Diese Seminararbeit widmet sich dem wohl wichtigsten Zweig der Sozialversicherungen, der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV).
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein sozialer Bundestaat beziehungsweise sozialer Rechtsstaat. Das in den beiden Artikeln des Grundgesetzes verankerte Sozialstaatprinzip bedeutet die Verpflichtung des Staates zur Verwirklichung von sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit. Dieses Sozialstaatprinzip bildet das Fundament für das soziale Sicherungssystem in Deutschland, welches im Wesentlichen aus den fünf Sozialversicherungen besteht. Das sind die Arbeitslosenversicherung und -förderung, die Gesetzliche Krankenversicherung, die Gesetzliche Rentenversicherung, die Gesetzliche Unfallversicherung sowie die Soziale Pflegeversicherung. Die Sozialversicherungen schützen in verschiedenen sozialen Notlagen, ob bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder wenn die Altersrente erreicht wird.
Als wichtigste Säule des deutschen Sozialstaats generiert die gRV ein hohes Maß an Wohlfahrt und stabilisiert die Bundesrepublik, denn für rund ein Viertel der Bevölkerung stellt die Rente die Haupteinkommensquelle dar. Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung liegen dabei mit etwa 224 Milliarden Euro in 2017 bis einschließlich August höher als die Summe der Ausgaben aller anderen Sozialversicherungen im gleichen Zeitraum. Auch die Beitragseinnahmen sind in der gesetzlichen Rentenversicherung am Höchsten, da der Beitragssatz mit 18,7 Prozent höher liegt als bei jeder anderen Sozialversicherungen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einführende Bemerkungen und Soziale Sicherung in Deutschland
B. Grundstruktur der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland
I. Prinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung
II. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung
III. Versichertenkreis
C. Analyse der Funktionsweise der gesetzlichen Rentenversicherung
I. Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung
II. Rentenberechnung
III. Beurteilung
D. Ausblick auf die zukünftige Funktionsweise der gesetzlichen Rentenversicherung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einführende Bemerkungen und Soziale Sicherung in Deutschland
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein „sozialer Bundestaat“1 ) bzw. „sozialer Rechtsstaat“2 ). Das in den beiden Artikeln des Grundgesetzes verankerte Sozialstaatprinzip bedeutet die Verpflichtung des Staates zur Verwirklichung von sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit.3 ) Dieses Sozialstaatprinzip bildet das Fundament für das soziale Sicherungssystem in Deutschland, welches im Wesentlichen aus den fünf Sozialversicherungen (SV) besteht:
Arbeitslosenversicherung und -förderung, Gesetzliche Krankenversicherung, Gesetzliche Rentenversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung sowie Soziale Pflegeversicherung.4 ) „Die Sozialversicherungen schützen in verschiedenen sozialen Notlagen, ob bei .. Krankheit, Pflegebedürftigkeit … oder wenn die Altersrente erreicht wird.“5 )
Dem wohl wichtigsten Zweig dieser Sozialversicherungen widmet sich diese Seminararbeit: der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV). „Als wichtigste Säule des deutschen Sozialstaats generiert die gRV ein hohes Maß an Wohlfahrt und stabilisiert die Bundesrepublik: für rund ein Viertel der Bevölkerung stellt die Rente die Haupteinkommensquelle dar.“6 ) Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung liegen dabei mit ca. 224 Milliarden Euro in 2017 bis einschließlich August höher als die Summe der Ausgaben aller anderen Sozialversicherungen im gleichen Zeitraum (ca. 213 Milliarden Euro).7 ) Auch die Beitragseinnahmen sind in der gesetzlichen Rentenversicherung am Höchsten, da der Beitragssatz mit 18,7 Prozent höher liegt als bei jeder anderen Sozialversicherungen.
B. Grundstruktur der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland
I. Prinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung
Die Grundmechanismen der Sozialversicherung8 ) prägen die institutionelle Architektur der gRV fundamental.9 ) Zu den Grundmechanismen gehören folgende Prinzipien:
1. Das Prinzip der Solidarität: Das versicherte Risiko des Alterns oder der Erwerbsminderung werden von allen Versicherten gemeinsam getragen.10 )
2. Das Prinzip der Äquivalenz: Die Leistungen, also im Falle der gRV die Höhe der Renten, hängen von den zuvor gezahlten Beiträgen ab. Dieses Prinzip gilt nur für die gRV.11 )
3. Das Prinzip der Beitragsfinanzierung: Aus den Beiträgen der aktuellen Beitragszahler werden die Leistungen der Sozialversicherungen überwiegend finanziert.12 )
4. Prinzip der Versicherungspflicht: „In Deutschland sind nahezu 90 %der Bevölkerung in der Sozialversicherungspflicht- oder freiwillig versichert.“13 )
5. Prinzip der Selbstverwaltung: „Der Staat hat die Verwaltung [der So- zialversicherungen] an die Träger der SV übertragen.“14 )
Am Prinzip der Versicherungspflicht hat auch der Staat ein Interesse: die Bürger würden ohne die Versicherungspflicht zu wenig für ihr Alter sparen, da in der Regel kurzfristiger Konsum vorgezogen wird. So würden dem Staat erhebliche Kosten wegen Altersarmut entstehen. Diese Konsumpräferenzen liefern die Grundlagen für jedes verpflichtende Altersvorsorgesystem.15 )
II. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung
Generell lassen sich zwei zentrale Bereiche der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheiden: Zunächst gewährt die gRV die Zahlungen von Renten. Neben der Altersrente16 ) werden außerdem „Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit“17 ) sowie „Renten wegen Todes“18 ) ausgezahlt. Zu einer weiteren wesentlichen Aufgabe zählt die Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit.19 ) Dabei gilt generell der Grundsatz: „Rehabilitation geht vor Rente“. Durch medizinische und andere Leistungen sollen frühzeitige Rentenzahlungen durch etwaige Erwerbsunfähigkeiten verhindert werden und zusätzliche aktive Beitragszahler erhalten bleiben. Dafür wird auch die Umschulung der von der Erwerbsunfähigkeit bedrohten Person auf einen Beruf durchgeführt, der dem noch verfügbaren Leistungsvermögen angemessen ist.20 ) Sind Rehabilitationsmaßnahmen ohne Er- folg, wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt. Die Art und Höhe dieser Rente richtet sich dabei danach, wie viele Stunden der Versicherte im Rahmen einer 5-Tage Woche pro Tag arbeiten kann. Kann er weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten, erhält er die volle Erwerbsminderungsrente. Kann er zwischen drei bis unter sechs Stunden am Tag arbeiten (egal in welchem Beruf), so erhält er die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Diese ist nur halb so hoch wie die volle Erwerbsminderungsrente.21 )
Die Altersrente stellt die gängigste Leistung der Rentenversicherung dar. Durch diese Rente haben die Versicherten die Möglichkeit, sich bei Erreichen eines bestimmten Alters aus dem Berufsleben zurückzuziehen.22 ) In der Vergangenheit war die Regelaltersgrenze für die Altersrente bei 65 Jahren. 2007 haben Bundestag und Bundesrat die neue Regelaltersgrenze beschlossen. Das Rentenalter wird hierbei stufenweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. So steigt die Regelaltersgrenze ab Geburtsjahrgang 1947 pro Jahrgang um einen Monat und ab Geburtsjahrgang 1959 um zwei Monate pro Jahrgang, bis schließlich für die Jahrgänge ab 1964 nur noch die neue Regelaltersgrenze von 67 gültig ist.23 ) Als besonders langjährig Versicherter gilt man, wenn man 45 Jahre lang Beiträge gezahlt hat. Als solcher konnte man bisher mit 63 in Rente gehen. Hier wurde die Altersgrenze auf 65 Jahre angehoben.24 )
Mit den Renten wegen Todes wird das Todesrisiko des Ernährers einer Familie abgesichert. Solche Renten werden als Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente, Erziehungsrente und Rente an den geschiedenen Ehegatten gewährt.25 )
III. Versichertenkreis
In der Rentenversicherung sind alle Personen pflichtversichert, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind sowie Auszubildende.
[...]
1) Art. 20 Abs. 1 GG
2) Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG
3) vgl. Steinmeyer [Sozialversicherung] 16 f.
4) vgl. Horn/Schuchardt [Rentenversicherung] 3
5) ebenda 5
6) Gräßler [Restabilisierung] 14
7) vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) [Sozialversicherung] im Internet (Stand: 19.09.2017)
8) vgl. Horn/Schuchardt [Rentenversicherung] 5
9) vgl. Gräßler [Restabilisierung] 25
10) vgl. Nguyen/Romeike [Versicherungswirtschaftslehre] 315
11) vgl. ebenda 316
12) vgl. Horn/Schuchardt [Rentenversicherung] 5
13) Nguyen/Romeike [Versicherungswirtschaftslehre] 314
14) Horn/Schuchardt [Rentenversicherung] 5
15) vgl. Stuchlik [Rentenreform] 7
16) vgl. §33 Abs. 2 SGB VI
17) § 33 Abs.3 SGB VI
18) § 33 Abs. 4 SGB VI
19) vgl. § 9 SGB VI
20) vgl. Nguyen/Romeike [Versicherungswirtschaftslehre] 343 f.
21) vgl. Nguyen/Romeike [Versicherungswirtschaftslehre] 343 f.
22) vgl. ebenda 343
23) vgl. § 235 Abs. 2 S. 1 SGB VI
24) vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (1) (Hrsg.) [Rente] 4 ff.
25) vgl. Nguyen/Romeike [Versicherungswirtschaftslehre] 344