Das Ausharren in einer Warteschleife oder Sätze wie „Wir zeichnen diesen Anruf zur Sicherung der Servicequalität auf“ und „Ich verstehe Sie voll und ganz, da ich aber keinen Zugriff habe, kann ich leider auch nichts machen“ hat wohl jeder schon einmal bei einem Anruf einer Service-Hotline, eines Kundencenters oder einer Beratungsstelle erfahren müssen. Trotz unterschiedlicher Bezeichnungen, fallen alle diese “medienvermittelten Dienstleistungen“ unter das Organisationskonzept sogenannter Call Center. Ein Call Center ist wohl bei vielen Privatpersonen mit dem Bild einer Arbeit unter schlechten Bedingungen, sowie ununterbrochenen Gesprächen und hohem Stressfaktor verknüpft. Die damit einhergehenden Merkmale wie einer einseitigen, routinierten Tätigkeit, eingeschränkten Handlungsspielräumen und schlechter Bezahlung machen die dortige Arbeit zu einem Symbol heutiger tayloristischer Organisationsweise.
Umso erstaunlicher ist auf den ersten Blick eines der Ergebnisse des Forschungsprojekts von Holtgrewe und Kerst. Unter anderem erhoben sie die Meinungen der Call Center-Agenten zu den Anteilen von Variabilität und Routinehandeln in ihrem Arbeitsablauf. Bei der Frage nach Merkmalen der Arbeit lag an erster Stelle die nötige Flexibilität, mit neuen unvorhergesehenen Problem umzugehen, welche durch die Vielseitigkeit in der Kundenkommunikation herbeigeführt wird, gefolgt von der autonomen Problemlösung dieser Unsicherheiten. Das Maß der Autonomie ist ungefähr gleichgewichtig mit der Wahrnehmung des routinemäßigen Handelns. An letzter Stelle steht die Kreativität, welche auf den ersten Blick wenig überraschend nur eine geringe Rolle spielt, bei weiteren Überlegungen aber die Frage aufwirft, auf welche Art und Weise genau die als wichtig angesehene Flexibilität im facettenreichen Kundenkontakt umgesetzt wird, wenn eben nicht durch Einfallsreichtum der Agenten.
Inhaltsverzeichnis
- Verbreitung, Grenzen und Weiterentwicklungen des Taylorismus in Call Centern
- Call Center: Definition und Erscheinungsformen
- Taylorismus und Call Center
- Die Parallelen zwischen Taylorismus und Call Centern
- Die Grenzen des Taylorismus in Call Centern
- Subjektiver Taylorismus
- Die Subjektivierung der Arbeit im Call Center
- Die Herausforderungen des subjektiven Taylorismus
- Kritik am Subjektiven Taylorismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Verbreitung, den Grenzen und Weiterentwicklungen des Taylorismus in Call Centern. Sie untersucht die Parallelen zwischen den Prinzipien des klassischen Taylorismus und der Arbeitsweise in Call Centern und beleuchtet gleichzeitig die spezifischen Herausforderungen und die Entstehung des „Subjektiven Taylorismus“ als Reaktion auf die Anforderungen der Interaktionsarbeit mit Kunden.
- Taylorismus und Call Center: Analyse der Übereinstimmungen und Unterschiede
- Der „Subjektive Taylorismus“: Ein neuer Ansatz zur Arbeitsorganisation in Call Centern
- Die Herausforderungen des subjektiven Taylorismus: Flexibilisierung, Kontrolle und Anerkennung
- Die Kritik am Subjektiven Taylorismus: Ausnutzung von Subjektivität und Verschärfung des Konkurrenzdrucks
Zusammenfassung der Kapitel
- Verbreitung, Grenzen und Weiterentwicklungen des Taylorismus in Call Centern: Einleitung und Definition des Begriffs Call Center sowie Einordnung der Arbeit in Call Center in den Kontext des Taylorismus.
- Call Center: Definition und Erscheinungsformen: Erörterung verschiedener Definitionen des Begriffs Call Center und Darstellung der verschiedenen Erscheinungsformen, z.B. Inbound- und Outbound-Aktivitäten.
- Taylorismus und Call Center: Analyse der Parallelen zwischen dem klassischen Taylorismus und der Arbeitsweise in Call Centern.
- Subjektiver Taylorismus: Darstellung des Konzepts des „Subjektiven Taylorismus“ als Reaktion auf die komplexen Anforderungen der Interaktionsarbeit in Call Centern.
Schlüsselwörter
Call Center, Taylorismus, Subjektiver Taylorismus, Interaktionsarbeit, Kundenkommunikation, Arbeitsorganisation, Flexibilisierung, Kontrolle, Anerkennung, Kritik, Ausnutzung von Subjektivität, Konkurrenzdruck.
- Quote paper
- Jessika Müller (Author), 2016, Verbreitung, Grenzen und Weiterentwicklungen des Taylorismus in Call Centern, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/387528