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Hausarbeit, 2017
22 Seiten, Note: 14
2 Einleitung
3 Der Begriff Behinderung
3.1 Definition von Behinderung nach §2 SGB
3.2 Defintition nach der WHO
3.3 Definition nach der UNO
3.4 Begriffsbestimmung im BTHG
4 Der Begriff Selbstbestimmung
5 Die UN - Behindertenrechtskonvention als Grundlage für BTHG
5.1 Artikel 12
5.2 Artikel 14
5.3 Artikel 15
5.4 Artikel 19
6 Veränderung der bisherigen Eingliederungshilfe
6.1 Ziele des BTHG
6.2 Umsetzung der UN - BRK im BTHG
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
9 Anlage
9.1 Artikel 12 der UN - BRK
9.2 Artikel 14 der UN-BRK
9.3 Artikel 15 der UN-BRK
9.4 Artikel 19 der UN-BRK
„บทantastbar ist die Menschenwürde! Echte Teilhabe für uns ist ohne Hürde!“
(Protestsong von F. Beddermann - Stiftung Leben und Arbeiten)
So steht es auch im Artikel 1 des Grundgesetzes. Die Menschenwürde für alle Bürgerinnen der Bundesrepublik Deutschland wird als unantastbar bezeichnet (vgl. Art 1 GG - Einzelnorm 2017). Dennoch müssen in Deutschland viele Menschen mit Behinderungen mit Hürden kämpfen, die ihnen echte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschweren. Dies betrifft einen großen Personenkreis. Laut den Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2013 leben in Deutschland über 10 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Im Durchschnitt hat somit jeder achte Einwohner eine Behinderung. Ca. 7,5 Millionen Menschen werden als schwerbehindert bezeichnet. Die Zahl von Menschen mit Behinderungen ist seit 2009 um 7% gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt).
Die UN - Behindertenrechtskonvention (UN - BRK) machte jedoch Hoffnung, dass Teilhabe ohne Hürden möglich ist. Diese wurde in Deutschland am 26. März 2009 ratifiziert und trat damit in Kraft (vgl. Welke 2012)
Im Fokus der UN - BRK steht der Auftrag an die Gesellschaft Inklusion zu ermöglichen. Dieser Prozess soll aber nicht ohne Einbeziehung der Betroffenen stattfinden. So lautet das Motto der Konvention: „Nicht ohne uns, über uns“ (vgl. Die UN-Behindertenrechtskonvention 2014).
2015 wurde Deutschland, nach einer Überprüfung durch die Vereinten Nationen, stark für die unzulängliche Umsetzung der UN - BRK kritisiert. Die Bundesregierung geriet in Zugzwang eine Neugestaltung zur Förderung der Inklusion zu erarbeiten. So entstand das Bundesteilhabegesetzt (BTHG), das mit dem 01. Januar 2017 in Kraft trat.
Es sollte ein Gesetz entstehen, dass dazu beiträgt, die Rechte von Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Das Ministerium für Arbeit und Soziales proklamiert das BTHG als: „[...] eine der großen sozialpolitischen Reformen [...]. Das Gesetz schafft mehr Möglichkeiten und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen“ (Matthias Stockkamp 2017). Doch sieht man sich die Reaktionen von Menschen mit Behinderungen, Behindertenorganisationen und Verbänden an, ist es fraglich, ob dieses Ziel erreicht wurde. Bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gab es viele Proteste unter dem Motto; “Nicht ohne uns, über uns!“ Schlagzeilen wie „Alle sind für Selbstbestimmung - nur kosten darf es nichts." (Zeit online) oder „Willkür statt Selbstbestimmung“ (Grosch 2017) und „3.500
Demonstranten gegen Teilhabegesetz“ (NDR) stimmen nachdenklich, ob das Gesetz mit der UN - BRK vereinbar ist. Verwunderlich ist auch, dass es so viele Proteste von Betroffenen und Verbänden gibt. Immerhin wurde doch nach dem Ministerium von Arbeit und Soziales:
„im gesamten Verfahren der Konzeptionierung und der Debatten im Deutschen Bundestag [...] der enge Kontakt mit Verbänden und Betroffenen gesucht“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2011).
Daher geht es in der vorliegenden Arbeit um die Frage: „Wie ist das BTHG bezüglich der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu bewerten?“
Zuerst werden die Begriffe Behinderung und Selbstbestimmung betrachtet, um zu beleuchten welche Begrifflichkeiten im BTHG enthalten sind.
Anschließend werden die Artikel 12, 14, 15 und Artikel 19 der UN - BRK genauer betrachtet, da es in diesen Artikeln maßgeblich um das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen geht und entsprechende Empfehlungen auf der Basis der UN - BRK an Deutschland ausgesprochen wurden, die mit Hilfe des BTHG umgesetzt werden sollen.
In einem nächste Schritt wird untersucht, wie bisher die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung geregelt wurde und wie das BTHG entstanden ist, welche Ziele das BTHG verfolgt und wann welche Regelungen in Kraft treten.
Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und reflektiert.
Das BTHG soll ein Gesetz für Menschen mit Behinderungen sein. Es soll die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken. Daher ist es wichtig, sich mit dem Begriff Behinderung auseinanderzusetzen.
Es gibt viele verschiedene Definitionen von Behinderung. Bei der Recherche zum Begriff Behinderung fällt auf, dass Behinderungen oft im Zusammenhang mit Personen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht wird. Zumeist wird dem Begriff Behinderung ein negativer Wert zugeschrieben. Laut Degener ist es bisher auch noch nicht gelungen eine universal gültige und allgemein akzeptierte Definition von Behinderung zu formulieren (vgl. Degener 2006, S. 106). Im Folgenden werden nun verschiedene Definitionen zum Begriff Behinderung betrachtet, um anschließend zu reflektieren, in wie weit sich der Behindertenbegriff im BTHG verändert hat und welche Auswirkungen dies auf die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen hat.
„Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist“(§ 2 SGB IXBehinderung).
Die Definition von Behinderung nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Laut “International Classification of Functioning“ (ICF) der WHO, entsteht Behinderung durch drei Faktoren. Diese sind zum einen anhaltende gesundheitliche Schädigungen, die erblich bedingt sein können, durch eine Krankheit hervorgerufen wurden oder aufgrund eines Unfalles auftreten. Diese Schädigungen führen zu Funktionsstörungen. Diese wiederum erschweren das Ausüben von Tätigkeiten. Die Aktivitäten und Fähigkeiten des Betroffenen sind dadurch erheblich eingeschränkt. Was wiederum dazu führt, dass dieser nur schwer am sozialen Leben teilhaben kann. Es besteht also eine Wechselwirkung zwischen diesen drei Faktoren. (vgl. kueppers, S. 49-122)
„[...] bezieht sich der Begriff „Menschen mit Behinderungen“ auf Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ {1,Menschen mit Behinderungen“ UN-Behindertenrechtskonvention).
„(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.“ (Bundestag)
Mit dem BTHG wurde ein veränderter Behinderungsbegriff in das Sozialgesetzbuch eingeführt, der sich an der UN - BRK und dem aktuellen Klassifikationssystem der ICF orientiert.
Alle diese Definitionen beziehen sich vor allem auf die Defizite einer Person. Behinderungen sind demzufolge immer durch biologische Faktoren erklärbar. Dazu gehören sowohl Krankheiten als auch erlebte Traumata. Auch die UN - BRK, die zwar keine festgeschriebene Definition zum Begriff Behinderung hat, richtet sich ebenfalls stark an Defiziten aus. So werden im Artikel 1 Satz 2 hauptsächlich biologische Merkmale für Behinderungen aufgelistet. Die WHO und UN - BRK versuchen mit ihren Definitionen einen Kompromiss zwischen dem medizinischen Modell und dem sozialen Modell der Behinderung zu finden. Im medizinischen Modell wurde Behinderung ausschließlich als gesundheitliches Problem betrachtet. Menschen mit Behinderungen haben ein Defizit, das sie an der Teilhabe hindert. Das soziale Modell der Behinderung macht Umwelt / Gesellschaft für die eingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung verantwortlich (vgl. BM-Online: Recht 2005). Dadurch, dass alle hier vorgestellten Definitionen von Behinderung auf Defizite der Personen aufbauen, entsteht das Bild, dass Menschen mit Behinderungen Mitleid und Fürsorge bedürfen. Den Menschen wird damit die Fähigkeit zur Selbstbestimmung abgesprochen. Hieraus entstehen Abhängigkeiten und Fremdbestimmung. Behinderung wird in der Gesellschaft nicht als "Normalität", wahrgenommen. Behinderung ist in den Köpfen der Menschen immer noch eine Abnormität, die möglichst medizinisch geheilt werden sollte, oder gesondert behandelt werden muss. Diese Einstellungen verhindern Inklusion und echte Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben. Nach Degener kann das Ziel von gleichberechtigter und selbstbestimmter Teilhabe nur erreicht werden, wenn sich die Behindertenpolitik nicht vom Fürsorgegedanken, sondern von der menschenrechtlichen Perspektive leiten lässt (vgl. Degener 2006). Nach dieser Perspektive haben alle Menschen die gleichen Rechte. Die Menschenrechtsorganisation fasst dies wie folgt zusammen:
“[...] Alle Menschen haben diese Rechte: Sie sind keine passiven Leistungsempfänger oder -empfängerinnen und Politiken und Leistungen staatlicher Institutionen sind keine Gnadengaben, sondern menschenrechtliche Verpflichtungen gegenüber den Rechtsinhabern“ (Menschenrechtsansatz).
Um die Frage zu klären „Wie ist das BTHG bezüglich der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu bewerten?“ muss der Begriff Selbstbestimmung geklärt werden. Im Grundgesetzt Art.2 steht:
„(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. เท diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“ (Art 2 GG - Einzelnorm 2017).
Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch hat die Freiheit über sein Leben selbst zu bestimmen. Dieses Recht ist im Grundgesetz verankert. Hier wurde auch festgehalten, dass die Freiheit dort endet, wo sie die Rechte anderer verletzt oder gegen die Vorschriften der Verfassung verstößt. Desweiteren ist die Freiheit der Person unverletzlich. Das heißt niemand darf gegen seinen Willen eingesperrt werden. Werden Entscheidungen über eine Person getroffen, so ist dies das Gegenteil der Selbstbestimmung, nämlich die Fremdbestimmung.
In dieser Arbeit wird der Begriff Selbstbestimmung durch den Begriff „Selbstbestimmtes Leben“ erweitert. Dieser wurde in der internationalen Behindertenbewegung entwickelt. Er repräsentiert, dass Menschen mit Behinderungen "[...]Kontrolle über ihr Leben und die Angelegenheiten ihres täglichen Lebens haben" (Degener und Heiden Günter).
In den folgenden Kapiteln wird ein Blick darauf geworfen, was die UN - BRK fordert, damit selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen möglich ist.
Das BTHG ist auf Grundlage der UN - BRK entstanden. Diese fordert einen Perspektivenwechsel in Deutschland, so soll nicht länger Ausgrenzung, sondern Inklusion stattfinden. Um der Frage nachzugehen „Wie ist das BTHG bezüglich der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu bewerten?“ werden ทนท insbesondere die Artikel 12, 14, 15 und Artikel 19 der UN - BRK betrachtet. Da es in diesen Artikeln maßgeblich um das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen geht und entsprechende Empfehlungen an Deutschland ausgesprochen wurden. Diese sollten im BTHG aufgenommen werden. Das Thema Selbstbestimmung ist eng mit dem Thema Menschenrechte verbunden, umso wichtiger ist es hier darauf zu achten, wie die Empfehlungen aus der UN - BRK im BTHG aufgenommen wurden und zukünftig umgesetzt werden sollen.
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