Im Zuge der Einführung der neuen EU-Richtlinien, welche das Recycling von Elektro- und Elektronikaltgeräten regeln, ist in nächster Zeit vermehrt mit der Entstehung von Elektro- und Elektronikschrottlagerstätten zu rechnen. Innerhalb einer Brandrisikoanalyse wurde versucht, Aussagen über die Gefahren der Brandentstehung und Brandausbreitung dieser Lagerstätten zu treffen. Des Weiteren war von Interesse, ob sich diese Gefahren wesentlich von denen anderer Lagerstätten in der Industrie unterscheiden.
[...]
Die Zündeigenschaften des Lagergutes sind differenziert zu betrachten. Es bestehen hohe Sicherheitsanforderungen an die Geräte aus Gesetzgebung und Normung, würden diese konsequent von allen Herstellern eingehalten, dann dürfte das von den Geräten ausgehende Brandrisiko nicht sehr groß sein. Da jedoch die Sicherheitsanforderungen aus der Normung nicht gesetzlich verbindlich sind, kann keine genaue Aussage darüber getroffen werden, wie viele Hersteller sich letztlich an diese Anforderungen halten. Des Weiteren ist ungeklärt, ob ein Gerät nach mehreren Jahren Nutzungsdauer, wenn es zu Elektronikschrott wird, noch das gleiche Sicherheitsniveau aufweist wie bei seiner Herstellung.
Es besteht also hinsichtlich der Brandausbreitung ein gewisses Risiko, dies belegt auch ein Brandversuch an einer Auswahl von Hardware-Geräten.
Bei der Konzeption und Planung von Elektronikschrottlagerstätten sollte somit großen Wert auf ein umfassendes Brandschutzkonzept gelegt werden, um unnötige Gefährdungen zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
0 Zusammenfassung
1 Einleitung
2 Wesentliche rechtliche Anforderungen an Lager mit Elektronikschrott
2.1 Beschreibung des Lagergutes
2.2 Elektronikschrott-Verordnung und EU-Richtlinien WEEE und ROHS
2.3 Vorhandene rechtliche Anforderungen
2.3.1 Anforderungen aus dem Baurecht
2.3.1.1 Die Bauordnungen
2.3.1.2 Die Industriebaurichtlinie
2.3.1.3 Die Kunststofflagerrichtlinie
2.3.2 Anforderungen aus dem Umweltrecht
2.3.2.1 Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
2.3.2.2 Die Elektro-Altgeräte-Richtlinie
2.3.2.3 Das Bundes-Immissionsschutzgesetz
2.3.2.4 Die Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie
2.3.3 Anforderungen der Schadenversicherer
2.3.4 Kriterien von Interessenverbänden
2.4 Eventuell resultierende Anforderungen an Elektronikschrottlager
3 Gestaltung der Lager und mögliche Zündquellen
3.1 Arten der Lagerung
3.1.1 Lagerstätten innerhalb des Entsorgungsbetriebes
3.1.2 Gestaltung der Lager
3.2 Mögliche Zündquellen
3.2.1 Die Aufbereitung der Elektroaltgeräte
3.2.2 Aus Verarbeitungsprozessen resultierende Zündquellen
3.2.3 Weitere Brandursachen
3.3 Lagerung und Brandschutz am Beispiel eines Braunschweiger Betriebes
3.3.1 Betrieb und Lagerung
3.3.2 Brandschutz
3.4 Lagerbrände
4 Zündeigenschaften der Lagergüter
4.1 Rechtliche Anforderungen
4.1.1 Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)
4.1.2 Die Niederspannungsrichtlinie (73/23/EWG)
4.2 Sicherheitsanforderungen an Elektrogeräte
4.2.1 Audio-/Video- und ähnliche Geräte
4.2.2 Elektrische Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke
4.2.3 Einrichtungen der Informationstechnik
4.3 Prüfverfahren zur Beurteilung der Brandgefahr
4.3.1 Prüfung mit der Nadelflamme nach DIN EN 60695-2-2
4.3.2 Prüfungen mit dem Glühdraht
4.3.2.1 Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-11
4.3.2.2 Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-12
4.3.2.3 Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-13
4.3.3 Prüfverfahren mit 50-W Prüfflamme
4.3.3.1 Horizontalbrennprüfung
4.3.3.2 Vertikalbrennprüfung
4.3.4 Prüfverfahren mit 500-W-Prüfflamme
4.4 Einsatz von Flammschutzmitteln in der Elektrotechnik
4.4.1 Verwendung flammenhemmender Zusätze
4.4.2 Wirkungsweise von Flammschutzmitteln
4.4.3 Arten von Flammschutzsystemen
4.5 Brandversuche
4.6 Bewertung der Zündeigenschaften
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Zusammensetzung der Elektro- und Elektronikaltgeräte im Jahr 1997
Abbildung 2: Gitterbox
Abbildung 3: Verfahrensschritte in einem Zerlegezentrum
Abbildung 4: Shredder
Abbildung 5: Mittlere Zusammensetzung der Shredderleichtfraktion
Abbildung 6: Freilager der Elpro GmbH
Abbildung 7: Gefahrstofflager in der Werkhalle der Elpro GmbH
Abbildung 9: Beispiele für die Prüfanordnung bei der Nadelflammenprüfung
Abbildung 10: Prüfung mit dem Glühdraht (Draufsicht)
Abbildung 11: Aufbau für die Horizontalbrennprüfung
Abbildung 12: Aufbau für die Vertikalbrennprüfung
Abbildung 13: Prüfungsaufbau nach DIN EN 60695-11-20
Tabelle 1: Globale Zusammensetzung der Elektrogeräte
Tabelle 2: Elektronikschrott-Aufbereitungsanlagen in Deutschland (Stand 1993)
Tabelle 3: Abstände von potentiellen Zündquellen und daraus folgende Entflammbarkeitskategorien für Audio-/Video- und ähnliche Geräte
Tabelle 4: Zusammenstellung der Anforderungen für die Entflammbarkeit von Werkstoffen bei Einrichtungen der Informationstechnik
Tabelle 5: Anwendung der Nadelflammenprüfung nach DIN EN 60695-2-2
Tabelle 6: Anwendung der Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-11
Tabelle 7: Anwendung der Horizontalbrennprüfung nach DIN EN 60695-11-10
Tabelle 8: Anwendung der Vertikalbrennprüfung nach DIN EN 60695-11-10
Tabelle 9: Kategorien der Vertikalverbrennung nach DIN EN 60695-11-10
Tabelle 10: Kategorien der Vertikalverbrennung nach DIN EN 60695-11-20
Tabelle 11: Zusammenfassung der WISO-Versuchsergebnisse
0 Zusammenfassung
Im Zuge der Einführung der neuen EU-Richtlinien, welche das Recycling von Elektro- und Elektronikaltgeräten regeln, ist in nächster Zeit vermehrt mit der Entstehung von Elektro- und Elektronikschrottlagerstätten zu rechnen.
Innerhalb einer Brandrisikoanalyse wurde versucht, Aussagen über die Gefahren der Brandentstehung und Brandausbreitung dieser Lagerstätten zu treffen. Des Weiteren war von Interesse, ob sich diese Gefahren wesentlich von denen anderer Lagerstätten in der Industrie unterscheiden.
Bezüglich der rechtlichen Anforderungen beim Bau von Elektronikschrottlager-stätten sind die Anforderungen der Landesbauordnungen sowie der Industriebaurichtlinie, falls vorhanden, zu erfüllen. Die Richtlinie über den Brandschutz bei der Lagerung von Sekundärrohstoffen aus Kunststoff findet trotz des relativ hohen Kunststoffanteils beim Elektronikschrott von 22 Gew.% keine Anwendung, da deren Anwendungsbereich auf reinen Kunststoff beschränkt ist. Die Anforderungen aus dem Umweltrecht sind in dem Merkblatt der Länderarbeits-gemeinschaft Abfall zusammengefasst.
Hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen aus Bau- und Umweltrecht bestehen somit keine Unterschiede zu „normalen“ Industriebetrieben.
Eine Untersuchung der möglichen Zündquellen zur Bewertung des Risikos der Brandentstehung ergab keine wesentliche Abweichung von anderen Lagerstätten in Industriebetrieben. Die aus den Verarbeitungsprozessen resultierenden Zündquellen stellen kein außerordentlich hohes Gefahrenpotential dar, das Risiko der Brandstiftung besteht mit großer Sicherheit ebenso wie bei anderen Lagerstätten.
Die Zündeigenschaften des Lagergutes sind differenziert zu betrachten. Es bestehen hohe Sicherheitsanforderungen an die Geräte aus Gesetzgebung und Normung, würden diese konsequent von allen Herstellern eingehalten, dann dürfte das von den Geräten ausgehende Brandrisiko nicht sehr groß sein. Da jedoch die Sicherheitsanforderungen aus der Normung nicht gesetzlich verbindlich sind, kann keine genaue Aussage darüber getroffen werden, wie viele Hersteller sich letztlich an diese Anforderungen halten. Des Weiteren ist ungeklärt, ob ein Gerät nach mehreren Jahren Nutzungsdauer, wenn es zu Elektronikschrott wird, noch das gleiche Sicherheitsniveau aufweist wie bei seiner Herstellung.
Es besteht also hinsichtlich der Brandausbreitung ein gewisses Risiko, dies belegt auch ein Brandversuch an einer Auswahl von Hardware-Geräten.
Bei der Konzeption und Planung von Elektronikschrottlagerstätten sollte somit großen Wert auf ein umfassendes Brandschutzkonzept gelegt werden, um unnötige Gefährdungen zu vermeiden.
1 Einleitung
Das Gesamtaufkommen von Elektro- und Elektronikaltgeräten wird in Deutschland zur Zeit auf etwa 1,8 - 2,0 Mio. Tonnen pro Jahr geschätzt. Aufgrund der immer größer gewordenen Vielfalt elektrischer und elektronischer Produkte sowie der immer kürzeren Nutzungsphasen der Geräte, geht man von einer Mengensteigerung von ca. 3 - 5 % pro Jahr aus. Die im Februar letzten Jahres in Kraft getretene Europäische Elektro- und Elektronikaltgeräte-Richtlinie WEEE regelt die Recyclinganforderungen an diese Altgeräte, welche sich durch ein hohes Wertstoff- aber auch Schadstoffpotential auszeichnen.
Aus diesem Grund muss mit einer verstärkten Entstehung von Lagerstätten für Elektronikschrott gerechnet werden. Die Elektroaltgeräte enthalten jedoch oft Schadstoffe wie die Schwermetalle Cadmium, Quecksilber und Blei oder andere gefährliche Stoffe wie Brom oder Arsen. Ein Brand solch eines Elektronikschrott-lagers kann demnach gravierende Folgen für Mensch und Umwelt haben.
Eine Brandrisikoanalyse untersucht die Risiken der Brandentstehung und der Brandausbreitung sowie die Folgen eines Brandes für Mensch und Umwelt. Diese Brandrisikoanalyse beschäftigt sich mit der Frage, ob sich die von den Elektronikschrottlagerstätten ausgehenden Risiken wesentlich von denen anderer Industriebauten unterscheiden, so dass eventuell besondere Anforderungen bezüglich des Brandschutzes gestellt werden sollten.
So erfolgt in Kapitel 2 zunächst eine Zusammenstellung der vorhandenen rechtlichen Anforderungen aus Baurecht und Umweltrecht an den Brandschutz von Lagerstätten, um daraus die möglichen Anforderungen an Elektronikschrott-lagerstätten ableiten zu können. Mit Überlegungen zu eventuellen Lagerformen und Zündquellen, die aus dem Betrieb eines Recyclingunternehmens resultieren können, befasst sich Kapitel 3. Das letzte Kapitel beinhaltet den Versuch einer Bewertung der Zündeigenschaften der Elektronikaltgeräte mit Hilfe der Darstellung der brandschutztechnischen Anforderungen an die Geräte aus Gesetzgebung und Normung sowie den auf internationaler Ebene von den Herstellern durchzuführenden Prüfungen zur Beurteilung der Brandgefahr.
2 Wesentliche rechtliche Anforderungen an Lager mit Elektronikschrott
Um die rechtlichen Anforderungen an Lager mit Elektronikschrott herausarbeiten zu können, ist zunächst einmal die Ermittlung der Zusammensetzung des Lagergutes notwendig. Anschließend erfolgt eine kurze Beschreibung der EU-Richtlinien WEEE und ROHS, sowie eine Zusammenstellung der wichtigsten, bereits vorhandenen rechtlichen Anforderungen.
2.1 Beschreibung des Lagergutes
Der Begriff Elektronikschrott als Abfall-Segment wurde in den 90er Jahren eingeführt. Er beschreibt Geräte und Maschinen, die mit elektrischem Strom betrieben wurden. Diese Geräte können in drei Hauptgruppen unterteilt werden:[1]
- Geräte aus dem Konsumgüterbereich (außer IT-Geräte)
- Geräte aus dem Investitionsgüterbereich (außer IT-Geräte)
- Geräte der Informations-, Büro- und Kommunikationstechnik (IT-Geräte)
Die Geräte aus dem Konsumgüterbereich umfassen Haushaltsgroßgeräte (weiße Ware) wie Kühlgeräte , Wasch- und Trockengeräte, Herde etc., aber auch Geräte der Unterhaltungselektronik (braune Ware) wie Fernseher, Radios und Video-recorder, sowie Kleingeräte wie Küchenmaschinen, Rasierer, Uhren, Taschen-rechner und Handys. Die Haushaltsgroßgeräte stellen mit 35 % den Hauptbestandteil des Elektronikschrotts dar (vgl. Abbildung 1).
Geräte aus dem Investitionsgüterbereich sind zum Beispiel Registrierkassen, elektrische Waagen, elektrisches Werkzeug, Mess-, Steuerungs- und Regelungs-anlagen an Maschinen und Maschinenanlagen, Automaten und Geräte der Labor- und Medizintechnik.
Die IT-Geräte umfassen Computer, Monitore, Drucker, Tastaturen, Verviel-fältigungsgeräte, Faxgeräte, Overheadprojektoren und Telefonanlagen.
Gemäß des Entwurfes der Elektro-Altgeräte-Verordnung (EAV) aus dem Jahre 1999 gelten „Ge- und Verbrauchsmaterialien nicht als Elektrogeräte“. Dies sind z.B. Tonerkartuschen, Disketten und Kopierpapier.
Eine detaillierte Auflistung aller als Elektronikschrott definierten Geräte befindet sich im Anhang I der EU-Richtlinie 2002/96/EG.[2]
Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) hat die Menge der Elektro- und Elektronikaltgeräte für das Jahr 1997 auf etwa 1,8 Mio. t geschätzt. Die Zusammensetzung der Altgeräte kann der folgenden Abbildung entnommen werden:[3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Zusammensetzung der Elektro- und Elektronikaltgeräte im Jahr 1997
Die Geräte aus dem Konsumgüterbereich[4] sind mit 1,03 Mio. t der Hauptbestandteil der Elektronikaltgeräte. Es handelt sich hierbei um Geräte, die von privaten Haushalten zurückgegeben werden. Diese Menge entspricht in etwa 13 kg Konsumgüter-Elektronikschrott pro Einwohner und Jahr.[5]
Da jedoch aufgrund der immer größer werdenden Vielfalt elektrischer und elektronischer Produkte und der immer kürzer werdenden Nutzungsphasen der Geräte mit einer zukünftigen jährlichen Mengensteigerung von ca. 3 - 5 % gerechnet wird, muss dies bei der Dimensionierung der Elektronikschrottlager entsprechend beachtet werden.
Die folgende Tabelle zeigt in etwa die globale Zusammensetzung der oben aufgeführten Geräte:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Globale Zusammensetzung der Elektrogeräte[6]
2.2 Elektronikschrott-Verordnung und EU-Richtlinien WEEE und ROHS
Der erste Entwurf einer deutschen Elektroschrott-Verordnung wurde im Jahre 1991 veröffentlicht. Auf diese Weise sollte die Rücknahme und Entsorgung von elektrischen und elektronischen Altgeräten geregelt werden, da ein starker Anstieg des Elektronikschrott-Aufkommens zu verzeichnen war. Im Jahre 1999 erschien dann nach grundlegenden Veränderungen ein Entwurf der „IT-Altgeräte-Verordnung“, welcher sich auf Geräte der Informationstechnik beschränkte. Dieser Entwurf sollte als „Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Verordnung (EAV)“ auf weitere Produktgruppen ausgeweitet werden.[7] Das Verordnungsgebungsverfahren wurde jedoch nicht weiterverfolgt, da die EU-Kommission im Jahre 1993 eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung der Grundlagen einer EU-Richtlinie eingerichtet hatte.
Am 13. Februar 2003 traten schließlich die EU-Richtlinien 2002/96/EG und 2002/95/EG in Kraft. Bei der Richtlinie 2002/96/EG handelt es sich um die Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte, im Englischen WEEE (waste electrical and electronic equipment). Die Richtlinie 2002/95/EG regelt die „Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in elektrischen und elektronischen Geräten“, kurz ROHS (restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronical equipment). Die Umsetzung dieser Richtlinien in nationales Recht muss bis zum 13. August 2004 geschehen. Die Aufgaben der Mitgliedsstaaten gemäss der Richtlinien sind folgende:[8]
- Endnutzer und Vertreiber müssen spätestens ab dem 13. August 2005 Altgeräte kostenlos zurückgeben können
- bis zum 31. Dezember 2006 müssen mindestens vier Kilogramm Altgeräte aus privaten Haushalten pro Einwohner und Jahr getrennt gesammelt werden
- es muss sichergestellt werden, dass die Hersteller für eine Behandlung nach besten verfügbaren Techniken sorgen
- die Hersteller müssen die Zielvorgaben für Verwertung und Recycling spätestens bis zum 31. Dezember 2006 erfüllen
- die Hersteller müssen spätestens ab dem 13. August 2005 die Entsorgung der Altgeräte finanzieren
- jeder Hersteller muss beim Inverkehrbringen eines Produktes eine Garantie stellen, die besagt, dass die Finanzierung der Entsorgung aller Altgeräte gewährleistet ist
- es muss ein Verzeichnis der Hersteller erstellt, sowie Daten zu Mengen und Kategorien von Geräten - vom Inverkehrbringen bis zur Entsorgung - erhoben werden
- ab dem 1. Juli 2006 dürfen in Verkehr gebrachte Geräte bestimmte gefährliche Stoffe nicht mehr enthalten (Blei, Quecksilber, Cadmium, brom-haltige Flammschutzmittel und sechswertiges Chrom).
Die Kommunen organisieren und finanzieren die haushaltsnahe Sammlung eigenständig. Die Gerätenutzer tragen die Verantwortung dafür, dass die Altgeräte nicht in den Restmüll gelangen. Durch die Verpflichtung, Verantwortung für die Entsorgung zu übernehmen, sollen die Hersteller dazu gezwungen werden, den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte in ihre Kalkulation einzubeziehen.[9]
Bezüglich der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht existiert bereits ein Arbeitsentwurf des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG). Der Gesetzesentwurf ist in vier Artikel aufgegliedert:[10]
Artikel 1: ElektroV-Beleihungsgesetz (ElektroVBG)
Artikel 2: Elektro- und Elektronikgeräteverordnung (ElektroV)
Artikel 3: Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang
Artikel 4: Inkrafttreten
Vorrangige Ziele der nationalen Regelung sind wettbewerbskonforme Lösungen, Aktivierung privater Verantwortung (Produktverantwortung der Hersteller) und die Berücksichtigung bewährter Entsorgungselemente aus der gängigen Praxis.[11]
Artikel 2 des Entwurfes bildet das Kernstück. Die Regelungen der Elektro- und Elektronikgeräteverordnung bauen auf dem 1999/2000 erreichten Stand der Arbeiten an den nationalen Regelungen (IT-Altgeräte-Verordnung, EAV) auf. In direkter Umsetzung der Richtlinie 2002/95/EG (ROHS) wird hier ein Verkehrsverbot für bestimmte gefährliche Stoffe mit Ausnahme für spezielle, im Anhang gelistete Verwendungszwecke geregelt. Die Umsetzung der Richtlinie 2002/96/EG (WEEE) erfolgt mit der Beschreibung der Verpflichtungen und Strukturen in den Schritten Sammlung, Behandlung, Verwertung, Recycling und Beseitigung in der Praxis.
2.3 Vorhandene rechtliche Anforderungen
Um eventuell resultierende Minimalanforderungen an Elektronikschrottlager zu ermitteln, müssen die bereits bestehenden brandschutztechnischen und umweltrechtlichen Richtlinien und Vorschriften für Lager untersucht werden. Entsprechende Regelungen findet man im Baurecht, im Umweltrecht, aber auch beim Verband der Schadenversicherer (VdS) und anderen Interessenverbänden.
2.3.1 Anforderungen aus dem Baurecht
2.3.1.1 Die Bauordnungen
Die Brandschutzanforderungen im Baurecht sind direkt in den einzelnen Landesbauordnungen (LBO) geregelt. Die Musterbauordnung (MBO) regelt in § 3 die Grundsatzanforderungen an bauliche Anlagen. Diese sind so anzuordnen und zu errichten, dass
- die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet wird,
- sie ihrem Zweck entsprechend ohne Missstände zu benutzen sind und
- die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst beachtet werden.[12]
Der § 17 der MBO definiert die Schutzziele bezüglich des Brandschutzes. Im Wesentlichen muss der Entstehung und Ausbreitung von Schadenfeuer vorgebeugt werden, die Rettung von Menschen muss gewährleistet sein und im Falle eines Brandes müssen wirksame Löscharbeiten möglich sein.[13] Zur Einhaltung dieser Schutzziele werden in den folgenden Paragraphen detaillierte Einzelanforderungen beschrieben, die jedoch in erster Linie für normale Hochbauten wie Wohn- oder Bürogebäude gültig sind. Eine grundlegende Forderung ist die Bildung von Brandabschnitten in Gebäuden. Dies wird in der Regel durch den Einbau von Brandwänden in Abständen von nicht mehr als 40 m erreicht. Des Weiteren dürfen grundsätzlich keine leichtentflammbaren Baustoffe der Baustoffklasse B3 verwendet werden, es sei denn, sie sind im Verbund mit anderen Baustoffen nicht leicht entflammbar.
Ein Lager mit Elektronikschrott ist gemäss der Definition des § 51 Abs. (2) Nr. 8 MBO eine bauliche Anlage besonderer Art oder Nutzung. Bei Gebäuden dieser Art sind sowohl Erleichterungen als auch Verschärfungen hinsichtlich der Brandschutzanforderungen möglich. Hierüber entscheiden die Bauaufsichts-behörden im Einzelfall. Teilweise werden diese besonderen Anforderungen jedoch auch auf Landesebene in Sonderverordnungen oder Richtlinien geregelt.
2.3.1.2 Die Industriebaurichtlinie
Eine der Sonderverordnungen ist die Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Industriebaurichtlinie - IndBauR). Da es sich bei einem Lager für Elektronikschrott um einen Industriebau handelt, könnten Anforderungen an solche Lagerstätten von dieser Richtlinie abgeleitet werden. Die Industriebauricht-linie regelt in erster Linie die Feuerwiderstandsfähigkeit und die Brennbarkeit der Bauteile, die Größe der Brand- bzw. Brandbekämpfungsabschnitte, sowie die Anordnung, Lage und Länge der Rettungswege. Es muss jedoch beachtet werden, dass die Richtlinie nicht für überwiegend offene Industriebauten wie Freilager, sowie für Regallager mit Lagerguthöhen von mehr als 9,0 m (Oberkante Lagergut) gültig ist.[14] Im Folgenden wird eine Auswahl der allgemeinen Anforderungen aufgeführt:[15]
Löschwasserbedarf
Der Löschwasserbedarf muss über einen Zeitraum von zwei Stunden sicher-gestellt sein. Er beträgt mindestens 96 m³/h bei Brandabschnittsflächen von bis zu 2500 m² oder vorhandener selbsttätiger Feuerlöschanlage und mindestens 192 m³/h bei Brandabschnittsflächen von mehr als 4000 m². Zwischenwerte können linear interpoliert werden.
Lage und Zugänglichkeit
Jeder Brandabschnitt und jeder Brandbekämpfungsabschnitt muss, sofern keine selbsttätige Löschanlage vorhanden ist, mit mindestens einer Seite an einer Außenwand liegen und von dort für die Feuerwehr zugänglich sein. Eine befahrbare Umfahrt für Feuerwehrfahrzeuge ist notwendig, wenn die Grundfläche größer als 5000 m² ist.
Rettungswege
Jeder Produktions- oder Lagerraum mit einer Fläche von mehr als 200 m² muss mindestens zwei Ausgänge haben. Von jeder Stelle des Raumes soll mindestens ein Hauptgang (>= 2 m Breite) nach höchstens 15 m Lauflänge erreichbar sein. Die maximale Rettungsweglänge von jeder Stelle des Raumes bis zu einem notwendigen Treppenraum oder bis zu einem Ausgang ins Freie beträgt 35 m bei einer lichten Raumhöhe bis zu 5 m bzw. 50 m bei einer lichten Raumhöhe von mindestens 10 m.
Rauchabzug
Produktions- und Lagerräume ohne selbsttätige Feuerlöschanlage mit einer Fläche von mehr als 200 m² müssen Wand- und /oder Deckenöffnungen enthalten, die eine Rauchableitung ins Freie ermöglichen. Die Größe der Öffnungen soll mindestens 2 % der Fläche betragen. Bei einer Fläche von mehr als 1600 m² muss eine raucharme Schicht von mindestens 2,5 m Höhe rechnerisch nachgewiesen werden.
Brandwände
Brandwände und Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten sind mindestens 0,5 m über Dach zu führen. Im Bereich der Außenwände ist durch geeignete Maßnahmen eine Brandübertragung auf andere Brandabschnitte zu behindern. Öffnungen in inneren Brandwänden sind zulässig, wenn sie nach DIN 4102 klassifizierte Abschlüsse in gleicher Feuerwiderstandsdauer der Wände haben.
Nichttragende Außenwände und Außenwandbekleidungen
Bei Industriebauten mit einer Grundfläche von mehr als 2000 m² müssen diese Wände und Bekleidungen aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen (erdgeschossige Industriebauten ohne selbsttätige Löschanlage und mehr-geschossige Industriebauten mit selbsttätiger Löschanlage) bzw. aus nicht-brennbaren Baustoffen (mehrgeschossige Industriebauten ohne selbsttätige Löschanlage) bestehen.
Bedachungen
Eine Brandausbreitung innerhalb eines Brandabschnittes über das Dach muss z.B. mit einer tragenden Dachschale aus mineralischen Baustoffen, oder mit Bedachungen aus nichtbrennbaren Baustoffen behindert werden.
Größe der Brandabschnitte
Die maximal erlaubte Größe der Brandabschnitte beträgt bei Lagergebäuden bzw. Lagerbereichen ohne selbsttätige Feuerlöschanlage 1200 m². Die Unterteilung der Brandabschnitte erfolgt mittels Freiflächen. Die Freiflächen müssen bei einer Lagerguthöhe von bis zu 4,5 m eine Breite von mindestens 3,5 m, und bei einer Lagerguthöhe von 7,5 m eine Breite von mindestens 5 m haben. Zwischenwerte ergeben sich durch Interpolation.
2.3.1.3 Die Kunststofflagerrichtlinie
Im Zuge der Einführung des Dualen Systems Deutschland (DSD) im Jahr 1991 wurde unter anderem im Bundesland Nordrhein-Westfalen im Jahre 1998 eine weitere Sonderverordnung – die Kunststofflager-Richtlinie (KLR) – eingeführt. Aufgrund des relativ hohen Kunststoffanteils im Elektro- und Elektronikschrott[16] ist auch diese Richtlinie bei der Ermittlung der Anforderungen an die Lager mit Elektronikschrott von Interesse.
Das Ziel der KLR orientiert sich an den Schutzzielen des § 17 MBO. Sie enthält Anforderungen an die Größe der Fläche von Brand- und Lagerabschnitten, an die Lagerguthöhe, sowie an die Begrenzung der Brand- und Lagerabschnitte durch Wände oder durch Freiflächen. Der Geltungsbereich dieser Richtlinie umfasst Lager von Sekundärrohstoffen aus Kunststoff in Mengen von mehr als 200 m³ in Form von Mono- oder Mischfraktionen in kompakter Form oder als Schüttgut, lose, in ortsfesten Behältern, in Lagergebäuden und im Freien. Auch hier erfolgt eine kurze Auflistung der wesentlichen Anforderungen:[17]
Löschwasserversorgung
Wie auch in der Industriebaurichtlinie festgelegt, muss mindestens 96 m³ Löschwasser pro Stunde für einen Zeitraum von mindestens zwei Stunden zur Verfügung stehen.
Lagerguthöhe
Die Lagerguthöhe darf bei Schüttung 5 m, bei Blocklagerung 4 m nicht überschreiten.
Lagerung von (Kunst-)Stoffen in Gebäuden
Die Lagerung in Gebäuden darf nur in Erdgeschossen erfolgen. Das Lager ist durch Brandwände in Brandabschnitte von höchstens 5000 m² zu unterteilen, jeder Brandabschnitt ist durch mindestens 5 m breite Freiflächen in Lagerabschnitte von höchstens 300 m² zu unterteilen. Ist der Brandabschnitt größer als 800 m², müssen stationäre automatische Feuerlöschanlagen oder Rauchabzugsanlagen in Verbindung mit automatischen Brandmeldeanlagen vorhanden sein. Ist der Brandabschnitt größer als 1600 m² müssen stationäre automatische Feuerlöschanlagen vorhanden sein. Die KLR erlaubt also eine größere maximale Brandabschnittsfläche als die Industriebaurichtlinie mit 1200 m². Dieser Wert ist jedoch auf Lagerstätten ohne selbsttätige Feuerlöschanlage beschränkt. Die Breite der Freistreifen hängt hier im Gegensatz zu der Industriebaurichtlinie, wo auch eine geringere Breite als 5 m möglich ist, nicht von der Lagerguthöhe ab.
Lagerung von (Kunst-)Stoffen im Freien
Das Lager ist durch 10 m breite, nicht überdachte Freiflächen oder durch feuerbeständige Wände aus nichtbrennbaren Baustoffen in Brandabschnitte von höchstens 2000 m² zu unterteilen. Jeder Brandabschnitt ist durch mindestens 5 m breite Freiflächen oder durch feuerbeständige Wände aus nichtbrennbaren Baustoffen in Lagerabschnitte von höchstens 400 m² zu unterteilen. Brand- und Lagerabschnitte dürfen eine Lagertiefe von 40 m nicht überschreiten, wenn zwei sich gegenüberliegende Seiten für die Brandbekämpfung frei zugänglich sind, bzw. eine Lagertiefe von 20 m nicht überschreiten, wenn nur eine Seite für die Brandbekämpfung zugänglich ist. Die Lager müssen von den Grundstücksgrenzen einen Abstand von mindestens 10 m einhalten oder gegenüber Grundstücks-grenzen feuerbeständige Wände aus nichtbrennbaren Baustoffen ohne Öffnungen bis mindestens 1 m über der zulässigen Lagerguthöhe haben.
Eine Anfrage beim nordrhein-westfälischen Landesbauministerium ergab, dass Elektronikschrott aufgrund der Definition des Anwendungsbereiches der KLR nur als aussortierter (reiner) Kunststoff, welcher für die Herstellung eines Produktes weiterverwendet wird, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.[18]
2.3.2 Anforderungen aus dem Umweltrecht
Die Anforderungen aus dem Umweltrecht behandeln zum größten Teil die Entsorgung sowie Anforderungen an Entsorgungsbetriebe, deren Betreiber und die Hersteller des zu entsorgenden Materials. Zu überprüfen ist, ob spezielle, nicht nur brandschutztechnische, Anforderungen an Lagerstätten gestellt werden.
2.3.2.1 Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
Vor der Verabschiedung der EU-Richtlinien und der Verpflichtung zu deren Umsetzung ins nationale Recht war das Abfallrecht die Rechtsgrundlage für die Entsorgung von Elektronikschrott. Das 1996 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG) regelt in erster Linie die Grundsätze und Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen sowie der Entsorgungsträger, aber auch die Produktverantwortung der Hersteller. Aus diesem Gesetz ergeben sich also Pflichten der Betreiber der Elektronikschrottlager bzw. der Entsorger des Elektronikschrotts, es werden jedoch keine konkreten Anforderungen bezüglich der Lagerung festgelegt. Da es sich bei Elektronikschrott gemäss der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) um einen „besonders überwachungs-bedürftigen Abfall“ handelt[19], findet auch der § 41 des KrW-/AbfG Anwendung. Er besagt, dass an die Überwachung sowie die Beseitigung solcher Abfälle besondere Anforderungen gestellt werden.
2.3.2.2 Die Elektro-Altgeräte-Richtlinie
Aufbauend auf den Grundzügen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes hat die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) im Jahr 2000 eine Richtlinie erarbeitet, welche die technischen Anforderungen zur Entsorgung von Elektro-Altgeräten sowie zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen zur Entsorgung von Elektro-Altgeräten regelt. Die Elektro-Altgeräte-Richtlinie (EAG-Richtlinie) soll den Behörden unter anderem bei der Zulassung und Überwachung von Verwertungsanlagen behilflich sein. Bezüglich der Lagerung der Altgeräte ist auf die Vermeidung von Beschädigungen zu achten, unter anderem auch aus Gründen des Brandschutzes.[20] Vorrangiges Ziel der Anforderungen ist eine Vermeidung der Gefährdung der Schutzgüter Wasser, Boden und Luft; hieraus ist zu schließen, dass entsprechende brandschutztechnische Vorkehrungen getroffen werden müssen.
2.3.2.3 Das Bundes-Immissionsschutzgesetz
Auch die Anforderungen des Gesetztes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG) bei der Ermittlung der Anforderungen an Elektronikschrottlager spielen eine Rolle. Im § 3 Abs. (5) des BImSchG sind Anlagen im Sinne dieses Gesetzes „Grundstücke auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können [...]“.[21] Hier wird unterschieden zwischen genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen. Die Elektro-Altgeräte-Richtlinie legt unter Punkt 3 fest, dass die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) Anwendung findet, sofern die im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Mengenschwellen überschritten werden.[22] So müssen Anlagen mit mindestens 1 t Durchsatz pro Tag dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.[23]
Eher unwahrscheinlich ist eine Klassifizierung des Lagers als „Störfallanlage“ gemäss 12. BImSchV (Störfallverordnung), da nicht mit einer hohen Lagermenge von im Anhang I gelisteten giftigen Stoffen zu rechnen ist.
2.3.2.4 Die Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie
Die Anwendung der Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalte-anlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (LöRüRL) ist abhängig von den gelagerten Stoffen. Die Richtlinie greift nicht, wenn wassergefährdende Stoffe unterhalb der Schwellenwerte nach Nummer 2.1 der Richtlinie gelagert werden. Diese Schwellenwerte sind abhängig von der Wassergefährdungsklasse (WGK). Bei der WGK 1 (schwach wassergefährdende Stoffe) liegt der Wert bei 100 t je Lagerabschnitt, die WGK 2 (wassergefährdende Stoffe) hat einen Schwellenwert von 10 t je Lagerabschnitt, und bei der WGK 3 (stark wassergefährdende Stoffe) liegt der Wert bei 1 t je Lagerabschnitt.[24] Eine Auflistung der wassergefährdenden Substanzen mit Einstufung in die Wassergefährdungsklasse kann dem Anhang 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Wasserhaushaltsgesetz über die Einstufung wassergefährdender Stoffe in Wassergefährdungsklassen (VwVwS) entnommen werden. Da in dieser Vorschrift jedoch nur Substanzen und keine fertigen Erzeugnisse gelistet sind, muss für jede Anlage eine Einzelbetrachtung vorgenommen werden. Die EAG-Richtlinie beinhaltet in Anhang III eine Liste der Gefahrstoffe, die bei der Entsorgung von Elektro-Altgeräten freiwerden können. Der Großteil dieser Gefahrstoffe lässt sich auch einer Wassergefährdungsklasse zuordnen.
Gemäss der Aussage eines Mitarbeiters des nordrhein-westfälischen Landesbauministeriums muss die Frage der Anwendung dieser Richtlinie im Rahmen eines Brandschutzkonzeptes im Einzelfall in Abstimmung mit der Bauaufsichtsbehörde und der Brandschutzdienststelle geklärt werden.[25]
Findet die Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie für die Lager mit Elektronikschrott Anwendung, so regelt sie tabellarisch die zulässigen Lagermengen sowie die zulässige Fläche von Lagerabschnitten, aber auch das erforderliche Volumen der Löschwasser-Rückhalteanlagen. Grundsätzlich wird bei Lagern im Freien mit einer Größe von mehr als 1600 m² eine Feuerwehr-Umfahrt gefordert, offene Löschwasser-Rückhalteanlagen müssen für die Einsatzkräfte der Feuerwehr erreichbar sein.[26]
2.3.3 Anforderungen der Schadenversicherer
Auch in den Richtlinien des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungs-wirtschaft (GDV) sind detaillierte Anforderungen zu finden, die teilweise auf Lager mit Elektronikschrott anwendbar sind. Die Einhaltung dieser Richtlinien empfiehlt sich, um möglichst günstige Versicherungskonditionen zu erhalten, da die Entsorgungsfachbetriebe gemäss § 6 der Verordnung über Entsorgungs-fachbetriebe (EfbV)[27] zu einem ausreichenden Versicherungsschutz verpflichtet sind.[28] Von Interesse ist zum einen die Richtlinie VdS 2199 „Brandschutz im Lager“, zum anderen die Richtlinie VdS 2513 „Brandschutztechnische Richtlinien für die Lagerung von Sekundärrohstoffen aus Kunststoff“. Wie bereits in Kapitel 2.3.1 angesprochen sind Richtlinien über die Lagerung von Kunststoff dahingehend relevant, dass sich im Elektronikschrott ein relativ hoher Anteil an Kunststoff befindet. Kunststoff ist als schwer bzw. normal entflammbarer Baustoff klassifiziert (Baustoffklasse B1 bzw. B2) und ist daher für die brandschutztechnische Betrachtung von höherer Bedeutung als das zwar in größerem Anteil vorhandene, aber als nicht brennbar klassifizierte Metall (Baustoffklasse A1). Es folgt eine Aufstellung der wichtigsten Anforderungen der Richtlinie VdS 2513.[29]
Bezüglich des Geltungsbereichs, der Größe von Teillagerflächen bei Lagerung im Gebäude und im Freien, sowie der Lagerguthöhe entspricht die Richtlinie der im Kapitel 2.3.1 beschriebenen Kunststofflager-Richtlinie. Weitere Anforderungen behandeln den Schutz gegen Brandstiftung, das Rauchverbot, den baulichen Brandschutz, die Lagerorganisation, Brandschutzanlagen usw. Bezüglich der Größe der Brandabschnitte und der Verwendung von Baustoffen wird auf die Regelungen der Landesbauordnungen verwiesen. Um eine günstigere Versicherungsprämie zu erhalten, kann ggf. eine Komplextrennung bestimmter Bereiche erfolgen. Komplextrennwände haben mit ihrer Feuerwiderstandsklasse F 180 eine höhere Feuerwiderstandsklasse als Brandwände, welche über F 90 verfügen. Zudem müssen Komplextrennwände mit 3*4000 Nm bei der Prüfung einer höheren Stossbelastung standhalten als Brandwände (3*3000 Nm).
Eine Löschwasserrückhaltung wird aus „Gründen des vorsorglichen Gewässer- und Bodenschutzes“ nach den Vorgaben der Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie empfohlen.[30] Da Kunststoffe jedoch nicht als wassergefährdend gelten, sind diesbezüglich entsprechende Maßnahmen nicht gesetzlich vorgeschrieben.
2.3.4 Kriterien von Interessenverbänden
Die Hersteller und Importeure elektrotechnischer und elektronischer Produkte werden durch den Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) und den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) vertreten. Die der beiden Verbände definierten Kriterien zur Zertifizierung von Verwertungsunternehmen für elektronische und elektrotechnische Produkte richten sich an akkreditierte Zertifizierungsstellen. Mit Hilfe dieser Kriterien sollen für die Verwertung von elektrotechnischen und elektronischen Produkten geeignete Unternehmen zertifiziert und somit identifiziert werden, die zum einen im Interesse der Umweltgesetzgebung, zum anderen im Interesse der Verbände handeln.[31]
Die Lagerung von Produkten muss gemäss Punkt 2.2 derart erfolgen, dass sowohl die gesetzlichen Anforderungen eingehalten, als auch die weitere Verwertung und Entsorgung nicht beeinträchtigt wird.[32] Somit weichen die Kriterien im Fall des Lagers mit Elektronikschrott nicht von den bereits dargestellten Anforderungen ab.
2.4 Eventuell resultierende Anforderungen an Elektronikschrottlager
Die momentane Situation erinnert an die Einführung der Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen. Bereits im Vorfeld der Einführung wurde 1990 das Recyclingunternehmen Duales System Deutschland gegründet. Es bestanden keine besonderen Anforderungen an die dadurch entstandenen Kunststofflager. Erst sechs Jahre später, nach einigen Brandereignissen, veröffentlichte der Verband der Schadenversicherer die Brandschutztechnische Richtlinie für die Lagerung von Sekundärrohstoffen aus Kunststoff, zwei Jahre darauf wurde im Bundesland Nordrhein-Westfalen die Kunststofflager-Richtlinie eingeführt. Zur Zeit gibt es laut dem nordrhein-westfälischen Landesbauministerium keine Überlegungen, eine „Elektroschrottlager-Richtlinie“ zu erlassen.[33] Daher erfolgt zunächst die Zusammenstellung der bestehenden Anforderungen, die beachtet werden müssen.
In Bezug auf den baulichen Brandschutz sind zunächst die Brandschutz-anforderungen der Landesbauordnungen sowie die Industriebaurichtlinien der Länder (falls vorhanden) zu berücksichtigen. Unterscheiden sich hier einzelne Anforderungen, ist das Lager nach den jeweils konkreter auf die Lagerstätte bezogenen Anforderungen auszulegen. Es wäre durchaus denkbar, dass in den nächsten Jahren eine Musterrichtlinie über den Brandschutz bei der Lagerung von Elektronikschrott nach dem Vorbild der Kunststofflager-Richtlinie erarbeitet wird. Elektronikschrott setzt sich aus einer Vielzahl von teilweise gefährlichen[34] Stoffen zusammen, so dass sich eventuell Abweichungen von der Kunststofflager-Richtlinie ergeben. Die Einhaltung der Anforderungen an die Freiflächen bei der Lagerung in Gebäuden und im Freien könnten sich jedoch aufgrund des bereits angesprochenen hohen Kunststoffanteils als sinnvoll erweisen. Die Frage, ob generell eine selbsttätige Feuerlöschanlage notwendig sein wird, kann erst nach Ermittlung des Brandrisikos beantwortet werden. Doch selbst wenn die Ausarbeitung einer Elektronikschrottlager-Richtlinie in den nächsten Jahren erfolgt, entscheiden die Bundesländer immer noch eigenmächtig über deren Einführung.
Die Anforderungen aus dem Umweltrecht sind klar festgelegt und bereits in einer Richtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall zusammengefasst. Die Elektronik-Altgeräte-Richtlinie verweist unter anderem auf die Regelungen des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes, des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie der vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutz-gesetzes. Über die Einhaltung der Anforderungen der Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie muss im Einzelfall entschieden werden, sie ist jedoch aufgrund der Gefahrstoffe, die bei der Entsorgung von Elektro-Altgeräten frei werden können, empfehlenswert.
Was den Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft betrifft, so ist es denkbar, dass auch hier brandschutztechnische Richtlinien für Lager mit Elektronikschrott erarbeitet werden. Prinzipiell wird zunächst einmal die Richtlinie VdS 2199 „Brandschutz im Lager“ einzuhalten sein. Die brandschutztechnischen Richtlinien für die Lagerung von Kunststoffen erschienen bereits zwei Jahre vor der Einführung der Kunststofflager-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen. Wenn die Anforderungen nicht denen der gesetzlichen Regelungen entsprechen, so sind sie stets strenger. In jedem Fall fordern die Versicherer die Einhaltung der Anforderungen aus dem Bau- und Umweltrecht.
Die Interessenverbände üben als Vertreter der Hersteller und Importeure elektronischer Produkte mit ihren an die Zertifizierungsstellen gerichteten Kriterien bereits Einfluss auf die Verwertungsunternehmen aus. Was die Lagerung der Produkte betrifft, so orientieren sie sich jedoch an den gesetzlichen Regelungen.
[...]
[1] Vgl. Hanke, M., Ihrig, Chr., Ihrig, D.F. (2000), S. 3f.
[2] Richtlinie des europäischen Parlamentes und des Rates über Elektro- und Elektronik-Altgeräte.
[3] Vgl. Harant, M. (2001), S. 4.
[4] Vgl. Kapitel 2.1.
[5] Vgl. Hanke, M., Ihrig, Ch., Ihrig, D.F., S. 4.
[6] Vgl. BDE (1995), S. 6.
[7] Vgl. Derwahl, V. (2002).
[8] Vgl. BMU (2003).
[9] Vgl. BMU (2004a).
[10] Vgl. BMU (2004b).
[11] Vgl. BMU (2003).
[12] Vgl. MBO (1996).
[13] Vgl. MBO (1996).
[14] Vgl. Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (2000), S. 4.
[15] Vgl. Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (2000), S. 6f.
[16] Vgl. Tabelle 1.
[17] Vgl. Richtlinie über den Brandschutz bei der Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff (1998), S. 1.
[18] Vgl. Klein, F. (2004).
[19] Vgl. Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (2002), Abfallschlüssel 16 02 XY*, S. 24.
[20] Vgl. Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (2004), S. 15.
[21] Vgl. BImSchG (2001), S. 4.
[22] Vgl. Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (2004), S. 10.
[23] Vgl. 4. BImSchV, Anh. Nr. 8.11, Spalte 2, Buchstabe b, Unterbuchstabe aa bzw. bb.
[24] Vgl. Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (1992), S. 3.
[25] Vgl. Klein, F. (2004).
[26] Vgl. Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (1992), S. 6.
[27] Diese Verordnung wurde auf Grund des § 52 Abs. 2 KrW-/AbfG verfasst.
[28] Vgl. Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe (1996), S. 3.
[29] Vgl. GDV (1996), S. 4ff.
[30] Vgl. GDV (1996), S. 11.
[31] Vgl. VDMA, ZVEI (2000), S. 3.
[32] Vgl. VDMA, ZVEI (2000), S. 6.
[33] Vgl. Klein, F. (2004).
[34] Vgl. Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (2004), Anhang III.