Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der Ernährungssituation an der Heimatfront zur Zeit des ersten Weltkriegs. Das Thema wird im Hinblick auf Politik, den sog. "Massenspeisungen" und den Lebensmittelunruhen untersucht, wobei sich ein Kapitel auch mit den zurückgebliebenen Hausfrauen beschäftigen wird.
Für Ernährungsfragen war ab Kriegsausbruch das Reichsministerium zuständig. Im Mai 1916 wurde dann das Kriegsernährungsamt geschaffen, das für die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Lebensmitteln und für die Vermeidung von Notständen in diesem Bereich zuständig war. In den ersten Kriegsmonaten kam es zunächst zu einer Festsetzung von Höchstpreisen, um dem Wucher innerhalb der Lebensmittelwirtschaft Einhalt zu gebieten. Im Laufe des Weltkrieges und im Laufe der Wirtschafts- und Hungerblockaden kam es zu weiteren von der Politik getroffenen Maßnahmen, die die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in Anbetracht der getroffenen Landwirtschaft und der knapper werdenden Lebensmittel sichern sollten. Diese Maßnahmen bestanden zuerst in Rationierungen, die die Verteilung von Lebensmittelkarten erforderlich machten. Zu der einfachen Markenausgabe gesellte sich bald auch die Lebensmittelkarte für Waren, die auf Grund unregelmäßiger Lieferungen o.ä. periodisch in ihrer Zuteilung schwankten. Bei beiden, bei regelmäßig und bei unregelmäßig gelieferten Lebensmitteln kam es zum „Schlangestehen“. „Schlange“ stand man für: Fleisch, Wurst, Speck, Linsen, Schmalz, Schweinefleisch, Butter, Margarine, Weizenmehl, Kaffee, Zucker, Kartoffeln, Milch, Eier, Brot u.a. Die Rationierung pro Mensch war unterschiedlich und wurde berechnet nach Alter und Arbeitsleistung. In der Stufeneinteilung des Versorgungssystems ganz oben standen Heer und Marine, dann Schwerst- und Schwerarbeiter der Rüstungsindustrie, Schwerst- und Schwerarbeiter außerhalb der Rüstungsindustrie (inkl. Landwirtschaft, Verkehrsbetriebe) und an vierter Stelle besonders bedürftige Bevölkerungsanteile wie Säuglinge, Kinder, Jugendliche, schwangere Frauen, Alte und Kranke. Auf der untersten Stufe dieses Versorgungssystems stand die „normalversorgungsberechtigte“ Bevölkerung. Die Brotkarte wurde im Februar 1915 eingeführt (225 g Mehl sollte im täglich Brot vorhanden sein), ihre Menge im Laufe des Krieges immer wieder verkürzt (März 1916: 170 g Mehl im Brot pro Tag). Auch wurde die Mehlqualität schlechter (wegen Streckung und der Heraufsetzung des Ausmahlungsgrades), das Brot weniger bekömmlich.
Inhaltsverzeichnis
Politik
Hausfrauen und der Krieg in der Küche
Massenspeisungen
Lebensmittelunruhen
Fazit
Literaturliste
Politik
Für Ernährungsfragen war ab Kriegsausbruch das Reichsministerium des Inneren zuständig. Am 22. Mai 1916 wurde dann das Kriegsernährungsamt geschaffen, das für die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Lebensmitteln und für die Vermeidung von Notständen in diesem Bereich zuständig war.
In den ersten Kriegsmonaten kam es zunächst zu einer Festsetzung von Höchstpreisen, um dem Wucher innerhalb der Lebensmittelwirtschaft Einhalt zu gebieten. Im Laufe des Weltkrieges und im Laufe der Wirtschafts- und Hungerblockaden kam es zu weiteren von der Politik getroffenen Maßnahmen, die die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in Anbetracht der getroffenen Landwirtschaft und der knapper werdenden Lebensmittel sichern sollten. Diese Maßnahmen bestanden zuerst in Rationierungen, die die Verteilung von Lebensmittelkarten erforderlich machten. Zu der einfachen Markenausgabe gesellte sich bald auch die Lebensmittelkarte für Waren, die auf Grund unregelmäßiger Lieferungen o.ä. periodisch in ihrer Zuteilung schwankten. Bei beiden, bei regelmäßig und bei unregelmäßig gelieferten Lebensmitteln kam es zum „Schlangestehen“. „Schlange“ stand man für: Fleisch, Wurst, Speck, Linsen, Schmalz, Schweinefleisch, Butter, Margarine, Weizenmehl, Kaffee, Zucker, Kartoffeln, Milch, Eier, Brot u.a.
Die Rationierung pro Mensch war unterschiedlich und wurde berechnet nach Alter und Arbeitsleistung. In der Stufeneinteilung des Versorgungssystems ganz oben standen Heer und Marine, dann Schwerst- und Schwerarbeiter der Rüstungsindustrie, Schwerst- und Schwerarbeiter außerhalb der Rüstungsindustrie (inkl. Landwirtschaft, Verkehrsbetriebe) und an vierter Stelle besonders bedürftige Bevölkerungsanteile wie Säuglinge, Kinder, Jugendliche, schwangere Frauen, Alte und Kranke. Auf der untersten Stufe dieses Versorgungssystems stand die „normalversorgungsberechtigte“ Bevölkerung.
Die Brotkarte wurde im Februar 1915 eingeführt (225 g Mehl sollte im täglich Brot vorhanden sein), ihre Menge im Laufe des Krieges immer wieder verkürzt (März 1916: 170 g Mehl im Brot pro Tag). Auch wurde die Mehlqualität schlechter (wegen Streckung und der Heraufsetzung des Ausmahlungsgrades), das Brot weniger bekömmlich. Auch das Grundnahrungsmittel Kartoffel wurde rationiert. Anfang des Jahres 1915 kam es bereits zur ersten Kartoffelknappheit, wahrscheinlich weil die Bauern in Ermangelung von Gerste ihren Schweinen mehr Kartoffeln verfütterten. Es machte sich derzeit eine regelrechte „Kartoffelpanik“ in der Bevölkerung breit. Die Folge war das massenweise Abschlachten von Schweinen, bis sich herausstellte, dass es doch noch ungezählte Kartoffelvorräte gab. Im Laufe des Krieges sind Schweine mehrmals der Konkurrenztätigkeit des Menschen in Sachen Ernährung bezichtigt und in Wellen dafür zwangsweise und verordnet abgeschlachtet worden. Im Oktober 1915 wurde außerdem für die Kartoffeln ein Bezugsscheinsystem eingeführt, mit dem Ortschaften, die weniger Kartoffeln hatten, diese von anderen Ortschaften kaufen konnten. Dieses bewährte sich allerdings nicht; eine Reichskartoffelstelle versuchte von da an, den Bedarf der Bevölkerung abzuschätzen und über Berechnungen zu decken. Aber auch hier kam es zu Lieferengpässen, Störungen, Verzögerungen usw., ebenso gab es mehrmals Missernten auf Grund ungünstiger Witterung. Der Normalverbraucher hatte 1916 noch Anspruch auf ein Pfund Kartoffeln täglich, diese Zuteilung wurde allerdings im Laufe des Krieges gekürzt und dann teilweise durch Kohlrüben ersetzt.
Auch das Fleisch wurde rationiert. Im November 1915 galten der Dienstag und der Freitag als die beiden fleischfreien Tage in der Woche. Um die Ernährung der Bevölkerung kriegsgemäß zu gestalten, musste ein Umdenken hinsichtlich der Essgewohnheiten stattfinden. Dies wurde über Aufklärungskampagnen verbreitet. Statt darauf zu achten, was man kochte, sollte jetzt zählen, wie man kochte. Dazu fanden Belehrungen und Kurse statt, die Presse veröffentlichte spezielle Küchenzettel, die der Hausfrau bei der Einhaltung fleischfreier Tage eine Stütze sein sollten. Ebenso ergoss sich eine Flut von (Kriegs-)Rezepten über die Hausfrauen. In der Presse wurden Speisezettel publiziert, mit deren Hilfe sich gut auf die Veränderungen des Lebensmittelmarktes und auf aktuelle Nahrungsmittelangebote eingehen ließ. Kriegskochkurse, Mahnungen zur Einhaltung der „Küchendisziplin“, Propagandamaßnahmen u.a. führte auch der Nationale Frauendienst durch. Hatte es in den ersten beiden Kriegsjahren noch keine einheitliche Fleischzuteilung gegeben, so führte man ab Oktober 1916 die Reichsfleischkarte ein. Die Wochenration für den Normalverbraucher betrug 250 g. Kinder erhielten weniger, dafür mehr Milch als die Erwachsenen. Auch beim Fleisch kam es im Laufe des Krieges zu weiteren Kürzungen und mehrmals zur Einführung fleischfreier Wochen.
Auch das Fett wurde rationiert. Die durchschnittliche verteilte Wochenmenge vom Januar 1917 bis Dezember 1918 lag bei ungefähr 65 Gramm. Die Eierpreise stiegen auf mehr als das Dreifache, es kam zu Zuteilungen von bis zu einem Ei pro Kopf und Monat, vor allem in Großstädten. Auch bei Milch kam es in Familien, die eben keine kleinen Kinder hatten, im Monat nur noch zu Zuteilungen von 3 – 4 Litern pro Kopf. Auch hier stiegen die Preise auf das Dreifache. Für Arbeiter in Fabriken versuchte man, mit Hilfe von Fabrikverpflegung und Werkspeisungen Abhilfe zu schaffen.
Insgesamt kam es zu einem Preisanstieg auch bei Grundnahrungsmitteln. Diese waren knapp rationiert, teils gestreckt (Brot mit 10 % Kartoffelmehl). Fett, Butter, Öl, Margarine erlebten regelrechte Preisexplosionen, ebenso Fleisch. Dies verminderte die lebensnotwendige Eiweißzufuhr vor allem bei ärmeren Schichten, die sich statt des Fleisches selbst höchstens minderwertige Fleischkonserven leisten konnten. Um Versorgungsstörungen der Grundnahrungsmittel zu kompensieren, kam es zu einem erhöhten Konsum von Graupen und Grützen, Dörrgemüsen, Obstmus, Kunsthonig, und zu Surrogaten und Ersatzlebensmitteln (Ersatzaufstriche etc.). Diese Ersatzlebensmittel hatte es auch vor dem Krieg bereits gegeben (Kunsthonig, Kaffeeersatz, Margarine, Brühwürfel), sie waren dem teuren Lebensmittel meist gleichwertig und wurden zumindest als gleichwertig angesehen, allerdings waren sie als Surrogate im Krieg von teilweise übelster Qualität (Zuckerrübenschnitzel, Steinobstkerne, Walnussschalen, Maiskeime, Haferspelzen als Kaffeeersatz usw…). Die erste Surrogatkonjunktur setzte unmittelbar nach Kriegsbeginn ein (Kaffeetabletten, Teepillen, Punschwürfel), die zweite nach dem Kohlrübenwinter (Butterersatz aus Sauermilchquark mit Farbstoffen und Zucker, Butterpulver aus Natriumkarbonat mit Stärkemehl, Salatöl aus wasserhaltigen Pflanzenschleim, Wurst aus Wasser, pflanzlichen Rohstoffen und unverdaulichen tierischen Abfallstoffen, Fleischbrühwürfel aus Salzwasser mit Gewürzen, Eiersatzmittel aus gefärbtem Mais- oder Kartoffelmehl, Schokoladenpulver aus geriebenen Kakaoschalen u. v. m.). Vor allem in den letzten beiden Kriegsjahren gab es sehr viele Surrogate, es waren über 11 000 verschiedene Produkte auf dem Markt. Im Laufe des Krieges haben die Nahrungsmittel tierischer Herkunft insgesamt massiv abgenommen. Hier wurde auf pflanzliche Kost ausgewichen. Vom Brot an (Ende 1914) dehnte sich die Rationierung bis zum Ende des Krieges auf beinahe alle Grundnahrungsmittel aus.
In der zweiten Kriegshälfte lagen die zugestandenen Lebensmittelrationen eindeutig unter dem Existenzminimum. Die Gesamtkosten für den Lebensunterhalt insgesamt sind während des Krieges bis auf das Dreifache gestiegen.
Hausfrauen und der Krieg in der Küche
Um nahrungsmitteltechnisch ein Existenzminimum zu erreichen und eine Mangelernährung derart zu reduzieren, dass sie zumindest nicht zum Tod führte, realisierte die Bevölkerung folgende Strategien:
a) Auslagerung der Nahrungszufuhr von arbeitenden Familienmitgliedern auf die Fabrikverpflegung und Werkspeisung
b) Lebensmittelbesorgung im freien Handel (Pferdefleisch, Fleisch von der Freibank)
c) Schleichhandel – dieser setzte allerdings zusätzliche Geldmittel oder Tauschmaterialien voraus, war also für untere Schichten nicht zugänglich
d) Essen ohne Marken – z.B. in Gaststätten, in denen man bereits vor dem Krieg Stammkunde gewesen war – nur einem beschränkten Personenkreis zugänglich und im Laufe des Krieges immer seltener
e) Selbstversorgerdasein auf dem Land
f) Massenspeisungen
g) Zusatzrationen für Schwerst- und Schwerarbeiter
h) Unterstützung durch bäuerliche Verwandte, die Nahrungsmittel abgeben
i) Obst und Gemüse in eigenem oder gepachtetem Garten anbauen
j) Betteln bei Bauern, Hamsterfahrten
k) „Selbstversorger“status und –rationen durch eine landwirtschaftliche Nebentätigkeit
l) Transport- und Felddiebstähle (natürlich illegal)
Auch bei den Kriegerfamilien, die sich angesichts von offiziellen Preissteigerungen und Vorkriegs- oder Frauenlöhnen einer Notlage ausgesetzt sahen, konnte ein Überleben nur noch mit „Tricks“, d.h. mit zusätzlichen Einnahmequellen gesichert werden, selbst wenn sie Familienunterstützung von der Kriegswohlfahrt bekamen. Die Einkommensminderungen waren ja zudem auch nur der eine Punkt, der andere bestand in den gravierenden Versorgungsproblemen, den horrenden Schwanzmarktpreisen, dem mangelnden Warenangebot. Bereits mit Kriegsausbruch hatte es erste Versorgungsengpässe gegeben, im Laufe des Krieges sind diese u.a. entstanden durch Hamsterkäufe, die alliierte Hungerblockade, Transportschwierigkeiten, schlechte Ernten und Zurückhaltung von Gütern aus Spekulationsgründen. Die Nahrungsmittelproduktion zu steigern war wegen Arbeitskräfte- und Düngemittelmangel nicht möglich.
Damit nahm die Organisation des täglichen Lebens, die Haushaltsarbeit, die Nahrungsmittelbeschaffung und –zubereitung deutlich mehr Zeit ein als vor dem Krieg. “Selbermachen“ hieß die Devise, wenn es nichts gab und man also nicht mal mehr stundenlang anstehen konnte: selber Marmelade einkochen, selber Wäsche besorgen oder fertigen, einen kleinen Garten anlegen.
Hausarbeit ist im Ersten Weltkrieg zum Politikum geworden, denn um den Sieg „wird nicht nur mit Kanonen und Gewehren, sondern auch mit dem Kochlöffel gekämpft.“ (So der Zeitgenosse Herrmann Priebe 1916 in seiner Schrift „Kriegerfrauen!“.) Die Maßnahmen der Obrigkeit erstreckten sich ergo nicht nur auf die Zuteilung, sondern auch auf die Zubereitung von Verbrauchsgütern. Es kam zu Aufklärungskampagnen des preußischen Innenministeriums über die „kriegsgemäße Küche“. Diese wurden auch von Kirchen, Schulen, Berufs- und Frauenorganisationen und Gewerkschaften mitgetragen. Diese gestalteten Flugblätter, Kurse, Versammlungen und Kriegskochbücher - so im Kriegskochbuch „Winke für den Kriegshaushalt“, dem populärsten der Kriegskochbücher, ein Zitat des Vorsitzenden des Kriegsausschusses für Konsuminteressen, Waldemar Zimmermann: „Die führenden Behörden müssen in den einzelnen Bürgern und Hausfrauen ihre tüchtigen, tapferen, opferwilligen Soldaten finden, die, ein jeder auf seinem Posten, leisten, was die schwere Zeit bitter verlangt. Wir daheim wollen uns in den Kriegstugenden Opferbereitschaft, Selbstzucht, Gemeinschaftssinn nicht von den Brüdern draußen auf der Wallstatt übertreffen oder gar beschämen lassen. Auch in uns daheim lebt der heiße Wille zum Durchhalten und zum ruhmvollen Siegen. Wir machen den Aushungerungsplan der Engländer zuschanden! Wir lassen uns nicht unterkriegen!“ (1914). Ebenso gab es Vorträge, in denen es z.B. darum ging, wie man fettfrei kochen und zuckerfrei einmachen könne oder wie man Steckrüben halbwegs (mehr ging ja eigentlich auch nicht) schmackhaft zubereiten könne. Nahrungsmittel sollten weder vergeudet noch verschwendet werden. (Dass die Arbeiter – und Unterschicht dies auch vorher kaum getan haben wird, ist den belehrenden bürgerlichen Schichten freilich nicht in den Sinn gekommen.)
Die bürgerliche Frauenbewegung hat in der Tatsache der plötzlich im politischen Fokus stehenden Hausfrau eine endlich erreichte Aufwertung dieser Tätigkeit gesehen und sich folglich mit eingemischt um zu zeigen, dass die Tätigkeit der Hausfrau nicht nur familienpolitisch wichtig sondern auch kriegsrelevant sein kann. Vier Wege hat sie eingeschlagen, um die Konsumgewohnheiten der Bevölkerung dem Krieg anzupassen:
[...]