädagogische Handeln ist somit erfolgreich, wenn das Gezeigte vom Educandus wieder gezeigt werden kann (vgl. Prange 2014, S. 47). Der zu Erziehende soll also fähig werden, das Gezeigte zu repetieren, auszuüben und zu verändern (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 46). Das Zeigen ist verbunden mit dem Aufruf dem Gezeigten Aufmerksamkeit zu schenken (vgl. Prange 2014, S. 47). Je älter der zu Erziehende wird, desto abgeneigter ist er Erziehungsversuchen gegenüber, da diese sein Selbstwertgefühl verletzen (Prange 2011, S. 30). Um die Wirkung der Aufforderung erfolgreicher zu machen, wird deshalb die erzieherische Absicht häufig durch geschickte soziale Gestaltung getarnt oder herabgemildert, um das Lernen nicht direkt zu thematisieren (vgl. Prange 2014, S. 51). Der formalästhetische Aspekt des Zeigens ist ebenfalls zu beachten, da durch hoch qualitatives Darstellen die Motivation des Educandus das moralisch Richtige zu tun und den Forderungen des Erziehers nachzukommen, erhöht werden kann (vgl. ebd. S. 54). Als Zeigender stellt man sich in den Blick der Lernenden. Man zeigt ihnen also durch die gewählte Form des Zeigens, nicht nur den eigentlichen Gegenstand, sondern stets auch sich selbst als Person (vgl. Prange 2005, S. 78). Die Zeigegebärde enthält immer einen Doppelbezug. Einerseits besteht dieser in dem, worauf gezeigt wird und zum anderen in der Bedeutung, die dem Gezeigten vom Erzieher beigemessen wird. Damit entsteht beim Zeigevorgang eine zweifache Bewegung. Die erste Bewegung ist die zeigende Gebärde zum Gegenstand hin und die zweite ist die Rückwendung von diesem zum Zeigenden, der seiner Gebärde dabei einen bestimmten Sinn einlegt, den der Lernende zu deuten hat (vgl. Prange 2005, S. 68).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wichtigste pädagogische Grundkompetenz erfüllt ist, wenn man das Zeigen vollumfänglich beherrscht. Das Zeigen umfasst damit mehr, als nur die Vermittlung von Unterrichtsstoff (vgl. ebd. S. 78). Da der Begriff des Erziehens präzisiert und spezifiziert wird, wenn man sich auf die Operation des Zeigens zurückbezieht, werden von dort aus die verschiedenen Formen des Erziehens umgesetzt (vgl. Prange 2014, S. 46). Es wird deswegen im Folgenden auf die elementaren Formen des ostensiven, repräsentativen, direktiven und reaktiven Zeigens eingegangen.
4.1 Das ostensive Zeigen: Die Übung
Die erste und bedeutendste Elementarform der Operativen Pädagogik ist das ostensive Zeigen. Die Basis des Erlernens von Fähigkeiten wird geschaffen, indem etwas direkt gezeigt wird. Diese Form des Zeigens ist grundlegender als beispielsweise die des repräsentativen Zeigens, bei welchem Wissen durch Darstellung und Beschreibung vermittelt wird. Dies begründet sich darin, dass sich der Erzieher auf das ostensive Zeigen zurückwendet, wenn seine zuvor gewählte Form des Zeigens, wie z. B. die Repräsentation, nicht funktioniert hat. So demonstriert der Erzieher beispielsweise das Binden von Schuhen, nachdem seine vorherige mündliche Erklärung erfolglos war. Beim ostensiven Zeigen soll damit der Zögling in der Übung Fertigkeiten lernen und wiederholbar internalisieren (vgl. ebd.). Echtes Können entsteht erst durch Übung. Das grundlegende Kennzeichen des Übens ist die Wiederholung. Das Üben ist dabei die Aufgabe des Educandus, doch der Erzieher versucht ihm dabei zu helfen, indem er versucht die bestmöglichsten Voraussetzungen für das Stattfinden der Übung zu schaffen (vgl. Prange, Strobel-Eisele 2015, S. 48).
Ostensiv wird das Zeigen dadurch, dass der Lerngegenstand anschaulich sowie klar zu erkennen ist und die Übung anfänglich noch mit dem Erzieher zusammen ausgeübt wird. Dabei entsteht bei dieser Zeigeform automatisch auch ein engerer sozialer Kontakt zwischen dem Mentor und dem Lernenden. Diese Nähe führt dazu, dass die Schüler leichter dazu bewegt werden können, bei dem Lernvorgang zu antizipieren. Durch das häufige, gemeinsame Ausüben tritt eine Gewöhnung ein, welche der weichen Form der Aufforderung entspricht.
[...]
1 Es wird aufgrund der besseren Lesbarkeit die männliche Form gewählt. Diese gilt im folgenden Text für beide Geschlechter.