„Mit einem Wort, das Ungeheuer ist hier noch im Werden, es wagt noch nicht, sich offen zu erklären, und sucht seine Übeltaten noch zu beschönigen.“
Auf diese Weise beschreibt Jean Racine die zentrale Gestalt seines Dramas. Der Protagonist in Racines ’Britannicus’ ist, trotz des Titels, Nero. Das dichterische Leben kreist hier nicht um den schuldlos Bedrückten, sondern um den Quäler und Kämpfer.
Racine hat Nero den dramaturgisch wie psychologisch interessanten Charakter eines ’monstre naissant’ verliehen. Das Drama wird daher als der Weg bezeichnet, auf dem sich Neros Natur von den guten Anfängen ganz entfernt. Die Handlung der Tragödie bezeichnet genau den Augenblick, da Neros wahre Natur zum Durchbruch kommt, da er alle Hemmungen abwirft.
In der folgenden Arbeit soll die Psychologie des Tyrannen in Racines ’Britannicus’ erarbeitet werden. Wie entwickelt sich Kaiser Nero im Laufe des Dramas zum Unterdrücker?
Um die einzelnen psychologischen Kriterien zu erarbeiten, wird größtenteils textanalytisch vorgegangen. Hierzu wird zunächst, in Punkt 2, die Ausgangslage bearbeitet. Zu Beginn des Dramas befindet sich Nero auf der Schwelle zwischen Tugend und Tyrannei. Es soll analysiert werden, wie Nero zu diesem Zeitpunkt von den anderen Charakteren eingeschätzt wird.
Um darauf folgend den Verlauf und die unterschiedlichen psychologischen Aspekte der Entstehung des Monstrums aufzuzeigen, wird Neros Verbindung zu den einzelnen Protagonisten analysiert. Wie zeigt sich sein Tyrannentum gegenüber jedem Einzelnen? Hierbei soll auch die Frage geklärt werden, ob die einzelnen Personen zum Teil auch für die Entwicklung Neros zum Tyrannen verantwortlich sind.
Zunächst wird, in Punkt 3, die Emanzipation Neros von seiner Mutter Agrippina erarbeitet. Hierbei wird unterschieden zwischen der indirekten Emanzipation, die auf Kosten Dritter betrieben wird, und der direkten Emanzipation, die beide direkt betrifft.
Dann folgt, in Punkt 4, die Analyse der Rolle der Berater. Hier soll geklärt werden, ob die Ratgeber einen großen Einfluss auf Nero haben oder doch weitgehend machtlos sind.
In Punkt 5 wird dann Neros Neid auf seinen Stiefbruder Britannicus thematisiert. Welche Faktoren treiben diesen Neid voran und welche Folgen haben sie für die Psyche Neros?
Dann wird, in Punkt 6, die Liebe Neros zu Junia erarbeitet. Wie passt diese Liebe in das Bild des Tyrannen? Abschließend werden in der Schlussbetrachtung, in Punkt 7, die Ergebnisse noch einmal kurz zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Auf der Schwelle zwischen Tugend und Tyrannei
- Die Emanzipation von Agrippina
- Die indirekte Befreiung
- Die direkte Befreiung
- Die Rolle der Berater
- Der Neid auf Britannicus
- Die Liebe zu Junia
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die psychologische Entwicklung Neros in Racines "Britannicus" vom Beginn seiner Herrschaft bis zum Punkt, an dem seine tyrannische Natur vollends zum Vorschein kommt. Die Analyse konzentriert sich auf die textanalytische Erarbeitung der psychologischen Aspekte von Neros Transformation.
- Neros ambivalente Ausgangsposition zwischen Tugend und Tyrannei
- Die Emanzipation Neros von seiner Mutter Agrippina
- Der Einfluss der Berater auf Neros Entwicklung
- Neros Neid auf Britannicus als psychologischer Motor
- Die Rolle von Neros Liebe zu Junia im Kontext seines Tyrannentums
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beschreibt Nero als "monstre naissant", dessen Entwicklung zum Tyrannen im Drama dargestellt wird. Die Arbeit verfolgt einen textanalytischen Ansatz, um Neros psychologische Entwicklung zu untersuchen, beginnend mit seiner Ausgangsposition zwischen Tugend und Tyrannei und anschließend anhand seiner Beziehungen zu anderen Figuren.
Auf der Schwelle zwischen Tugend und Tyrannei: Dieses Kapitel analysiert Neros anfängliche Popularität und den positiven Eindruck, den er auf das Volk, den Senat und seine Berater macht. Nero wird mit Augustus verglichen und seine Herrschaft als mild und gerecht dargestellt. Allerdings wird bereits angedeutet, dass Neros scheinbare Tugendhaftigkeit ein Mittel zur Entmachtung seiner Mutter Agrippina sein könnte, die seine Machtposition maßgeblich beeinflusst hat. Der scheinbare Beginn einer gerechten Regentschaft legt den Grundstein für einen späteren Kontrast und verdeutlicht Neros spätere Entwicklung zum Tyrannen.
Die Emanzipation von Agrippina: Dieses Kapitel befasst sich mit dem zentralen Konflikt zwischen Nero und seiner Mutter Agrippina. Es wird unterschieden zwischen einer indirekten Emanzipation, die auf Kosten Dritter geschieht, und einer direkten Emanzipation, die Nero und Agrippina direkt betrifft. Agrippina versucht, die Schuld an Neros Verhalten auf das "finstres, gewaltsames Wesen" seines Vaters zu schieben. Der Konflikt verdeutlicht Neros wachsende Unabhängigkeit und seinen Drang, sich von der Kontrolle seiner Mutter zu befreien. Die Kapitelteile zeigen die schrittweise Ablösung von der mütterlichen Kontrolle auf unterschiedlichen Ebenen.
Schlüsselwörter
Nero, Britannicus, Racine, Tyrannei, Psychologie, Emanzipation, Agrippina, Neid, Macht, Textanalyse, Drama, Monstre naissant.
Racines "Britannicus": Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Inhalt der vorliegenden Textanalyse?
Diese Textanalyse untersucht die psychologische Entwicklung Neros in Jean Racines Drama "Britannicus". Sie verfolgt einen textanalytischen Ansatz und analysiert Neros Transformation vom Beginn seiner Herrschaft bis zum vollständigen Ausbruch seiner tyrannischen Natur. Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, eine Kapitelzusammenfassung, eine Beschreibung der Zielsetzung und der Themenschwerpunkte sowie eine Liste der Schlüsselwörter.
Welche Themen werden in der Analyse von Racines "Britannicus" behandelt?
Die Analyse konzentriert sich auf zentrale Aspekte von Neros psychologischer Entwicklung. Dazu gehören seine ambivalente Ausgangsposition zwischen Tugend und Tyrannei, seine Emanzipation von seiner Mutter Agrippina (indirekter und direkter Emanzipationsprozess), der Einfluss seiner Berater, sein Neid auf Britannicus als psychologischer Motor und die Rolle seiner Liebe zu Junia im Kontext seines Tyrannentums.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in Kapitel gegliedert, beginnend mit einer Einleitung, die Nero als "monstre naissant" beschreibt und den textanalytischen Ansatz der Arbeit erläutert. Weitere Kapitel befassen sich mit Neros ambivalenter Ausgangsposition, seiner Emanzipation von Agrippina, der Rolle seiner Berater, seinem Neid auf Britannicus und seiner Beziehung zu Junia. Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung ab (obwohl der Inhalt der Schlussbetrachtung nicht explizit im gegebenen Text beschrieben wird).
Welche Rolle spielt Agrippina in Neros Entwicklung?
Agrippina spielt eine zentrale Rolle als mütterliche Figur, deren Kontrolle Nero sich schrittweise entzieht. Die Analyse unterscheidet zwischen einer indirekten Emanzipation, die auf Kosten Dritter geschieht, und einer direkten Emanzipation, die Nero und Agrippina direkt betrifft. Der Konflikt zwischen Nero und Agrippina verdeutlicht Neros wachsenden Drang nach Unabhängigkeit.
Welche Bedeutung hat Neros Neid auf Britannicus?
Neros Neid auf Britannicus wird als wichtiger psychologischer Motor seiner Entwicklung zum Tyrannen dargestellt. Die Analyse untersucht, wie dieser Neid Neros Handeln und Entscheidungen beeinflusst.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Analyse?
Die Schlüsselwörter umfassen Nero, Britannicus, Racine, Tyrannei, Psychologie, Emanzipation, Agrippina, Neid, Macht, Textanalyse, Drama und "Monstre naissant".
Welche Methode wird in der Analyse verwendet?
Die Analyse verwendet einen textanalytischen Ansatz, um die psychologischen Aspekte von Neros Transformation zu untersuchen. Sie konzentriert sich auf die textliche Erarbeitung der psychologischen Entwicklung Neros und seiner Beziehungen zu anderen Figuren.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2004, Die Psychologie des Tyrannen in Racines "Britannicus", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/43238