Spätestens seit Erscheinen der Pisa-Studie steht fest, dass das deutsche Bildungssystem enorme Defizite aufweist. Deutsche Schüler zeigen im Bereich Lesekompetenz unterdurchschnittliche Kenntnisse und so erreicht Deutschland hier nur Platz 21 von 31 teilnehmenden Staaten. Auch in den Bereichen Naturwissenschaft und Mathematik erreichen wir jeweils nur Platz 20. Nach diesem erschreckenden Ergebnis diskutieren Politiker, Vertreter aus der Wirtschaft, Pädagogen, Eltern und Schüler darüber, wie Schule in Zukunft stattfinden wird. Dabei ist eines bereits klar: Schule muss und wird sich verändern. Seit dem Bestehen der Schule in der Griechischen Antike über das Römische Reich, den Klosterschulen des Mittelalters, den Bürgerschulen der Neuzeit bis hin zu den heutigen Schulen, hat sie sich stets verändert in Bezug auf Inhalte, Methoden und Ziele. Dieser Wandel ist vor allem auf politische, ökonomische, gesellschaftliche und soziale Verhältnisse und der Veränderung dieser zurückzuführen. So verändert sich auch die Rolle des Lehrers im Laufe der Geschichte. Er ist nicht mehr nur Ausführungsorgan staatlicher Beschlüsse und Lehrpläne, sondern erhält zusätzlich die innovative Aufgabe, sich kritisch mit Methoden, Medien, Inhalten, Themen u.a. auseinander zu setzen und eine geeignete Unterrichtsmethode innerhalb bestimmter Vorgaben zu wählen. Als zukünftiger Lehrer muss ich somit entscheiden und begründen können, weshalb ich in welcher Art und Weise vorgehe. Deswegen sollte der Lehrer sich mit verschiedenen Theorien, Modellen und Unterrichtskonzepten auseinandersetzen. Wie denke ich Unterricht und wie könnte er möglicherweise auch gedacht werden? Da der ´Offene Unterricht´ in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt und in den dazu erscheinenden Veröffentlichungen überwiegend als das zukunftsweisende Modell gesehen wird, habe ich mich entschieden, diese Unterrichtsform genauer zu beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historischer Exkurs
2.1 Entwicklung des ´Offenen Unterrichts´ in England
2.2 Entwicklung des ´Offenen Unterrichts´ in Deutschland
3 Was ist ´Offener Unterricht´?
3.1 Definitionsversuch
3.2 Dimensionen der Offenheit
3.3 Methoden des ´Offenen Unterrichts´
3.3.1 Die Freiarbeit
3.3.2 Die Wochenplanarbeit
3.4 Lehrer- und Schülerrolle
3.5 Das Pro und Contra ´Offenen Unterrichts´
4 Resümee
Literaturverzeichnis
Eigenständigkeitserklärung
1 Einleitung
Spätestens seit Erscheinen der Pisa-Studie steht fest, dass das deutsche Bildungssystem enorme Defizite aufweist. Deutsche Schüler zeigen im Bereich Lesekompetenz unterdurchschnittliche Kenntnisse und so erreicht Deutschland hier nur Platz 21 von 31 teilnehmenden Staaten. Auch in den Bereichen Naturwissenschaft und Mathematik erreichen wir jeweils nur Platz 20. Nach diesem erschreckenden Ergebnis diskutieren Politiker, Vertreter aus der Wirtschaft, Pädagogen, Eltern und Schüler darüber, wie Schule in Zukunft stattfinden wird. Dabei ist eines bereits klar: Schule muss und wird sich verändern.
Seit dem Bestehen der Schule in der Griechischen Antike über das Römische Reich, den Klosterschulen des Mittelalters, den Bürgerschulen der Neuzeit bis hin zu den heutigen Schulen, hat sie sich stets verändert in Bezug auf Inhalte, Methoden und Ziele. Dieser Wandel ist vor allem auf politische, ökonomische, gesellschaftliche und soziale Verhältnisse und der Veränderung dieser zurückzuführen.
So verändert sich auch die Rolle des Lehrers im Laufe der Geschichte. Er ist nicht mehr nur Ausführungsorgan staatlicher Beschlüsse und Lehrpläne, sondern erhält zusätzlich die innovative Aufgabe, sich kritisch mit Methoden, Medien, Inhalten, Themen u.a. auseinander zu setzen und eine geeignete Unterrichtsmethode innerhalb bestimmter Vorgaben zu wählen.
Als zukünftiger Lehrer muss ich somit entscheiden und begründen können, weshalb ich in welcher Art und Weise vorgehe. Deswegen sollte der Lehrer sich mit verschiedenen Theorien, Modellen und Unterrichtskonzepten auseinandersetzen. Wie denke ich Unterricht und wie könnte er möglicherweise auch gedacht werden?
Da der ´Offene Unterricht´ in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt und in den dazu erscheinenden Veröffentlichungen überwiegend als das zukunftsweisende Modell gesehen wird, habe ich mich entschieden, diese Unterrichtsform genauer zu beleuchten.
2 Historischer Exkurs
Die Ursprünge des ´Offenen Unterrichts´ werden in den meisten Veröffentlichungen denkbar kurz und oberflächlich abgehandelt. Beiträge, die sich diesem Thema ausführlicher zuwenden, stammen unter anderem von KASPER und GÖHLICH.
2.1 Entwicklung des ´Offenen Unterrichts´ in England
Die englische Curriculumdiskussion der sechziger Jahre stellt den Ausgangspunkt für die Entwicklung des ´Offenen Unterrichts´ dar. Der Plowden-Report, „Children and their Primary Schools“, veröffentlicht im Jahre 1967, spiegelt die Ergebnisse der vom Erziehungsministerium beauftragten Untersuchung der Primärstufe durch eine Kommission mit Plowden als Vorsitzenden wieder.
Für KASPER ist dieser Bericht eines „der bedeutendsten Dokumente zur englischen Grundschulpädagogik“[1]. Sie verweist schwerpunktmäßig auf drei Resultate: Zum einen stellt sie eine große Bedeutung der Eltern und deren Einstellung zur Erziehung und Bildung ihrer Kinder für den Schulerfolg heraus, zum anderen fordert der Bericht die Hinwendung des Unterrichts zur Ganzheitlichkeit, zum Spielerischen, zum aktiven Handeln und zum Individuellen. Des weiteren wird eine Kombination von Klein- und Klassenunterricht hinsichtlich der Organisation dessen empfohlen. (vgl. Kasper 1967, S. 481 ff.)
Die Merkmale des Unterrichts in der Grundschule, ausgehend von den Forderungen des Plowden-Berichts sind: „klein und überschaubar, werkstattähnliche Lernumgebung, fächerübergreifendes Curriculum, entdeckendes Lernen, individuelle und Gruppenarbeit, gleitende Einschulung in meist altersübergreifende Klassen, Eltern als Helfer, Fortbildung am Arbeitsplatz“[2].
Durch die Veröffentlichung des Plowden-Reports entsteht die englische Bewegung „informal education“, welche durch ihren Einfluss auf die deutsche Grundschulpädagogik maßgeblich zur Entstehung des heutigen ´Offenen Unterrichts´ beiträgt.
2.2 Entwicklung des ´Offenen Unterrichts´ in Deutschland
Bis Anfang der siebziger Jahre fordern Grundschulpädagogen noch eine stärkere lernziel-, unterrichtstechnologie- und wissenschaftsorientierte Unterrichtsplanung und eine Anlehnung an englische und amerikanische Schulen bezüglich der Öffnung von Unterricht und Schule bleibt aus. (vgl. Göhlich 1997, S. 31) Erst seit der deutschen Übersetzung des Plowden-Berichts und der Veröffentlichung des Artikels „Offene Curricular“ von BRÜGGELMANN im Jahre 1972 findet in Deutschland diesbezüglich eine entscheidende Wende statt. In diesem Artikel bezieht sich BRÜGGELMANN auf die „open education“ aus Amerika, entstanden aus der englischen „informal education“ und tritt für eine dezentralisierte Curriculumentwicklung ein. (vgl. Brüggelmann 1972, S. 117 f.) Ab dieser Zeit wird das Thema ´Offener Unterricht´ ausschließlich aus der Perspektive der englischen „informal education“ und amerikanischen „open education“ diskutiert.
Seit Anfang der achtziger Jahre erwachen auch wieder die reformpädagogischen Ideen, insbesondere die Freinet- und Montessoripädagogik und somit verändert sich das Verständnis vom ´Offenen Unterricht´ zu Beginn der neunziger Jahre hin zu einem stärkeren Bezug auf die neu auflebende Reformpädagogik. Dadurch entsteht die Möglichkeit, „jede Aufnahme irgendeines reformpädagogischen Elements als Offenheit anzusehen“[3].
Der ´Offene Unterricht´ verändert sich seit dem zu einem Sammelsurium verschiedener reformpädagogischer Ideen, welche anscheinend beliebig ausgewählt werden können. (vgl. Wopp 1991, S. 323)
[...]
[1] Kasper, Hildegard: Offener Unterricht an Grundschulen. Ulm 1978, S. 10
[2] Göhlich, Michael: Offener Unterricht. Weinheim 1997, S. 28
[3] Göhlich, Michael: Offener Unterricht. Weinheim/Basel 1997, S. 34
- Arbeit zitieren
- Andrea Finke (Autor:in), 2002, Offener Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/40384