Im Laufe von Tarifverhandlungen eines Arbeitgeberverbandes mit einer Gewerkschaft mag es immer wieder vorkommen, dass einzelne Arbeitgeber mit dem sich abzeichnendem Tarifvertrag nicht einverstanden sind. Um in einem solchen Fall der Tarifbindung zu entgehen, vollziehen sie bisweilen einen sogenannten Blitzwechsel, also einen kurzfristigen oder gar fristlosen, jedenfalls "blitzartigen" Statuswechsel von der tarifgebundenen in die nicht-tarifgebundene Mitgliedschaft ihres Arbeitgeberverbandes. Das ist in der Regel satzungsgemäß ohne weiteres möglich, weil die Verbände, die eine OT-Mitgliedschaft anbieten, den Wechsel dorthin oftmals an keine besonderen Fristen knüpfen.
In rechtlicher Hinsicht sind diese Wechsel allerdings alles andere als unproblematisch. Dies beginnt schon bei der Frage, inwiefern OT-Mitgliedschaft und Blitzwechsel satzungsrechtlich ausgestaltet sein müssen. Auch auf der Rechtsfolgenseite ist im Einzelnen nicht offensichtlich, was für die Tarifbindung oder die Zulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen gelten mag. Als sei dies nicht schon genug, erregte der Vierte Senat des BAG im Jahre 2008 dann auch noch Aufsehen mit dem mittlerweile berüchtigten Blitzwechsel-Urteil. Darin stellte er unter anderem fest, dass ein Blitzwechsel während laufender Tarifverhandlungen zwar vereinsrechtlich wirksam, allerdings tarifrechtlich nichtig sein könne.
Mit dieser Arbeit soll nun etwas Licht ins Dunkel rund um den Blitzwechsel gebracht werden. Zunächst wird dabei untersucht, ob und inwiefern entsprechend kurzfristige Mitgliedschaftsveränderungen überhaupt zulässig sind. Sodann soll geprüft werden, welche Voraussetzungen für einen solchen Blitzwechsel gegeben sein müssen, um daraufhin seine Rechtsfolgenseite zu betrachten. Anschließend wird das bereits erwähnte Blitzwechsel-Urteil einer genaueren Betrachtung unterzogen, in deren Rahmen eine kritische Auseinandersetzung erfolgen soll.
Inhaltsverzeichnis
- A. PROBLEMAUFRISS.
- B. ZULÄSSIGKEIT KURZFRISTIGER STATUSWECHSEL
- I. Zulässigkeit der OT-Mitgliedschaft.
- II. Zulässigkeit kurzfristiger Statuswechsel an sich
- 1. Grundsatz: Satzungsautonomie der Koalitionen.
- 2. Einschränkung durch Tarifvertrag.
- 3. Gefährdung der Tarifautonomie
- a) Störung der Geschäftsgrundlage.
- b) Mangelnder Gleichlauf von Verantwortlichkeit und Betroffenheit.
- c) Zwischenergebnis
- III. Ergebnis
- C. VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN BLITZWECHSEL
- I. OT-Mitgliedschaft in Satzung vorgesehen und entsprechend streng abgegrenzt
- II. Entsprechende Vereinbarung zwischen Verband und Mitglied.
- 1. Verfahren entsprechend der Satzung
- 2. Verfahren ohne oder entgegen entsprechender Satzungsregelung.
- 3. Blitzwechsel aus wichtigem Grund.
- D. RECHTSFOLGEN EINES BLITZWECHSELS.
- I. Tarifbindung.
- II. Zulässigkeit von Streiks
- 1. Hauptstreik.
- 2. Unterstützungsstreik
- a) Geeignetheit des Unterstützungsstreiks
- aa) Das „Ob\" der Prüfung.
- ab) Eigentliche Prüfung
- b) Die Angemessenheit des Unterstützungsstreiks
- c) Ergebnis.
- 3. Partizipationsstreik.
- a) Übernahme durch Praxis des Arbeitgebers
- b) Übernahme durch Bezugnahmeklauseln
- c) Die Notwendigkeit der „generellen“ Übernahme
- E. DAS BLITZWECHSEL-URTEIL VON 2008.
- I. Zusätzliche Voraussetzung: Benachrichtigung der Gewerkschaft.
- II. Rechtsfolgen bei unterlassener Benachrichtigung
- 1. Tarifrechtliche Unwirksamkeit
- 2. Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitgeberverband
- 3. Straf- und bußgeldrechtliche Folgen für den Arbeitgeber
- III. Kritische Würdigung
- 1. Herleitung der Informationsobliegenheit.
- 2. Wirkungslosigkeit der Informationsobliegenheit
- 3. Tarifrechtliche Unwirksamkeit.
- F. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des „Blitzwechsels" in die OT-Mitgliedschaft. Dabei wird die Frage aufgeworfen, inwiefern kurzfristige Statuswechsel zwischen verschiedenen Arbeitgeberverbänden zulässig sind und welche Auswirkungen dies auf die Tarifbindung und das Streikrecht haben kann.
- Zulässigkeit kurzfristiger Statuswechsel im Kontext der Satzungs- und Tarifautonomie
- Voraussetzungen für einen Blitzwechsel in die OT-Mitgliedschaft
- Rechtsfolgen eines Blitzwechsels, insbesondere in Bezug auf Tarifbindung und Streikrecht
- Das Blitzwechsel-Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2008 und dessen Auswirkungen
- Kritische Würdigung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Folgen für die Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Problembeschreibung und untersucht dann die Zulässigkeit kurzfristiger Statuswechsel, insbesondere im Hinblick auf die OT-Mitgliedschaft. Dabei werden die Satzungsautonomie der Koalitionen sowie die Einschränkungen durch Tarifverträge beleuchtet. Weiterhin werden die Voraussetzungen für einen Blitzwechsel in die OT-Mitgliedschaft analysiert, einschließlich der notwendigen Vereinbarungen zwischen Verbänden und Mitgliedern.
In den folgenden Kapiteln werden die rechtlichen Folgen eines Blitzwechsels auf die Tarifbindung und das Streikrecht erörtert. Dabei werden die verschiedenen Arten von Streiks, wie Hauptstreik, Unterstützungsstreik und Partizipationsstreik, sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf das Blitzwechsel-Urteil von 2008 beleuchtet.
Der Schwerpunkt liegt auf der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Blitzwechsel zu einer Änderung der Tarifbindung führen kann und welche Auswirkungen dies auf das Streikrecht hat.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen des Arbeits- und Unternehmensrechts, insbesondere im Bereich des Kollektivarbeitsrechts. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Blitzwechsel, OT-Mitgliedschaft, Tarifbindung, Streikrecht, Satzungsautonomie, Tarifautonomie, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Bundesarbeitsgericht.
- Arbeit zitieren
- Sebastian F. Herbst (Autor:in), 2016, Der Blitzwechsel in die OT-Mitgliedschaft. Voraussetzungen und Rechtsfolgen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/419394