Das Jahr 1848 spielt in der deutschen und europäischen Geschichte eine zentrale Rolle. Es schien, als hätte sich das Tür für die Erfüllung der nationalliberalen Hoffnungen breiter Bevölkerungskreise nach einer Zeit von Repression und Unterdrückung der bürgerlichen Bewegung endlich geöffnet. Die Spannungen zwischen den gegenüberstehenden Kräften der konservativen Eliten, insbesondere in den reaktionären Hochburgen Preußen und Österreich-Ungarn, die zwischen sich und ihr Volk „kein Stück Papier“ wissen wollten und den nationalliberalen Kräften, die nach Einigkeit, Recht und Freiheit strebten und als Folge des industriellen Pauperismus nun auch den Zulauf aus breiter Unter- und Mittelschicht erhielten, entluden sich in einer eindrucksvollen Welle von bürgerlichen bzw. sozialen Erhebungen in Mitteleuropa. Von der Nachricht des Sieges der französischen Revolution ausgelöst drangen sie wie ein Lauffeuer über die liberalen Staaten im Südwesten Deutschlands bis zum Berliner Schlossplatz und das Wiener Ständehaus.
Der Unterrichtsgegenstand ist eingebettet in den Lernbereich „Die Grundlegung einer modernen Gesellschaft in Wirtschaft und Politik in Deutschland“. Inhaltlich korrespondiert das Thema „Vom liberalen Lauffeuer in die Nationalversammlung – Revolution in Deutschland 1848“ direkt mit dem Lehrplan in dem Punkten: „Die Schüler erwerben grundlegendes Wissen über das Ringen zwischen liberalen, nationalen und konservativen Ordnungsvorstellungen in Deutsch-
land im 19. Jahrhundert“, sowie „die Schüler beherrschen die selbstständige Interpretation schriftlicher [und] bildlicher [Quellen]“.
Inhalt:
1. Bedingungsanalyse
2. Sachanalyse
3. Ziele (W-K-W Modell)
4. Didaktisch-methodische Analyse
5. Verlaufsskizze:
6. Literatur und Quellen:
7. Materialien
1. Bedingungsanalyse:
Der Grundkurs kommt freitags in der Zeit von 7:30 Uhr bis 9:00 im Blockunterricht zusammen, was aufgrund der biologischen Tagesleistungskurve günstig ist. Er setzt sich aus 15 Schülerinnen und acht Schülern zusammen und ist damit vom Geschlechterverhältnis unausgeglichen, was in der Kursstufe keinen Nachteil mehr darstellen sollte. Es ist bemerkenswert, dass infolge des binationalen Bildungsgangs am Friedrich-Schiller-Gymnasium neun Kursteilnehmer tschechischer Nationalität sind, was sich im Leistungsniveau kaum bemerkbar macht, zeichnen sich die Tschechischen Schüler sogar durch eine sehr disziplinierte Arbeitsweise und gute Auffassungsgabe aus. Einzig die sprachliche Verständigung ist durch den Akzent etwas eingeschränkt.
Das Lehrer-Schüler-Verhältnis ist positiv geprägt, was in den vergangenen Stunden ein gutes Arbeitsklima zur Folge hatte. Im Unterrichtsgespräch sind Kursteilnehmer aufgeschlossen und sachorientiert, die Antworten lassen allerdings gelegentlich Umfang und Zusammenhang vermissen. Dies ist ein Punkt, den es zu verbessern gilt.
Aus den Eindrücken der letzten Stunden wurde ersichtlich, dass über ein Drittel des Kurses (Lena, Juliane, Lucas, Misa, Charlotte, Lara, Liliane und Jakub) reges Interesse am Fach selbst hat, was die Motivation von sich aus steigert. Teilweise bereichern diese Schüler den Unterricht durch weiterführende Fragen.
Vom Leistungsniveau ist der Grundkurs eher im durchschnittlichen Niveau zu verorten, sofern man die Heterogenität innerhalb der Teilnehmer berücksichtigt.
Im Wesentlichen beherrschen die Kursteilnehmer den Umgang mit bildlichen und schriftlichen Quellen, wobei die Arbeit an Texten verhältnismäßig viel Zeit beansprucht, da viele Schüler Texte erst im Überblick lesen, und diese erst im zweiten Schritt mit der Fragestellung bearbeiten. In bisherigen Unterricht wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schüler in dieser Hinsicht Effektivitätsreserven haben. Textarbeit und Quellenanalyse sind daher weiter zu verbessern.
Die Fähigkeiten, zu einem begründeten Urteil zu kommen sind in diesem Kurs insgesamt ausbaufähig, weshalb in den Kursstunden sukzessive an der Steigerung des Anforderungsniveaus gearbeitet wird.
Kooperative Sozialformen haben sich in dem Kurs bisher bewährt und verlaufen bei fachlicher Betreuung durch die Lehrperson zielführend.
In den vorangegangenen Stunden wurden die fachlichen Voraussetzungen angelegt, die für die Erarbeitung der Revolution 1848 und die Ausdifferenzierung der politischen Gruppierungen notwendig sind: Es wurden Schwerpunkte gesetzt beim Widerstreit der nationalliberalen und konservativen Strömungen während der Restauration von 1815 bis 1848. Grundlagen wurden bei der inhaltlichen Differenzierung von politischen Strömungen gelegt, die es zu erweitern gilt.
Der Unterricht am Freitag findet in einem für den Kurs großzügigen Klassenraum statt.
Die vorderen Bänke, Polylux und Flügel stehen dicht an dicht, was die Bewegungsfreiheit des Lehrers einschränkt. Dies ist zu bedenken, wenn zum Beispiel mit Beamer oder Polylux gearbeitet wird.
Neben der Tafel befindet sich ein Polylux im Raum, dessen Einsatz durch die Projektionsflächen an der Wand neben der Tafel liegen. Digitale Medien können durch einen im Raum installierten Beamer eingesetzt werden.
Die für den Stundenverlauf notwendigen Medien wie Beamer, beschreibbare Applikationen, usw. sollten vor Stundenbeginn geprüft und bereitgehalten werden.
Die Kursteilnehmer arbeiten mit dem aktuellen Kursbuch Geschichte vom Cornelsen Verlag (2008).
2. Sachanalyse
Das Jahr 1848 spielt in der deutschen und europäischen Geschichte eine zentrale Rolle. Es schien, als hätte sich das Tür für die Erfüllung der nationalliberalen Hoffnungen breiter Bevölkerungskreise nach einer Zeit von Repression und Unterdrückung der bürgerlichen Bewegung endlich geöffnet. Die Spannungen zwischen den gegenüberstehenden Kräften der konservativen Eliten, insbesondere in den reaktionären Hochburgen Preußen und Österreich-Ungarn, die zwischen sich und ihr Volk „kein Stück Papier“ wissen wollten (Titel einer Karikatur Friedrich Wilhelms IV., 1848. „Satyrische Zeitbilder No. 28 bei B.S. Berendsohn in Hamburg”, Lithografie, koloriert, 1848.) und den Nationalliberalen Kräften, die nach Einigkeit, Recht und Freiheit strebten und als Folge des industriellen Pauperismus nun auch den Zulauf aus breiter Unter- und Mittelschicht erhielten, entluden sich in einer eindrucksvollen Welle von bürgerlichen bzw. sozialen Erhebungen in Mitteleuropa. Von der Nachricht des Sieges der französischen Revolution ausgelöst drangen sie wie ein Lauffeuer über die liberalen Staaten im Südwesten Deutschlands bis zum Berliner Schlossplatz und das Wiener Ständehaus (vgl. H. Pleticha, S. 212).
Die Bewegung war so massiv, dass sie im Unterschied zu früheren Erhebungen nicht unterdrückt werden konnten, wie das Nachgeben Wilhelm IV. am 18. Bzw. am 21.März 1848 beweist. Neben der Zustimmung zu einer verfassungsgebenden Versammlung wurden etliche weitere „Märzforderungen“ erfüllt, was der weiteren Radikalisierung einen Riegel vorschob. Aus diesem Grunde ist der Berliner Barrikadenkampf didaktisch gut geeignet, um die Bedingungen für den Eintritt in die zweite „redende“ Phase der Revolution (H. Pleticha, S. 215) Revolution in der Paulskirche zu wiederholen.
Da der Schwerpunkt der Unterrichtseinheit das im Lehrplan geforderte Ziel des Beurteilens der Umsetzung von demokratischen, konservativen und liberalen Ordnungsvorstellungen aufgreift, und am Beispiel der politischen Programme der Parteien erarbeitet werden soll, wird infolge der didaktischen Reduktion auf Themen wie die Wahl und Arbeitsweise der Nationalversammlung, die „Deutsche Republik“ oder die Schleswig-Frage nicht eingegangen.
Die Zusammensetzung der Mitglieder der Nationalversammlung spielt insofern eine wichtige Rolle, weil so erfahren werden kann, warum gemäßigte und auf Ausgleich zielende Ordnungsvorstellungen schließlich überwiegen werden. Darüber hinaus bieten sie einen Ansatzpunkt, wenn in der darauffolgenden Unterrichtseinheit Gründe für den „Nicht-Erfolg“ der Revolution angesprochen werden. Vor allem Beamte und Bildungsbürger hielten Einzug in die Versammlung, während Bauern (drei) und Arbeiter (keine) kaum repräsentiert wurden. Die Dominanz des Bildungsbürgertums brachte dem Parlament schnell den Ruf eines Honoratiorenparlamentes (lat. honoratiores – die mehr Geehrten), gespickt mit den jeweils regional angesehensten und bekanntesten Personen, die sich das nicht einträgliche politische Leben auch finanziell leisten konnten. In Österreich und anderen Staaten waren außerdem Tagelöhner, Dienstboten und Handwerker von der Wahl ausgeschlossen. (vgl. G. Wollstein, S. 23). Die Gegenüberstellung mit den Berufsgruppen der Berliner Märzgefallenen, die aus offenbart den personellen Graben, der sich auf dem Weg von den Barrikaden in die Paulskirche aufgetan hat, da die „Träger“ der kämpfenden Revolution nicht mehr repräsentiert wurden.
Im Parlament der Paulskirche offenbart sich scheinbar ein weiterer Graben, der zwischen den „Volksvertretern“.
Neben den dreißig Prozent fraktionslosen Mitgliedern bildeten sich bald politische Gruppierungen heraus, die den heutigen Parteien jedoch nicht verglichen werden können, weshalb bewusst auch anachronische Begriffe wie Fraktionen oder Parteiungen verzichtet wird. Außerdem waren die fünf Gruppierungen untereinander nicht streng voneinander getrennt, sondern erfuhren Fluktuationen der Mitglieder und Spalteten sich später in Untergruppen auf, was für die Untersuchung aber nicht von Belang sein soll. Die Namen der Gruppierungen in der Paulskirche richtete sich analog zu den als in Frankfurt von „links“ nach „rechts“, wobei weder Konservative des Metternichschen Systems noch Sozialisten vertreten waren (Ebd. S. 28).
Dass die Spaltung der Revolutionäre indes nicht so tief war und damit nicht wesentlich ursächlich für das Misslingen der Revolution war, zeigt sich am erreichten Kompromiss, den die Verabschiedung der Reichsverfassung 1849 darstellte. In diesem kommen durchaus Elemente aller drei politischen Vorstellungen zur Geltung: Konstitutionelle Monarchie mit Erbkaisertum und das allgemeine Wahlrecht flankieren die liberale Mitte mit freiheitlichen Grundrechten.
Den Wert der ersten Deutschen Verfassung kann nicht als gering abgetan werden, wenn sie auch jäh an den Ressentiments Friedrich IV. abprallte, denn sie stellt in wesentlichen Punkten die „Mutter“ unserer heutigen Verfassung dar.
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