Aus unternehmerischer Perspektive stellen erhobene Steuern Minderungen des ausschüttungsfähigen Gewinnes dar, da sie direkt an diesem anknüpfen. Vor allem die Ertragsbesteuerung ist ein zentraler Einflussfaktor in der Finanzplanung der Unternehmen. Unter der grundlegenden unternehmerischen Prämisse der langfristigen Gewinnmaximierung nach Steuern kommt der bestmöglichen, d. h. in dieser Hinsicht der steuerminimierenden Gestaltung von periodischen Erfolgsausweisen für steuerliche Zwecke im Rahmen der gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten eine große Bedeutung zu. Aus Perspektive des Steuerpflichtigen führen Abzugsverbote für Betriebsausgaben) zu einer vollumfänglichen Belastung des Gewinnes nach Steuern.
Vor diesem Hintergrund sollen geltende Abzugsbeschränkungen und -verbote für Betriebsausgaben im Einkommensteuergesetz untersucht werden. Den Abzugsverboten des Einkommensteuergesetzes liegt eine gewisse Systematik zugrunde, aus der sich Rückschlüsse ziehen lassen auf die grundlegenden Intentionen der Gesetzgebung, die mit den Beschränkungen einhergehen. Neben einer fundamentalen Darstellung der diesbezüglichen steuerrechtlichen Normen soll eben diese Systematik in den folgenden Kapiteln eine Aufschlüsselung erfahren, um Erkenntnisse über die verschiedenen Gruppen nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben zu gewinnen.
Ferner stellt sich in diesem Zusammenhang die – im Weiteren nur randständig behandelte – Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung für Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips, nach dem von den Erwerbseinkünften stets die zur Erzielung dieser Einnahmen erforderlichen Aufwendungen in Abzug zu bringen sind.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung
2 Klassifizierung steuerrechtlicher Abzugsbeschränkungen und -verbote
2.1 Anteilige Abzüge
2.2 Unangemessene Aufwendungen der Lebensführung
2.2.1 Private Lebensführung Dritter
2.2.2 Private Lebensführung des Steuerpflichtigen
2.3 Abzugsverbote zur Wahrung der Rechtsordnung
2.4 Aufwendungen nach dem Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG)
3 Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Problemstellung
Das deutsche Steuerrechtsystem ist ein komplex organisiertes, sich ständig veränderndes Instrument, das verschiedene fiskalische Ziele verfolgt und unterschiedliche Interessengruppen direkt oder indirekt hinsichtlich ihrer zur Verfügung stehenden Finanzmittel, aber auch hinsichtlich ihrer Verhaltensweisen beeinflusst.[1]
Aus unternehmerischer Perspektive stellen erhobene Steuern Minderungen des ausschüttungsfähigen Gewinnes dar, da sie direkt an diesem anknüpfen. Vor allem die Ertragsbesteuerung ist ein zentraler Einflussfaktor in der Finanzplanung der Unternehmen. Unter der grundlegenden unternehmerischen Prämisse der langfristigen Gewinnmaximierung nach Steuern kommt der bestmöglichen, d. h. in dieser Hinsicht der steuerminimierenden Gestaltung von periodischen Erfolgsausweisen für steuerliche Zwecke im Rahmen der gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten eine große Bedeutung zu.[2] Aus Perspektive des Steuerpflichtigen führen Abzugsverbote für Betriebsausgaben (BA) zu einer vollumfänglichen Belastung des Gewinnes nach Steuern.
Vor diesem Hintergrund sollen geltende Abzugsbeschränkungen und -verbote für BA im Einkommensteuergesetz (EStG) untersucht werden. Den Abzugsverboten des EStG liegt eine gewisse Systematik zugrunde, aus der sich Rückschlüsse ziehen lassen auf die grundlegenden Intentionen der Gesetzgebung, die mit den Beschränkungen einhergehen. Neben einer fundamentalen Darstellung der diesbezüglichen steuerrechtlichen Normen soll eben diese Systematik in den folgenden Kapiteln eine Aufschlüsselung erfahren, um Erkenntnisse über die verschiedenen Gruppen nicht abzugsfähiger BA zu gewinnen.
Ferner stellt sich in diesem Zusammenhang die - im Weiteren nur randständig behandelte - Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung für Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips, nach dem von den Erwerbseinkünften stets die zur Erzielung dieser Einnahmen erforderlichen Aufwendungen in Abzug zu bringen sind.[3]
2 Klassifizierung steuerrechtlicher Abzugsbeschränkungen und -verböte
Dem Grundsatz nach sind im Rahmen der Gewinneinkunftsarten alle BA uneingeschränkt abziehbar, die der Definition des § 4 Abs. 4 EStG entsprechen, d. h. BA sind nur dann abziehbar, wenn sie durch den Betrieb veranlasst worden sind.[4] Das objektive Nettoprinzip i. V. m. dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebieten den Abzug von Ausgaben, die zur Einkommenserzielung erforderlich sind.[5] Abzugsverbote für betrieblich veranlasste Ausgaben stellen insofern einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip dar und bedürfen einer gesonderten Rechtfertigung.[6]
2.1 Anteilige Abzüge
Das EStG stellt bestimmte Einkünfte steuerfrei (insbesondere durch § 3 EStG). Der Steuerpflichtige wird in diesen Fällen begünstigt. Indes käme es zu einer steuerlichen Doppelbegünstigung, wenn die Aufwendungen, die mit eben diesen Einnahmen in unmittelbaren Zusammenhang stehen, abzugsfähig blieben.[7] Aus diesem Grund sieht § 3 c EStG ein (anteiliges) Abzugsverbot für BA bzw. Werbungskosten (WK) vor, sofern steuerfreie Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu diesen stehen. Grundsätzlich bleibt das Abzugsrecht erhalten, wenn die betreffenden Ausgaben die damit in Zusammenhang stehenden Einnahmen übersteigen.[8]
§ 3c Abs. 1 EStG bezieht sich als allgemeine Abzugsbeschränkung auf sämtliche Bruttoeinnahmen (Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen)[9], die dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG zufließen, sofern sie durch explizite Regelung des EStG bzw. KStG oder durch sonstige Bestimmungen steuerfrei gestellt sind.[10] Nicht steuerbare Einkünfte gehören nicht zu den steuerbefreiten Einkünften.[11] Dem Abzugsverbot unterliegen alle tatsächlichen Ausgaben, die grundsätzlich als BA bzw. WK i. S. d. EStG in Betracht kommen, sofern sie zu den steuerfreien Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.[12] Ein solcher kann nur vorliegen, wenn die entsprechenden Ausgaben zu den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Verhältnis hinsichtlich ihrer Entstehung oder ihrer Zweckmäßigkeit nach stehen, d. h. ohne diese Einnahmen nicht angefallen wären.[13] Die zeitliche Korrespondenz der Einnahmen und Ausgaben spielt für diesen Zusammenhang keine Rolle.[14]
Für Einkünfte, die teilweise steuerbefreit sind und nach dem Teileinkünfteverfahren versteuert werden, unterliegen die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen einem anteiligen Abzugsverbot gem. § 3c Abs. 2 EStG. Einnahmen, die unter § 3 Nr. 40 EStG fallen, sind zu 40 v. H. steuerfrei, folglich sind die zusammenhängenden Aufwendungen nur zu 60 v. H. abzugsfähig. Für den Tatbestand des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Einnahmen und Aufwendungen wird hier - entgegen des § 3 c Abs. 1 EStG - lediglich ein Veranlassungszusammenhang zu Grunde gelegt, d. h. ein mittelbarer Zusammenhang ist hinreichend für die Anwendung des § 3 c Abs. 2 EStG.[15] Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und Einnahmen ist nicht erforderlich (§ 3c Abs. 2 S. 1 EStG). Ferner sieht § 3c Abs. 2 S. 3 ff. Sonderregelungen vor für Gesellschafterdarlehen, Überlassung von Wirtschaftsgütern, Organbeteiligungen, Wertpapierleihen und einbringungsgeborene Anteile.[16]
Mit Inkrafttreten des § 3 Nr. 70 EStG soll der Verkauf von Betriebsgrundstücken an REIT[17] -AGs und REITs durch Steuerbegünstigung i. H. v. 50 v. H. gefördert werden.[18] § 3c Abs. 3 EStG knüpft unmittelbar hieran an, indem 50 v. H. der mit den Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht als BA bzw. WK abgesetzt werden dürfen. Die Tatbestandsvoraussetzungen richten sich nach denen des § 3c Abs. 2 EStG.
2.2 Unangemessene Aufwendungen der Lebensführung
Die Regelungen des EStG - die private Lebensführung betreffend - lassen sich anhand des Veranlassungsprinzips differenzieren. Ausgaben, die aus privater Veranlassung resultieren und die private Lebensführung betreffen, unterliegen gem. § 12 Nr. 1 EStG einem vollumfänglichen Abzugsverbot.[19] Ein entsprechender Verweis findet sich in § 4 Abs. 5 S. 3 EStG. BA, die das Veranlassungskriterium des § 4 Abs. 4 EStG erfüllen, sind jedoch auch dann im Grundsatz abzugsfähig, wenn sie die private Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen betreffen.[20] § 4 Abs. 5 Nr. 1-7 EStG normiert deshalb einen Katalog von betrieblich ver- anlassten Aufwendungen, die die private Lebenssphäre betreffen und beschränkt deren Abzug oder schließt ihn gänzlich aus, um Missbrauch vorzubeugen.[21] Ferner stellt § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG i. S. einer generalisierten Norm sicher, dass auch Tatbestände, die nicht explizit gesetzlich verankert sind, einem Abzugsverbot unterliegen, sofern die Aufwendungen die private Sphäre des Steuerpflichtigen oder Dritter berühren und dem Grunde nach oder der Höhe nach als unangemessen anzusehen sind (insbesondere betriebliche Repräsentationsaufwendungen).[22]
2.2.1 Private Lebensführung Dritter
In den Fällen der §§ 4 Abs. 5 Nr. 1-4 EStG handelt es sich um spezielle Beschränkungen für Aufwendungen, die v. a. die private Lebensführung anderer Personen als die des Steuerpflichtigen oder seiner Arbeitnehmer betreffen und für Zwecke der Pflege von Geschäftsbeziehungen getätigt werden.[23] Der Abzug solcher „betrieblich veranlasster Repräsentationskosten“[24] wird für den Anteil versagt, der nach Maßgabe des EStG als unangemessen angesehen wird. In den Fällen der §§ 4 Abs. 5 Nr. 2-4 EStG finden die Abzugsverbote keine Anwendung, sofern die dort bezeichneten Zwecke in einem maßgebenden Zusammenhang zur gewerblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen, die mit Gewinnerzielungsab- sicht ausgeübt wird, da die Aufwendungen dann einen konkreten Bezug zur betrieblichen Haupttätigkeit haben.[25]
Gänzlich vom Abzug ausgeschlossen sind sämtliche Aufwendungen für Gästehäuser des Steuerpflichtigen, die sich nicht am Ort des Betriebs befinden, d. h. in einer anderen politischen Gemeinde gelegen sind. Der Begriff Gästehaus meint hier eine Einrichtung, die der Bewirtung, Unterhaltung oder der Beherbergung von Personen dient, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind. [26] Weiterhin untersagt § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG auch vollumfänglich den Abzug von Aufwendungen, die aus dem Ausüben einer Jagd oder Fischerei sowie aus dem Halten bzw. Nutzen von Segel- oder Motorjachten resultieren und den damit in Zusammenhang stehenden Bewirtungsaufwendungen, sofern diese durch einen der o. a. Zwecke veranlasst werden.[27]
Der Begriff der Schenkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG bezieht sich nach h. M. auf die bürgerlich-rechtliche Definition des § 516 Abs. 1 BGB.[28] Demzufolge handelt es sich bei einer Zuwendung um eine Schenkung, wenn der Zuwendende eine weitere Person aus seinem Vermögen bereichert und beide Parteien sich über die Unentgeltlichkeit der Leistung einig sind. Im Einzelfall ist demnach zu beurteilen, ob im Falle einer unentgeltlichen Zuwendung ein konkreter Bezug zu einer Gegenleistung seitens des Empfängers besteht. Im Falle sog. Schmiergeschenke ist zu untersuchen, ob diese lediglich zur allgemeinen Pflege einer Geschäftsbeziehung geleistet werden oder ob diese z. B. der Gewinnung eines konkreten Auftrags dienen. Im letzteren Fall handelt es sich nicht um eine Schenkung i. S. d. § 516 BGB, da die Zuwendung mit einer Gegenleistung assoziiert ist.[29] Nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 EStG gilt eine Freigrenze von 35 Euro je Wirtschaftsjahr je Empfänger. Bemessungsgrundlage sind die nach allgemein-objektivierten Maßstäben ermittelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der unentgeltlichen Zuwendung. Wird die Freigrenze überschritten, so ist der BA-Abzug für die kumulierten Wertbeträge an eben diesen Empfänger vollständig zu versagen.[30]
[...]
[1] Vgl. Gallert (2013), S. 68
[2] Vgl. Wöhe/Döring (2013), S. 840 f.
[3] Vgl. Gallert (2013), S. 17 f.
[4] Vgl. Dinkelbach (2017), S. 52.
[5] Vgl. Blümich/Wied (2017), EStG § 4 Rn. 674.
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. Dinkelbach (2017), S. 53.
[8] Vgl. ebd.
[9] Vgl. § 8 Abs. 1 EStG.
[10] Vgl. Blümich/Erhard (2017), EStG § 3c Rn. 31 u. 32.
[11] Vgl. ebd., Rn. 32.
[12] Vgl. Blümich/Erhard (2017), EStG § 3c Rn. 36.
[13] Vgl. BFH, Urteil v. 11.02.1993, VI R 66/91.
[14] Vgl. BFH, Urteil v. 22.09.2006, I R 59/05.
[15] Vgl. BFH, Urteil v. 18.04.2012, X R 5/10.
[16] Vgl. hierzu: Blümich/Erhard (2017), EStG § 3c Rn. 60 bis 72.
[17] Real Estate Investment Trusts.
[18] Vgl. BT-Drucks. 16/4026 v. 12.01.2007.
[19] Vgl. Dinkelbach (2017)., S. 50.
[20] S. ebd. S. 52.
[21] Vgl. Blümich/Wied (2017), EStG § 4 Rn. 670.
[22] Vgl. BFH, Urteil v. 30.07.1980, I R 111/77.
[23] BT-Drucks. 03/1811 v. 30.04.1960, S. 8.
[24] Ebd.
[25] Vgl. Blümich/Wied (2017), EStG § 4 Rn. 755; § 4 Abs. 5 S. 2 EStG.
[26] Vgl. ebd., Rn. 745, 748 u. 750; § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 EStG.
[27] Vgl. ebd., Rn. 753.
[28] Vgl. ebd., Rn. 700.
[29] Vgl. ebd., Rn. 702.
[30] Vgl. Blümich/Wied (2017), EStG § 4 Rn. 712.