Regel und historisches Beispiel bei Spinoza sind, so die zentrale These dieses Aufsatz, ontologisch kongruent, epistemologisch korrespondierend. Spinoza hegt ebenso wenig die verkürzte Auffassung von einer reinen Veranschaulichungsfunktion des Beispiels wie die Annahme seiner prinzipiellen Austauschbarkeit, da für ihn ein ontologisch vorgängiger Zusammenhang von Regel und Beispiel besteht, wie unter dem zweiten Oberpunkt gezeigt wird. Im Anschluss daran verorte ich das historische Beispiel in der Erkenntnistheorie der "Ethica" und leite seine Erkenntnis stiftende Funktion von seinen Aufgaben an dieser Systemstelle her. Der Anstoß zur Selbstreflexion, der vom Beispiel ausgeht, ergibt sich dabei aus dieser seiner Position, an der es als Substitut der sinnlichen Wahrnehmung fungiert. Das, was es als konstruktiven Kerngedanken hier herauszuarbeiten gilt, nämlich dass Spinoza in seiner politischen Theorie von einem unausgesprochenen Konzept des Beispiels ausgeht als über dessen Selbstreflexivität Erkenntnis ermöglichend, wird durch die abschließende Betrachtung des Beispiels, losgelöst aus dem Kontext der Systemphilosophie Spinozas, bestätigt, zumal das Beispiel in seiner Vollzugsform - kantisch gesprochen - bestimmende und reflektierende Urteilskraft in Tätigkeit auf sich vereint.
Inhaltsverzeichnis
- Thema und Zielsetzung der Arbeit
- Spinozas Philosophie im Spannungsfeld traditioneller Konzeptionen des Beispiels
- Verständigung über den Problemhorizont: Das Argumentieren mit Beispielen bei Spinoza
- Die Ontologie des Beispiels
- „Klio dichtet“ - die konzeptuelle Disposition historischer Beispiele
- Der Zusammenhang von Regel und Beispiel im Lichte des Monistischen Parallelismus
- Die Epistemologie des Beispiels
- Das Beispiel als Spielart der imaginatio
- Erkenntniskonstitution durch Selbstreflexion im Beispiel
- Zusammenfassung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den systemischen Stellenwert von historischen Beispielen in Spinozas politischer Theorie. Sie analysiert, wie Spinoza mit Beispielen argumentiert und welche Rolle sie für seine epistemologischen und ontologischen Überlegungen spielen.
- Die Relevanz von Beispielen für philosophische Argumentation im Kontext von Spinozas Werk
- Die ontologische Funktion von Beispielen im Lichte des monistischen Parallelismus
- Die epistemologische Funktion von Beispielen im Bezug auf Spinozas Verständnis von Erkenntnis
- Die Verwendung historischer Beispiele in Spinozas politischer Theorie
- Die Bedeutung von Beispielen für das Verständnis von Spinozas Staatslehre
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Bedeutung von Beispielen in der Philosophie und stellt den besonderen Stellenwert von Beispielen in Spinozas Werk heraus. Dabei werden traditionelle Konzeptionen des Beispiels in Rhetorik und Theologie mit Spinozas Ansatz verglichen.
Das zweite Kapitel fokussiert auf die Ontologie des Beispiels und analysiert den Zusammenhang zwischen Regel und Beispiel im Lichte des monistischen Parallelismus. Dabei wird die Frage nach der epistemischen und ontologischen Funktion historischer Beispiele in Spinozas Werk geklärt.
Das dritte Kapitel untersucht die Epistemologie des Beispiels. Es wird analysiert, inwiefern das Beispiel als Spielart der imaginatio fungiert und wie es zur Erkenntniskonstitution durch Selbstreflexion beiträgt.
Schlüsselwörter
Spinoza, Beispiel, politische Theorie, Ontologie, Epistemologie, monistischer Parallelismus, imaginatio, Rhetorik, Theologie, historische Beispiele, exemplum-Theorie, Staatsphilosophie, Affekte, Staatsformen.
- Arbeit zitieren
- Korbinian Lindel (Autor:in), 2017, Der systemische Stellenwert historischer Beispiele in Spinozas politischer Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/375172