Vor allem das malerische Werk Parmigianinos ist in der Kunstgeschichte viel besprochen worden. Sein zeichnerisches und druckgrafisches Werk jedoch, das in Umfang und Qualität seinen anderen Arbeiten in nichts nachsteht, scheint erst in den letzten Jahrzehnten größeres Interesse erregt zu haben. Parmigianino war ein leidenschaftlicher Zeichner, was seine annährend tausend, noch heute erhaltenen Zeichnungen beweisen. Doch beließ es der mit dem 'disegno' begnadete Künstler nicht beim Malen und Zeichnen, sondern wandte sich ebenfalls den unterschiedlichen Techniken der Vervielfältigung zu, die ihm in der ersten Hälfte des Cinquecento zur Verfügung standen. Er selbst erlernte die Technik der Radierung und engagierte für die schwierigeren Vervielfältigungsmethoden, Kupferstich und Holzschnitt, Spezialisten, um seine Zeichnungen auch in diesen Medien reproduzieren zu können. Dabei ging es Parmigianino nicht nur um ein Vervielfältigen seiner Werke, sondern ebenfalls um eine intensive Beschäftigung mit unterschiedlichen Medien der Druckgrafik und ganz neuartigen Wirkungen, die mit diesen erzielt werden konnten.
Obschon der Biograph und Kunsthistoriker Giorgio Vasari das Werk Parmigianinos mit großer Hochachtung und Wertschätzung beschreibt und in dem Künstler sogar den wiedergeborenen Geist Raffaels zu entdecken vermeint, stößt Parmigianinos Begeisterung und Interesse für experimentelle Methoden und die handwerklichen Künste auf Missfallen und Unverständnis. Seine Kritik an Parmigianinos unhöfischer Lebensführung und dessen Faszination für handwerkliche Experimente ist nicht zu übersehen. Interessanterweise verstärkt Vasari seine Kritik an Parmigianinos Künstlerauffassung in der erweiterten, zweiten Ausgabe seiner "Vita di Parmigianino", die achtzehn Jahre nach der ersten Ausgabe von 1550, erschien. Das druckgraphische Werk wird in der zweiten Ausgabe nur noch am Rande erwähnt, der Künstler selbst für sein Interesse an handwerklichen Experimenten angegriffen und diskreditiert. Diese Kritik wirft Fragen auf.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Parmigianinos druckgraphisches Werk
- Die Zusammenarbeit mit Giovanni Caraglio am Beispiel des Kupferstichs „Martyrium des heiligen Paulus und die Verurteilung des heiligen Petrus“
- Die Zusammenarbeit mit Antonio da Trento am Beispiel des Chiaroscuro-Holzschnitts „Martyrium des heiligen Paulus und die Verurteilung des heiligen Petrus“
- Die Zusammenarbeit mit Ugo da Carpi am Beispiel des Chiaroscuro-Holzschnitts „Diogenes“
- Abschließende Betrachtung des druckgraphischen Werks Parmigianinos
- Die unterschiedliche Beurteilung von Parmigianinos druckgraphischem Werk in Giorgio Vasaris Vita di Parmigianino von 1550 und 1568
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem druckgraphischen Werk des italienischen Renaissance-Künstlers Parmigianino und untersucht dessen Bedeutung im Kontext seiner Zeit. Der Fokus liegt insbesondere auf der Zusammenarbeit Parmigianinos mit verschiedenen Druckgrafikern sowie auf der unterschiedlichen Beurteilung seines druckgraphischen Schaffens durch den Kunsthistoriker Giorgio Vasari.
- Parmigianinos Engagement für verschiedene Drucktechniken im 16. Jahrhundert
- Die Kooperation Parmigianinos mit Kupferstechern und Holzschneidern
- Die Entwicklung des Chiaroscuro-Holzschnitts
- Vasaris Kritik an Parmigianinos Fokus auf handwerkliche Experimente
- Die Bedeutung des "Disegno" in Vasaris Kunstauffassung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über Parmigianinos künstlerisches Schaffen und stellt die Bedeutung seines druckgraphischen Werks heraus. Sie beleuchtet zudem die unterschiedliche Beurteilung von Parmigianinos Werk durch Giorgio Vasari in dessen "Vita di Parmigianino".
Das zweite Kapitel untersucht Parmigianinos druckgraphisches Werk im Detail. Es analysiert die Zusammenarbeit des Künstlers mit verschiedenen Druckgrafikern, darunter Giovanni Caraglio, Antonio da Trento und Ugo da Carpi. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Chiaroscuro-Holzschnitt und seiner Bedeutung für die künstlerische Entwicklung Parmigianinos gewidmet.
Das dritte Kapitel widmet sich der Analyse von Vasaris unterschiedlicher Beurteilung des druckgraphischen Werks Parmigianinos in den beiden Ausgaben seiner "Vita". Es zeigt auf, wie Vasaris Kunstauffassung und seine Positionierung innerhalb der Accademia del Disegno seine Beurteilung von Parmigianinos Werk beeinflusst haben.
Schlüsselwörter
Parmigianino, Druckgraphik, Chiaroscuro-Holzschnitt, Kupferstich, Giorgio Vasari, Vita di Parmigianino, Accademia del Disegno, Disegno, Kunst und Handwerk, Renaissance.
- Arbeit zitieren
- Sonja Longolius (Autor:in), 2005, Das druckgraphische Werk Parmigianinos und seine unterschiedliche Behandlung in Vasaris Viten von 1550 und 1568, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/41731