Fast über 30 Jahre lang hielt die Terrorgruppe "RAF" die Bundesrepublik Deutschland in Atem und stellte den damals noch jungen Rechtsstaat dabei durch terroristische Aktionen wie Geiselnahmen, Mordanschläge und Bombenanschläge vor seine bislang wohl größte innenpolitische Herausforderung. Nachdem sich die RAF aus den Studentenprotesten um 1968 gebildet hatte, erreichte der RAF-Terror während des deutschen Herbsts 1977 seinen Höhepunkt. 1998 löste sich die RAF schließlich auf, der Kampf war gewonnen.
In Erinnerung an die RAF-Terrorjahre wird oftmals aus dem Blick verloren, welche Opfer für den Sieg über die RAF von der BRD gebracht werden mussten: konkret soll es in diesem Essay darum gehen, ob die rechtsstaatliche Integrität der BRD aus Gründen der Effizienzsteigerung im Kampf gegen den Terror geopfert werden musste. Hat die BRD im Umgang mit der RAF die Grenzen eines Rechtsstaats überschritten?
Bundeskanzler Helmut Schmidt prägte unter der Bedrohung der RAF den Satz: "Wer den Rechtsstaat zuverlässig schützen will, muss innerlich auch bereit sein, bis an die Grenzen dessen zu gehen, was vom Rechtsstaat erlaubt und geboten ist…" und hielt auch im Nachhinein daran fest, dass die Grenzen des Rechtsstaats nicht überschritten worden waren. Dennoch oder gerade deswegen lohnt sich eine kritische Hinterfragung dieser Aussagen, da sie eine neue Perspektive auf Deutschlands innenpolitische Lage während der Jahre des RAF-Terrors ermöglicht.
Ziel dieses Perspektivwechsels soll keinesfalls eine Solidarisierung mit der Terrorgruppe RAF sein. Ziel des Perspektivwechsels soll es viel mehr sein, aus der Geschichte zu lernen: versteht man welche politischen Entscheidungen aus welchen Gründen fragwürdig oder gar verfassungswidrig gewesen sind, kann man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Zunächst soll definiert werden, was einen Rechtsstaat ausmacht, anschließend soll näher auf die Programmatik der RAF eingegangen werden, außerdem soll beurteilt werden, welche Rolle §34 für politische Entscheidungen in dieser Zeit gespielt hat und schließlich sollen im Einzelnen bestimmte staatliche Maßnahmen im Hinblick auf die formulierte Fragestellung überprüft werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definition Rechtsstaat
- Überblick über die RAF
- Rolle von §34 für die Beurteilung der politischen Entscheidungen während der RAF-Terrorjahre
- Verhängung der Kontaktsperre
- Abhör-Affäre und Lauschangriff im Gefängnis
- Haftbedingungen
- Zusammenfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, ob die Bundesrepublik Deutschland im Kampf gegen die Rote Armee Fraktion (RAF) die Grenzen eines Rechtsstaates überschritten hat. Sie analysiert, ob die staatlichen Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus ergriffen wurden, mit den Prinzipien des Rechtsstaates vereinbar waren.
- Definition des Rechtsstaates und seine Prinzipien
- Die Ideologie und Ziele der RAF
- Die Rolle von §34 des Strafgesetzbuches im Kontext des RAF-Terrors
- Analyse spezifischer staatlicher Maßnahmen im Umgang mit der RAF
- Die Frage nach der Vereinbarkeit von Effizienz und Rechtsstaatlichkeit im Kampf gegen den Terrorismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Problematik der Arbeit vor und führt in die Thematik des Rechtsstaates im Kontext des RAF-Terrors ein.
- Das zweite Kapitel definiert den Rechtsstaat und seine wichtigsten Prinzipien, wie z. B. die Gewaltenteilung, die Achtung der Grundrechte und die Rechtssicherheit.
- Das dritte Kapitel gibt einen Überblick über die Geschichte und Ideologie der RAF, wobei sowohl die erste als auch die zweite Generation der Terrorgruppe beleuchtet werden.
- Das vierte Kapitel untersucht die Rolle von §34 des Strafgesetzbuches, der in der Zeit des RAF-Terrors zur Rechtfertigung staatlicher Maßnahmen herangezogen wurde, die rechtlich nicht vertretbar waren.
- Das fünfte Kapitel analysiert verschiedene staatliche Maßnahmen im Umgang mit der RAF, wie z. B. die Verhängung der Kontaktsperre, die Abhör-Affäre und die Haftbedingungen.
Schlüsselwörter
Rechtsstaat, RAF, Terrorismus, Grundrechte, §34 Strafgesetzbuch, Kontaktsperre, Abhör-Affäre, Haftbedingungen, Effizienz, Ausnahmezustand, Verfassungsbruch.
- Arbeit zitieren
- Maximilian Liersch (Autor:in), 2018, Hat die BRD im Umgang mit der RAF die Grenzen eines Rechtsstaats überschritten?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/413476