Nach Gruehn entspricht Lernen der „überdauernde[n] Veränderung im Wissen, in den Fähigkeiten und Haltungen auf der Basis von (neuen) Erfahrungen- ohne oder mit Anleitung (Lehre) durch andere“. Doch wie gelangt man an eine überdauernde Veränderung im Wissen, in den Fähigkeiten und Haltungen? Ist das Individuum befähigt, sich spontan und ungerichtet Wissen anzueignen? Oder muss der Mensch erst lernen zu lernen?
Im Folgenden wird sich mit der Thematik der Lernstrategien auseinandergesetzt. Hierfür findet eine Auseinandersetzung mit den Strategien des selbstregulierenden Lernens in der schulischen Begabtenförderung nach Fischer und Fischer-Ontrup sowie mit Thesen zum erfolgreichen Lernen von Hasselhorn und Gold statt. Dabei werden zunächst die Merkmale der Lernstrategien nach Hasselhorn dargestellt sowie die Nutzungseffizienz dieser nach Miller und Seier näher beleuchtet. In einem zweiten Teil werden Möglichkeiten der Klassifizierung der Lernstrategien betrachtet und auf mögliche Taxonomien eingegangen. Inwiefern die dargestellten Lernstrategien eine Anwendung in der Praxis finden, wird in einem abschließenden Teil diskutiert. Das Forder-Förder-Projekt des ICBF wird dafür herangezogen und die Anwendungen der Lernstrategien in Bezug auf das freie Arbeiten der Schüler untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Was sind Lemstrategien?
2.1 Merkmale nach Hasselhom
3 Möglichkeiten der Klassifizierung von Lernstrategien
3.1 Kognitive Strategien
3.2 Metakognitive Strategien
3.3 Ressourcenmanagement
4 Bezug zum Forder-Förder-Projekt
4.1 Kognitive Lernstrategien
4.2 Metakognitive Lernstrategien
4.3 Ressourcenmanagement
5. Fazit und Reflexion
6 Literatur
1 Einleitung
״Erzähle mir und ich vergesse. Zeige mir und ich erinnere. Lass mich tun und ich verstehe Konfuzius
Bereits 500 Jahre vor Christus machte sich der chinesische Philosoph Konfuzius Gedanken über die Tastsache wie das Individuum Inhalte am besten zu verstehen vermag. Ist das Verstehen hier gleichzusetzen mit dem Lernbegriff, so sind wir auch in unserer modernen Gesellschaft der Philosophie des Lernens wie es Konfuzius einst war noch nah. Nach Gruehn entspricht Lernen der ״überdauernde[n] Veränderung im Wissen, in den Fähigkeiten und Haltungen auf der Basis von (neuen) Erfahrungen- ohne oder mit Anleitung (Lehre) durch andere“ (Gruehn 2013). Doch wie gelangt man an eine überdauernde Veränderung im Wissen, in den Fähigkeiten und Haltungen? Ist das Individuum befähigt sich spontan und ungerichtet Wissen anzueignen? Oder muss der Mensch erst lernen zu lernen?
Im Folgenden wird sich mit der Thematik der Lernstrategien auseinandergesetzt. Hierfür findet eine Auseinandersetzung mit den Strategien des selbstregulierenden Lernens in der schulischen Begabtenförderung nach Fischer und Fischer-Ontrup sowie mit Thesen zum erfolgreichen Lernen von Hasselhorn und Gold statt. Dabei werden zunächst die Merkmale der Lemstrategien nach Hasselhorn dargestellt sowie die Nutzungseffizienz dieser nach Miller und Seier näher beleuchtet. In einem zweiten Teil werden Möglichkeiten der Klassifiziemng der Lernstrategien betrachtet und auf mögliche Taxonomien eingegangen.
Inwiefern die dargestellten Lernstrategien eine Anwendung in der Praxis finden, wird in einem abschließenden Teil diskutiert. Das Forder-Förder-Projekt1 2 des ICBF wird dafür herangezogen und die Anwendungen der Lernstrategien in Bezug auf das freie Arbeiten der Schüler untersucht.
2 Was sind Lernstrategien?
Um erfolgreich zu lernen, muss sich zunächst mit Lernstrategien auseinander gesetzt werden. Für eine Annäherung der Definition wird der Begriff aufgeteilt und sich auf den bis dato noch nicht definierten Begriff fokussiert. Strategie. Schaut man im Duden, dem bekanntesten deutschen Nachschlagewerk, wird die Strategie als ein ״genauer Plan des eigenen Vorgehens [beschrieben], der dazu dient, ein militärisches, politisches, psychologisches, wirtschaftliches oder ähnliches Ziel zu erreichen, und in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht“ (Online Duden 2017). Hieraus werden eine Zielgerichtetheit und eine vorherige planerische Untersuchung der vollbringenden Tat impliziert. Daraus geht hervor, dass eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Vorgehen notwendig ist. Im Gegensatz zu Lernstrategien sind Lerntechniken Teilhandlungen dieser Prozesse und der Lernstrategie somit untergeordnet (Derry & Murphy 1986, Friedrich & Mandl 1992). So wäre beispielsweise das reduktive Lesen die Lernstrategie und das Markieren und Unterstreichen die Lesetechnik.
2.1 Merkmale nach Hasselhom
Nach Presley et al. (1985) sind Strategien zielgerichtet und Stehen über den zwangsläufig spontan passierenden Prozessen einer Arbeit. Dies sind zwei wichtige Merkmale, die auch Hasselhorn 2009 in seiner Definition für Lernstrategien aufzählt: ״Lernstrategien sind zielgerichtete kognitive Operationen, dienen also dem kognitiven Behalten und sind potentiell bewusste und kontrollierbare Aktivitäten, die den Lernenden dabei helfen sollen eine Lernanforderung zu bewältigen“ (Hasselhom & Labuhn 2010). Somit sind Hasselhorns Merkmale wie folgt festzuhalten. Lemstrategien sind:
- Absichtlich
- Bewusst
- Spontan eingesetzt
- Von Lernenden ausgewählt
- Kontrolliert
- Strategieeinsatz verbraucht Anteile der begrenzten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
- Oft intuitiv
- Unbewusst
- Werden spontan entwickelt
- Je routinierter eine Strategie eingesetzt wird, desto weniger Kapazität des Arbeitsgedächtnisses wird verbraucht
Gegen die Merkmale von Absichtlichkeit und Bewusstheit spricht allerdings, dass Lernende oftmals Strategien unbewusst, intuitiv und spontan anwenden bzw. entwickeln.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie Hasselhom bereits beschreibt, wird bei der Anwendung einer Lernstrategie auch Kapazität des Arbeitsgedächtnisses verbraucht. Wird nun eine neue Lemstrategie angewandt, so nimmt auch folglich die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, welche dafür benötigt wird, zu. Die Lernleistung nimmt an dieser Stelle zunächst ab. Die Ursache dafür liegt darin, dass bei der ersten Nutzung einer neuen Lernstrategie nicht der erwünschte Erfolg eintritt und somit die Motivation zunächst abnimmt. Miller und Seier beschreiben dies 1994 als ein Motivationstal.
Durch die Nutzung einer neuen Strategie nimmt die Lernleistung zunächst ab, da der Lernende sich auf die neue Strategie konzentriert. Durch weitere Nutzung der Strategie und Verinnerlichung nimmt die Lernleistung bei der späteren Nutzung stark zu und das Lernen wird effizienter.
3 Möglichkeiten der Klassifizierung von Lernstrategien
Friedrich unterteilte 1995 Lernstrategien in Zuständigkeitsbereiche. Dies führte zur Aufteilung in drei Kategorien.
3.1 Kognitive Strategien
Eine Kategorie bilden die kognitiven Strategien zur Informationsverarbeitung. Dabei handelt es sich um eine Primärstrategie, die sich mit den Teilen des Lernens befasst, welche sich unmittelbar mit der Informationsaufnahme befassen. Hierbei kann es sich um konkrete Arbeitstechniken handeln, welche man benötigt um sich neue Informationen einzuprägen.
Drei kognitive Lernstrategien werden hierbei zunächst fokussiert: Wiederholen/Memorieren, Organisieren/Reduzieren und Elaborieren.
Beim Wiederholen und Memorieren werden Informationen durch auswendig lernen abgespeichert. Die Informationen werden hierbei nur oberflächlich verarbeitet. Das Organisieren und Reduzieren bezieht sich auf die Reduktion von Informationen auf das Wesentliche, um mögliche unwichtige Informationen auszuklammem. Des Weiteren gibt es die Lemstrategie Elaborieren, die für die Vernetzung von neuem mit dem bereits vorhandenen Wissen steht. Der Lernende baut beispielsweise Verknüpfungen zum bisherigen Wissen auf oder stellt neue und alte Informationen grafisch dar (Hellmich und Wemke 2009).
Weinstein und Mayer erweiterten 1986 die oben genannten Lernstrategien und arbeiteten acht Lemstrategieklassen heraus: Zum einen die Wiederholungs strategi en, die Elaborationsstrategien, die Strukturierungsstrategien, Lemstrategien zur Verständniskontrolle und affektive Strategien. Dabei sind die ersten drei Lernstrategieklassen von Weinstein und Mayer identisch zu den oben genannten kognitiven Lernstrategien. Allerdings unterscheiden Weinstein und Mayer weiterhin Strategien einfacher und umfangreicher Anforderungen. Im Folgenden werden die Lernstrategieklassen näher erläutert und ein Beispiel aus der Chemie zum besseren Verständnis genannt.
Wiederholungsstrategien bei einfachen Anforderungen bezeichnen Weinstein und Mayer als das wiederholte Wiedergeben von strukturierten Informationen.
Lernende, die die Hauptgmppen des Periodensystems durch mehrmaliges Aufsagen der Elemente (Fluor, Chlor, Brom, Iod, Astat) lernen, benutzen diese Strategie. Wiederholungstrategien bei umfangreichen Anfordemngen bezeichnen hierbei das "Herausschreiben, Unterstreichen oder Markieren des Lernmaterials". Als Beispiel ist hierbei das Aufschreiben der Elemente der einzelnen Hauptgruppen zu nennen. Elaborationsstrategien bei einfachen Anforderungen sind Bilder oder gebildete Sätze im Kopf des Lernenden, bei denen die einzelnen Informationen zueinander in Beziehung gesetzt werden. So entsteht bei dem Schüler, der bereits weiß, dass Fluor in der Gruppe der Halogene ist, mit den anderen Elementen eine Analogie (Fluor hat nur ein Valenzelektron und ist daher sehr reaktionsfreudig, ebenso wie Chlor es ist.) und verknüpft beide Informationen. Die Beschreibung, inwiefern das neu erlernte Wissen mit dem alten Wissen zusammenpasst, steht im Mittelpunkt der Elaborationsstrategien bei umfangreichen Anforderungen. So kann der Lernende, der vor den Halogenen die Chalkogene im Chemieunterricht gelernt hat, eine Analogie zwischen beiden Hauptgruppen herstellen und am Ende sagen, dass die Halogene reaktionsfreudiger sind als die Chalkogene.
Wenn ein Lernender Informationen ordnet oder gruppiert, dann benutzt er Strukturierungsstrategien bei einfachen Anforderungen. Diese Strategie wird beispielsweise verwendet, wenn ein Lernender das Periodensystem lernen soll und es in die einzelnen Hauptgruppen untergliedert und diese lernt.
Lernstrategien zur Verständniskontrolle bezeichnen das überprüfen des Lernenden selbst und die Tatsache ob er das Gelernte verstanden hat. Dieses kann erreicht werden, indem der Lernende sich immer wieder selbst Fragen zur Gruppe der Halogene stellt oder sein Wissen hinterfragt. Affektive Lemstrategien, die letzte der acht Lernstrategieklassen, zielen darauf ab, dass sich der Lernende immer wieder bemhigt und Ablenkung vor Prüfungen vermeidet (Straka 2006).
Die Lemstrategieklassen von Weinstein und Mayer sind eine Erweiterung der kognitiven Lernstrategien. Die letzten beiden genannten Lernstrategieklassen (Lemstrategien zur Verständniskontrolle und affektive Strategien) können hierbei als eine Ergänzung der kognitiven Lemstrategien angesehen werden, indem sie auch emotional-motivationale Aspekte mit einfügen (Straka 2006). Auch die Unterscheidung der Lemstrategien in einfache und umfangreiche Anforderungen hat zur Folge, dass "die Lernstrategien mit der Art der Situationsanfordemng in Beziehung gesetzt werden "(Straka 2006).
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1 Im Folgenden wird das Forder-Förder-Projekt mit FFP abgekürzt
2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet